VwGH 2009/09/0069

VwGH2009/09/006923.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der BJ in Wien, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. Jänner 2009, Zl. UVS- 07/A/40/4853/2008-18, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen; Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §879;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
ABGB §879;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Jänner 2009 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene der B GmbH mit Sitz in W zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 6. September 2007 auf einer Baustelle in R zwei näher bezeichnete polnische Staatsangehörige als Arbeiter für Spachtelarbeiten beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch zwei Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden zwei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.900,-- (im Nichteinbringungsfall zwei Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag und 20 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde im Wesentlichen beruhend auf den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen MG (des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin) und LD (einem der arbeitend angetroffenen Ausländer) folgenden Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):

"Der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebene Sachverhalt wird als wahr festgestellt. Darüber hinaus wird als erwiesen angenommen: Die Beschuldigte ist und war zur Tatzeit handelsrechtliche Geschäftsführerin und 100%- Gesellschafterin der B GmbH, die ihren Sitz in Wien hatte und hat. Die B GmbH erhielt von der Firma LW den Auftrag in R auf einem Gang die Decke (eine sogenannte Lochdecke) zu verspachteln. Herr MG, der Lebensgefährte der Beschuldigten, hat diesen Auftrag als Betriebsleiter der B GmbH angenommen. Da er für die Erledigung des Werkvertrages keine eigenen Arbeitskräfte zu Verfügung hatte, sprach er die beiden Brüder D an und vereinbarte mit diesen eine Bezahlung nach verspachtelter Quadratmeteranzahl. Beide Brüder sollten diesen Auftrag gemeinsam erledigen. Die im Verfahren vorgelegten Verträge mit den Herrn D stammen aus der Zeit nach der Kontrolle (der Beschäftigung). Zu einer Rechnungslegung seitens der Herrn D kam es nicht, ebenso unterblieb eine Bezahlung seitens der Firma B GmbH. Das für das Verspachteln notwendige Material wurde weder von der B GmbH noch von den beiden Polen angekauft oder bereitgestellt (dürfte von der Firma LW zur Verfügung gestellt worden sein)."

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt, dass nach einer Gesamtbetrachtung aller Umstände von arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnissen auszugehen sei und führte dazu aus:

"Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen ist von der Erfüllung der objektiven Tatseite auszugehen. Die beiden Polen arbeiteten am 6.9.2007 auf einer Baustelle der B GmbH und verspachtelte in deren Auftrag und auf dern Rechnung eine Gangdecke. Für diese Arbeit sollte die beiden Herrn D von der B GmbH bezahlt werden. Als Entlohnungsbasis galt die tatsächliche Arbeitsmenge. Beide Polen verfügten selber über keinerlei nennenswerte Betriebsmittel. Es waren weder bestimmte und von einander abgrenzbare Werk,e noch eine Pauschalsumme vereinbart, dh beide Herrn D waren nicht zur Erfüllung im vorhinein bestimmter Werke verpflichtet, sondern zur dauernden persönlichen Dienstleistung nach Auftrag der B GmbH. Eine Vertretung durch eine dritte Person war nicht vorgesehen. Die Entgeltlichkeit ergibt sich schon aus der Aussage der Zeugen MG und LD. Die beiden Polen schuldeten lediglich - wie alle anderen Dienstnehmer der B GmbH auch - ihre Arbeitskraft. Die Arbeitsleistung kam der B GmbH zu gute, da diese damit ihre Werkvertragsverpflichtung gegenüber der Firma LW erfüllte. Die festgestellten Merkmale sprechen für das Vorliegen eines typischen Arbeitsverhältnisses. Selbst wenn die beiden Polen vereinzelt auch für andere Firmen tätig geworden sein sollten, wären die beiden Herrn D als arbeitnehmerähnliche Bedienstete einzustufen. An der rechtlichen Qualifikation ändert dies nichts, da nach § 2 Absatz 2 litera b AuslBG auch eine Beschäftigung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung nach dem AuslBG gilt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird behauptet, es sei ein "typischer Werkvertrag" geschlossen worden, nämlich eine Vereinbarung, dass eine bestimmte Anzahl von Quadratmetern zu einem bestimmten Preis verspachtelt werde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).

Insofern sich die Beschwerdeführerin mit dem Vorliegen von Werkverträgen verantwortet, ist ihm zu antworten:

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).

Vorauszuschicken ist, dass die schriftlichen "Werkverträge" erst nach der gegenständlichen Kontrolle datieren. Für den Fall, dass "mündliche Verträge" gleichen Inhalts bestanden hätten, ist der Beschwerdeführerin zu entgegnen:

Schon deshalb, weil sich den "Werkverträgen" nicht einmal entnehmen lässt, ob es sich überhaupt bei der behaupteten Vergabe an die Polen um ein abgrenzbares, unterscheidbares "gewährleistungstaugliches" Werk zu dem von der B GmbH herzustellenden Werk handelt, weil sich die Vereinbarung nicht auf einen im Vorhinein bestimmbaren Bereich einer bestimmten Baustelle, sondern um bloß mengenmäßig bestimmte Arbeiten ("ca. 300 m2 x 2 Euro") handelt, geschweige denn eine Abgrenzbarkeit der von den Polen zu verrichtenden Tätigkeiten untereinander im Vorhinein möglich war, kann die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden, dass die Behauptung des Bestehens eines Werkvertrages zwischen der B GmbH und den Polen nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entspreche.

Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen ausgesprochen, dass derartige einfache Hilfsarbeiten wie die in den obigen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde beschriebenen Arbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden müssen, typischerweise kein selbständiges Werk darstellen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0183, mwN).

Auch der dringende Arbeitskräftebedarf der Beschwerdeführerin zur Erfüllung des von ihm übernommenen Auftrages (vgl. die Aussage des MG: "Herr L rief mich damals an und sagte er müsse die Baustelle schnell fertig mach und braucht viele Leute. Ich hatte dafür keine eigenen Leute und habe daher die Polen angerufen.") deutet nicht auf eine Weitergabe eines Teilauftrages an selbständige Werkvertragsnehmer. Der Beschwerdeführerin kam es gerade darauf an, dass die Polen rasch verfügbar waren, eine vereinbarte Vertretungsmöglichkeit wurde nicht behauptet (vgl. in der Beschwerde: "eine Vertretung war, wie bei Werkverträgen üblich, weder vereinbart noch ausgeschlossen"), weshalb von persönlicher Dienstpflicht auszugehen ist. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht konkret aufgezeigt, dass die Polen - entgegen den Feststellungen der belangten Behörde - hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten weisungsfrei gewesen seien.

Die belangte Behörde ist sohin zu Recht von einer Beschäftigung der Polen in einem Unterordnungsverhältnis, hier in Form zumindest der Arbeitnehmerähnlichkeit, ausgegangen.

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am 23. April 2009

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