VwGH 2009/17/0091

VwGH2009/17/009117.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, in der Beschwerdesache der Dr. U U-P in W, vertreten durch Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte KG in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. April 2009, Zl. IVW3-BE-3193401/012-2008, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheiten einer Wasseranschlussabgabe (mitbeteiligte Partei: M P in P, H), den Beschluss gefasst:

Normen

EMRK Art6;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
EMRK Art6;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 15. Juli 2008, mit dem die Berufung der Beschwerdeführerin (vom 5. Juni 2008) "abgewiesen" worden war, als unbegründet ab.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde habe am 12. Juni 2008 für eine näher genannte Liegenschaft die Wasseranschlussabgabe in der Höhe von EUR 1.873,74 inklusive Umsatzsteuer der Beschwerdeführerin vorgeschrieben; dieser Bescheid sei am 14. Juni 2007 zugestellt worden.

Mit Schreiben vom 5. Juni 2008 habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, es sei mit E-Mail vom 16. Juni 2007 von ihrem Lebensgefährten in ihrem Auftrag gegen den Bescheid vom 12. Juni 2007 Berufung erhoben worden. Darin sei ausgeführt worden, dass ein Hausbrunnen bestehe und deshalb kein Anschlusszwang an die Ortswasserleitung gegeben sei. Diese E-Mail-Nachricht sei am 16. Juni 2007 um 21.46 Uhr von einer näher genannten Adresse an die Adresse der mitbeteiligten Marktgemeinde gesendet worden.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde habe mit Bescheid vom 15. Juli 2008 (zugestellt am 7. August 2008) der Berufung "nicht Folge" gegeben. Begründend habe der Gemeindevorstand ausgeführt, dass eine fristgerechte Berufung nicht eingebracht und somit der Bescheid des Bürgermeisters vom 12. Juli 2007 in Rechtskraft erwachsen sei.

Ermittlungen durch die belangte Behörde hätten ergeben - so diese in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - dass es weder dem Anbieter der Gemeinde noch der Telekom Austria möglich gewesen sei, den Mailverkehr der Gemeinde aus dem Jahr 2007 nachzuvollziehen. Dieses Ermittlungsergebnis sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden, worauf diese in ihrer Stellungnahme ausgeführt habe, dass durch die mitbeteiligte Marktgemeinde keine ausreichende Datensicherung vorgenommen worden sei.

Die belangte Behörde ging in der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes davon aus, dass die Berufungsinstanz - trotz der unzutreffenden Formulierung des Spruches - eine Formalentscheidung, nämlich eine Zurückweisung wegen verspäteter Einbringung der Berufung getroffen habe. Diese Entscheidung sei zutreffend, weil dem Gemeindeakt nicht entnommen werden könne, dass gegen den Bescheid vom 12. Juni 2007 fristgerecht eine Berufung mittels E-Mail bei der Gemeinde eingelangt sei; daran ändere die Mitteilung einer näher genannten Telekommunikationsgesellschaft nichts, wonach "am 16. Juni 2007 der E-Mail-Account mit der Hauptadresse ... uneingeschränkt zur Verfügung stand", und "für den gegenständlichen Service keine Sperre" bestanden habe. Ein etwaiger Verlust des E-Mails am Weg zur Behörde gehe zu Lasten des Einschreiters (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2005/17/0270).

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin "in ihrem Recht auf rechtliches Gehör, fair trail sowie die richtige Anwendung des NÖ Wasserleitungsanschlussgesetzes 1978 verletzt".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, weil der Verwaltungsgerichtshof nach § 41 Abs. 1 leg. cit. nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet; durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Vom Beschwerdepunkt zu unterscheiden und mit ihm nicht zu verwechseln sind die Beschwerdegründe des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG und die Aufhebungstatbestände des § 42 Abs. 2 VwGG, an die keine Bindung des Verwaltungsgerichtshofes besteht. Wird der Beschwerdepunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. nur aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den hg. Beschluss vom 4. August 2005, Zl. 2005/17/0173).

Soweit sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf ein faires Verfahren als verletzt erachtet, übersieht sie, dass der Verwaltungsgerichtshof zur diesbezüglichen Prüfung, da es sich um ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht handelt, nicht berufen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Oktober 2008, Zl. 2008/17/0183 mwN). Soweit die Beschwerdeführerin hingegen (allenfalls auch in diesem Zusammenhang) eine Verletzung in ihrem Recht auf rechtlichen Gehör geltend macht handelt es sich - ebenso wie bei einer behaupteten (sonstigen) Mangelhaftigkeit des Verfahrens - nicht um einen Beschwerdepunkt, sondern um einen Beschwerdegrund (vgl. den hg. Beschluss vom 11. Mai 2004, Zl. 2004/02/0108). Gleiches gilt für die "richtige Anwendung des NÖ Wasserleitungsanschlussgesetztes 1978"; auch hiermit wird kein Beschwerdepunkt sondern ein Beschwerdegrund bezeichnet. Darüber hinaus könnte die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid, mit dem - nach Ansicht der belangten Behörde und insoweit unwidersprochen durch das Beschwerdevorbringen der Vorstellung gegen die Zurückweisung einer Berufung nicht Folge gegeben wurde - nur in ihrem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung verletzt worden sein.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch als Anlass des Beschwerdefalles bewogen, darauf zu verweisen, dass er sich durch die Beschwerdeausführungen nicht veranlasst gesehen hätte, von seiner Rechtsprechung (vgl. das bereits von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2005/17/0270) abzugehen.

Wien, am 17. Juni 2009

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