VwGH 2009/17/0221

VwGH2009/17/022111.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Dr. W T in W, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 15, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern vom 4. Dezember 2008, Zl. GIS 0667/08, betreffend Rundfunkgebühren für Fernsehen und Radio und damit verbundene Entgelte und Abgaben, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §56;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit der als "Bescheid" bezeichneten Erledigung vom 11. August 2008 sprach (offenbar) die Gebühreninfoservice GmbH Folgendes aus:

"Sehr geehrter Herr Doktor (Beschwerdeführer), die monatlichen Rundfunkgebühren und sonstigen damit

verbundenen Abgaben und Entgelte für eine Radio- und Fernsehmeldung werden entsprechend der Meldungen des Rundfunkteilnehmers vorgeschrieben.

Eine Abmeldung mit einer Meldung gemäß § 2 Abs 3 der Rundfunkgebührengesetz BGBl. I 159/1999 idF BGBl. Nr. I 71/2003 (RGG) des Standortes 1170 Wien, ... ist im Juni 2005 erfolgt.

Es wurde vorgebracht, eine Abmeldung im Sinne einer Meldung gem. § 2 Abs 3 Rundfunkgebührengesetz BGBl. I 159/1999 idF BGBl. Nr. I 71/2003 (RGG) sei rechtlich nicht notwendig, es reiche zu diesem Zweck auch ein Auszug aus dem Zentralen Melderegister welcher belege, dass der Standort 1170 Wien, ... seit September 1989 nicht mehr seitens des Rundfunkteilnehmers bewohnt wurde.

Es konnte seitens des Rundfunkteilnehmers kein Nachweis beigebracht werden, dass zum behaupteten Zeitraum vor Juni 2005 tatsächlich eine Abmeldung mit einer Meldung gem. § 2 Abs 3 Rundfunkgebührengesetz BGBl. I 159/1999 idF BGBl. Nr. I 71/2003 (RGG) erfolgt ist.

Ein Auszug aus dem Zentralen Melderegister ist für diesen Zweck nicht ausreichend.

Mit der Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundenen Abgaben und Entgelte ist bezüglich der Punkte a. bis

d. die Gebühreninfoservice GmbH gemäß § 4 Rundfunkgebührengesetz BGBl. I 159/1999 idF BGBl. Nr. I 71/2003 betraut."

In der daran anschließenden "Begründung" wird auf § 2 Abs. 1 RGG verwiesen, wonach, wer eine Rundfunkempfangseinrichtung in Gebäuden betreibe (Rundfunkteilnehmer) Gebühren zu entrichten habe. Gemäß § 4 Abs. 1 RGG obliege die Einbringung der Rundfunkgebühren der GIS Gebühreninfoservice GmbH. Weiters sei gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. das AVG anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs. 3 RGG hätte der Beschwerdeführer die Beendigung des Betriebes von Rundfunkempfangseinrichtungen und somit das Entstehen der Gebührenpflicht an die GIS Gebühreninfoservice GmbH melden müssen; dieser Verpflichtung sei der Beschwerdeführer im "zeitlich geforderten Kontext" nicht nachgekommen.

An diese Ausführungen schließt sich eine Rechtsmittelbelehrung, wonach (unter anderem) gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden könne.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer "Nichtigkeit des bekämpften Bescheides" vor, weil aus der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides nicht hervorgehe, dass ein Geschäftsführer oder Prokurist der GIS Gebühreninfoservice GmbH den vorliegenden Bescheid oder dessen Ausfertigung genehmigt habe. Überdies sei der bekämpfte Bescheid nichtig, weil im Spruch des Bescheides keine Anordnung enthalten sei. Auf Grund eines Rückstandsausweises, der von der GIS Gebühreninfoservice GmbH ausgestellt worden sei, sei zwar gegen den Beschwerdeführer Exekution geführt worden. Eine Zahlungsverpflichtung könne jedoch dem mit Berufung bekämpften Bescheid nicht entnommen werden, obwohl der Beschwerdeführer in seinen Einwendungen (gegen den Rückstandsausweis) eine bescheidmäßige Erledigung beantragt habe. Jedenfalls aber sei der vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpfte Bescheid schon deshalb "nichtig", weil er keine Zahlungsverpflichtung vorsehe. Er könne auch nicht in Rechtskraft erwachsen, weil er keine Anordnung enthalte.

Im Übrigen wandte sich der Beschwerdeführer dagegen, dass sich die GIS Gebühreninfoservice GmbH, die für die Einhebung von Rundfunkgebühren erst mit 1. Jänner 2004 zuständig geworden sei, mit der Einhebung von Gebühren vor diesem Zeitpunkt befasse. Schließlich sei auch nicht festgestellt worden, ob der Beschwerdeführer überhaupt an der angegebenen Anschrift im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine gebührenpflichtige Rundfunksempfangsanlage betrieben habe, was ausdrücklich bestritten werde.

Mit ihrem Bescheid vom 4. Dezember 2008 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie unter anderem aus, was den abgabenrechtlich zu zahlenden Betrag betreffe, so ergehe mit einfacher Post eine Aufschlüsselung unter Beilage eines Zahlscheines an die zuletzt vom Beschwerdeführer bekannt gegebene Adresse. Die Abgabenschuld für diese Beträge sei bereits auf Grund der Anmeldung entstanden und mit dem Beschwerdeführer "vereinbart" worden. Zu Beginn seien die Abgaben durch Einziehungsauftrag entrichtet worden, der jedoch vom Beschwerdeführer ohne "(formlose)" (gemeint wohl: förmliche; vgl. § 2 Abs. 3 RGG) "Abmeldung der Gebührenschuld 2002 (14. März) beendet" worden sei. An die GIS Gebühreninfoservice GmbH selbst sei jedoch kein Schreiben des Beschwerdeführers ergangen. Die Höhe der offenen Abgaben sowie die angefallenen Kosten der Inkassoservice GmbH sei dem Beschwerdeführer aus dem Schreiben der letzteren bekannt gewesen, sodass sie im Bescheid der GIS nicht mehr anzugeben gewesen seien.

Mit Beschluss vom 22. September 2009, B 79/09-8, lehnte der dagegen zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer in seiner gemeinsam mit der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde ausgeführten Rechtsmittelschrift den Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens (neuerlich) vorgelegt und ihre bereits im verfassungsgerichtlichen Verfahren auch für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete Gegenschrift ergänzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 des Rundfunkgebührengesetzes, BGBl. I Nr. 159/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2003, obliegt die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 leg. cit. (Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge) der Gesellschaft (GIS Gebühreninfoservice GmbH) als Abgabenbehörde erster Instanz; über Berufungen gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide hat die örtlich zuständige Finanzlandesdirektion als Abgabenbehörde zweiter Instanz zu entscheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist. Das AVG ist anzuwenden.

Nach § 58 Abs. 1 AVG ist jeder Bescheid (nicht nur) ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat (auch) den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Gemäß § 59 Abs. 1 erster Satz AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfragen betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Aus der oben wiedergegebenen, als Bescheid bezeichneten erstinstanzlichen Erledigung, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ein Spruch nicht zu entnehmen. Aus dem gesamten Text lässt sich nicht ableiten, dass die Behörde mit der vorliegenden Erledigung einen normativen, individuellen Akt der Hoheitsverwaltung, der "die in Verhandlung stehende Angelegenheit" entscheidet, gesetzt hat. Bescheidqualität kommt nämlich nur normativen, also entweder rechtsgestaltenden oder rechtsfeststellenden Akten zu, mit denen die Behörde eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Es muss aus der Erledigung die Absicht der Behörde erkennbar sein, mit diesem Verwaltungsakt über individuelle Rechtsverhältnisse oder über ein Parteibegehren rechtsverbindlich abzusprechen. Bloße Mitteilungen, die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung gewertet werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. April 1994, Zl. 93/17/0329 mwN; oder auch den hg. Beschluss vom 15. Dezember 2003, Zl. 2002/17/0316).

Dem oben wiedergegebenen "Spruchteil" der erstinstanzlichen Erledigung vom 11. August 2008 ist eine behördliche Anordnung in diesem Sinne nicht zu entnehmen; neben allgemeinen Rechtsbelehrungen und Hinweisen auf das Verwaltungsgeschehen bzw. das Vorbringen enthält er fallbezogen nur die Mitteilung, dass ein Auszug aus dem Zentralen Melderegister eine Abmeldung gemäß § 2 Abs. 3 RGG nach Ansicht der Behörde nicht ersetze.

Schon dadurch, dass die belangte Behörde das Fehlen eines Spruches nicht aufgriff (und die Berufung gegen die erstinstanzliche Erledigung zurückwies, weil diese nicht als Bescheid anzusehen war), belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre. Hingewiesen sei jedoch darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde nicht zu teilen vermag, wonach im erstinstanzlichen Bescheid die "Höhe der offenen Abgaben sowie der angefallenen Kosten der Inkassoservice GmbH" nicht mehr "anzugeben" gewesen wäre, weil dem Beschwerdeführer diese aus dem Schreiben der Inkassoservice GmbH bereits bekannt gewesen seien.

Da die Schriftsätze der Parteien des Verwaltungsverfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Erklärung der Rechtssache in dem hier entscheidenden Punkte nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, wobei das Begehren, soweit damit die in der genannten Verordnung festgelegten Sätze überstiegen wurden, abzuweisen war.

Wien, am 11. Dezember 2009

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