VwGH 2008/22/0087

VwGH2008/22/008724.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerden 1. der L, 2. des P, 3. des A, und 4. der A, alle vertreten durch Dr. Josef Unterweger, Mag. Robert Bitsche und Mag. Doris Einwallner, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres je vom 26. Februar 2007, 1.) Zl. 315.111/4-III/4/06,

  1. 2.) Zl. 315.111/3-III/4/06, 3.) Zl. 315.111/5-III/4/06 und
  2. 4.) Zl. 315.111/2-III/4/06, jeweils betreffend Aufenthaltstitel,

Normen

32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art13;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art9 Abs1 litc;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art9 Abs4;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art9 Abs5;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
EURallg;
EMRK Art8;
NAG 2005 §10 Abs3 Z4;
NAG 2005 §10 Abs3 Z5;
NAG 2005 §10 Abs3;
NAG 2005 §10;
NAG 2005 §20 Abs4;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;
NAG 2005 §81 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art13;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art9 Abs1 litc;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art9 Abs4;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art9 Abs5;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
EURallg;
EMRK Art8;
NAG 2005 §10 Abs3 Z4;
NAG 2005 §10 Abs3 Z5;
NAG 2005 §10 Abs3;
NAG 2005 §10;
NAG 2005 §20 Abs4;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;
NAG 2005 §81 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

1. zu Recht erkannt:

Die zu 1. und 4. angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den zu 1. und 4. beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst:

Die zu 2. und 3. erhobenen Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die zu 2. und 3. beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 14,35 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind miteinander verheiratet. Bei den beiden weiteren Beschwerdeführern handelt es sich um deren gemeinsame Kinder. Alle sind serbische Staatsangehörige.

Die Beschwerdeführer brachten am 25. November 2004 (Zweitbeschwerdeführer) bzw. am 20. Mai 2005 (Erst- und Viertbeschwerdeführerin sowie der Drittbeschwerdeführer) Anträge auf Ausstellung von Niederlassungsnachweisen nach dem (am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen) Fremdengesetz 1997 - FrG ein. Zur Begründung dieser Anträge führten sie aus, sie verfügten über unbefristete Sichtvermerke, die ihnen von der Bundespolizeidirektion Wien nach den damaligen Vorschriften des Passgesetzes 1969 ausgestellt worden seien. Im Jahr 1994 sei die gesamten Familie nach "Jugoslawien" gefahren, um die schwerkranke Mutter der Erstbeschwerdeführerin zu besuchen. Während dieser Zeit sei aber dem Zweitbeschwerdeführer infolge der damals herrschenden Bürgerkriegssituation der Reisepass entzogen worden, um ihn "bei Bedarf für den Krieg mobilisieren zu können". In weiterer Folge habe sich dieser vor den jugoslawischen Behörden versteckt gehalten. Da die übrigen Beschwerdeführer ohne den Zweitbeschwerdeführer in Wien "nicht lebensfähig" gewesen wären, seien auch sie "zwangsweise in Jugoslawien" geblieben. Sie hätten nicht freiwillig ihren "Lebensraum nach Jugoslawien verlegt" und auch nicht auf die "unbefristete Aufenthaltsbewilligung" verzichtet. Nach Wiedererhalt seines Reisepasses sei der Zweitbeschwerdeführer wieder nach Wien gezogen, um eine Wohnung und einen Arbeitsplatz zu suchen. Nachdem er mit Hilfe von in Wien lebenden Verwandten eine Wohnung gefunden gehabt hätte und den Lebensunterhalt habe bestreiten können, seien die übrigen Beschwerdeführer am 17. Februar 2005 nach Wien nachgezogen.

Mit Bescheiden vom 2. Dezember 2005 wies die Behörde erster Instanz die Anträge der Erst- und Viertbeschwerdeführerin "auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Fremdengesetz 1997" mangels Antragstellung vor der Einreise vom Ausland aus gemäß § 14 Abs. 2 FrG ab.

Den gegen diese Bescheide gerichteten Berufungen gab die belangte Behörde mit dem erst- und viertangefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, dass die Antragsabweisungen auf die §§ 10 Abs. 3 Z 4 und 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG gestützt wurden, keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde aus, das Ermittlungsverfahren habe (anders als die erstinstanzliche Behörde meine) ergeben, dass die Erst- und Viertbeschwerdeführerin im Jahr 1985 gemeinsam mit deren Familie nach Österreich gekommen seien (gemeint hinsichtlich der Viertbeschwerdeführerin: dass diese sich ab ihrer im Jahr 1989 erfolgten Geburt in Österreich bei ihrer Familie aufgehalten habe) und über von der Bundespolizeidirektion Wien ausgestellte unbefristete Sichtvermerke verfügt hätten. 1994 seien die Beschwerdeführerinnen "aus familiären Gründen nach Jugoslawien" zurückgekehrt und dort bis zum Jahr 2005 geblieben. Am 17. Februar 2005 seien sie wieder nach Österreich gereist und seit dieser Zeit in Wien gemeldet.

In ihrer rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde davon aus, gemäß § 81 Abs. 1 NAG seien die Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (1. Jänner 2006) anhängig gewesen seien, nach den Bestimmungen des NAG zu Ende zu führen. Die unbefristeten Sichtvermerke der Erst- und Viertbeschwerdeführerin seien ab 1. Jänner 2006 gemäß § 11 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" zu werten. Dies bedeute aber, dass der "betreffende Aufenthaltstitel" durch das Nichtbestehen der Niederlassung im Bundesgebiet für einen Zeitraum von "sogar mehr als sechs Jahren (1994 bis 2005) somit 'ex lege' gegenstandslos" geworden sei. Auf Grund der Aufgabe der Niederlassung in Österreich und der daraus resultierenden "Vernichtung (d)es seinerzeitigen Aufenthaltsrechts unmittelbar durch gesetzliche Anordnung" ergebe sich, dass die Anträge vom 20. Mai 2005 als Erstanträge zu werten seien. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen; die Entscheidung darüber sei im Ausland abzuwarten. Im Zeitpunkt der Antragstellung seien die Erst- und Viertbeschwerdeführerin nicht mehr im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels gewesen, weshalb die von ihnen gestellten Erstanträge entgegen § 21 Abs. 1 NAG im Bundesgebiet gestellt worden seien. Es lägen auch keine nach § 21 Abs. 2 NAG zur Inlandsantragstellung berechtigende Umstände vor. Darüber hinaus seien auch besonders berücksichtigungswürdige humanitäre Gründe, bei deren Vorliegen die Inlandsantragstellung von Amts wegen zugelassen werden könne, nicht gegeben. Das Fehlen von Anknüpfungspunkten im Heimatland und die Integration in Österreich stellten keine Grundlage für einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall dar. Den Ausführungen der Erst- und Viertbeschwerdeführerin sei nicht zu entnehmen, dass ein ausreichender besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt gegeben sei. Die Inlandsantragstellung werde nicht von Amts wegen gemäß § 74 NAG zugelassen.

Hinsichtlich des Zweit- und Drittbeschwerdeführers sprach die erstinstanzliche Behörde mit den Bescheiden vom 2. Dezember 2005 aus, dass die ihnen von der Bundespolizeidirektion Wien am 14. März 1980 ausgestellten unbefristeten Aufenthaltstitel von Amts wegen gemäß § 16 Abs. 1b FrG für ungültig erklärt werden. Eine Entscheidung über die von diesen Beschwerdeführern gestellten Anträge auf Ausstellung von Niederlassungsnachweisen ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

Mit den zweit- und drittangefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den von diesen Beschwerdeführern erhobenen Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) statt und behob die in Berufung gezogenen Bescheide mit der Begründung, die früher erteilten Aufenthaltstitel des Zweit- und Drittbeschwerdeführers seien infolge der mehr als sechs Jahre andauernden Abwesenheit vom Bundesgebiet ex lege gegenstandslos geworden. Eine Ungültigkeitserklärung in Bescheidform sei ab 1. Jänner 2006 mit "Geltung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes" nicht vorgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde (hinsichtlich des Zweit- und Drittbeschwerdeführers in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat) erwogen:

Zu den den Zweit- und Drittbeschwerdeführer betreffenden Beschwerdezurückweisungen:

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Voraussetzung für die Beschwerdelegitimation ist die Behauptung der Verletzung eines eigenen subjektiven Rechts, dessen Verletzung möglich ist. Fehlt es an der Möglichkeit der (behaupteten) Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, mangelt es ihm an der Beschwerdelegitimation. Ob das behauptete subjektive Recht besteht, ist anhand des Gesetzes zu beurteilen (vgl. den hg. Beschluss vom 22. April 2008, 2007/18/0403).

Der Zweit- und Drittbeschwerdeführer führten dazu aus, dass sie sich in ihrem subjektiven Recht auf Ausstellung eines Daueraufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EG" verletzt fühlten. In diesem Recht konnten diese beiden Beschwerdeführer allerdings nicht verletzt werden, weil mit den angefochtenen Bescheiden lediglich die erstinstanzlichen Bescheide, mit denen ihre früher erteilten Aufenthaltstitel von Amts wegen für ungültig erklärt wurden, aufgehoben wurden. Mag auch die erstinstanzliche Behörde die vom Zweit- und Drittbeschwerdeführer gestellten Anträge auf Ausstellung von Niederlassungsnachweisen zum Anlass genommen haben, die mit den angefochtenen Bescheiden aufgehobenen Bescheide zu erlassen, so stellten diese dennoch in keiner Weise eine Entscheidung über die von diesen Beschwerdeführern gestellten Anträge dar. Ein Rechtsschutzinteresse an einer Entscheidung über die Beschwerden gegen den zweit- und drittangefochtenen Bescheid ist daher nicht ersichtlich, und zwar auch nicht im Hinblick auf die von den Beschwerdeführern vertretene Auffassung, die in diesen Bescheiden enthaltene Begründung sei unrichtig.

Die vom Zweit- und Drittbeschwerdeführer erhobenen Beschwerden waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Zu den betreffend die Erst- und Viertbeschwerdeführerin erfolgten Bescheidaufhebungen:

Die Erst- und Viertbeschwerdeführerin bringen vor, auf ihre Verfahren sei § 81 Abs. 1 NAG nicht anwendbar gewesen. Selbst, wenn dies der Fall gewesen sein sollte, liege ein Fall des § 11 Abs. 3 Z 4 NAG nicht vor.

§ 10, § 20 Abs. 3 und 4, § 21, § 72 Abs. 1, § 74 und § 81 Abs. 1 NAG (jeweils samt Überschrift) lauten:

"Ungültigkeit und Gegenstandslosigkeit von Aufenthaltstiteln und Dokumentationen des Aufenthalts- und Niederlassungsrechts

§ 10. (1) Aufenthaltstitel und Dokumentationen des Aufenthalts- und Niederlassungsrechts werden ungültig, wenn gegen Fremde ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar oder rechtskräftig wird. Solche Fremde verlieren ihr Recht auf Aufenthalt. Ein Aufenthaltstitel oder eine Dokumentation des Aufenthalts- oder Niederlassungsrechts lebt von Gesetzes wegen wieder auf, sofern innerhalb ihrer ursprünglichen Geltungsdauer das Aufenthaltsverbot anders als nach § 65 FPG oder die Ausweisung behoben wird.

(2) Aufenthaltstitel werden auch ungültig, wenn die Behörde mit Bescheid festgestellt hat, dass ein Drittstaatsangehöriger, ausgenommen Inhaber eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" (§ 45) und "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" (§ 48), nicht mehr in Österreich niedergelassen ist.

(3) Ein Aufenthaltstitel oder eine Dokumentation des Aufenthalts- oder Niederlassungsrechts wird gegenstandslos,

1. wenn dem Fremden eine weitere Aufenthalts- oder Niederlassungsberechtigung nach diesem Bundesgesetz mit überschneidender Gültigkeit erteilt wird;

  1. 2. wenn der Fremde Österreicher oder EWR-Bürger wird;
  2. 3. wenn dem Fremden ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" eines anderen Mitgliedstaates erteilt wird;

    4. wenn der Fremde im Besitz eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" oder "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" ist und seit sechs Jahren nicht mehr in Österreich niedergelassen ist oder

    5. im Fall des § 8 Abs. 4.

(4) Die Ungültigkeit oder Gegenstandslosigkeit von im Reisedokument Fremder ersichtlich gemachter Aufenthaltstitel ist in diesen Reisedokumenten kenntlich zu machen. Hiezu ist jede Behörde ermächtigt, der ein Reisedokument anlässlich einer Amtshandlung nach einem Bundesgesetz vorliegt;

Staatsbürgerschaftsbehörden sind hiezu verpflichtet.

(5) Ungültige oder gegenstandslose Dokumente sind der Behörde abzuliefern. Jede Behörde, die eine Amtshandlung nach einem Bundesgesetz führt, ist ermächtigt, abzuliefernde Dokumente einzuziehen; Staatsbürgerschaftsbehörden sind hiezu verpflichtet. Ebenso sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, abzuliefernde Dokumente einzuziehen; diese sind der Behörde unverzüglich vorzulegen.

Gültigkeitsdauer von Aufenthaltstiteln

§ 20.

...

(3) Inhaber eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" (§ 45) oder "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" (§ 48) sind in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesen Aufenthaltstiteln entsprechenden Dokuments - unbefristet niedergelassen. Dieses Dokument ist für einen Zeitraum von fünf Jahren auszustellen und, soweit keine Maßnahmen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 durchsetzbar sind, nach Ablauf auf Antrag zu verlängern.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Abs. 3 erlischt, wenn sich der Fremde länger als zwölf Monate außerhalb des Gebietes des EWR aufhält. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht oder dem Zivildienst vergleichbaren Dienstes, kann sich der Fremde bis zu 24 Monaten außerhalb des Gebietes des EWR aufhalten, wenn er dies der Behörde vorher mitgeteilt hat.

Verfahren bei Erstanträgen

§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:

1. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

2. Fremde, die bisher rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen waren, auch wenn sie zu dieser Niederlassung keine Bewilligung oder Dokumentation nach diesem Bundesgesetz benötigt haben;

3. Fremde, die bisher österreichische Staatsbürger oder EWR-Bürger waren;

4. Kinder im Fall des § 23 Abs. 4 binnen sechs Monaten nach der Geburt;

5. Fremde, die an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt sind, während ihres erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthalts, und

6. Fremde, die eine Aufenthaltsbewilligung als Forscher (§ 67) beantragen, und deren Familienangehörige.

(3) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Staatsangehörige bestimmter Staaten durch Verordnung zur Inlandsantragsstellung zuzulassen, soweit Gegenseitigkeit gegeben ist oder dies im öffentlichen Interesse liegt.

(4) Eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1 und Z 4 bis 6 und Abs. 3 schafft kein über den erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht.

Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen

§ 72. (1) Die Behörde kann im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses (§ 11 Abs. 1), ausgenommen bei Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes (§ 11 Abs. 1 Z 1 und 2), in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung erteilen. Besonders berücksichtigungswürdige Gründe liegen insbesondere vor, wenn der Drittstaatsangehörige einer Gefahr gemäß § 50 FPG ausgesetzt ist. Drittstaatsangehörigen, die ihre Heimat als Opfer eines bewaffneten Konflikts verlassen haben, darf eine solche Aufenthaltsbewilligung nur für die voraussichtliche Dauer dieses Konfliktes, höchstens jedoch für drei Monate, erteilt werden.

...

Inlandsantragstellung

§ 74. Die Behörde kann von Amts wegen die Inlandsantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder die Heilung von sonstigen Verfahrensmängeln zulassen, wenn die Voraussetzungen des § 72 erfüllt werden.

Übergangsbestimmungen

§ 81. (1) Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, sind nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen.

(2) Vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen gelten innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Gültigkeitszweckes insoweit weiter, als sie nach dem Zweck des Aufenthaltes den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen. Das Recht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bedarf jedenfalls der Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach diesem Bundesgesetz, sofern dies nicht bereits nach dem Fremdengesetz 1997 möglich war. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilten Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach ihrem Aufenthaltszweck als entsprechende Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach diesem Bundesgesetz und dem Fremdenpolizeigesetz weiter gelten.

..."

Artikel 9 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen lautet:

"Artikel 9

Entzug oder Verlust der Rechtsstellung

(1) Ein Drittstaatsangehöriger ist nicht mehr berechtigt, die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu behalten, wenn

a) er die Rechtsstellung des langfristig Aufenthaltsberechtigten nachweislich auf täuschende Art und Weise erlangt hat;

b) eine Ausweisung nach Maßgabe des Artikels 12 verfügt worden ist;

c) er sich während eines Zeitraums von 12 aufeinander folgenden Monaten nicht im Gebiet der Gemeinschaft aufgehalten hat.

(2) Abweichend von Absatz 1 Buchstabe c) können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Abwesenheit von mehr als 12 aufeinander folgenden Monaten oder eine Abwesenheit aus spezifischen Gründen oder in Ausnahmesituationen nicht den Entzug oder den Verlust der Rechtsstellung bewirken.

(3) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Drittstaatsangehöriger die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten verliert, wenn er in Anbetracht der Schwere der von ihm begangenen Straftaten eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung darstellt, ohne dass diese Bedrohung eine Ausweisung im Sinne von Artikel 12 rechtfertigt.

(4) Ein Drittstaatsangehöriger, der sich gemäß Kapitel III in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten hat, verliert die in dem ersten Mitgliedstaat erworbene Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten, wenn ihm diese Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Artikel 23 zuerkannt wird.

Auf jeden Fall verliert die betreffende Person, die sich sechs Jahre lang nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufgehalten hat, der ihr die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zuerkannt hat, in diesem Mitgliedstaat die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten.

Abweichend von Unterabsatz 2 kann der betreffende Mitgliedstaat vorsehen, dass der langfristig Aufenthaltsberechtigte aus besonderen Gründen seine Rechtsstellung in diesem Mitgliedstaat behält, wenn der Zeitraum, in dem er sich nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufgehalten hat, sechs Jahre überschreitet.

(5) Im Hinblick auf die Fälle des Absatzes 1 Buchstabe c) und des Absatzes 4 führen die Mitgliedstaaten, die die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zuerkannt haben, ein vereinfachtes Verfahren für die Wiedererlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten ein. Dieses Verfahren gilt insbesondere für Fälle, in denen sich Personen in einem zweiten Mitgliedstaat zum Studium aufgehalten haben. Die Voraussetzungen und das Verfahren für die Wiedererlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten bestimmen sich nach dem nationalen Recht.

(6) Das Ablaufen einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung - EG hat auf keinen Fall den Entzug oder den Verlust der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zur Folge.

(7) Führt der Entzug oder der Verlust der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten nicht zu einer Rückführung, so gestattet der Mitgliedstaat der betreffenden Person, in seinem Hoheitsgebiet zu verbleiben, sofern sie die in seinen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen erfüllt und/oder keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstellt."

Die Erst- und Viertbeschwerdeführerin vertreten die Auffassung, § 81 Abs. 1 NAG sei in ihren Fällen, weil es sich um keine Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln handle, nicht anwendbar. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kein Grund zur Annahme besteht, dass mit der in § 81 Abs. 1 NAG enthaltenen Wendung "Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen" nicht auch solche Verfahren erfasst wären, denen ein Antrag auf Ausstellung einer Dokumentation eines bereits bestehenden Aufenthaltsrechtes umfasst wäre (vgl. dazu insbes. auch die Überschrift des 3. Hauptstückes des 1. Teiles des NAG "Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen", wobei sich in diesem Hauptstück auch Regelungen betreffend Dokumentationen von bestehenden Aufenthalts- und Niederlassungsrechten finden). Demnach ist die belangte Behörde zutreffend bei ihrer Beurteilung von den Bestimmungen des NAG ausgegangen.

§ 10 Abs. 3 Z 4 NAG sieht vor, dass ein Aufenthaltstitel oder eine Dokumentation des Aufenthalts- oder Niederlassungsrechts gegenstandslos wird, wenn der Fremde im Besitz eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EG" oder "Daueraufenthalt-Familienangehöriger" ist und seit sechs Jahren nicht mehr in Österreich niedergelassen ist. Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Fremdenrechtspaketes 2005 (RV 952 BlgNR 22 GP 120) ist zu entnehmen, dass durch die Gegenstandslosigkeitsgründe der Z 3 und 4 des § 10 Abs. 3 NAG

Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 2003/109/EG "entsprechend" umgesetzt werden soll.

Entgegen der Ansicht der Erst- und Viertbeschwerdeführerin kann nicht in allen Fällen der Gegenstandslosigkeit nach § 10 Abs. 3 NAG davon ausgegangen werden, dass davon lediglich solche Sachverhalte erfasst werden sollen, in denen der Aufenthaltstitel nicht mehr benötigt wird, weil ein anderes Aufenthaltsrecht zur Verfügung steht. Dies mag zwar für die Fälle der Z 1 bis Z 3 des § 10 Abs. 3 NAG zutreffen. Für die Fälle des § 10 Abs. 3 Z 4 und Z 5 NAG (nach letzterem wird ein Aufenthaltstitel gegenstandslos, wenn ein Fall des § 8 Abs. 4 NAG vorliegt - betrifft somit die Gegenstandslosigkeit des Aufenthaltstitels eines Familienangehörigen innerhalb von fünf Jahren, wenn die Aufenthaltsberechtigung des Zusammenführenden nicht weiterbesteht), kann dies hingegen mangels diesbezüglicher Hinweise im Gesetz nicht gesagt werden (vgl. Kutscher/Poschalko/Schmalzl, Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht, 69).

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, § 10 Abs. 3 Z 4 NAG und § 20 Abs. 4 NAG würden von vornherein immer gleichartige Fälle umfassen. § 20 Abs. 4 NAG stellt - anders als § 10 Abs. 3 Z 4 NAG - nur auf eine Abwesenheit vom Gebiet des EWR ab und ist im Zusammenhang mit Artikel 9 Abs. 1 lit. c Richtlinie 2003/109/EG , dessen Umsetzung diese Bestimmung dient (so ausdrücklich in der RV 952 BlgNR 22 GP 129; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2009, 2008/22/0863), zu lesen. Gemäß diesem ist ein Drittstaatsangehöriger nicht berechtigt, die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu behalten, wenn er sich während eines Zeitraums von zwölf aufeinander folgenden Monaten nicht vom Gebiet der Gemeinschaft aufgehalten hat. Infolge dessen ist auch bei der Interpretation des § 20 Abs. 4 NAG darauf Bedacht zu nehmen. Somit führt aber nach § 20 Abs. 4 NAG nicht jede länger als zwölf Monate dauernde Abwesenheit vom Bundesgebiet zum Erlöschen des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EG", sondern nur eine solche, die in einem Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten liegt und der ein Aufenthalt außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Grunde liegt. Demgegenüber stellt § 10 Abs. 3 Z 4 NAG nicht auf den (bloßen) Aufenthalt in außerhalb des Gebietes des EWR liegenden Staaten, sondern auf das Fehlen der Niederlassung in Österreich für einen Zeitraum von zumindest sechs Jahren ab. Sohin kann nun aber nicht davon gesprochen werden, sowohl § 10 Abs. 3 Z 4 NAG als auch § 20 Abs. 4 NAG würden von vornherein gleichgelagerte Sachverhalte umfassen, wenngleich es allerdings auch nicht ausgeschlossen ist, dass in manchen Sachverhaltskonstellationen - so wie hier - sowohl der Tatbestand des § 10 Abs. 3 Z 4 NAG als auch jener des § 20 Abs. 4 NAG erfüllt sein kann, zumal sich auch aus Artikel 9 Abs. 4 der Richtlinie 2003/109/EG nicht ergibt, dass die dort in Unterabsatz 2 angeführte sechs Jahre lange Abwesenheit (insofern stellt sich die in § 10 Abs. 3 Z 4 NAG auf das Fehlen der Niederlassung abstellende Regelung sogar günstiger im Sinne des Art. 13 Richtlinie 2003/109/EG dar als jene des Art. 9 Abs. 4 Unterabsatz 2 leg. cit., nach der schon das Fehlen des Aufenthalts hinreichend wäre) auf einem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat beruhen müsste.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde auch aus verfassungsrechtlichen Überlegungen hinsichtlich der von ihr konstatierten Anwendbarkeit des § 10 Abs. 3 Z 4 NAG nicht entgegengetreten werden (vgl. zur selben Problematik das zu einem ähnlich gelagerten Fall zu § 20 Abs. 4 NAG ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2009, 2008/22/0863).

Sohin ging die belangten Behörde zutreffend davon aus, die früher der Erst- und Viertbeschwerdeführerin erteilten unbefristeten Aufenthaltsberechtigungen seien infolge der (durchgehenden) etwa 9-jährigen Abwesenheit vom Bundesgebiet und dem damit letztlich auch - wenn auch nach dem Vorbringen nicht freiwillig - erfolgten Fehlen der Niederlassung nicht mehr existent, und es handle sich bei ihren Anträgen um Erstanträge.

Die Beschwerden der Erst- und Viertbeschwerdeführerin erweisen sich aber dennoch als berechtigt.

Die Beschwerdeführerinnen bestreiten nicht, die gegenständlichen Anträge, die nach dem Gesagten als Erstanträge anzusehen waren, entgegen § 21 Abs. 1 NAG im Inland gestellt zu haben. Das Recht, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Inland zu stellen und die Entscheidung darüber hier abzuwarten, kommt daher in den vorliegenden Fällen nur gemäß § 74 NAG in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG vor, ist ungeachtet des Wortlautes des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen, wobei die Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2008, 2008/22/0265).

Die belangte Behörde ging bei ihrer diesbezüglichen - schon im Ansatz verfehlten - Beurteilung davon aus, dass das Fehlen von Anknüpfungspunkten im Heimatland und die Integration in Österreich keine Grundlage für einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall darstellen würden. Dabei nahm sie - weil sie offenbar davon ausging, die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Umstände seien für die Beurteilung nach Art. 8 EMRK nicht relevant - keine Rücksicht darauf, dass im Verwaltungsverfahren vorgebracht wurde, die Beschwerdeführerinnen hätten im Jahr 1994 nicht beabsichtigt, ihre Niederlassung aufzugeben, sondern seien lediglich mit der gesamten Familie in ihr Heimatland gefahren, um die dort lebende kranke Mutter der Erstbeschwerdeführerin zu besuchen, und anschließend nur deshalb - durch die Umstände erzwungen - dort verblieben, weil dem Zweitbeschwerdeführer durch eine "jugoslawische" Behörde der Reisepass abgenommen worden sei, um ihm wegen einer möglichen Einziehung zum Militär das Verlassen des damals jugoslawischen Staatsgebietes unmöglich zu machen, er sich in weiterer Folge vor den jugoslawischen Behörden versteckt gehalten habe, und die Rückkehr nach Österreich erst nach dem im Jahr 2004 erfolgten Rückerhalt des Reisepasses möglich gewesen sei. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde durften diese nicht von den Beschwerdeführerinnen zu vertretenden Umstände (die belangte Behörde hat dazu allerdings keine näheren Feststellungen getroffen) und ein darauf zurückzuführender Aufenthalt in ihrem Heimatland bei der Beurteilung, ob ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch besteht, nicht unberücksichtigt bleiben. Ein über die längste Zeit von einem Fremden nicht zu vertretender erzwungener Aufenthalt im Ausland kann sich nämlich bei der Abwägung nach Art. 8 EMRK nicht als maßgeblich zu dessen Nachteil ausschlaggebend darstellen. Nicht zuletzt wird - um keinen Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht herbeizuführen - bei der Abwägung auch Artikel 9 Abs. 5 Richtlinie 2003/109/EG gebührend Beachtung zu finden haben, der ausdrücklich festlegt, dass im Hinblick auf die Fälle des Artikel 9 Abs. 1 lit. c und des Abs. 4 Richtlinie 2003/109/EG die Mitgliedstaaten ein vereinfachtes Verfahren für die Wiedererlangung der Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter durchzuführen haben, welches allerdings nach dem NAG nicht vorgesehen ist. Können die Beschwerdeführerinnen aber ausnahmsweise aus Art. 8 EMRK Rechte ableiten, so ist die Inlandsantragstellung gemäß § 74 NAG zuzulassen und eine Abweisung der von ihnen gestellten Anträge nach § 21 Abs. 1 NAG nicht dem Gesetz entsprechend.

Da die belangte Behörde insoweit die Rechtslage verkannte und infolge dessen auch den von den Beschwerdeführerinnen vorgebrachten Umständen zu ihrem Auslandsaufenthalt keine Bedeutung beimaß, traf sie dazu auch keine Feststellungen und unterließ die gebotene Abwägung nach Art. 8 EMRK (sekundärer Verfahrensmangel).

Die von der Erst- und Viertbeschwerdeführerin angefochtenen Bescheide waren sohin wegen - der vorrangig wahrzunehmenden - Rechtswidrigkeit ihres Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Angesichts der von der belangten Behörde für alle Verfahren gemeinsamen vorgelegten Akten - und des von ihr deswegen auch nur einfach beanspruchten Vorlageaufwandes - waren ihr hinsichtlich der Beschwerdezurückweisungen Aufwendungen für Vorlageaufwand bloß anteilsmäßig zuzusprechen.

Wien, am 24. Februar 2009

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