Normen
AVG §13 Abs3;
NAG 2005 §19 Abs2;
NAG 2005 §19 Abs3;
NAG 2005 §23 Abs1;
NAGDV 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §13 Abs3;
NAG 2005 §19 Abs2;
NAG 2005 §19 Abs3;
NAG 2005 §23 Abs1;
NAGDV 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde einen von der Beschwerdeführerin, einer iranischen Staatsangehörigen, eingebrachten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 19 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) zurück.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin befinde sich seit Oktober 1999 in Österreich. Sie habe bislang Aufenthaltserlaubnisse - zuletzt mit Gültigkeit bis 30. Oktober 2006 - für den Aufenthaltszweck "Student" erhalten. Am 1. März 2006 habe sie einen "Zweckänderungsantrag bezüglich Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck 'Familienangehöriger', sowie Erteilung einer Niederlassungsbewilligung 'Angehöriger'" eingebracht. Der Beschwerdeführerin sei "in der 'Behebung von Verfahrensmängel Unterlagenanforderung (Aufforderung gemäß § 13 Abs. 3 AVG)' der Magistratsabteilung 35 vom 21.11.1007" (gemeint: 2007) zur Kenntnis gebracht worden, dass dem "Antrag mehrere verschiedene Aufenthaltszwecke zu entnehmen" seien. Der Beschwerdeführerin sei innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit gegeben worden, sich auf einen Aufenthaltszweck zu beschränken. Weiters sei ihr aufgetragen worden, der Behörde diverse (im angefochtenen Bescheid näher bezeichnete) Dokumente vorzulegen. Die Beschwerdeführerin sei dem Verbesserungsauftrag jedoch nicht nachgekommen, weshalb der Antrag zurückzuweisen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie nach Gegenäußerung der Beschwerdeführerin erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass dem Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 3. Oktober 2008 zu entnehmen ist, dass der Antrag der Beschwerdeführerin in erster Instanz gemäß § 19 Abs. 2 NAG zurückgewiesen wurde, weil sie in ihrem Antrag mehrere verschiedene Aufenthaltszwecke angegeben habe. Ein darüber hinausgehender Grund für das Fehlen von Prozessvoraussetzungen wurde von der erstinstanzlichen Behörde nicht angeführt.
§ 19 Abs. 2 und 3 NAG (samt Überschrift) in der hier anzuwenden Fassung des BGBl. I Nr. 157/2005 lautet:
"6. Hauptstück
Verfahren
Allgemeine Verfahrensbestimmungen
§ 19. ...
(2) Im Antrag ist der Grund des Aufenthalts bekannt zu geben; dieser ist genau zu bezeichnen. Nicht zulässig sind Anträge, aus denen sich verschiedene Aufenthaltszwecke ergeben, das gleichzeitige Stellen mehrerer Anträge und das Stellen weiterer Anträge während eines anhängigen Verfahrens nach diesem Bundesgesetz. Die für einen bestimmten Aufenthaltszweck erforderlichen Berechtigungen sind vor der Erteilung nachzuweisen. Besteht der Aufenthaltszweck in der Ausübung eines Gewerbes, so gilt die von der Gewerbebehörde ausgestellte Bescheinigung, dass die Voraussetzungen für die Gewerbeausübung mit Ausnahme des entsprechenden Aufenthaltstitels vorliegen, als Nachweis der erforderlichen Berechtigung. Der Fremde hat der Behörde die für die zweifelsfreie Feststellung seiner Identität und des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen.
(3) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise für den jeweiligen Aufenthaltszweck (Abs. 2) dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.
(4) ...."
Aus § 19 Abs. 2 zweiter Satz NAG ergibt sich, dass Anträge (u.a.) dann nicht zulässig sind, wenn sich daraus verschiedene Aufenthaltszwecke ergeben. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde liegt ein solcher Fall hier jedoch nicht vor. Zwar wurden von der Beschwerdeführerin im von der erstinstanzlichen Behörde aufgelegten Formular unter der Rubrik "Aufenthaltstitel für:" sowohl die Bezeichnungen "Familienangehöriger von Österreicher" als auch "Angehöriger von Österreicher/EU-Bürger/Schweizer" durch Ankreuzen im dafür vorgesehenen Kästchen markiert. Jedoch ergibt sich daraus im Zusammenhalt mit den dem Antrag beigelegten Urkunden nicht, dass die Beschwerdeführerin damit in ihrem Antrag verschiedene Aufenthaltszwecke angegeben hätte. Aus dem Ankreuzen dieser Bezeichnungen ist - unter Berücksichtigung der beigelegten Urkunden - erkennbar, dass die Beschwerdeführerin die Familiengemeinschaft mit der österreichischen Staatsbürgerin S N (dem Vorbringen zufolge ihrer Tante) anstrebt.
Bestehen aber keine Zweifel an dem in Aussicht genommenen Aufenthaltszweck, liegt eine Mangelhaftigkeit des Anbringens in dieser Hinsicht nicht vor. Dann aber erweist sich eine auf einen nach § 13 Abs. 3 AVG nicht zulässigen Verbesserungsauftrag gestützte Antragszurückweisung unabhängig davon, ob diesem entsprochen wurde oder dies nicht der Fall war, als rechtswidrig (vgl. Hengstschläger/Leeb, § 13 AVG, Rz 30, sowie aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 8. September 2009, 2008/21/0128).
Ob die Beschwerdeführerin für den von ihr ins Auge gefassten Aufenthaltszweck auch die Erteilung des nach dem NAG für diesen Aufenthaltszweck vorgesehenen Aufenthaltstitels beantragt hat, wurde hingegen im Verwaltungsverfahren (wofür allenfalls ein Verbesserungsverfahren mit Blick auf § 23 Abs. 1 NAG in Betracht käme) bislang keiner Klärung unterzogen.
Steht aber - trotz aus dem Antrag klar hervorgehendem Aufenthaltszweck - noch gar nicht abschließend und zweifelfrei fest, welcher Aufenthaltstitel konkret begehrt wird, ist es auch noch nicht möglich zu beurteilen, welche Urkunden dem Antrag nach § 19 Abs. 3 NAG iVm der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung zwingend beizuschließen sind. Steht Letzteres aber noch nicht fest, so erweist sich ein sich darauf beziehender Mängelbehebungsauftrag als nicht zulässig, weil es der Behörde nicht anheim steht, gleichsam prophylaktisch die Beibringung von Urkunden für jeden theoretisch denkbar in Betracht kommenden Aufenthaltstitel zu verlangen. Andernfalls hätte es die Niederlassungsbehörde nämlich in der Hand, einen Antrag durch beliebige Nachforderung von Unterlagen, deren Beibringung einem Antragsteller von vornherein - weil er ja gar nicht sämtliche von der Behörde angeführte Aufenthaltstitel begehrt - nicht möglich ist, nicht in Behandlung zu nehmen. Somit konnte die Antragszurückweisung auch nicht rechtmäßigerweise auf das Unterbleiben der Vorlage von Urkunden gestützt werden. Mit dem hier in Rede stehenden Verbesserungsauftrag wurde der Beschwerdeführerin nämlich aufgetragen, Urkunden für verschiedene Aufenthaltstitel vorzulegen.
Der angefochtene Bescheid war sohin wegen - vorrangig wahrzunehmender - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 10. November 2009
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