VwGH 2009/07/0143

VwGH2009/07/014315.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, 1. über den Antrag der F Agrarhandel GmbH in H, vertreten durch Dr. Herbert Heigl, Mag. Willibald Berger und Dr. Georg Lehner, Rechtsanwälte in 4614 Marchtrenk, Linzer Straße 11, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Mängelbehebungsfrist (prot. zu hg. Zl. 2009/07/0143) und 2. in der Beschwerdesache dieser Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Dezember 2006, Zl. LF1-LW-125/012-2006, betreffend Beschlagnahme von Pflanzenschutzmitteln nach § 29 Abs. 4 PMG (prot. zu hg. Zl. 2009/07/0121), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft A vom 19. Juni 2006 wurde die Beschlagnahme eines näher genannten Pflanzenschutzmittels gemäß § 29 Abs. 4 PMG verfügt, weil der Verdacht bestanden habe, dass die beschwerdeführende Partei an einem näher genannten Standort dieses Pflanzenschutzmittel entgegen den §§ 34 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 und 4 sowie § 12 Abs. 10 PMG in Verkehr gebracht habe, obwohl dieses Pflanzenschutzmittel nicht zugelassen gewesen sei und es daher nicht in Verkehr gebracht hätte werden dürfen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Dezember 2006 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 3. Juli 2009, Zl. B 104/07- 7, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Mit hg. Verfügung vom 31. Juli 2009 wurde die beschwerdeführende Partei aufgefordert, binnen vier Wochen (vom Tag der Zustellung dieser Aufforderung an gerechnet) mehrere Mängel dieser Beschwerde zu beheben. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gilt. Diese Aufforderung wurde dem Beschwerdevertreter am 7. August 2009 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 17. September 2009, zur Post gegeben am 18. September 2009, wurden die aufgetragenen Mängel der Beschwerde behoben. Gleichzeitig stellte die beschwerdeführende Partei in diesem Schriftsatz einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Mängelbehebung. Diesem Antrag wurde auch eine eidesstättige Erklärung des Beschwerdevertreters beigelegt.

Im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird u. a. ausgeführt, dass der Beschwerdevertreter in offener Frist eine Eingabe zur Verbesserung der Beschwerde fertig gestellt habe. Diese Eingabe sei auch vom Rechtsvertreter unterfertigt, vom Sekretariat kuvertiert und am 4. September 2009 zur Postaufgabe bereit gelegt worden. Da die Kanzlei des Beschwerdevertreters am Freitag bereits um 14.00 Uhr schließe, der Beschwerdevertreter aber üblicherweise länger arbeite, habe er die Poststücke an diesem Tag - wie häufig zuvor - selbst zur Post gebracht. An diesem Tag seien zahlreiche Schriftstücke zur Post zu bringen gewesen. Der Beschwerdevertreter habe die Poststücke auf die Rückbank seines Pkw gelegt und sei zum Postamt gefahren. Das Poststück mit der Eingabe der beschwerdeführenden Partei sei während der Autofahrt zum Postamt unbemerkt unter den Beifahrersitz gerutscht. Dort habe der Beschwerdevertreter das Poststück mit der Eingabe der beschwerdeführenden Partei nicht gesehen und nur die übrigen Poststücke zum Postamt gebracht. Erst am 8. September 2009 habe der Beschwerdevertreter das Poststück mit der Eingabe der beschwerdeführenden Partei zufällig unter dem Beifahrersitz seines Pkw gefunden. Ein derartiges Missgeschick sei dem Beschwerdevertreter bisher noch nicht unterlaufen.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war jedoch aus folgendem Grund nicht stattzugeben:

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt dargetan, dass eine Rechtsanwaltskanzlei Mindesterfordernisse einer sorgfältigen Organisation erfüllen muss; der bevollmächtigte Rechtsanwalt muss die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozesshandlungen gesichert erscheint (vgl. den hg. Beschluss vom 1. Juni 2006, Zl. 2006/07/0055, m.w.N.).

Liegen Organisationsmängel vor, wodurch die Erreichung des oben genannten Zieles nicht gewährleistet ist, so kann nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens gesprochen werden (vgl. den vorzitierten hg. Beschluss vom 1. Juni 2006, m.w.N.).

Der Umstand, dass der Beschwerdevertreter den in Rede stehenden Brief mit dem Verbesserungsschriftsatz der beschwerdeführenden Partei mit mehreren anderen Poststücken lediglich lose am Rücksitz seines Pkw aufbewahrte, wodurch dieser Brief während der Fahrt zum Postamt unter den Rücksitz des Pkw rutschte und dort erst nach Fristablauf vom Beschwerdevertreter entdeckt wurde, und dass angesichts dieser Aufbewahrung von "zahlreichen Schriftstücken" im Pkw des Beschwerdevertreters eine weitere Kontrolle, ob sämtliche Schriftstücke tatsächlich aufgegeben wurden, unterblieben ist, stellt aber einen solchen, einen bloß minderen Grad des Versehens übersteigenden Organisationsmangel dar.

Da dem Wiedereinsetzungsantrag aus dem dargelegten Grund gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattzugeben war, gilt die Beschwerde wegen Versäumung der Frist zur Verbesserung derselben gemäß § 34 Abs. 2 letzter Halbsatz VwGG als zurückgezogen, weshalb das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit. einzustellen war.

Wien, am 15. Oktober 2009

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