Normen
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AsylG 2005 §10 Abs1 Z2;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §34 Abs4;
AsylG 2005 §8 Abs1;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AsylG 2005 §10 Abs1 Z2;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §34 Abs4;
AsylG 2005 §8 Abs1;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Der erst- und der zweitangefochtene Bescheid wird jeweils in seinem Spruchpunkt II. (Refoulement) und III. (Ausweisung) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der drittangefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Spruchpunkte II. (subsidiärer Schutz) und III. (Ausweisung) des erstinstanzlichen Bescheides bestätigt wurden, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40, insgesamt somit EUR 3.319,20, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerden abgelehnt.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Serbien, gehört keiner ethnischen Minderheit an und lebte bis zu ihrer Ausreise im Jänner 2005 in der Stadt Nis (Serbien). Am 17. Februar 2005 stellte sie in Österreich einen Asylantrag. Der Zweitbeschwerdeführer stammt aus Prizren (Kosovo), gehört der Volksgruppe der Torbesh an und beantragte am 25. Jänner 2005 Asyl. Am 12. August 2006 heirateten die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer in Österreich. Die Drittbeschwerdeführerin ist deren am 26. Oktober 2006 in Österreich geborene Tochter; für sie brachte ihr Vater als gesetzlicher Vertreter am 9. November 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin gegen die erstinstanzliche Abweisung ihres Asylantrages gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Serbien" zulässig sei (Spruchpunkt II.) und sie gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet "nach Serbien" ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Zweitbeschwerdeführers gegen die erstinstanzliche Abweisung seines Asylantrages gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Serbien, Provinz Kosovo" zulässig sei (Spruchpunkt II.) und er gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet "nach Serbien, Provinz Kosovo" ausgewiesen (Spruchpunkt III.)
Mit dem drittangefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Drittbeschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes, mit welchem ihr Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen, ihr weder der Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.), noch der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug "auf den Herkunftsstaat" (Spruchpunkt II.) zuerkannt und sie aus dem österreichischen Bundesgebiet "nach Serbien, Provinz Kosovo" ausgewiesen (Spruchpunkt III.) wurde, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z. 2 iVm § 34 Abs. 3 Z. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen.
Im erstangefochtenen Bescheid erklärte die belangte Behörde zunächst die Länderfeststellungen des erstinstanzlichen Bescheides - welche sich auf Serbien und Montenegro (ohne Kosovo) beziehen - zum Inhalt des erstangefochtenen Bescheides. Darüber hinaus verwies sie "ausdrücklich" auf die "fallbezogenen Ausführungen des österreichischen Verbindungsbeamten im Kosovo zur Frage der Mischehen zwischen Torbes(h) und Serben im Kosovo" und erhob auch diese zum Inhalt des erstangefochtenen Bescheides.
Die Verweigerung des Refoulementschutzes begründete die belangte Behörde zusammengefasst damit, dass eine Repatriierung der Erstbeschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem aus dem Kosovo stammenden Ehemann und der gemeinsamen Tochter "in den Kosovo" mit keiner Gefährdung verbunden sei. Demgemäß sei auch die Ausweisung der Erstbeschwerdeführerin nach Serbien "ohne Einschränkung" auszusprechen gewesen, zumal der Kosovo eine Provinz von Serbien bilde, d.h. diesem Staat angehöre.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Verbindung der Beschwerde wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges erwogen hat:
Zu I.:
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nach der hier noch maßgeblichen Sachlage bei der Prüfung der Voraussetzungen der Asylgewährung von aus dem Kosovo stammenden Asylwerbern von zwei Herkunftsstaaten - dem Kosovo einerseits und der Republik Serbien ohne den Kosovo andererseits - auszugehen. Das bedeutet, dass für Staatsangehörige von Serbien, die nicht aus dem Kosovo stammen, bei Prüfung der Voraussetzungen der Asylgewährung der Kosovo nicht als Teil des "Herkunftsstaates" Republik Serbien in Betracht zu ziehen ist (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, Zl. 2006/01/0100, und die dort erwähnte hg. Judikatur zur Refoulemententscheidung und dem Konzept zweier Herkunftsstaaten).
Die Erstbeschwerdeführerin stammt aus Nis (Serbien). Sie hat daher nur einen Herkunftsstaat, nämlich (ehemals) Serbien ohne den Kosovo.
Im erstangefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im Rahmen der Refoulemententscheidung über eine Bedrohung der Erstbeschwerdeführerin in "Serbien" abgesprochen und diese nach "Serbien" ausgewiesen. Der erwähnten Begründung des erstangefochtenen Bescheides ist dazu eindeutig zu entnehmen, dass sich der Abspruch über die Zulässigkeit des Refoulements - und davon ausgehend auch die Ausweisung - auf Serbien inklusive der (damaligen) Provinz Kosovo bezieht. Dies erweist sich angesichts der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als verfehlt.
Die Spruchpunkte II. und III. des erstangefochtenen Bescheides waren daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2. Dieser Umstand schlägt im Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 auf das Verfahren der Drittbeschwerdeführerin durch, was wiederum auf das Verfahren des Zweitbeschwerdeführers durchschlägt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 2010, Zl. 2007/20/0860, mwN).
Der zweit- und der drittangefochtene Bescheid war daher in dem im Spruch angeführten Umfang ebenfalls gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Zu II.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerden werfen - soweit sie sich jeweils auf Spruchpunkt I. des erst- und zweitangefochtenen Bescheides sowie auf die im drittangefochtenen Bescheid erfolgte Bestätigung des Spruchpunktes I. des erstinstanzlichen Bescheides beziehen - keine für die Entscheidung dieser Fälle maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerden in diesem Umfang abzulehnen.
Wien, am 21. Oktober 2010
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