VwGH 2009/09/0007

VwGH2009/09/000731.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des JK in L, vertreten durch Dr. Manfred Klicnik, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Taubenmarkt 1/Domgasse 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. Oktober 2008, Zl. VwSen-251717/36/Py/Ba, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1151;
ABGB §879;
AÜG §4 Abs1;
AÜG §4 Abs2 Z4;
AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2 litc;
AuslBG §2 Abs2 litd;
AuslBG §2 Abs2 lite;
AuslBG §2 Abs2;
VwRallg;
ABGB §1151;
ABGB §879;
AÜG §4 Abs1;
AÜG §4 Abs2 Z4;
AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2 litc;
AuslBG §2 Abs2 litd;
AuslBG §2 Abs2 lite;
AuslBG §2 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 2008 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma H GmbH mit dem Sitz in L zu verantworten, dass von dieser auf der Baustelle N zumindest am 10. April 2007 zehn von der R GmbH der HI GmbH überlassene und von dieser wiederum der H GmbH zur Arbeitsleistung überlassene polnische Staatsbürger beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch zehn Übertretungen gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begangen. Es wurden zehn Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 33 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Hinweis auf den Gang des Verwaltungsverfahrens und des Geschehens in der durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung aus, sie gehe von folgendem Sachverhalt aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):

"Der Beschuldigte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma H GmbH.

Am 10. April 2007 beschäftigte die Firma H GmbH die von der Firma R GmbH an die Firma HI GmbH überlassenen und von dieser wiederum an die Firma H GmbH zur Arbeitsleistung überlassenen polnischen Staatsangehörigen:

...

Die überlassenen Arbeiter sollten auf der Baustelle Maurerarbeiten durchführen. Sie bekamen von dem ständig auf der Baustelle anwesenden Polier der Firma H GmbH, Herrn JH, die erforderlichen Arbeitsanweisungen und wurden von diesem fortlaufend hinsichtlich der Arbeitsausführung kontrolliert. Ausbesserungsarbeiten wurden von ihm erforderlichenfalls umgehend angeordnet.

Die Arbeiter waren an die täglichen Arbeitszeiten, die von der Firma H GmbH vorgegeben waren, gebunden.

Das erforderliche Material, sämtliche Großgeräte (z.B. Silo, Kran) sowie größeres Werkzeug (z.B. Hilti) wurde von der Firma H GmbH beigestellt, die Arbeiter stellten Kleinwerkzeuge wie Kelle, Hammer und Wasserwaage bei.

Es lagen keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen für die Tätigkeit der polnischen Staatsangehörigen vor."

Anschließend legte sie ihre detaillierten Erwägungen zur Beweiswürdigung dar. Nach Wiedergabe der relevanten

Gesetzesstellen führte die belangte Behörde aus:

"Für die Verwendung überlassener Arbeitskräfte durch das vom Berufungswerber vertretene Unternehmen sprechen im vorliegenden

Fall insbesondere folgende Sachverhaltselemente:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG gilt die Verwendung überlassener Arbeitskräfte als Beschäftigung. Den Arbeitgebern gleichzuhalten ist gemäß § 2 Abs. 3 lit. c in diesen Fällen auch der Beschäftiger der überlassenen Arbeitskräfte, das ist nach § 3 Abs. 3 AÜG derjenige, der Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

§ 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988 (AÜG), lautet:

"(1) Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

(2) Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet."

Im vorliegenden Fall wurden die Polen auf einer Baustelle der H GmbH, somit in deren Betrieb, arbeitend angetroffen.

Der Beschwerdeführer wendet auch in der Beschwerde ein, dass ein "Subunternehmervertrag" zwischen der H GmbH und der HI GmbH vorgelegen sei.

Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG gilt unter anderem auch die Verwendung überlassener Arbeitskräfte. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen (vgl. § 4 Abs. 1 AÜG). Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, Zl. 2008/09/0174).

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).

Die belangte Behörde stützt sich im Zusammenhang mit der Wertung des Vorbringens des Beschwerdeführers zu Recht neben den vorgelegten "Verträgen" im Sinne der Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt auf die Aussage des als Zeugen in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Poliers JH der H GmbH, der dem jeweiligen Vorarbeiter der HI GmbH sowohl vor Beginn die Arbeiten zugewiesen hat (s. Verhandlungsprotokoll: "... dieser Vorarbeiter wurde von mir eingeteilt, was zu machen ist und dann ist es losgegangen" bzw. "Vorarbeiter ... gesagt, das und das ist zu machen, zu mauern und so geht das vor sich.") als auch täglich mehrfach kontrolliert habe. Diese Aussagen passen mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Auftragsschreiben vom 5. Dezember 2006 zusammen, weil aus diesem weder im eigentlichen Vertragstext noch im angeschlossenen Leistungsverzeichnis ein im Vorhinein konkret bestimmbares Werk zu erkennen ist. Der im Vertrag enthaltene Hinweis auf Pläne, die "bei der Bauleitung" aufliegen, ist mangels der Vorlage von Plänen, in denen sich eindeutig das von der HI GmbH angeblich zu errichtende Werk abgrenzen ließe, nicht ausreichend. Die belangte Behörde durfte daher zu Recht davon ausgehen, dass den angeblichen Arbeitern des Subunternehmers HI GmbH, die aber bei der R GmbH, einem angeblichen für die HI GmbH in Weitergabe des von der H GmbH erhaltenen Auftrages tätigen Subauftragnehmers beschäftigt sein sollen, erst an Ort und Stelle vom Polier der H GmbH ihre zu verrichtenden Arbeiten zugewiesen wurden.

Damit ist eine im Vorhinein individualisierte und konkretisierte Leistung nicht vorgelegen.

Umso weniger kann aber eine Weitergabe solcher Aufträge an Subunternehmer (also eine Weitergabe an die R GmbH) in Frage kommen. Steht aber der konkrete Umfang des angeblichen "Werkes" nicht fest, fehlt es auch am gewährleistungstauglichen Erfolg der Werkleistung (vgl. § 4 Abs. 2 Z. 4 AÜG). Damit kann die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden, dass die Behauptung des Bestehens der behaupteten "Werkvertragskette" nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entspreche.

Für das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ist es danach hinreichend, dass die Ausländer im Sinne der in lit. a bis lit. e (dieser Gesetzesstelle) näher bezeichneten Tatbestände faktisch verwendet wurden. Es ist daher unerheblich, ob bzw. allenfalls von wem ein formeller Arbeitsvertrag mit den Ausländern geschlossen wurde bzw. welchen Inhalt eine allenfalls darüber ausgefertigte Vertragsurkunde hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 2002, Zl. 2000/09/0174).

Überdies hat die belangte Behörde auch zu Recht im Hinblick auf § 4 Abs. 2 Z. 2 AÜG einen wesentlichen Hinweis für das Vorliegen von Arbeitskräfteüberlassung darin erblickt, dass das Material, mit dem die Arbeiten verrichtet wurden, zur Gänze und das wesentliche, bedeutende Werkzeug (etwa alle Großgeräte und größeres Bauwerkzeug) von der H GmbH stammte; dass das Kleinwerkzeug von den Arbeitern stammte, ist demgegenüber unbedeutend.

Selbst die nach den Angaben des Poliers der H GmbH von diesem ausgeübte detaillierte Fachaufsicht über die Polen geht weit über die bloße Kontrolle eines "Werkes" auf dessen fachgerechte Erfüllung hinaus, handelt es sich dabei doch um eine in Arbeitsabläufe einweisende und diese dauernd begleitende Kontrolle, weshalb die gegenständlichen Ausländer in den von der H GmbH vorgegebenen Arbeitsablauf eingegliedert waren (§ 4 Abs. 2 Z. 3 AÜG). Mit dem Vorbringen, der Polier habe nur "Mängelrügen" vorgenommen, versucht der Beschwerdeführer den eindeutigen Wortlaut der Zeugenaussage des Poliers zu verdrehen.

Zuletzt deutet auch die Festsetzung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende seitens der H GmbH und der Umstand, dass der Polier bei Abwesenheit einzelner Arbeiter bei der HI GmbH angerufen und gesagt hätte, es seien zu wenig Leute da, auf die Verwendung überlassener Arbeitskräfte. Die dazu in der Beschwerde angebotene Erklärung (Vermeidung eines Bauverzuges, Weiterreichung der Pönalevereinbarung an Subunternehmer) überzeugt nicht.

Damit ist es im Sinne einer Gesamtbeurteilung nicht mehr entscheidend, dass die Quartierkosten für die Ausländer, die zunächst von der H GmbH getragen worden seien, der HI GmbH in Rechnung gestellt worden seien.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 31. Juli 2009

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