VwGH 2008/21/0668

VwGH2008/21/066817.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des S, vertreten durch Mag. Michael Schuszter, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Robert Graf Platz 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 28. Oktober 2008, Zl. Senat-FR-08-1082, betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §12 Abs1;
AsylG 2005 §17 Abs1;
AsylG 2005 §17 Abs2;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AsylG 2005 §24 Abs2;
AsylG 2005 §27 Abs1 Z2;
AVG §45 Abs2;
FrPolG 2005 §1 Abs2;
FrPolG 2005 §12 Abs4;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §77 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AsylG 2005 §10;
AsylG 2005 §12 Abs1;
AsylG 2005 §17 Abs1;
AsylG 2005 §17 Abs2;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AsylG 2005 §24 Abs2;
AsylG 2005 §27 Abs1 Z2;
AVG §45 Abs2;
FrPolG 2005 §1 Abs2;
FrPolG 2005 §12 Abs4;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §77 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, gemäß seinen Angaben ein Staatsangehöriger von Guinea und am 2. Jänner 1992 geboren, stellte am 5. Mai 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 20. Juli 2006 wies das Bundesasylamt diesen Antrag gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005 ab; es sprach aus, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt werde (Spruchpunkt I.) sowie dass ihm gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea nicht zuerkannt werde (Spruchpunkt II.), und wies ihn schließlich gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Guinea aus (Spruchpunkt III.). Das Bundesasylamt hielt in seinem Bescheid fest, dass der Beschwerdeführer ein unbegleiteter minderjähriger Asylwerber sei, ging jedoch davon aus, dass seine Angaben bezüglich einer aktuellen Bedrohungssituation in Guinea als nicht glaubhaft zu beurteilen seien.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid des Bundesasylamtes Berufung. Den in den Verwaltungsakten einliegenden AIS-Auszügen ist zu entnehmen, dass das Asylverfahren im September 2007 vom unabhängigen Bundesasylsenat gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt wurde. In der Folge wurde es, nachdem der Beschwerdeführer von der Bundespolizeidirektion Graz vom 5. Jänner bis 14. Jänner 2008 in Schubhaft genommen worden war, fortgesetzt und - so die besagten AIS-Auszüge - per 30. Mai 2008 wiederum eingestellt.

Am 15. September 2008 wurde der Beschwerdeführer in Tribuswinkel aufgegriffen. Er wurde der Bezirkshauptmannschaft Baden vorgeführt, die mit Bescheid vom selben Tag gemäß § 76 Abs. 1 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG die Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung anordnete. Dem Schubhaftbescheid wurde zu Grunde gelegt, dass der Beschwerdeführer entgegen seinen Angaben bereits am 2. Jänner 1985 geboren sei; dies folgerte die Bezirkshauptmannschaft Baden aus seinen widersprüchlichen Angaben zu Zeit und Dauer seines Schulbesuches.

In der dagegen erhobenen Schubhaftbeschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, tatsächlich noch minderjährig zu sein; außerdem sei das Asylverfahren fortgesetzt worden, weshalb die Schubhaft nicht auf § 76 Abs. 1 FPG hätte gestützt werden dürfen.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 gab die belangte Behörde der Schubhaftbeschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG iVm § 83 FPG keine Folge (Spruchpunkt 1.). "Gemäß § 83 Abs. 1 FPG i.V.m. Abs. 2 leg. cit." stellte die belangte Behörde überdies fest, dass "die für die Verhängung der Schubhaft gesetzlichen Voraussetzungen in der Person des Beschwerdeführers als maßgeblich vorlagen und weiterhin vorliegen" (Spruchpunkt 2.). Die belangte Behörde stellte fest, dass sich der Beschwerdeführer zumindest seit dem 28. November 2006 ohne polizeiliche Meldung in Österreich aufhalte und seither zweimal in Schubhaft genommen worden sei. Es fehle jegliche Integration, wegen weisungswidrigen Verhaltens sei der Beschwerdeführer auch aus der Betreuung der Caritas entlassen worden. Was sein Alter anlange, so sei von einem "Geburtstermin" 2. Jänner 1985 auszugehen, zumal abgesehen von den völlig widersprechenden Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren "in der im Akt erliegenden Vollmachtsubstitution der Caritas der Diözese Eisenstadt, datierend vom 03.10.2008, dezidiert angegeben" werde, dass der Beschwerdeführer am 2. Jänner 1985 geboren sei. Insgesamt bestehe aus näher angeführten Gründen ein erhöhtes Risiko, dass der Beschwerdeführer neuerlich untertauchen werde, wobei festzuhalten sei, dass "selbst bei Vorliegen bzw. der Annahme der Minderjährigkeit" des Beschwerdeführers "die Zukunftsprognose negativ" sei. Die Anwendung gelinderer Mittel komme damit nicht in Betracht und es sei selbst unter der Annahme der Fortsetzung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers die Schubhaft weiterhin aufrechtzuerhalten und der Schubhaftbeschwerde ein Erfolg zu versagen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer rügt mit Recht, dass der bekämpfte Bescheid nicht erkennen lässt, auf welchen Schubhafttatbestand der - richtig nach § 83 Abs. 4 FPG zu treffende - Ausspruch über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft gegründet wurde.

Die Bezirkshauptmannschaft Baden hatte demgegenüber klar zum Ausdruck gebracht, die Schubhaftanordnung auf § 76 Abs. 1 FPG zu stützen, und zwar um die Abschiebung des Beschwerdeführers zu sichern. Sie ging dabei erkennbar davon aus, dass der Beschwerdeführer infolge Einstellung seines Asylverfahrens nicht mehr Asylwerber sei (vgl. § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005), sodass § 1 Abs. 2 FPG - danach ist u.a. § 76 Abs. 1 FPG auf Asylwerber nicht anwendbar - der Verhängung von Schubhaft nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle nicht entgegen stehe.

1.2. Die in § 1 Abs. 2 FPG normierte Unanwendbarkeit von § 76 Abs. 1 FPG gegenüber Asylwerbern ist im Zusammenhang mit § 76 Abs. 2 FPG zu lesen. Gemäß dieser Bestimmung kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde (Z 1), gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde (Z 2), gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist (Z 3) oder auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird (Z 4).

1.3. § 76 Abs. 2 FPG bezieht sich mithin nicht nur auf Asylwerber nach § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005, sondern auch auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (lediglich) gestellt haben. Das sind solche Fremde, die in Österreich vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, einer Sicherheitsbehörde oder bei einer Erstaufnahmestelle um Schutz vor Verfolgung ersucht haben (§ 17 Abs. 1 AsylG 2005), denen aber - im Regelfall mangels noch nicht erfolgter Antragseinbringung iSd § 17 Abs. 2 AsylG 2005 (vgl. dazu aber noch unten 1. 5.) - (noch) nicht die Eigenschaft als Asylwerber zukommt (siehe dazu auch den AB 1055 BlgNR 22. GP 5).

1.4. Sind die genannten Fremden im Bereich des § 76 Abs. 2 FPG den Asylwerbern gleichgestellt, so müssen sie aber umgekehrt ebenso wie die Asylwerber von der Anwendbarkeit des § 76 Abs. 1 FPG ausgeschlossen sein (vgl. dazu etwa auch das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, Zl. 2008/21/0582, unter Pkt. 2. der Entscheidungsgründe), zumal insgesamt davon auszugehen ist, dass je nach Status des betreffenden Fremden Schubhaft nur nach dem ersten Absatz oder nur nach dem zweiten Absatz des § 76 FPG in Betracht kommen soll.

1.5. Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, genießen nach § 12 Abs. 1 AsylG 2005 faktischen Abschiebeschutz. Die eben erwähnte Bestimmung lautet im Einzelnen wie folgt:

"Faktischer Abschiebeschutz

§ 12. (1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist geduldet. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 36 Abs. 4 gilt."

Im gegebenen Zusammenhang ist von Bedeutung, dass nach der eben zitierten Vorschrift einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und der in der Folge nach Einbringung seines Antrages iSd § 17 Abs. 2 AsylG 2005 auch Asylwerber geworden ist, unbeschadet einer Einstellung seines Asylverfahrens weiterhin faktischer Abschiebeschutz zukommt, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Asylverfahrens gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 nicht mehr zulässig ist (das ist nach Ablauf von zwei Jahren nach Verfahrenseinstellung). Er gilt ungeachtet der mit der Verfahrenseinstellung einhergehenden Beendigung seiner Asylwerbereigenschaft (wiederum) als Fremder, der "in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat" - § 12 Abs. 1 AsylG 2005 knüpft den faktischen Abschiebeschutz unzweifelhaft an eben diese Position eines Fremden - und fällt somit unter den von § 76 Abs. 2 FPG erfassten Personenkreis. In dieser Situation kommt daher gegen eine derartige Person die Anordnung von Schubhaft nur unter den in dieser Gesetzesstelle normierten Voraussetzungen in Betracht. Damit ist aber nach dem Vorgesagten Schubhaft nach § 76 Abs. 1 FPG ausgeschlossen (vgl. auch Riel/Schrefler-König/Szymanski/Wollner, FPG, § 76, Anm. 8. und 14.).

1.6. In dem schon genannten Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, Zl. 2008/21/0582, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls mit einer Schubhaftanordnung nach § 76 Abs. 1 FPG im Stadium nach Einstellung des - dort allerdings: erstinstanzlichen - Asylverfahrens zu beschäftigen und hat diese im Ergebnis als rechtswidrig beurteilt. Vor dem Hintergrund der soeben angestellten Erwägungen ist aber klarzustellen, dass die in diesem Erkenntnis in Punkt 3. der Entscheidungsgründe enthaltenen - als obiter dictum anzusehenden - Ausführungen betreffend die grundsätzliche Zulässigkeit der Heranziehung des § 76 Abs. 1 FPG als Rechtsgrundlage für eine Schubhaft in diesem Stadium, die den oben in Punkt 1.5. dargestellten Gesichtspunkt noch nicht einbezogen haben, nur für Fälle aufrecht zu erhalten sind, in denen das Asylverfahren des Fremden nach dem Asylgesetz 1997 zu Ende zu führen ist und somit dem Fremden nicht der Abschiebeschutz nach § 12 Abs. 1 AsylG 2005 zukommt.

1.7. Als Zwischenergebnis ist fallbezogen festzuhalten, dass die Bezirkshauptmannschaft Baden ihre Schubhaftanordnung gegen den Beschwerdeführer, dessen Asylverfahren eingestellt war und dem Abschiebeschutz nach § 12 Abs. 1 AsylG 2005 zukam, nicht auf § 76 Abs. 1 FPG sondern nur auf § 76 Abs. 2 FPG hätte stützen dürfen und dass auch der Fortsetzungsausspruch der belangten Behörde nach § 83 Abs. 4 FPG nur unter dem Gesichtspunkt des § 76 Abs. 2 FPG in Betracht gekommen wäre. Hierbei wäre an den Tatbestand nach Z 2 der letztgenannten Bestimmung zu denken, weil gegen den Beschwerdeführer, wie gleich zu zeigen sein wird, nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet war.

1.8. Unter "Einleitung eines Ausweisungsverfahrens" normiert § 27 AsylG 2005 auszugsweise Folgendes:

"§ 27. (1) Ein Ausweisungsverfahren nach diesem Bundesgesetz gilt als eingeleitet, wenn

1. im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt und

2. das Verfahren vor dem Asylgerichtshof einzustellen (§ 24 Abs. 2) war und die Entscheidung des Bundesasylamtes in diesem Verfahren mit einer Ausweisung (§ 10) verbunden war.

(2) ...

(3) ...

(4) Ein gemäß Abs. 1 Z 1 eingeleitetes Ausweisungsverfahren ist einzustellen, wenn das Verfahren zugelassen wird. Ein gemäß Abs. 1 Z 2 eingeleitetes Ausweisungsverfahren ist einzustellen, wenn die bisher vorliegenden Ermittlungen die Annahme rechtfertigen, dass der Antrag auf internationalen Schutz weder im Hinblick auf die Gewährung des Status eines Asylberechtigten noch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab- oder zurückzuweisen sein wird oder wenn der Asylwerber aus eigenem dem Asylgerichtshof seinen Aufenthaltsort bekannt gibt und nicht auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde sich wieder dem Verfahren entziehen.

..."

1.9. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers vom unabhängigen Bundesasylsenat (nunmehr Asylgerichtshof) gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt worden ist und dass das Bundesasylamt erstinstanzlich eine Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 ausgesprochen hatte. Mithin ist es zu der in § 27 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 angeordneten Einleitung eines Ausweisungsverfahrens von Gesetzes wegen gekommen, was grundsätzlich Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Z 2 FPG ermöglicht. Die ErläutRV zu § 24 AsylG 2005 (952 BlgNR 22. GP 48) führen in diesem Sinne aus:

"Im Falle eines Verfahrens vor dem UBAS gilt ex lege ein Ausweisungsverfahren als eingeleitet, wenn sich der vom Bundesasylamt mit einer Ausweisung belegte Asylwerber dem Verfahren entzieht. Wird er aufgegriffen, kann er von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und von der Fremdenpolizeibehörde in Schubhaft genommen werden. Das Asylverfahren ist - während der Schubhaft - fortzusetzen und binnen drei Monaten zu Ende zu führen."

1.10. Weder die Bezirkshauptmannschaft Baden noch die belangte Behörde haben sich auf den, wie dargelegt, gegenständlich allein in Erwägung zu ziehenden Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG gestützt. Was die Entscheidung der belangten Behörde anlangt ist im Übrigen hinzuzufügen, dass sich diese auch mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Fortsetzung seines Asylverfahrens - zumal in Anbetracht der amtswegigen Fortsetzungsverpflichtung nach § 24 Abs. 2 zweiter Satz AsylG 2005 - und der Frage einer dann allenfalls erfolgten Einstellung des Ausweisungsverfahrens (vgl. die diesbezügliche, oben wiedergegebene Verpflichtung nach § 27 Abs. 4 zweiter Satz AsylG 2005) auseinander setzen hätte müssen. Wird im Fall einer solchen Einstellung kein Ausweisungsverfahren mehr geführt, so ist nämlich eine allfällige Schubhaft wegen Wegfalls der Voraussetzungen zu beenden (so ausdrücklich die ErläutRV zu § 27 AsylG 2005, aaO., 49). Ein Ausspruch dahingehend, dass die Fortsetzung der Schubhaft zulässig sei, erwiese sich dann auch vor dem Hintergrund des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG als rechtswidrig.

2.1. Der bekämpfte Bescheid ist aber auch aus einem anderen Grund mit Rechtswidrigkeit behaftet:

Die Bezirkshauptmannschaft Baden - und ihr folgend die belangte Behörde - gingen davon aus, dass der Beschwerdeführer entgegen seinen Angaben nicht 1992, sondern bereits 1985 geboren sei. Sie verneinten also die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers. Dabei wäre allerdings auf § 12 Abs. 4 FPG Bedacht zu nehmen gewesen. Diese Vorschrift lautet wie folgt:

"Sonderbestimmungen für Minderjährige

§ 12. (1) ...

(2) ...

(3) ...

(4) Die Feststellung des Alters eines Fremden obliegt der Fremdenpolizeibehörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Zur Klärung des Sachverhaltes kann insbesondere auch ein Amtsarzt hinzugezogen werden. Behauptet ein Fremder, ein bestimmtes Lebensjahr noch nicht vollendet zu haben und daher minderjährig zu sein, so ist - außer im Fall offenkundiger Unrichtigkeit - unverzüglich mit dem zuständigen Jugendwohlfahrtsträger Kontakt aufzunehmen und dieser zu hören. Die Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken, ist von der Fremdenpolizeibehörde im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen."

2.2. Gemäß der zitierten Vorschrift hätte daher die Bezirkshauptmannschaft Baden unverzüglich mit dem zuständigen Jugendwohlfahrtsträger Kontakt aufnehmen und diesen hören müssen. Davon, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Alter offenkundig unrichtig seien (vgl. dazu im gegebenen Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 16. April 2007, Zl. 2005/01/0463), kann nämlich allein schon deswegen keine Rede sein, weil das Bundesasylamt in seinem Bescheid vom 20. Juli 2006 und die Bundespolizeidirektion Graz bei Verhängung der Schubhaft im Jänner 2008 den Altersangaben des Beschwerdeführers gefolgt waren. Im Übrigen reichen aber die von der Bezirkshauptmannschaft Baden ins Treffen geführten - widersprüchlichen - Angaben des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt und zur Dauer seines Schulbesuches allein schon für sich betrachtet nicht aus, um die behauptete Minderjährigkeit "offenkundig unrichtig" erscheinen zu lassen.

2.3. Die Annahme der Bezirkshauptmannschaft Baden, der Beschwerdeführer sei bereits 1985 geboren, beruhte nach dem Gesagten auf einer unzureichenden verfahrensrechtlichen Grundlage, was sich freilich ausreichend deutlich aus dem Gesetz ergibt. Das ist angesichts der Feststellung in der Schubhaftanordnung, "dass bei der Verhängung der Schubhaft der Gesetzestext bei weitem kein Auslangen mehr findet", der Vollständigkeit halber ausdrücklich zu betonen.

2.4. Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

Prognostische Überlegungen im Sinn des § 77 Abs. 1 zweiter Satz FPG hat die Bezirkshauptmannschaft Baden ausgehend von ihrer Annahme, der Beschwerdeführer sei volljährig, nicht ausreichend deutlich angestellt (vgl. dazu grundlegend das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, Zl. 2007/21/0370). Das trifft auch auf den Bescheid der belangten Behörde zu, und zwar ungeachtet dessen, dass darin ausgeführt wird, "selbst bei Vorliegen bzw. der Annahme der Minderjährigkeit" des Beschwerdeführers sei "die Zukunftsprognose negativ". Auch sie durfte aus den schon dargestellten Gründen nicht davon ausgehen, die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Lebensalter seien im Sinn des § 12 Abs. 4 FPG offenkundig unrichtig. Dass in einer nicht vom Beschwerdeführer selbst ausgestellten Vollmachtsurkunde das in der Schubhaftanordnung zu Grunde gelegte Geburtsdatum angeführt war, ist nicht weiter aussagekräftig und vermag daher an dieser Einschätzung nichts zu ändern.

3. Zusammenfassend erweist sich der bekämpfte Bescheid als zur Gänze mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 17. März 2009

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