VwGH 2009/09/0218

VwGH2009/09/021810.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerden des MG in W, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler, Mag. Harald Papesch und Mag. Helmut Leitner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Museumstraße 31a, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich je vom 24. April 2009, 1.) Zl. VwSen- 251454/53/Lg/Sta (hg. Zl. 2009/09/0218), 2.) Zl. VwSen- 251455/42/Lg/Ba (hg. Zl. 2009/09/0219), 3.) Zl. VwSen- 251456/43/Lg/Ba (hg. Zl. 2009/09/0220), 4.) Zl. VwSen- 251457/42/Lg/Ba (hg. Zl. 2009/09/0221), 5.) Zl. VwSen- 251458/42/Lg/Ba (hg. Zl. 2009/09/0222), 6.) Zl. VwSen- 251459/42/Lg/Sta (hg. Zl. 2009/09/0223), und 7.) Zl. VwSen- 251460/43/Lg/Ba (hg. Zl. 2009/09/0224), betreffend Bestrafungen nach dem AuslBG (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §35 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
ASVG §35 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 610,60, das sind insgesamt EUR 4.274,20, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der belangten Behörde vom 24. April 2009 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe "als Gewerbeinhaber des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 in der Betriebsart eines Nachtklubs (Animierlokal) und als Arbeitgeber insgesamt sieben näher umschriebene ausländische Staatsangehörige in im Einzelnen angeführten Tatzeiträumen bzw. am 16. Mai 2006 in der Bar P in S als Prostituierte beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch sieben Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden sieben Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall sieben Ersatzfreiheitsstrafen von je 17 Stunden) verhängt.

In der Begründung des erstangefochtenen Bescheides (die weiteren angefochtenen Bescheide enthalten gleichlautende Begründungen) führte die belangte Behörde nach Hinweis auf die durchgeführte mündliche Verhandlung und Darstellung der Verfahrensergebnisse aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):

"Entsprechend den Angaben des (Beschwerdeführers) ist davon auszugehen, dass alle Prostituierten unter den gleichen Geschäftsbedingungen arbeiteten. Weiters ist aus demselben Grund anzunehmen, dass am Kontrolltag alle Ausländerinnen - trotz der Geburtstagsfeier - im Lokal arbeiteten (mit Ausnahme von MD).

Unstrittig steht fest, dass der Kern der Übereinkunft zwischen dem (Beschwerdeführer) und den Ausländerinnen darin bestand, dass diese für die Ausübung der Prostitution Zimmer benutzen durften und dafür einen bestimmten fixen Betrag ('Miete') abzuführen hatten. Die Höhe des abzuführenden Betrages hing von der jeweiligen Nutzungsdauer (eine halbe Stunde, eine Stunde) ab. Die Höhe der Einnahmen des (Beschwerdeführers) aus dem Zimmerbetrieb richtete sich daher nach dem Geschäftsgang der Prostituierten. Weitergehende Einkünfte aus dem Lokalbetrieb erzielten die Damen nicht (etwa im Wege einer Getränkeprovision oder in Form eines fixen Monatslohns oder in Form einer Naturalentlohnung durch Verköstigung; auch insofern ist den Angaben des (Beschwerdeführers) zu folgen). Hingegen erzielte der (Beschwerdeführer) zusätzlich Einnahmen aus dem Barbetrieb, dessen Florieren von der Präsenz der Prostituierten abhing. Andererseits steht fest, dass die Prostituierten den Barbetrieb zur Anbahnung der Prostitution benötigten.

Die Höhe des Prostitutionsentgelts war grundsätzlich geregelt. Dies geht aus der realistischen Aussage MS hervor, wonach 'der Preis im Lokal eben galt'. Ähnlich die Aussage des Kellners, wonach die Preise für alle Mädchen gegolten hätten, und zwar schon vor der Geschäftsübernahme durch den (Beschwerdeführer). Gestützt wird dies auch durch die 'Richtpreisangaben' in der auch als Werbung und mithin als Kundeninformation dienenden Homepage. MS gab zwar an, sie hätte auch höhere Preise verlangen können, sie hätte dies jedoch nicht getan. Im Hinblick auf die Funktion der Homepage als Kundeninformation ist nicht anzunehmen, dass dort 'Phantasiepreise' angegeben wurden. Auch gab der Kellner anlässlich der Kontrolle einheitliche Preise an und geht Ähnliches aus dem Personenblatt von JD hervor. Die einheitlichen Preise sind daher als Mindestpreise zu verstehen, wobei sich höhere Preise aus der Art der Leistung ergeben konnten (in diesem Sinne der Kellner und MS in der öffentlichen mündlichen Verhandlung; vgl. auch die Information in der Homepage, wonach sich die Preisgestaltung 'nach dem Umfang des gewünschten Service' richtet). Die Preise für solche Sonderleistungen wurden individuell zwischen der Prostituierten und dem Kunden vereinbart.

Dem (Beschwerdeführer) ist darin zu folgen, dass der Gast der Prostituierten das Geld gegeben habe und diese den ihr 'aus der Prostitution zustehenden Teil' einbehalten hätte bzw. ihr, im Fall der Aufbewahrung durch den Kellner, dieser Teil am Morgen durch den Kellner ausgehändigt worden sei.

Eine formelle Bindung der Ausländerinnen an fixe Arbeitszeiten konnte nicht nachgewiesen werden. Andererseits ist im Hinblick auf die Angaben der Ausländerinnen in den Personenblättern zur 'täglichen Arbeitszeit' anzunehmen, dass die Ausländerinnen an den Tagen, an denen sie im Lokal arbeiteten, aus wirtschaftlichem Interesse in der Regel mehrere Stunden lang (in den Personenblättern ist zumeist die Rede von einer Zeit etwa zwischen 9.00 Uhr und 4.00 Uhr) nutzten, um ihre Dienste im Lokal anzubieten, zumal der Aufwand der Anreise zum Lokal für Kurzaufenthalte untunlich gewesen wäre (vgl. auch die Angabe des Kellners über die gemeinsame Anfahrt mit Taxi). Dies schließt nicht aus, dass die Ausländerinnen nicht jede Nacht im Lokal präsent waren (vgl. z.B. die Angabe MD im Personenblatt - '4 days - week' - und sie die Zeit der Nichtanwesenheit im Lokal nutzten, um anderweitig der Prostitution nachzugehen (vgl. in diesem Zusammenhang z.B. die Aussage MS in der öffentlichen mündlichen Verhandlung). Dies bedeutet aber nicht, dass sich die Anwesenheit der Ausländerinnen im Lokal auf seltene Ausnahmetage beschränkte. Dies würde dem Sinn der Vereinbarung zwischen den Ausländerinnen und dem (Beschwerdeführer) widersprechen und wäre auch nicht gut in Einklang zu bringen mit der (entgeltlichen) Zurverfügungstellung einer Wohnmöglichkeit durch den (Beschwerdeführer) (welche zumindest überwiegend von den Frauen genutzt worden zu sein scheint). (So gab der (Beschwerdeführer) an, dass jene Ausländerinnen bei ihm gewohnt hätten, bei denen im Akt die erwähnten Adressen als Wohnadressen angegeben seien - nach den Angaben der Ausländerinnen in den Personenblättern trifft dies auf sämtliche Ausländerinnen zu; JD gab zwar die Hausnummer 24 - statt 23 - an, war aber dem Zeugen HÖ im Zusammenhang mit der Miete bekannt - ähnliches gilt für MS). Es erscheint daher zwar nicht ausgeschlossen, dass nicht an jedem Tag alle Damen im Lokal präsent waren, jedoch ist auch umgekehrt der Bagatellisierungsstrategie des (Beschwerdeführers), dass (sozusagen unter Umkehrung des Regel-Ausnahmeverhältnisses) die Anwesenheit der Ausländerinnen im Lokal geradezu als Sonderfall zu verstehen wäre, nicht zu folgen.

Die Bar wurde zu beiderseitigem wirtschaftlichen Vorteil betrieben. Sie wurde von den Mädchen zur Anbahnung der Prostitution genutzt, wie umgekehrt der Barbetrieb wirtschaftlich von der Präsenz der Mädchen abhängig war. Dazu kam, dass den Prostituierten weitere 'Infrastruktureinrichtungen' zur Verfügung standen: In diesem Zusammenhang wäre zu nennen die Aufbewahrungsmöglichkeit für persönliche Gegenstände, die Küche mit Kühlschrank, die Sanitäreinrichtungen, die Erledigung von Behördenwegen (Wohnsitzmeldung, Abführung des 'Pauschales' an das Finanzamt) und die Werbung (Homepage).

Festzuhalten ist, dass die zwischen dem (Beschwerdeführer) und den Ausländerinnen abgeschlossenen Verträge auf unbestimmte Zeit konzipierte Dauerschuldverhältnisse darstellen. Die Schuldverhältnisse sind nicht auf einzelne Tage der Anwesenheit der Prostituierten im Lokal oder gar auf einzelne Zimmerbenützungen aufzuspalten. Es ist daher unerheblich, dass die Prostituierten an einzelnen Tagen nicht im Lokal arbeiteten - sei es, weil sie abwesend waren, sei es, dass sie aus besonderem Anlass nicht zum Zweck der Ausübung der Prostitution im Lokal anwesend waren. Andererseits ist bei den Prostituierten, für die im angefochtenen Straferkenntnis der Tattag 16.5.2006 angegeben ist (VY, SR, MS) die Beschränkung des Tatzeitraums auf diesen Tag durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zu akzeptieren, wenngleich nur für VY (vom Kellner und vom (Beschwerdeführer)) behauptet wurde, dass es sich dabei um eine 'Neue' gehandelt habe. Auch diesbezüglich ist eine vertragliche Beschränkung ihrer Tätigkeit nur auf diesen Tag nicht behauptet worden, m.a.W. der Charakter des Dauerschuldverhältnisses gegeben. Im Fall MD hat dies zur Konsequenz, dass der Umstand, dass sie am Kontrolltag nicht der Prostitution nachging sondern ihren Geburtstag feierte, nicht dazu führt, dass der Tatzeitraum um diesen Tag zu verkürzen wäre, wurde doch nicht behauptet, dass das Vertragsverhältnis zwischen dem (Beschwerdeführer) und der Ausländerin mit dem Vortag beendet werden sollte bzw. sich dieses Verhältnis sich nicht auch auf die Zeit nach dem Kontrolltag erstrecken sollte.

Gegenstand des Leistungsaustausches war, zusammengefasst, die Zurverfügungstellung der Infrastruktur des Etablissements durch den (Beschwerdeführer) in Verbindung mit einer bordelltypischen Aufteilung der aus der Prostitution erzielten Einnahmen."

Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erachtete die belangte Behörde die objektive Tatseite somit als erwiesen.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, im Hinblick auf die Dauer der Beschäftigung der Ausländerinnen in Verbindung mit dem Verschuldensgrad des Beschwerdeführers, seinen finanziellen Verhältnissen (nach eigenen Angaben kein Einkommen) und dem Entfall spezialpräventiver Gründe (der Beschwerdeführer sei nicht mehr einschlägig in der Branche tätig) erscheine die Verhängung der Mindeststrafe als ausreichend, wobei vom dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 AuslBG (EUR 2.000,-- bis EUR 20.000,-- je illegal beschäftigter Ausländerin) auszugehen sei. Im Hinblick auf die Dauer des Verfahrens sei unter Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe auf je EUR 1.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabzusetzen. Die Tat bleibe jedoch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere sei das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als geringfügig anzusehen, da es ihm oblegen wäre, sich durch Erkundigung bei der zuständigen Behörde über die Rechtslage ins Bild zu setzen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerden auf Grund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die Erstbehörde habe ihm eine Verletzung des AuslBG idF BGBl. I Nr. 133/2003 vorgeworfen, diese Bestimmung sei zum Zeitpunkt der Übertretungen nicht mehr in Kraft gestanden. Die belangte Behörde habe durch Korrektur auf die richtigerweise anzuwendende Fassung BGBl. I 2005/103 die Tat ausgewechselt.

Der Beschwerdeführer verkennt, dass es wesentlich auf die wörtliche Umschreibung der Tat ankommt; die richtige Zitierung der anzuwendenden Norm hat keinen Einfluss darauf, was Sache des Verfahrens ist. Gegenständlich handelt es sich um eine Korrektur der anzuwendenden Fassung der gesetzlichen Bestimmung, was keine "Auswechslung der Tat" ist (vgl. zur "Sache" des Verfahrens die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1264 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Zu dieser Richtigstellung war die Berufungsbehörde nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens6, Seite 1523 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, die belangte Behörde habe gemäß § 51 Abs. 7 VStG nicht innerhalb von 15 Monaten entschieden.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis vom 6. November 2008, G 86, 87/08-15, die Wortfolge ", in dem nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zusteht," in § 51 Abs. 7 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 158/1998, als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2009 in Kraft.

Der Verfassungsgerichtshof hat des Weiteren ausgesprochen, dass die genannte Wortfolge auf die am 9. Oktober 2008 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren, denen ein Bescheid zu Grunde liegt, der nach Ablauf der fünfzehnmonatigen Frist des § 51 Abs. 7 VStG erlassen wurde (mit Ausnahme von Privatanklagesachen), nicht mehr anzuwenden ist.

Die gegenständlichen Beschwerden langten aber erst am 22. September 2009 beim Verwaltungsgerichtshof ein, weshalb § 51 Abs. 7 VStG in der Fassung vor Aufhebung der genannten Wortfolge anzuwenden ist.

Sollte der Beschwerdeführer damit aber die lange Verfahrensdauer an sich ansprechen, so ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde diese als Milderungsgrund gewertet hat und deshalb die Strafen auf die Hälfte der jeweils zu verhängenden Mindeststrafe herabgesetzt hat.

Insoweit der Beschwerdeführer mangelnde Sachverhaltsfeststellungen als Grundlage für die Qualifikation eines Rechtsverhältnisses als arbeitsähnliches Verhältnis vermisst, ist er auf die oben wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde zum Sachverhalt zu verweisen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt die Ansicht vertreten, dass die Ausübung der Prostitution von Ausländerinnen in einem Nachtklub oder ähnlichen Lokalitäten (wie hier in einem bordellähnlichen Betrieb) unter Beteiligung am Umsatz auf Grund der wirtschaftlichen Gestaltung des abgeschlossenen Vertrages als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu qualifizieren ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0002, mwN).

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, somit arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Durfte die Behörde daher von einem solchen Dienstverhältnis ausgehen, dann ergibt sich der Entgeltanspruch - sofern dieser nicht ohnehin in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt ist - im Zweifel aus § 1152 ABGB. Angesichts der planmäßigen Eingliederung der betreffenden Damen in die vom Beschwerdeführer zu verantwortende Betriebsorganisation ist ihre Tätigkeit dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Gegen das Bestehen eines Entgeltanspruchs gegenüber dem Beschwerdeführer als Dienstgeber kann nicht ins Treffen geführt werden, dass die betreffenden Damen von dem von ihnen kassierten Liebeslohn Anteile für die Miete des Zimmers abzuführen haben: Durch diese faktisch geübten Praktiken wird auf der einen Seite die Zurechnung der Tätigkeiten zum Betrieb des Beschwerdeführers geradezu unterstrichen, im Übrigen aber weder ein bestehender Entgeltanspruch in Frage gestellt, noch vermöchte es etwas am Charakter von Zahlungen als Entgelt zu ändern, wenn dieses - oder wesentliche Teile desselben - faktisch unmittelbar durch Dritte (z.B. durch die jeweiligen Freier) geleistet würde (zur Dienstgebereigenschaft trotz Verweisung auf eine Entgeltleistung Dritter vgl. z.B. § 35 Abs. 1 ASVG). Dabei kommt es im Hinblick auf die festgestellten wechselseitigen Ansprüche auch nicht darauf an, ob und inwieweit die betroffenen Ausländerinnen daneben auch in anderen Lokalitäten ihre (entgeltlichen) Dienste anboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2006, Zl. 2005/09/0086).

Da die belangte Behörde auf Grund schlüssiger Beweiswürdigung davon ausgehen durfte, dass die Preise für die von den Prostituierten zu erbringenden Leistungen vom Beschwerdeführer im Wesentlichen durch die Ankündigungen auf der Homepage der "Bar" im Internet festgesetzt waren, die von den Ausländerinnen abzuliefernde "Zimmermiete" die anteilige Provision am erzielten Umsatz der Kundenzahlungen darstellten, Betriebszeiten des Lokals festgesetzt waren, vom Beschwerdeführer die "Betriebsmittel" stammten (Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten zur Anbahnung und Ausübung der Prostitution sowie sonstiger Infrastruktur), die Homepage der "Bar" vom Beschwerdeführer geschaltet war, eine (wenn auch bezahlte) Wohnmöglichkeit beigestellt wurde, die Ausländerinnen bei Behördenangelegenheiten unterstützt wurden (wenn auch nicht direkt vom Beschwerdeführer, sondern vom Kellner), durfte die belangte Behörde die Tätigkeit der Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb des Beschwerdeführers zu Recht als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG werten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 14. November 2002, Zl. 99/09/0167, und vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0002).

Betreffend die Bestrafung wegen Beschäftigung der VY (Zl. 2009/09/0224) vermisst der Beschwerdeführer Feststellungen, "ob VY am 'Tattag' bereits ihrer beabsichtigten Tätigkeit nachging, oder ob sie dies lediglich beabsichtigt hatte." Der Beschwerdeführer verkennt, dass es keine Rolle spielt, ob VY (= die "Neue" bzw. Künstlername "Lola") die Prostituiertendienste bereits tatsächlich dritten Personen ("Freiern") geleistet hat oder nicht. Denn für die Wertung ihrer Tätigkeit als Beschäftigung durch den Beschwerdeführer ist wesentlich, dass sie in Einordnung in den Betrieb des Beschwerdeführers im Sinne der obigen Ausführungen für die Ausübung der Prostituiertendienste im gegenständlichen Etablissement bereit stand, was in der Beschwerde nicht konkret bestritten wird und von der belangten Behörde auf Grund schlüssiger Beweiswürdigung angenommen werden durfte.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 10. Dezember 2009

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