VwGH 2007/13/0065

VwGH2007/13/006520.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der T GmbH in W, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 15. Mai 2007, GZ. RV/1076- W/05, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe für August und September 2003, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §289 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BAO §289 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unter Verwendung eines Formblattes "Komb 1" erließ das Finanzamt Wien 1/23 einen Bescheid vom 9. Mai 2005 gegenüber der beschwerdeführenden GmbH (Beschwerdeführerin), wobei in der Bescheidbezeichnung keines der drei Felder "über die Haftung zur Abfuhr der Lohnsteuer für den Zeitraum", "über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für den Zeitraum" und "über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum" angekreuzt war. Neben dem Feld "über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfen für den Zeitraum" scheint in der in den Verwaltungsakten enthaltenen Urschrift des Bescheides (lediglich mit Bleistift) der Vermerk "8 + 9/03" auf. Unter dem Text "Festsetzung des Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe" waren die Betragsfelder für "Bemessungsgrundlage", "Dienstgeberbeitrag" und "Für den obigen Zeitraum bereits gebucht" nicht ausgefüllt. Im Betragsfeld "Somit verbleiben zur Nachzahlung" war ein Betrag eingetragen.

In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, weshalb eine Befreiung von der Leistung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen aus näher genannten Bestimmungen für näher bezeichnete Dienstnehmer nicht abzuleiten sei. Auf Grund dieser Ausführungen sei der nicht entrichtete Dienstgeberbeitrag von den Bezügen dieser Personen vorzuschreiben gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde "über die Berufung der (Beschwerdeführerin) gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 9. Mai 2005 betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Kalendermonate August 2003 und September 2003" mit folgendem Spruch:

"Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert."

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen nach § 41 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes - FLAG ist eine Selbstbemessungsabgabe. Für diese gilt § 201 BAO.

Festsetzungsbescheide nach § 201 BAO haben die gesamte Abgabe festzusetzen und nicht bloß die Nachforderung zu enthalten, um welche sich die Selbstberechnung als zu niedrig erweist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 2004, 2002/13/0118, vom 28. Mai 2008, 2005/15/0155, und vom 4. Juni 2009, 2006/13/0076, ). Dem entgegen hat das Finanzamt mit seinem wie eingangs dargestellt gestalteten Bescheid vom 9. Mai 2005 die Beschwerdeführerin bestenfalls zur Nachzahlung eines bestimmten Betrages an Dienstgeberbeitrag verpflichtet, ohne den Dienstgeberbeitrag festzusetzen. Damit ist das Finanzamt seiner Pflicht zur einheitlichen Festsetzung der Abgabe nicht nachgekommen.

Gemäß § 289 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz außer in hier nicht interessierenden Fällen des § 289 Abs. 1 leg.cit. immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Mit der Abweisung einer Berufung übernimmt die belangte Behörde den Spruch des mit Berufung bekämpften Bescheides des Finanzamtes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 2007, 2004/15/0051, und vom 4. Februar 2009, 2006/15/0204, mwN).

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid dem fehlerhaften Spruch des bekämpften Bescheides des Finanzamtes nicht eine dem Gesetz angemessene Fassung gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, 2009/15/0081), sondern die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den in § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG angeführten Gründen abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. Oktober 2010

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