Normen
JagdG NÖ 1974 §135 Abs1 Z25;
JagdRallg;
JagdV NÖ 1977 §25;
JagdV NÖ 1977 §26a Abs2;
JagdV NÖ 1977 §26a;
JagdG NÖ 1974 §135 Abs1 Z25;
JagdRallg;
JagdV NÖ 1977 §25;
JagdV NÖ 1977 §26a Abs2;
JagdV NÖ 1977 §26a;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 18. Jänner 2008 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung gemäß § 26a Abs 2 NÖ Jagdverordnung (iVm § 73, § 86 und § 135 Abs 1 Z 25 NÖ Jagdgesetz) für schuldig erkannt. Er habe als Jagdaufseher am 4. August 2006 gegen
15.30 Uhr im Eigenjagdgebiet K einen beidseitigen Kronenhirsch der Altersklasse II erlegt, obwohl gemäß § 26a Abs 2 der NÖ Jagdverordnung (NÖ JVO) beim Rotwild zur Gewährleistung des biologisch richtigen Altersklassenaufbaues in der Altersklasse 2 beidseitige Kronenhirsche nicht erlegt werden dürfen. Über den Beschwerdeführer wurde wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 135 Abs 1 Z 25 und Abs 2 NÖ Jagdgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) verhängt.
Begründend führte die erstinstanzliche Behörde im Wesentlichen aus, dass die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie auf Grund des Ergebnisses des durchgeführten Zahnschliffs des Forschungsinstitutes für Wildtierkunde und Ökologie als erwiesen anzusehen sei. Der Beschwerdeführer habe in seiner Rechtfertigung angegeben, dass er den am 4. August 2006 erlegten Hirsch auch schon Anfang Juli und am 10./11. Juli 2006 im Anblick gehabt habe und ihn dabei als Hirsch der Altersklasse I angesprochen habe; der Hirsch sei zur Gänze verschlagen gewesen, habe bereits eine gute Farbe und einen starken Träger gehabt, sei "nach vornehin überbaut" gewesen und habe ein typisches Haupt und das Geweih eines alten reifen Hirschen gehabt.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er unter anderem ausführte, dass er den Hirsch, bevor er ihn beschossen habe, in aller Ruhe ansprechen habe können. Er habe erkannt, dass es sich um einen alten reifen Hirsch gehandelt habe, der für ihn auf Grund der gegebenen Attribute eindeutig der Altersklasse I zuzuordnen gewesen sei und er habe auch erkannt, dass es sich dabei um jenen Hirsch gehandelt habe, den er Anfang Juli 2006 schon eindeutig angesprochen habe. Als er den Hirsch beschossen habe, sei er davon überzeugt gewesen, dass es sich nicht um einen sogenannten "Grenzfall", sondern um einen Hirsch der Altersklasse I gehandelt habe.
Im grünen Zustand habe das in der Rotwildjagd erfahrene Jagdaufsichtsorgan eines Nachbarreviers und auch der Jagdleiter eines benachbarten Eigenjagdgebietes den Hirsch, so wie er sich präsentiert habe, eindeutig als Hirsch der Altersklasse I angesprochen. Nur der damalige Hegeringleiter habe den Hirsch, ohne ihn näher in Augenschein zu nehmen, sofort als zu jung abqualifiziert. Es sei dann zu einer Bewertung gekommen, bei der der Beschwerdeführer nicht anwesend gewesen sei. Er habe das Rothirschbewertungsblatt, unterzeichnet von OS und RG, vom Jagdleiter zurückbekommen und auf diesem Bewertungsblatt sei angezeichnet gewesen, dass es sich beim Hirsch zwar um einen Hirsch nach Zahnabnutzung der Klasse II gehandelt habe, aber dieser Abschuss vertretbar gewesen sei. Dieses dem Beschwerdeführer vorliegende Bewertungsblatt weiche von dem im Behördenakt erliegenden Bewertungsblatt ab, bei dem sowohl die Rubrik "vertretbar" als auch "nicht vertretbar, weil beidseitiger Kronenhirsch der Klasse II" angekreuzt sei, ebenso sei sowohl "einstimmig" als auch "mehrstimmig" angekreuzt. Weiters würden zwar die Namen der Bewerter aufscheinen, aber keine Unterschriften.
Der Beschwerdeführer führte in der Berufung auch aus, dass nicht geklärt sei, ob es sich tatsächlich um einen Hirsch mit neun vollendeten Jahren handle. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um einen Hirsch mit zehn vollendeten Jahren handle. Der Beschwerdeführer habe zudem jedwede Sorgfalt walten lassen und es sei ihm nicht zumutbar gewesen, zu erkennen, dass es sich um einen Hirsch der Altersklasse II gehandelt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. In der Begründung gibt die belangte Behörde zunächst wörtlich die Berufung des Beschwerdeführers und sodann die Protokolle der von der belangten Behörde abgehaltenen öffentlichen mündlichen Verhandlungen wieder. Im Zuge der Wiedergabe der Protokolle wird auch das in der mündlichen Verhandlung von einem beigezogenen Amtssachverständigen erstattete Gutachten wiedergegeben. Demnach habe der Beschwerdeführer selbst beim Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie die Altersbestimmung an Hand der Zahnschliffmethode eingeholt, wonach der Unterkiefer ein Zahnalter von neun vollendeten Lebensjahren gezeigt habe. Der Hirsch sei der Altersklasse II gemäß dieser Bewertungsmethode zuzuordnen. Im grünen Zustand sei der Hirsch vom Hegeringleiter zweifelsfrei als Hirsch der Altersklasse II bewertet worden, dies an Hand der Körpermerkmale, der Trophäe sowie des Zahnabschliffes am Unterkiefer. Durch die Rotwildbewertungskommission sei von zwei Bewertern im Beisein des Hegeringleiters eine Bewertung durchgeführt worden. Das vom Hegeringleiter bei der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld abgegebene Formular sei offensichtlich in Verstoß geraten, weshalb nunmehr zwei weitere Bewertungsformulare vorlägen. Insbesondere hinsichtlich der Vertretbarkeit des Abschusses seien verschiedene Angaben in den vorliegenden Formularen angekreuzt. Es sei nicht komplett nachvollziehbar, warum es zu diesen unterschiedlichen Vermerken in den Formularen gekommen sei.
Im Zuge der ersten Verhandlung vor der belangten Behörde sei von den beiden als Zeugen geladenen Bewertern ausgesagt worden, dass richtigerweise im Zuge der Bewertung durch die Rotwildbewertungskommission "nicht vertretbar" anzukreuzen gewesen sei, weil es sich um einen beidseitigen Kronenhirsch der Altersklasse II gehandelt habe. Im Zuge dieser Verhandlung sei die Trophäe vorgelegt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch vom Erleger das dazugehörige Unterkiefer nicht vorgelegt bzw mitgebracht worden. Dieses sei auf Verlangen des Amtssachverständigen schließlich postalisch an ihn übermittelt worden. Der Sachverständige habe an Hand der beiden vorgelegten Unterkieferäste die Bewertung auf Grund des Zahnabschliffes nach okularer Ansprache sowie mit Hilfe des PC-Programms "Hirschalter" vorgenommen. Aus jagdfachlicher Hinsicht werde auf Grund der gegebenen Aktenlage, der Zeugenaussagen sowie der persönlich durchgeführten Bewertungen festgestellt, dass sowohl die okulare Altersbestimmung an Hand der vorgelegten Unterkieferäste als auch die wiederholte Altersbestimmung mit dem Computerprogramm "Hirschalter" ergeben habe, dass es sich bei diesem Hirsch an Hand der vorliegenden Unterkieferäste um einen Hirsch der Altersklasse II handle. Dies werde auch durch das Ergebnis der Altersbestimmung mittels Zahnschliffmethode vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie bestätigt bzw untermauert. Dabei werde dem Hirsch ein Alter von neun vollendeten Lebensjahren zugeordnet.
An Hand der vorgelegten Trophäe sei eindeutig ersichtlich gewesen, dass es sich um einen beidseitigen Kronenhirsch handle. Aus jagdfachlicher Hinsicht werde festgestellt, dass die vorgelegte Trophäe ebenfalls eine Ansprache als Hirsch der Altersklasse II ergebe. Für einen Hirsch der Altersklasse I typische Merkmale wie Altersleiste oder vermehrte Masse im unteren Stangenbereich seien nicht festzustellen. Jedenfalls hätte der Schütze an Hand der Trophäe eher annehmen müssen, dass dieser Hirsch der Altersklasse II angehöre.
Auch die vom Beschwerdeführer angeführten Merkmale, die ihn offensichtlich zweifelsfrei den Hirsch als der Altersklasse I zugehörig annehmen ließen, könnten aus jagdfachlicher Sicht keinesfalls nachvollzogen werden. Dazu werde festgestellt, dass es in der freien Wildbahn absolut unmöglich sei, einen Hirsch mit Sicherheit dem Alter neun bzw dem Alter zehn Jahre zuzuordnen. Sämtliche aus jagdfachlicher Sicht zu beurteilenden Kriterien (Körperbau, Haupt, Verhalten, Trophäe) seien nicht geeignet, mit absoluter Sicherheit in freier Wildbahn bei einem Hirsch festzustellen, dass er neun Jahre und nicht zehn Jahre alt sei. Auch aus den im Zuge der Verhandlung am 7. März 2008 vorgelegten Farbfotos sei für den Sachverständigen der Hirsch der Altersklasse II durchaus zuzuordnen. Abschließend werde aus jagdfachlicher Sicht festgestellt, dass der Hirsch auf Grund der vorgenommenen Beurteilungen und Bewertungen der Altersklasse II zuzuordnen sei und nicht hätte erlegt werden dürfen, da es sich um einen beidseitigen Kronenhirsch handle. Dem Schützen hätten auf Grund aller angeführten Fakten unbedingt Zweifel darüber kommen müssen, dass es sich nicht um einen Hirsch der Altersklasse I gehandelt habe. Unter Kenntnis der jagdrechtlichen Vorschriften hätte somit der Schuss unterbleiben müssen.
Anschließend an die Wiedergabe des Berufungsvorbringens sowie der Protokolle der mündlichen Verhandlungen führt die belangte Behörde in der Begründung wörtlich wie folgt aus:
"In rechtlicher Sicht stellt der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ daher auf Grund des vorliegenden Gutachtens fest, dass der Beschuldigte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht begangen hat.
Dies deshalb, weil ihm einerseits ein Irrtum in der Altersklasse bei gehöriger Ansprache nicht unterlaufen hätte dürfen und andererseits bei gehöriger Ansprache die beidseitige Krone jedenfalls offensichtlich ist. Auch für den Zeugen G, der den Hirschen im grünen Zustand gesehen hat, war eine Zuordnung zur Altersklasse II zweifelsfrei gegeben. Jedenfalls muss der Schütze, sobald er Zweifel an der richtigen Einschätzung der Altersklasse haben muss, wie im vorliegenden Fall, den Schuss unterlassen."
Die weiteren Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides beziehen sich auf die Strafzumessung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 23. September 2008, B 1157/08, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Über die vom Beschwerdeführer auftragsgemäß ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde vertrete im angefochtenen Bescheid die Rechtsauffassung, ihm sei ein Schuldvorwurf zu machen, obwohl es laut Sachverständigengutachten aus jagdfachlicher Sicht unmöglich sei, einen Hirschen in freier Wildbahn durch visuelle Ansprache so zu beurteilen, dass er eindeutig und zweifelsfrei als neunjährig oder zehnjährig bestätigt werde. Dem Beschwerdeführer werde ein Schuldvorwurf gemacht, "ohne vorher den Rechtswidrigkeitszusammenhang bzw das Verschulden selbst zu prüfen und werden beide Voraussetzungen im bekämpften Bescheid der belangten Behörde nicht geprüft bzw implizit falsch beurteilt, nämlich dass diese automatisch zu Lasten des Beschwerdeführers angenommen werden." Eine andere Ansprache als visuell sei bei der Jagd nicht möglich. Es sei jedoch "sowohl Rechtswidrigkeit (einschließlich Rechtswidrigkeitszusammenhang) als auch Verschulden notwendig, um in rechtlicher Hinsicht zu einer Bestrafung zu kommen." Insoweit unterstelle die belangte Behörde den gesetzlichen Grundlagen, insbesondere dem § 26a NÖ JVO einen verfassungswidrigen, insbesondere gleichheitswidrigen Inhalt, womit der Bescheid selbst rechtswidrig werde "und sohin auch einfach gesetzlich rechtswidrig" sei.
Dieses Beschwerdevorbringen vermag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer übersieht, dass es sich bei der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt (vgl das hg Erkenntnis vom 3. September 2008, Zl 2006/03/0113), sodass gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Dass die Verwaltungsvorschrift des § 26a Abs 2 NÖ JVO, wonach in der Altersklasse II beidseitige Kronenhirsche nicht erlegt werden dürfen, vom Beschwerdeführer objektiv verletzt wurde, wird von ihm auch in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.
Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie zum Ergebnis gekommen ist, der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren mangelndes Verschulden an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift nicht glaubhaft machen können. Durch die Bezugnahme auf das von der belangten Behörde als zutreffend erachtete jagdfachliche Gutachten, dem der Beschwerdeführer auch nicht entgegengetreten ist, hat die belangte Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführer Zweifel an der richtigen Einschätzung der Altersklasse hätte haben müssen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt im hg Erkenntnis vom 27. Jänner 2010, Zl 2007/03/0008, ausgesprochen hat, hat die Schussabgabe im Zweifel zu unterbleiben, wenn es sich auch um einen Hirsch der Altersklasse II hätte handeln können.
Soweit der Beschwerdeführer meint, der Sachverständige habe dargelegt, dass es aus jagdfachlicher Sicht unmöglich sei, einen Hirschen in freier Wildbahn durch visuelle Ansprache so zu beurteilen, dass er eindeutig und zweifelsfrei als neunjährig oder zehnjährig bestätigt werde, ist ihm entgegenzuhalten, dass auch aus diesen Ausführungen deutlich wird, dass der Beschwerdeführer nicht sicher sein konnte, dass es sich tatsächlich um einen zehn Jahre alten Hirsch handeln würde. Der Amtssachverständige hat im Übrigen nachvollziehbar dargelegt, dass der Beschwerdeführer eher annehmen hätte müssen, dass dieser Hirsch der Altersklasse II angehörte und dass daher im Zweifel der Schuss hätte unterbleiben müssen.
2. Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass ein faires Verfahren nicht gegeben gewesen sei, da das richtige Bewertungsblatt, welches von den Bewertern unterschrieben worden sei, von der erstinstanzlichen ebenso wie von der belangten Behörde nicht beachtet worden sei. Dieses Bewertungsblatt würde die Formulierung "vertretbar" aufweisen, was ebenfalls zumindest für mangelndes Verschulden spreche. Das im Akt erliegende Bewertungsblatt, welches "unvertretbar" besage, entspreche nicht einmal den elementarsten formalen Voraussetzungen und es sei deshalb überhaupt nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu ihrem Schluss komme.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass durch die auch vom Amtssachverständigen dargelegte Altersbestimmung feststeht, dass der erlegte beidseitige Kronenhirsch der Altersklasse II zuzuordnen ist. Auf den Inhalt des "Bewertungsblatts" - nach dem im Übrigen ein Abschuss eines beidseitigen Kronenhirsches der Klasse II jedenfalls als "nicht vertretbar" zu beurteilen wäre - kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 27. Mai 2010
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