VwGH 2009/17/0175

VwGH2009/17/017513.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Ing. H Z in S, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes Salzburg vom 17. Juni 2009, Zl. Jv 667/09m - 33, betreffend Zeugengebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litc;
GebAG 1975 §19 Abs2;
GebAG 1975 §20 Abs2;
GebAG 1975 §3 Abs1;
GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litc;
GebAG 1975 §19 Abs2;
GebAG 1975 §20 Abs2;
GebAG 1975 §3 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde für seine Einvernahme als Zeuge am 5. November 2008 in der Zeit von 9:00 Uhr bis 11:30 Uhr geladen. Er begehrte als Kosten für die erforderliche Vertretung EUR 1.920,-

- und verwies in diesem Zusammenhang auf die Rechnung eines näher genannten Architekten vom 10. November 2008 sowie die Originalzahlungsbestätigung der überweisenden Bank vom 12. November 2008. Aus dieser Rechnung ergibt sich, dass der als Vertreter bezeichnete Architekt für ein Bauvorhaben in Wien für den 5. November 2008 den genannten Betrag begehrte.

Der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Salzburg forderte hierauf hin mit Schreiben vom 25. November 2008 den Beschwerdeführer auf, binnen 14 Tagen

"1. Die Notwendigkeit der Stellvertreterbestellung zu bescheinigen. Die Notwendigkeit der Stellvertreterbestellung muss konkret für den Zeitraum der Abwesenheit infolge Zeugenladung (Anwesenheit bei Gericht war von 09.00 Uhr bis 10.10 Uhr) bescheinigt werden.

2. Die Unaufschiebbarkeit der zu verrichtenden Stellvertreterarbeiten zu bescheinigen. Der Ersatz von Stellvertreterkosten erfordert zumindest, dass die unaufschiebbar verrichteten Stellvertreterarbeiten beschrieben, wenn nicht gar dokumentiert werden.

3. Die Höhe und die Angemessenheit der Kosten zu bescheinigen. Genaue Abrechnung, was wofür verrechnet wurde.

Bei Nichtvorlage von geeigneten Bescheinigungsmitteln können Ihnen die Kosten für einen Stellvertreter nicht zugesprochen werden."

Der Beschwerdeführer legte in der Folge das Schreiben einer dritten Person vor, in der es entscheidungswesentlich heißt:

"Für meinen Um-, Aus- und Anbau in Wien wurde mit Ihnen vereinbart, dass Sie von 03. bis 07.11.2008 die Beaufsichtigung und Bauleitung vor Ort übernehmen bzw. übernommen haben.

Nachdem Sie für 05.11.2008 nach Salzburg mussten, haben Sie mir versichert einen Ersatz zu stellen und wurde dies von Ihnen auch bestens organisiert."

Der Kostenbeamte wies hierauf mit Bescheid vom 30. März 2009 den "Gebührenanspruch" des Beschwerdeführers ab. Kosten für die erforderliche Vertretung hätten nicht zugesprochen werden können, da weder die Unaufschiebbarkeit der zu verrichtenden Stellvertreterarbeiten noch die Höhe und Angemessenheit der Kosten bescheinigt worden sei.

In seiner dagegen erhobenen Administrativbeschwerde brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, aus der Bestätigung sei ersichtlich, dass er für Um-, Aus- und Anbauarbeiten im Jahr 2008 den Auftrag einer Beaufsichtigung samt Bauleitung vor Ort, nämlich in Wien, für den Zeitraum von Montag 3. November 2008 bis Freitag 7. November 2008 übernommen habe. Die Zeugeneinvernahme sei für den Mittwoch dieser Woche anberaumt worden. Nachdem ein schwieriger Um-, Aus- und Anbau einer ständigen Beaufsichtigung und Bauleitung bedürfe, dies insbesondere deshalb, weil bei Umbauten unverzüglich vor Ort Detailangaben notwendig seien, habe er für die von ihm übernommenen Arbeiten einen Stellvertreter mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung zu stellen gehabt. Damit habe er den näher genannten Architekten beauftragt und eine Tagespauschale von insgesamt EUR 1.920,-- vereinbart. Aus der Bestätigung ergebe sich weiters, dass bei den Um-, Aus- und Anbauarbeiten neben den erforderlichen Sachkenntnissen "mehrere Personenkreise" involviert seien und ohne Stellung eines Stellvertreters der Bauherr die Arbeiten für den 5. November 2008 hätte einstellen müssen, aber den tätigen Unternehmen trotzdem kostenersatzpflichtig gewesen wäre. Dadurch hätte er sich, der Beschwerdeführer, regresspflichtig gemacht, abgesehen von weiteren Schadenersatzansprüchen durch die Bauverzögerung und/oder Schäden durch Witterungseinflüsse etc. am Bauwerk selbst. Gerade bei derartigen Arbeiten sei eine durchgehende Beaufsichtigung und Bauleitung erforderlich, weil bekannt sei, dass jederzeit und fortlaufend "Dinge" zum Vorschein kommen könnten, mit denen nicht einmal erfahrene Bauleute rechneten. Aus diesem Umstand der Auftragsübernahme und der Auftragstätigkeit seien die Unaufschiebbarkeit und die Notwendigkeit der Stellung eines Stellvertreters zu erkennen gewesen. Im Übrigen verweist der Beschwerdeführer noch darauf, dass sich aus der vorgelegten Rechnung des Stellvertreters neben der Notwendigkeit und der Unaufschiebbarkeit der Stellvertreterbestellung auf Grund der Aufschlüsselung der Rechnung auch die Angemessenheit derselben ergebe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Administrativbeschwerde abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Parteienvorbringens führte die belangte Behörde begründend aus, auf dem Ladungsformular, welches der Zeuge bekommen habe, sei vermerkt, dass dem Gericht mitzuteilen sei, wenn der Zeuge aus wichtigem Grund zur anberaumten Tagssatzung nicht kommen könne. Hinsichtlich der Reisekosten sei noch besonders darauf hingewiesen, dass diese grundsätzlich nur für die Anreise von dem Ort ersetzt werden könnten, der in der Ladung als die Anschrift des Zeugen angeführt sei. Sollten dem Zeugen Mehrkosten durch die Anreise aus einem anderen Ort entstehen, könnten diese nur dann ersetzt werden, wenn vorher das Einverständnis des Gerichtes eingeholt worden sei.

Grundsätzlich wäre daher der Beschwerdeführer als Zeuge verpflichtet gewesen, seine Ortsabwesenheit von der Ladungsanschrift in Salzburg dem Gericht mitzuteilen, vor allem dann, wenn der Zeuge in der Folge beabsichtigt hätte, die Anreise- bzw. Vertretungskosten geltend zu machen. Darüber hinaus hätte er seine Verhinderung mitteilen können, wenn seine Anwesenheit in Wien tatsächlich so dringend notwendig gewesen wäre; diesfalls hätte die Möglichkeit bestanden, dass die Tagsatzung verlegt würde.

Dem Zeugen sei auch bekannt gewesen, dass eine Glaubhaftmachung bzw. Bescheinigung der Notwendigkeit des Einsatzes eines Stellvertreters zur Bestimmung seiner Zeugengebühren erforderlich sei. Dies habe er in einem anderen - näher genannten - Verfahren auch tatsächlich gemacht und hätten ihm hier Kosten für die Vertretung zugesprochen werden können.

Im Beschwerdefall habe der Kostenbeamte jedoch einen ganz konkreten und rechtlich richtigen Auftrag zur Ermittlung erteilt, um die gerechtfertigten Zeugengebühren bestimmen zu können. Diesem Auftrag sei der Zeuge in keiner Weise entsprechend nachgekommen.

Aus dem Umstand, dass der Zeuge seinem Vertreter eine gewisse Summe bezahlt habe, ergibt sich noch lange nicht die Angemessenheit dieses Betrages; aus der Bestätigung des Dritten ergebe sich auch nicht, inwieweit eine Vertretung mit Ausnahme dessen, dass der Beschwerdeführer zugesagt habe, eine solche zu stellen, tatsächlich erforderlich gewesen wäre bzw. sich finanziell nachteilig für den Zeugen ausgewirkt hätte, wenn kein Vertreter gekommen wäre oder sein Einsatz um einen Tag verlängert worden wäre.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Gebühr des Zeugen umfasst nach § 3 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz - GebAG, BGBl. Nr. 136/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2007, 1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden und 2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.

Nach § 18 Abs. 1 Z. 1 GebAG in der Fassung BGBl. I Nr. 134/2007, gebühren dem Zeugen als Entschädigung für Zeitversäumnis EUR 14,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht. Anstatt der Entschädigung nach Z. 1 gebührt gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. a) beim unselbstständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,

b) beim selbstständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,

c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,

d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

Im Falle des § 18 Abs. 1 Z. 1 GebAG hat der Zeuge gemäß § 18 Abs. 2 leg. cit. den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z. 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen. Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. (in der Fassung durch BGBl. Nr. 343/1989) hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren (§ 3 Abs. 2 GebAG), zu bescheinigen. Auf seine Ansprüche und die allfällige Notwendigkeit des Beweises oder der Bescheinigung ist der Zeuge gemäß § 19 Abs. 3 erster Satz leg. cit. durch das Gericht in der Ladung aufmerksam zu machen.

Nach § 20 Abs. 2 GebAG in der Fassung durch BGBl. I Nr. 98/2001, kann der Zeuge vor der Gebührenbestimmung aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen.

Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall hat der Zeuge die Gebühren eines Stellvertreters im Sinne des § 18 Abs. 2 lit. c GebAG angesprochen. Es traf ihn daher - entgegen der in der Begründung des angefochtenen Bescheides geäußerten Ansicht der belangten Behörde - keine Verpflichtung (oder Obliegenheit) auf den Umstand hinzuweisen, dass er von einem anderen Ort (nämlich aus Wien) als aus dem, der in der Ladung angegeben war (hier: Salzburg) anreisen würde.

Sollte die belangte Behörde - wie der Gegenschrift entnommen werden könnte - diese Begründung des Bescheides dahin verstanden haben, dass der Stellvertreter keine Reisekosten für die Fahrt von Salzburg nach Wien und wieder zurück hätte verzeichnen dürfen, so ist darauf schon deshalb nicht einzugehen, weil aus der Aufschlüsselung der vorgelegten Kostennote des Stellvertreters Reisekosten nicht ersichtlich sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu den Kosten des notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreters im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. c GebAG bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist unter einem Stellvertreter nach dieser Bestimmung eine Person zu verstehen, die den Zeugen während der Zeit seiner Abwesenheit von seinem Betrieb, seinem Unternehmen, seiner Kanzlei etc. vertritt. Der Zeuge hat nicht nur die Tatsache der Stellvertretung und die Höhe der dafür aufgewendeten Kosten zu bescheinigen, sondern auch die Notwendigkeit der Stellvertretung; als einen für die Gebührenbestimmung bedeutsamen Umstand hat der Zeuge nach dieser Rechtsprechung im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht jedenfalls über diesbezügliche Aufforderung der Verwaltungsbehörde die Notwendigkeit zu behaupten und zu bescheinigen (vgl. nur das hg. Erkenntnis vom 28. August 2007, Zl. 2007/17/0094 mwN).

Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer nicht nur die bereits erwähnte Honorarnote des Stellvertreters vorgelegt, sondern über Aufforderung auch die Bestätigung des Dritten über die Vornahme von näher umschriebenen Bauarbeiten in der fraglichen Zeit. Diesbezüglich hat die Behörde erster Instanz begründend nur ausgeführt, dass weder die Unaufschiebbarkeit der zu verrichtenden Stellvertreterarbeiten noch die Höhe und Angemessenheit der Kosten bescheinigt worden seien. Es konnte daher dem Beschwerdeführer nicht versagt sein, in der Administrativbeschwerde auf die Umstände hinzuweisen, aus denen seiner Ansicht nach sowohl die Unaufschiebbarkeit der zu verrichtenden Stellvertreterarbeiten wie auch die Höhe und Angemessenheit der Kosten abzuleiten seien. Die belangte Behörde ist auf dieses Berufungsvorbringen aber nicht weiter eingegangen; sie hat insbesondere auch nicht ausgeführt, warum die Ansicht des Beschwerdeführers, aus der Art der vorzunehmenden Arbeiten ergebe sich deren Unaufschiebbarkeit, unzutreffend sein sollte. Sie hat auch zur Angemessenheit der Höhe der verzeichneten Stellvertreterkosten nur mit dem Hinweis Stellung genommen, dass sich aus der Tatsache deren Bezahlung noch nicht deren Angemessenheit erschließen lasse. Auf die vorgelegte Honorarnote ist sie weiter nicht eingegangen.

Die belangte Behörde hat daher insoweit ihre Entscheidung nicht in einer Weise begründet, die dem Verwaltungsgerichtshof die nachprüfende Kontrolle ermöglicht. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 13. Oktober 2009

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