Normen
JagdG NÖ 1974 §135 Abs1 Z25;
JagdRallg;
JagdV NÖ 1977 §25;
JagdV NÖ 1977 §26a Abs2;
JagdV NÖ 1977 §26a;
JagdG NÖ 1974 §135 Abs1 Z25;
JagdRallg;
JagdV NÖ 1977 §25;
JagdV NÖ 1977 §26a Abs2;
JagdV NÖ 1977 §26a;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 23. Oktober 2004 im Eigenjagdgebiet A einen beidseitigen Kronenhirsch der Altersklasse II (ungerader Zwölferhirsch) erlegt, obwohl beim Rotwild zur Gewährleistung des biologisch richtigen Altersklassenaufbaus beidseitige Kronenhirsche der Altersklasse II nicht erlegt werden dürften.
Er habe dadurch gegen die Bestimmung des § 26a Abs 1 NÖ Jagdverordnung iVm § 135 Abs 1 Z 25 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 (JG) verstoßen.
Über ihn wurde gemäß § 135 Abs 1 Z 25 JG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt.
1.2. Begründend führte die belangte Behörde - nach einer Wiedergabe des Spruchs des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und der dagegen erhobenen Berufung - im Wesentlichen Folgendes aus:
In den vor der belangten Behörde durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen seien sowohl der Beschwerdeführer als auch der Zeuge HP (der den Beschwerdeführer als Berufsjäger und Pirschführer begleitet habe) und ein Amtssachverständiger aus dem Gebiet des Jagdwesens vernommen worden.
Der Beschwerdeführer habe angegeben, er sei mit seinem Berufsjäger gegen 15:00 Uhr in sein Revier auf jenen Hochstand gegangen, bei dem HP den Hirsch "Hintenaus" - der diesem als jagdbarer zehnjähriger Hirsch bekannt gewesen sei - vermutet habe. Der Hirsch sei tatsächlich gekommen, habe sich am Wiesenrand hingestellt, wobei sie ihn schon als "Hintenaus" hätten erkennen können. Der Beschwerdeführer habe den Hirsch, der geäugt und sich gedreht habe, durch ein Fernglas angesprochen und nachdem er weiter auf die Wiese, zu einer Salzlecke in der Nähe des Waldrandes, gezogen sei, ihn wieder angesprochen und beschossen. Von Habitus, Aussehen und seiner Bewegung her habe er ihn als Hirsch der Klasse I angesprochen; er habe auch die beidseitige Krone erkannt. Der Beschwerdeführer selbst habe den Hirsch schon bei der Fütterung im Winter gesehen; HP habe bestätigt, dass es sich um "Hintenaus" handle. HP füttere mindestens sechs Monate im Jahr das Wild und kenne alle Hirsche sehr gut.
Auch nach dem Erlegen seien sie (der Beschwerdeführer und HP) beim unmittelbaren Hinsehen überzeugt gewesen, dass es sich um den zehnjährigen "Hintenaus" handle. Nicht nur der Beschwerdeführer selbst, sondern auch der von ihm beschäftigte Berufsjäger, bei dem es sich um eine qualifizierte Fachkraft (Wildmeister, Gründer der Berufsjägervereinigung von Niederösterreich, Prüfer für die Berufsjägerlehrlinge, Trophäenbewerter) handle, seien der Meinung gewesen, es handle sich um einen Hirsch der Altersklasse I. Der Beschwerdeführer habe in seinem Leben schon über 200 Hirsche geschossen und auch diesbezüglich keinen "Druck" gehabt. Es sei schönes Wetter gewesen, die Sonne habe geschienen. Der Hirsch habe den Träger waagrecht gehalten, die Vorderläufe in der Mitte von der Gesamtlänge gehabt und einen gedrungenen Eindruck gemacht. Die Brunft sei drei Wochen vorbei gewesen; "Hintenaus" habe wie ein fester Hirsch ausgeschaut. Bei der Trophäe habe sich der Hirsch wie ein Hirsch der Klasse I dargestellt, weil er niedere Rosenstöcke gehabt habe und die Rosen schräg nach außen gestellt waren; vor allem aber kam er ihm wie der "Hintenaus" vor.
Der Zeuge HP habe ausgesagt, er beobachte schon bei der Fütterung die Trophäenentwicklung von Hirschen; die Hirsche würden je nach Witterung Ende April die Fütterung verlassen; bis zum Sommer seien die Geweihe fertig geschoben.
Der Hirsch sei vom ersten Erscheinungsbild her ein älterer, abgebrunfteter Hirsch gewesen, mit waagrechtem Träger, ruhigem und beständigem Gang. HP habe den Hirsch aus einer Entfernung von ca 80 bis 100 m bei bestem Licht durch ein Fernglas angesprochen und den Hirschen eindeutig als "Hintenaus" erkannt.
Er habe dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass es sich um einen jagdbaren Hirschen, den er nach den Abwurfstangen als im elften Kopf stehend eingestuft habe, handle. Nach der Trophäe habe er den Hirschen als nicht besonders stark, mit keinen besonders langen Stangen und mittleren Auslage eingeschätzt. Die Deckenfarbe sei eher fahl gewesen, aber noch nicht vollständig in der Winterdecke. Auch nach dem Abschuss sei er sich noch sicher gewesen, dass es sich um "Hintenaus" handle. Er habe dem Hirsch mit den Fingern ins Kiefer gegriffen und gefühlt, ob es scharf sei, und dann gesagt, dass es sich schon ausgehen würde. Der am Abend verständigte Hegeringleiter JP habe den Hirsch anlässlich der Grünvorlage nach Aufschärfen des Kiefers als der Klasse I zugehörig bewertet. Letztlich sei der Hirsch aber bei der Hegeschau als der Klasse II angehörig bewertet worden.
Die belangte Behörde gab weiter das vom Amtssachverständigen erstattete Gutachten wieder. Dieser führte nach Wiedergabe der - eben dargestellten - Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugen HP aus, dass der Hirsch im Zuge der Hegeschau als beidseitiger Kronenhirsch der Altersklasse II bewertet worden sei. Der Amtssachverständige selbst habe den Hirsch anhand des vorgelegten Unterkieferastes unter Verwendung des Bewertungsprogramms des Niederösterreichischen Landesjagdverbandes eindeutig als Hirsch der Altersklasse II bewertet.
In Rotwildrevieren sei es häufig der Fall, dass Hirsche mit ähnlich ausgeformten Geweihen vorkämen. Bei der Ansprache des Hirsches sei vermutet worden, den bekannten Hirsch "Hintenaus" in Anblick bekommen zu haben.
Aus jagdfachlicher Sicht werde festgestellt, dass die Trophäenentwicklung durchaus einem Hirsch der Alterklasse II im gegenständlichen Bereich entspreche. Die Trophäe sei nicht als übermäßig stark oder kapital zu bewerten, bei der ausgekochten Trophäe sei ersichtlich, dass die Rosenstöcke nicht besonders niedrig seien. Die vom Beschwerdeführer und Hirschführer HP abgegebene Beschreibung hinsichtlich Körperbau und Körperentwicklung könne durchaus auch bereits einem älteren Hirschen der Altersklasse II zugeordnet werden. Wesentlich erscheine der Umstand, dass der erlegte Hirsch mit einem im Revier bekannten Hirsch ("Hintenaus") auf Grund der Ähnlichkeit der Trophäen verwechselt worden sei.
Vor dem Hintergrund des § 26a der NÖ Jagdverordnung dürfe aber die Vermutung, einen (anhand der Trophäe) bekannten Hirschen vor sich zu haben, als "Hauptgrund für die Erlegung" nicht ausreichen. Vielmehr sei eine zweifelsfreie Ansprache hinsichtlich der Trophäenentwicklung, aber besonders auch hinsichtlich Körperbau, Körperentwicklung und Habitus erforderlich. Es liege in der alleinigen Verantwortung des Schützen, gerade dann einen Schuss zu unterlassen, wenn nicht wirklich ausgeschlossen werden könne, möglicherweise einen Fehlabschuss zu tätigen. Die im Zuge der Verhandlung beschriebenen Eigenschaften hinsichtlich des Habitus könnten durchaus auch bei älteren Hirschen der Altersklasse II festzustellen sein.
Der Beschwerdeführer habe dazu ein Gutachten des Privatsachverständigen FD vorgelegt, dessen vollständiger Inhalt im angefochtenen Bescheid wiedergegeben wurde.
FD führte darin (ua) aus, dass das Eigenjagdgebiet A in einem Bereich (der Voralpenzone) liege, in dem es zu Überlappungen der Verbreitungsareale zweier unterschiedlicher Hirschschläge komme, nämlich dem westeuropäischen und dem osteuropäischen Typ, die einen unterschiedlichen Habitus und Körperbau aufwiesen. In dieser Vermischungszone mit hoher genetischer Vielfalt bestünden daher zusätzliche Erschwernisse bei der Altersansprache des Rotwilds. Zu beachten sei auch, dass das Erscheinungsbild der Hirsche im Verlauf der Jahreszeit (Feistzeit, Brunftzeit) wechsle. Während die Geweihform und -endenausbildung mehr durch die Veranlagung bestimmt würde, werde die Geweihstärke überwiegend von den jeweiligen Lebensbedingungen beeinflusst. Die Geweihform eines Hirsches verändere sich im Verlauf seines Lebens kaum, hingegen würden sich Kronenform wie auch diverse Enden von Jahr zu Jahr mehr oder minder stark ändern. Deshalb könne das Geweih eines Hirsches in seltenen Fällen in einem Jahr sogar ganz beträchtlich anders aussehen, als man das anhand seiner Entwicklungsreihe (den im Lauf der Jahre gegebenenfalls gesammelten Abwurfstangen und deren Vergleich von Jahr zu Jahr) vermuten könnte.
Bei der im Zuge der Wildansprache nötigen Altersschätzung seien neben den körperlichen Merkmalen noch andere Aspekte wie Verhalten, Ausdruck, Laute und Gerüche von Bedeutung. Bereits ab dem siebten Jahr würden Altersmerkmale auftauchen, die einen Hirsch von acht oder neun Jahren bereits sehr alt ausschauen ließen. Alle Methoden der Altersansprache gemeinsam sei, dass es sich bei den vorhandenen Anhaltspunkten nur um Mutmaßungen handle, die alle zusammen nur dem erfahrenen Jäger bei bestimmten Hirschen Gewissheit bringen könnten.
Genaueren Methoden der Altersschätzung (anhand der Zahnung, der Abnutzung der Zähne des Gebisses, der Zonierung des Ersatzdentins in den Schneidezähnen oder jener des Zahnzements in den Molaren, der Länge und Stärke der Rosenstöcke) sei gemeinsam, dass sie in der Regel nur beim erlegten Wild ausgeübt werden könnten. Auch diese Methoden aber gingen mit beträchtlicher Ungenauigkeit einher.
Der beschwerdegegenständliche Hirsch sei vom Beschwerdeführer und dem ihn begleitenden Hirschführer HP als solcher der Altersklasse I angesehen worden; diese Meinung habe auch der Hegeringleiter JP anlässlich der Grünvorlage vertreten. Erst bei der Trophäenschau sei der Hirsch als in die Altersklasse II eingestuft und sein Alter mit acht Jahren angenommen worden. Der Beschwerdeführer habe daraufhin einen Zahnschliff bei dem besagten Hirsch veranlasst, der tatsächlich ein Alter von acht Jahren ergeben habe.
In der Folge gab FD Lichtbilder der Trophäen des am 23. Oktober 2004 vom Beschwerdeführer erlegten Hirsches sowie des im Folgejahr erlegten Hirsches "Hintenaus" und von Abwurfstangenserien des "Hintenaus" wieder. Dabei falle die frappierende Ähnlichkeit der linken Stange beider Hirsche auf, wobei die einigermaßen unterschiedliche Färbung der Stangen auch eine Frage der Beleuchtung sei. Die Abwurfstangenserie des Hirsches "Hintenaus" zeige, dass dieser Hirsch einige Veränderungen seiner Krone in den einzelnen Jahren, seit er Kronenhirsch war, aufzuweisen habe. Da der Hirsch "Hintenaus" im Frühjahr 2004 beim Verlassen der Fütterung noch keine ausgebildeten Kronen im Bastgeweih hatte und dann viele Monate lang nicht gesehen wurde, sei auch unbekannt gewesen, dass er rechts wieder eine Viererkrone und keine Dreierkrone mehr getragen habe. Von der Trophäe her seien die beiden Hirsche einander zeitweise offenbar tatsächlich zum Verwechseln ähnlich gewesen. Selbst von der Stellung der Rosen und der Höhe der Rosenstöcke her betrachtet (Altersmerkmale, die einigermaßen genau ohnehin nur am erlegten Hirsch beobachtet werden könnten), seien die beiden Hirsche einander überaus ähnlich, obwohl sie bei ihrer jeweiligen Erlegung vom Alter her offenbar vier Jahre getrennt hätten. Auf den Fotos, die den erlegten Hirsch "Hintenaus" zeigten, seien diverse Altersmerkmale wie massiger Träger, Vorderläufe fast in Körpermitte, vergleichsweise kurze Rosenstöcke, recht schön zu erkennen. Dem gegenüber seien von dem am 23. Oktober 2004 erlegten (beschwerdegegenständlichen) Hirsch nach dem Abschuss keine Aufnahmen gemacht worden.
Dass ein Hirsch vom achten Kopf auch vom Körper und seinem Verhalten her betrachtet sehr wohl wie ein solcher vom zehnten oder elften Kopf erscheinen möge, sei unter Fachleuten unbestreitbar. Beide Hirsche würden nach den derzeitigen Jagdausübungskriterien allerdings in zwei unterschiedlichen Altersklassen rangieren. "Wirklich wahrscheinliche Beweismittel" für das Alter liefere erst der erlegte Hirsch. FD folgerte: "Im vorliegenden Fall kann daher meiner Ansicht nach und gemäß dem Stand aller derzeit auswertbaren Informationen getrost davon ausgegangen werden, dass absolut nichts dagegen spricht, dass dem Erleger des Hirsches vom 23.10.2004, nämlich (dem Beschwerdeführer), und auch seinem Begleiter bei der damaligen Jagd, nämlich dem Pirschführer und Wildmeister des besagten Reviers A, HP, der damals heranwechselnde Hirsch nach allen einschlägigen Kriterien am lebenden Wild als Erntehirsch vorgekommen sein wird, als älterer Hirsch und damit in die Altersklasse I einzustufen war und dass er als der bekannte Hirsch 'Hintenaus', von dem man getrost annehmen konnte, dass er im elften Kopf sei, erkannt worden war.... Den erhaltenen Informationen nach zu schließen sowie eingedenk der vorgezeigten Trophäen, Abwurfstangen und der vorgelegten Bilder kann meiner Meinung nach gesagt werden, dass bei Betrachtung des am 23.10.2004 dem (Beschwerdeführer) in seinem Revier A zuwechselnden Hirsches der fachkundige Beobachter dieses Stück Wildes auch bei sehr großer Sachkunde im Bereich des Ansprechens von Rotwild getrost der Meinung sein konnte ja sogar musste, dass er einen Hirsch der Altersklasse I vor sich habe und dass so ein Hirsch im Rahmen der Abschussfreigabe nach Abschussplan auch erlegt werden dürfe."
Zu diesem Privatgutachten habe der Amtssachverständige in der mündlichen Berufungsverhandlung Stellung genommen. Der Amtssachverständige habe ausgeführt, dass der von FD hervorgehobene Umstand, im gegenständlichen Jagdrevier kämen unterschiedliche Typen von Rothirschen (west- und osteuropäischer Typ) vor, auch bedeute, dass auch ein stärkerer und daher älter wirkender Hirsch nicht unbedingt der Altersklasse I angehören müsse; die Unterscheidung zwischen den Altersklassen I und II würde dadurch noch schwieriger gemacht. Dies gelte auch für den Umstand, dass sich Kronenform und Endenanzahl eines Geweihs von Jahr zu Jahr deutlich ändern könnten und ein Hirschgeweih in einem Jahr auch ganz beträchtlich anders aussehen könne, als man anhand seiner Entwicklungsreihe vermuten könnte. Auch dies müsse einen erfahrenen Jäger umso mehr veranlassen, im Zweifel Vorsicht bei der Schussabgabe zu hegen. Lägen nicht ganz eindeutige Symptome vor, die eine Zuordnung zu der Altersklasse I ermöglichten, müsse im Zweifel der Schuss unterbleiben. Entgegen der Auffassung von FD hätten die vom Beschwerdeführer und Pirschführer angegeben Altersmerkmale eine zweifelsfreie Zuordnung des letztlich erlegten Hirsches zur Altersklasse I nicht ermöglicht. Das vom Beschwerdeführer genannte Gewicht des erlegten Hirsches (im Berufungsantrag sei vorgebracht worden, der Hirsch könne durchaus ein Lebensgewicht von 185 kg gehabt haben) hätte erfahrenen Jägern umso mehr zu denken geben müssen. Kurz nach der Brunft sollte ein Hirsch der Altersklasse I nämlich sicherlich nicht dieses Gewicht aufweisen, weshalb umso mehr Zweifel hätten bestehen müssen, dass es sich tatsächlich um "Hintenaus" handle.
Auch die vom Privatsachverständigen dargestellte Geweihbildung weise durchaus Unterschiede auf: Ein wesentlicher Unterschied sei etwa der Ansatz der Eisenden, die bei "Hintenaus" auf der linken Stange nahezu unmittelbar über dem Augende angesetzt seien, während bei dem vom Beschwerdeführer im Jahr 2004 erlegten Hirsch der Ansatz deutlich höher liege.
Der Amtssachverständige folgerte: "Aus jagdfachlicher Sicht wird somit festgestellt, dass im gegenständlichen Fall die beim vom Beschuldigten erlegten Hirschen festgestellte Körper- und Trophäenentwicklung darauf schließen lassen, dass es sich bei diesem Hirschen um einen älteren Hirschen der Altersklasse II genauso wie um einen gerade in die Altersklasse I eingewachsenen Hirschen handeln kann. In diesem Fall hätte bei Zugrundelegung des § 26 a NÖ Jagdverordnung der Schuss unterbleiben müssen."
Die belangte Behörde legte abschließend dar, dass es unstrittig sei, dass es sich beim erlegten Hirschen nicht um den vermuteten, zum Abschuss freien "Hintenaus" gehandelt habe, sondern um einen ähnlichen, aber jüngeren Hirschen der Altersklasse II mit beidseitiger Krone, der im Sinne des § 26a der NÖ Jagdverordnung zum Tatzeitpunkt nicht hätte erlegt werden dürfen. Wenn der Beschwerdeführer meine, in rechtlicher Hinsicht liege weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vor, weil der Schuss erst nach eindeutiger eigener Überzeugung und vornehmlich der Überzeugung seines Berufsjägers erfolgt sei, dass es sich um "Hintenaus" handle, sei dem entgegen zu halten, dass der sich nach eigenen Angaben fast ausschließlich auf das Wort seines Berufsjägers verlassende Beschwerdeführer jene Sorgfalt außer Acht gelassen habe, zu der er nach den Umständen verpflichtet gewesen sei. Bei weitgehend ähnlichem Rotwildbestand im gegenständlichen Revier hätte der Beschwerdeführer sich nicht ohne genauere Ansprache auf seinen Berufsjäger verlassen dürfen, vielmehr bei Anwendung der vorerwähnten Sorgfalt Zweifel haben müssen und den Schuss unterlassen müssen.
Unter Berücksichtigung der überdurchschnittlich hohen Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers erübrige sich ein näheres Eingehen auf die Strafzumessungsgründe, weil schon anhand seines Einkommens die von der Behörde erster Instanz verhängte Geldstrafe als zu niedrig im Vergleich zu den durchschnittlichen oder sogar unterdurchschnittlichen Einkommen vergleichbarer Delinquenten bemessen scheine. Eine Erhöhung der Geldstrafe sei der Berufungsbehörde auf Grund des Verbotes der reformatio in peius verwehrt.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift der belangten Behörde, zu der der Beschwerdeführer Stellung genommen hat, erwogen:
2.1. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 (JG), bzw der Niederösterreichischen Jagdverordnung (VO), von Bedeutung:
2.1.1. JG:
"§ 135
Strafbestimmungen
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wenn die Tat nicht einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer
...
25. einem in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes verfügten sonstigen Verbot oder Gebot zuwiderhandelt;
(2) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 sind mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.000,-, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen."
2.1.2. VO:
"§ 25
Altersklassen
Die der Abschußplanung unterliegenden Wildstücke sind in Altersklassen zu unterteilen. Die Zuordnung in eine bestimmte
Altersklasse ist wie folgt vorzunehmen:
...
2. Rothirsche, die
das 5. Lebensjahr noch nicht vollendet haben: Klasse III, das 5. Lebensjahr vollendet und das 10. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben: Klasse II,
das 10. Lebensjahr vollendet haben: Klasse I;
...
§ 26a
Durchführung des Abschusses
(1) Bei der Durchführung des Abschusses dürfen nur jene Stücke erlegt werden, die auf Grund ihrer Körper- und Trophäenentwicklung darauf schließen lassen, daß sie das der bewilligten Altersklasse entsprechende Lebensalter haben.
(2) Beim Rotwild dürfen zur Gewährleistung des biologisch richtigen Altersklassenaufbaues in der Altersklasse III ein- und beidseitige Kronenhirsche und in der Altersklasse II beidseitige Kronenhirsche nicht erlegt werden. Als Krone gilt jedes Geweih mit mehr als zwei Enden über dem Mittelspross, wobei die Endenanordnung gleichgültig ist. Als Ende zählt jede Stangenabzweigung ab 4 cm Länge, gemessen vom tiefsten Punkt der inneren Seitenlänge des jeweiligen Endes bis zu deren Spitze."
2.2. Im Beschwerdefall ist nicht strittig, dass der vom Beschwerdeführer am 23. Oktober 2006 erlegte Hirsch ein der Altersklasse II zugehöriger beidseitiger Kronenhirsch war. Der Beschwerdeführer hat daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 26a Abs 2 VO iVm § 135 Abs 1 Z 25 JG objektiv zu verantworten.
Da es sich bei einer derartigen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG handelt (vgl das hg Erkenntnis vom 3. September 2008, Zl 2007/03/0048), wäre es am Beschwerdeführer gelegen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft; ihm oblag es, alles seiner Entlastung Dienende vorzubringen.
2.3. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich (zusammengefasst) vorgebracht, nicht nur er selbst, sondern auch der ihn begleitende Pirschführer HP und der Hegemeister JP, beides erfahrene Fachleute, hätten den Hirsch auf Grund sämtlicher Altersmerkmale als der Altersklasse I zugehörig beurteilt. Erst im Zuge der Hegeschau habe sich herausgestellt, dass der Hirsch tatsächlich der Altersklasse II angehöre (auch ein vom Beschwerdeführer veranlasster Zahnschliff habe ein Alter von acht Jahren ergeben), und es sich offensichtlich nicht - wie zunächst angenommen - um den Hirsch "Hintenaus" handle.
Dem gegenüber hat die belangte Behörde, gestützt im Wesentlichen auf die Ausführungen des jagdfachlichen Amtssachverständigen, die Auffassung vertreten, der Beschwerdeführer habe bei gehöriger Ansprache zumindest daran zweifeln müssen, dass es sich tatsächlich um einen Hirsch der Altersklasse I handle, weshalb der Schuss hätte unterbleiben müssen.
2.4. Dem tritt die Beschwerde nicht mit Erfolg entgegen:
Voranzustellen ist, dass ein sorgfältiges Ansprechen des zu erlegenden Wildstücks unerlässliche Voraussetzung für eine zulässige Schussabgabe ist. Dabei darf sich der Jäger nicht auf Wahrscheinlichkeitsüberlegungen verlassen, er muss sich vielmehr darüber Gewissheit verschaffen, dass das beobachtete Wild tatsächlich erlegt werden darf (vgl das hg Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl 97/03/0377). Im Zweifel hat eine Schussabgabe daher zu unterbleiben.
Der im Verfahren von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige hat - unter Zugrundelegung der Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugen HP über Aussehen und Habitus des erlegten Hirsches - ausgeführt, dass sowohl die Trophäenentwicklung einem Hirsch der Altersklasse II entspreche, als auch die Beschreibung hinsichtlich Körperbau und Körperentwicklung. Auch stärkere (und damit älter wirkende) Hirsche müssten - gerade unter Berücksichtigung des vom Privatsachverständigen hervorgehobenen Umstandes, dass das gegenständliche Jagdrevier in einem Vermischungsgebiet unterschiedlicher Hirschtypen liege - nicht unbedingt der Altersklasse I angehören. Eine richtige Zuordnung eines Hirsches zu einem aus früheren Jahren bekannten würde zudem durch den Umstand erschwert, dass sich Kronenform und Endenanzahl eines Geweihs von Jahr zu Jahr deutlich ändern könnten.
2.5. Die Beschwerde bringt vor, in einem "völlig analogen Verfahren", dem ein gleicher Sachverhalt zu Grunde gelegen sei, nämlich der Abschuss eines Hirsches der Altersklasse II, der aber beim Ansprechen sowohl durch den Schützen als auch den ihn begleitenden Berufsjäger als solcher der Altersklasse I beurteilt worden sei, habe der gleiche Organwalter der belangten Behörde den dortigen Beschwerdeführer freigesprochen. Die Verurteilung im nunmehrigen Beschwerdefall bedeute eine unzulässige Ungleichbehandlung, und sei nur durch die "offensichtlich klassenkämpferische Einstellung einer angeblich unabhängigen und unvoreingenommenen Einzelrichterin, wenn diese ausgangs ihrer Entscheidung ausdrücklich beklagt, dass es ihr verwehrt sei, einen Beschuldigten mit überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen nicht mit einer Erhöhung der Geldstrafe belasten zu können", zu erklären. Diese erst aus der Entscheidung erkennbare Befangenheit resultiere offenbar daraus, dass der Beschwerdeführer "es gewagt habe und (sich) offensichtlich leisten" habe können, seine "Unschuld durch ein Gutachten eines Privatsachverständigen nachzuweisen".
Entgegen den Behauptungen der Beschwerde ist der dargestellte "Parallelfall" schon deshalb mit dem nunmehrigen Beschwerdefall nicht vergleichbar, weil dort (ausgehend vom Inhalt des mit der Beschwerde vorgelegten Bescheids Zl Senat- NK-053796) nicht einmal festgestellt werden konnte, dass der erlegte Hirsch ein solcher der Altersklasse II war ("kann weder zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass es sich beim gegenständichen Hirschen um einen solchen der Altersklasse II gehandelt hat ..."). Damit war aber auch nicht der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.
Was die von der Beschwerde zudem geltend gemachte "erst aus der Entscheidung erkennbare" Befangenheit anlangt, ist Folgendes klarzustellen: Ein "Beklagen" des Umstands, dass eine Erhöhung der Geldstrafe im Berufungsverfahren nicht erfolgen dürfe, ist dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Die inkriminierte Wendung "Eine Erhöhung der Geldstrafe ist der Berufungsbehörde aufgrund des Verbotes der reformatio in peius verwehrt", nimmt, wie die unmittelbar voranstehenden Ausführungen ("Eingehen auf die Strafzumessungsgründe") zeigen, vielmehr offensichtlich Bezug auf die Strafzumessungsgründe nach § 19 Abs 2 VStG. Ausgehend davon, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung das erstinstanzliche Straferkenntnis "zur Gänze" - also auch hinsichtlich der Strafhöhe - angefochten hatte, waren im angefochtenen Bescheid auch diesbezügliche Ausführungen erforderlich. Der Hinweis auf das Verbot der reformatio in peius kann vor diesem Hintergrund daher keine Befangenheit indizieren.
2.6. Soweit die Beschwerde geltend macht, "mit der völlig unerwarteten und zufälligen Geweihidentität" habe niemand rechnen können, ist einerseits zu erwidern, dass die Geweihbildung tatsächliche - vom Amtssachverständigen näher dargelegte - Unterschiede aufweist. Andererseits ist auf die Feststellung zu verweisen, dass sich Kronenform und Endenanzahl eines Geweihs von Jahr zu Jahr deutlich ändern können und beim Hirsch "Hintenaus" auch tatsächlich geändert haben (rechts Viererkrone und keine Dreierkrone mehr, was - auch nach den Ausführungen des Privatsachverständigen - dem Pirschführer HP aber unbekannt geblieben war, weil der Hirsch im Frühjahr beim Verlassen der Fütterung noch keine ausgebildete Krone hatte). Entscheidend ist aber auch hier das oben gesagte, dass Wahrscheinlichkeitsüberlegungen (Ähnlichkeit des angesprochenen Wildstücks mit einem bekannten) ein sorgfältiges Ansprechen nicht ersetzen können. Von daher ist der Hinweis in der Beschwerde, HP habe den Hirsch "Hintenaus" während der Winterfütterung 2003/2004 nahezu täglich gesehen und die Abwurfstangen vorgefunden, nicht zielführend.
2.7. Dies gilt auch für das Vorbringen, dem Amtssachverständigen sei bei seiner Beurteilung bloß die Trophäe zur Verfügung gestanden, während der Beschwerdeführer und HP das lebende Stück angesprochen hätten; der Amtssachverständige hatte sich vielmehr bei seiner Beurteilung - wie oben dargelegt - entscheidend auf die Aussagen des in der mündlichen Berufungsverhandlung vernommenen Beschwerdeführers und des Zeugen HP gestützt.
2.8. Der Vollständigkeit halber ist zum Vorbringen in der Beschwerde, auch nach dem Erlegen hätten sämtliche Personen, die den Hirsch im "grünen Zustand" gesehen hätten, also nicht nur der Beschwerdeführer und HP, sondern auch der Hegeringleiter JP, diesen mit Sicherheit als der Altersklasse I zugehörig beurteilt, auf die Aussage des Zeugen HP in der mündlichen Berufungsverhandlung zu verweisen, er habe nach Untersuchung des Kiefers des erlegten Hirsches gesagt "Das geht sich schon aus" - eine Formulierung, die mit einer sicheren Einschätzung nicht recht in Einklang zu bringen ist.
2.9. Konnte es sich bei dem angesprochenen und in der Folge erlegten Hirsch, ausgehend von den genannten Ansprechmerkmalen, aber auch um einen Hirsch der Altersklasse II handeln, wovon nach den nicht als unschlüssig zu erkennenden Feststellungen der belangten Behörde auszugehen ist, hätte die Schussabgabe - im Zweifel - unterbleiben müssen.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 27. Jänner 2010
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)