VwGH 2007/21/0557

VwGH2007/21/055725.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt in 2640 Gloggnitz, Hauptstraße 37, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. November 2007, Zl. 317.145/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs3 Z1;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3 lita;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs3 Z1;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3 lita;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines mazedonischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde - soweit hier wesentlich - aus, der im Jahr 1983 geborene Beschwerdeführer strebe die Familienzusammenführung mit seinem Vater, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, an. Es sei daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführer ein "sonstiger Angehöriger" im Sinn des § 47 Abs. 3 Z 3 NAG sei. Er habe jedoch nicht nachgewiesen, dass er von seinem Vater bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen oder mit diesem bereits dort in häuslicher Gemeinschaft gelebt und Unterhalt bezogen hätte. Mit dem Antrag sei eine vom Beschwerdeführer unterzeichnete Erklärung vorgelegt worden, welche bestätigen solle, dass er seit dem Jahr 2002 monatlich EUR 200,-- von seinem in Österreich lebenden Vater beziehe. Weiters seien Bestätigungen über den Empfang von Geldleistungen seines Vaters vorgelegt worden. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass "die Beträge mittels Linienbus (D(...) 'E(...)-Bus Struga) monatlich überbracht" worden seien. Jedoch seien der erstinstanzlichen Behörde keine Kontoauszüge des Vaters vorgelegt worden, die die jeweilige Behebung des angeführten monatlichen Geldbetrages von dessen Konto beweisen würden. Somit sei die tatsächlich erfolgte Unterhaltsleistung nicht nachgewiesen worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Voranzustellen ist, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach der Rechtslage des NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 99/2006 richtet.

Gemäß § 47 Abs. 1 NAG sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 (des § 47 NAG) Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt. Nach § 47 Abs. 3 NAG kann Angehörigen von Zusammenführenden im Sinn des Abs. 1 auf Antrag eine quotenfreie "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und u.a. (Z 3) sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind, die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben (lit. a), die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und Unterhalt bezogen haben (lit. b) oder bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen (lit. c).

Der Beschwerdeführer richtet sich hinsichtlich der Frage des Bezugs von Unterhalt durch seinen Vater (§ 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG) gegen die behördliche Beweiswürdigung. Dies führt die Beschwerde zum Erfolg.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG nur die Prüfung der Schlüssigkeit, aber nicht der Richtigkeit der Beweiswürdigung obliegt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, mwN). Einer solchen Prüfung hält der angefochtene Bescheid aber nicht stand.

Der Beschwerdeführer gab nach der seitens der erstinstanzlichen Behörde erfolgten Aufforderung, es möge ein Nachweis beigebracht werden, dass dem Beschwerdeführer in seinem Heimatland von seinem Vater tatsächlich Unterhalt geleistet werde, die (schriftliche) Erklärung ab, von seinem Vater seit 1. Jänner 2002 "bis heute" monatlich EUR 200,-- erhalten zu haben. Das Geld bekomme er "durch die Reisebüro E(...)-Bus, bzw. die regelmäßige Buslinie Wien-Struga-Wien". Weiters legte er - auch vom genannten Reisebüro unterzeichnete - Bestätigungen vor, womit der Beschwerdeführer den Empfang der Geldbeträge quittierte.

Die belangte Behörde ging davon aus, der Beschwerdeführer habe die Unterhaltsleistungen durch seinen Vater deswegen nicht nachgewiesen, weil der Beschwerdeführer keine Kontoauszüge betreffend das Konto seines Vaters vorgelegt habe, aus denen die Behebung des jeweiligen monatlichen Betrages von EUR 200,-- ersichtlich wäre. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen unterzog sie ansonsten keinen beweiswürdigenden Überlegungen.

Dazu ist nun zunächst darauf hinzuweisen, dass die Vorlage von Kontoauszügen weder von der erstinstanzlichen Behörde noch der belangten Behörde, obwohl dies offenbar von ihr als einzig gültiges Beweismittel angesehen wird, verlangt wurde. Der Beschwerdeführer führt in diesem Zusammenhang aber auch zutreffend aus, dass die Vorlage von Kontoauszügen für sich genommen nicht ohne Weiteres beweisen könnte, dass das von einem Konto abgehobene Geld tatsächlich auch dem Beschwerdeführer übermittelt worden wäre. Darüber hinaus ist es - worauf der Beschwerdeführer ebenfalls berechtigt hinweist - nicht ungewöhnlich, dass Kontoinhaber die für anstehende Zahlungen erforderlichen Beträge nicht gesondert, sondern in einer Gesamtsumme beheben, so dass selbst bei Vorlage der Kontoauszüge nicht ohne Weiteres ein von einem Konto abgehobener Geldbetrag einer bar erfolgten Zahlung zugeordnet werden kann.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass ausschließlich Kontoauszüge den Nachweis einer tatsächlichen Unterhaltsleistung an den Beschwerdeführer erbringen könnten. Die Richtigkeit der Erklärung des Beschwerdeführers allein mit dem Hinweis auf das Fehlen der Vorlage von Kontoauszügen zu verneinen, lässt im vorliegenden Fall, in dem der belangten Behörde Beweismittel vorlagen, die keineswegs als von vornherein für das Beweisthema unerheblich angesehen werden können, die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als schlüssig erscheinen. Dies umso mehr, als der belangten Behörde nicht nur eine Erklärung des Beschwerdeführers, sondern auch Empfangsquittungen vorlagen, womit der Beschwerdeführer gegenüber dem Busunternehmen die monatliche Übernahme von EUR 200,-- bestätigte. Bei Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Urkunden wäre es der belangten Behörde aber auch freigestanden, den in Österreich lebenden Vater des Beschwerdeführers als Zeugen zu vernehmen oder sonstige geeignete Erhebungen (wie etwa durch Befragung von Mitarbeitern des Reisebüros oder des Busunternehmens) durchzuführen. Das Unterbleiben der - aber gar nicht abverlangten - Vorlage von Kontoauszügen allein vermochte demgegenüber den Schluss der belangten Behörde, es liege entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführer kein (in barem Geld geleisteter) Unterhaltsbezug durch seinen Vater vor, nicht in gesetzmäßiger Weise zu tragen.

Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriftengemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 25. März 2010

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