VwGH 2008/22/0596

VwGH2008/22/05963.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Ardaggerstraße 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Niederösterreich vom 7. Juli 2006, Zl. Fr 3739/04, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
EMRK Art8;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von "Serbien und Montenegro", gemäß § 86 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Beschwerdeführer am 10. Jänner 2003 illegal eingereist sei und am 29. Jänner 2003 einen Asylantrag gestellt habe, den er am 20. Mai 2003 zurückgezogen habe. Am 19. März 2003 habe er die österreichische Staatsbürgerin Gabriele K geheiratet. Auf Grund dieser Heirat sei ihm eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung erteilt worden. Gabriele K sei wegen des Verdachts einer "Scheinehe" am 19. Mai 2004 vernommen worden. Sie habe ausgesagt, dass sie über Vermittlung für eine Bezahlung von EUR 2.500,-- den Beschwerdeführer geheiratet hätte, den sie erst 30 Minuten vor der Trauung persönlich kennen gelernt hätte. Es hätte zwischen den beiden keine Intimitäten gegeben und es wäre ein gemeinsamer Haushalt nicht angestrebt worden.

Bei einer späteren Aussage am 30. November 2004 habe Gabriele K angegeben, dass ihre Erstaussagen nicht der Wahrheit entsprechen würden. Ihre Kinder hätten nämlich nicht gewollt, dass der Beschwerdeführer in ihre Wohnung einziehe, weshalb sie diese ersten Angaben in der Absicht gemacht hätte, dass der Beschwerdeführer abgeschoben würde. Sie hätte den Beschwerdeführer geheiratet, weil ihr dieser sympathisch gewesen wäre und sie ihm hätte helfen wollen. Er hätte nach der Hochzeit eine Woche lang bei ihr gewohnt. Der Beschwerdeführer würde nunmehr wieder bei ihr einziehen, weil ihr älterer Sohn ausgezogen wäre.

In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer ausgeführt, er hätte von Anfang an das Führen einer echten Ehe beabsichtigt. Nun würde aber seine Ehefrau offensichtlich nicht mehr mit ihm zusammen sein wollen.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass aus der ersten Aussage von Gabriele K eindeutig hervorgehe, dass der Beschwerdeführer die Ehe lediglich zu dem Zweck geschlossen habe, um einen Aufenthaltstitel bzw. eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung zu erhalten. Dafür sei auch ein Vermögensvorteil geleistet worden. Die zweite Aussage von Gabriele K könne nur dahin interpretiert werden, dass mühsam versucht würde, ein gemeinsames Familienleben vorzutäuschen. Erstaussagen sei mehr Glauben zu schenken als jenen Aussagen, welche später wohlüberlegt und in Absprache mit allen Beteiligten getroffen würden. Weiters seien auch die weiteren Aussagen von Gabriele K nicht mit dem Berufungsvorbringen in Einklang zu bringen, weil der Beschwerdeführer in seiner Berufungsschrift das Führen eines ständigen gemeinsamen Familienlebens sowie eine vollwertige Lebens- , Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft behaupte, während Gabriele K angegeben habe, lediglich eine Woche mit dem Beschwerdeführer zusammengelebt zu haben.

Rechtlich folgerte die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer Familienangehöriger einer nicht freizügigkeitsberechtigten Österreicherin sei. Auf Grund der rechtsmissbräuchlich geschlossenen Ehe sei ein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt worden. Dieses Verhalten stelle einen evidenten Rechtsmissbrauch dar. Durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich würde die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Fremdenwesens, schwer gefährdet. Unter Zugrundelegung des § 86 Abs. 1 FPG sei das Aufenthaltsverbot zulässig und "geradezu geboten".

§ 66 FPG stehe dem Aufenthaltsverbot nicht entgegen. Auf Grund der Erschleichung von Berechtigungen und der Umgehungshandlungen sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten. Der Beschwerdeführer gehe zwar in Österreich einer Erwerbstätigkeit nach, dennoch seien die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation nicht als schwerwiegender zu beurteilen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Diese Überlegungen würden auch für die Beurteilung des Ermessensspielraumes nach § 60 Abs. 1 FPG gelten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten seitens der belangten Behörde erwogen:

Gemäß § 87 FPG gelten für Familienangehörige von Österreichern, auch wenn diese ihre Freizügigkeitsberechtigung nicht in Anspruch genommen haben, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den §§ 85 Abs. 2 und 86 FPG. Gemäß § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Im Fall der Eingehung einer "Aufenthaltsehe" stellt das persönliche Verhalten des Fremden eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die iSd § 86 Abs. 1 FPG ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2009, 2008/22/0581).

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass möglicherweise die Ehefrau des Beschwerdeführers Vorbehalte gegen ihn und von Anfang an keinen Ehewillen gehabt hätte. Der Beschwerdeführer habe aber tatsächlich eine echte Ehegemeinschaft angestrebt. Eine Scheinehe liege jedoch nur dann vor, wenn der Ehewille zum Zeitpunkt der Eheschließung bei beiden Ehepartnern gefehlt habe.

Mit diesem Vorbringen unterliegt der Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum. Für den Tatbestand des Vorliegens einer Aufenthaltsehe ist nämlich allein maßgeblich, ob der Fremde die Ehe in missbräuchlicher Absicht geschlossen und mit dem Ehepartner ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt hat (siehe das zur vergleichbaren Rechtslage nach dem FrG ergangene hg. Erkenntnis vom 22. November 2007, 2004/21/0268).

Diesen Tatbestand durfte die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum bejahen. Sie ist nämlich in schlüssiger Weise zu den zitierten Feststellungen gelangt. Sie hat zu Recht der ersten Aussage der Gabriele K maßgeblichen Beweiswert zugemessen. Sie durfte weiters berücksichtigen, dass auch die zweite Aussage der Gabriele K weder mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 16. November 2004 noch in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid in Einklang gebracht werden kann. In seiner Stellungnahme hat nämlich der Beschwerdeführer auf einen Sprachfehler verwiesen und daraus abgeleitet, dass Gabriele K deswegen nicht mehr mit ihm zusammen sein wolle; in seiner Berufung hingegen wird behauptet, dass von Anfang an ein gemeinsamer Wohnsitz bestanden habe und eine Lebens- , Geschlechts- und Wirtschaftsgemeinschaft geführt werde. Hingegen gab Gabriele K in ihrer zweiten Aussage an, der Beschwerdeführer sei eine Woche nach der Hochzeit ausgezogen und es habe nach der Eheschließung kein sexueller Kontakt mehr bestanden. Es kann somit kein ernsthafter Zweifel an der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde bestehen. Die erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegte "Eidesstattliche Erklärung" ist im Übrigen wegen des Neuerungsverbotes nicht zu berücksichtigen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 14. Dezember 2000, 2000/15/0095).

Aus der rechtsmissbräuchlichen Eheschließung folgerte die belangte Behörde zutreffend - wie bereits dargelegt - auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG.

Die Interessenabwägung nach § 66 iVm § 60 Abs. 6 FPG wird in der Beschwerde nicht releviert; der Gerichtshof hegt auch keine Bedenken gegen die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot dringend geboten und nach Interessenabwägung zulässig sei.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 3. April 2009

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