VwGH 2008/18/0452

VwGH2008/18/045219.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des S M M E R in W, geboren am 4. März 1980, vertreten durch Dr. Robert Lattermann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Werdertorgasse 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. März 2008, Zl. E1/90.941/2008, betreffend Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §24;
NAG 2005 §64 Abs3;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §24;
NAG 2005 §64 Abs3;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. März 2008 wurde der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsangehöriger, gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass sich der Beschwerdeführer aufgrund von Aufenthaltsbewilligungen für den Zweck "Student" legal in Österreich aufhalte, wo er seit 20. Dezember 2004 durchgehend behördlich gemeldet sei. Der letzte Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers vom 4. Oktober 2007 sei nicht mehr bewilligt worden; die Aufenthaltsbehörde habe ein Verfahren nach § 25 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG eingeleitet.

Der Beschwerdeführer sei mit Zulassungsbrief der Wirtschaftsuniversität Wien vom 24. März 2004 ab dem Sommersemester 2004 unter der Voraussetzung der Kenntnis der deutschen Sprache zum ordentlichen Studium der Studienrichtung "Betriebswirtschaft" zugelassen worden. Den Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache durch die erfolgreiche Ablegung der "Ergänzungsprüfung aus Deutsch" im Rahmen des "Vorstudienlehrgangs der Wiener Universitäten" bzw. durch die Ablegung einer gleichwertigen Prüfung habe der Beschwerdeführer bis dato nicht erbracht. Er habe daher auch nie mit dem ordentlichen Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien, wo er inskribiert gewesen sei, beginnen können.

Laut einer im Akt erliegenden ärztlichen Bestätigung sei der Beschwerdeführer am 8. Juli 2007 in Ägypten im Bereich der Harnröhre operiert worden, wonach es zu Komplikationen gekommen sei, die den Heilungsprozess deutlich vermindert und zu einem Aufenthalt von acht Wochen im Heimatland geführt hätten.

Mit der Berufung gegen den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid habe der Beschwerdeführer die Ablichtung einer Bestätigung der "Wiener Akademie für arabische und islamische Studien" vorgelegt, der zufolge er im Wintersemester 2007/2008 als ordentlicher Student aufgenommen worden sei.

Der ledige Beschwerdeführer habe weder berufliche noch familiäre Bindungen im Bundesgebiet.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 54 Abs. 1 Z. 2 FPG, 11 Abs. 2 Z. 1 und 64 Abs. 3 NAG sowie § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 (UG) - im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer einen Studienerfolgsnachweis im Sinn des § 75 Abs. 6 UG, insbesondere für das Studienjahr 2006/2007, nicht beibringen habe können. Abgesehen vom mangelnden Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache habe er während der gesamten Studiendauer - also nicht nur im letzten Studienjahr - keinen einzigen Nachweis irgendeiner Prüfung aus seiner Studienrichtung "Betriebswirtschaft" erbracht.

Gründe, die der Einflusssphäre des Beschwerdeführers entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar gewesen seien (§ 64 Abs. 3 zweiter Satz NAG), habe der Beschwerdeführer nur ansatzweise behauptet. Soweit er in der Berufung vorbringe, ein halbes Jahr lang wegen urologischer Probleme infolge von Schmerzen und Behandlungen nicht in der Lage gewesen zu sein, das Studium fortzusetzen, so sei dem entgegenzuhalten, dass die nach seiner Operation im Juli 2007 aufgetretenen gesundheitlichen Komplikationen in einen Zeitraum gefallen seien, der für die ganzheitliche Sicht des sich über etwa drei Jahre erstreckenden mangelnden Studienerfolges nicht entscheidend sein könne. Der Beschwerdeführer habe in keiner Weise glaubhaft gemacht, dass ihn die Zeit der aufgetretenen Komplikationen, die noch dazu in die Ferien gefallen sei, so maßgeblich vom Studium abgehalten habe, dass er bereits angemeldete Prüfungen deswegen absagen habe müssen.

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Studium an der "Wiener Akademie für arabische und islamische Studien" ab Oktober 2007 sei nicht zu berücksichtigen gewesen, weil es sich dabei nicht um eine akkreditierte Privatuniversität im Sinn des § 64 NAG handle und das Studienjahr 2007/2008 zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch lange nicht abgeschlossen sei, sodass es also nicht das letzte bzw. vergangene Studienjahr darstelle.

Angesichts der strengen Zweckbindung der zu erteilenden Aufenthaltstitel könne kein Zweifel daran bestehen, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers, der im letzten Studienjahr bzw. in den letzten Studienjahren den Studienerfolg nicht einmal ansatzweise erbracht habe, ja nicht einmal die Voraussetzung für das ordentliche Studium, nämlich den Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache im geforderten Umfang, belegen habe können, den im § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG genannten öffentlichen Interessen im erheblichen Ausmaß widerstreite und die öffentliche Ordnung gefährde.

Die Ausweisung des Beschwerdeführers sei auch in Hinblick auf dessen private Situation zulässig, weil diese Maßnahme zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - etwa der Aufrechterhaltung der Ordnung und eines intakten Fremdenwesens - dringend geboten sei und das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung die persönlichen und privaten Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt in Österreich bei weitem überwiege. Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren Interessen des Beschwerdeführers würden in ihrem Gewicht schon deswegen entscheidend gemindert, weil sein bisheriger Aufenthalt nur zum vorübergehenden Zweck des Studiums berechtigt gewesen sei, er aber überhaupt keinen Studienerfolg aufzuweisen habe.

Gründe für eine für den Beschwerdeführer günstige Ermessensentscheidung, die in ihrem Gewicht über "die obige Berücksichtigung hinausgehen würden", hätten weder erkannt werden können noch seien solche dargelegt worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer verfügte unstrittig bisher ausschließlich über Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums, nach der Aktenlage zuletzt über eine "Aufenthaltsbewilligung für Studierende".

1.2. Da sich der Beschwerdeführer infolge des am 4. Oktober 2007 gestellten Verlängerungsantrages während eines Verlängerungsverfahrens (vgl. dazu auch § 24 NAG) im Bundesgebiet aufhält, kann er gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.

1.3. Die mit "Studierende" überschriebene Bestimmung des § 64 NAG lautet:

"§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie

         

1.

die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2.

ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität durchführen und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.

Eine Haftungserklärung ist zulässig.

 

(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit richtet sich nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Diese Erwerbstätigkeit darf das Erfordernis des Studiums als ausschließlicher Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen.

(3) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität erbringt. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden."

Gemäß der - im 1. Teil des NAG enthaltenen - Bestimmung des § 19 Abs. 2 letzter Satz hat der Fremde der Behörde die für die zweifelsfreie Feststellung seiner Identität und des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen.

Nach § 19 Abs. 3 NAG ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise für den jeweiligen Aufenthaltszweck dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Gemäß § 8 Z. 7 lit. b) der u. a. aufgrund dieser Verordnungsermächtigung erlassenen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung - NAG-DV ist für eine "Aufenthaltsbewilligung - Studierender" im Fall eines Verlängerungsantrages dem Antrag ein schriftlicher Nachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität oder des Universitätslehrganges über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG, anzuschließen.

Gemäß § 75 Abs. 6 UG hat die Universität einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 2008, Zl. 2007/18/0381, mwN).

2.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass der mit Zulassungsbrief der Wirtschaftsuniversität Wien vom 24. März 2004 ab dem Sommersemester 2004 unter der Voraussetzung der Kenntnis der deutschen Sprache zum ordentlichen Studium der Studienrichtung "Betriebswirtschaft" zugelassene Beschwerdeführer weder den Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache noch den Nachweis irgendeiner Prüfung aus der Studienrichtung "Betriebswirtschaft" erbracht hat und dass es sich bei der "Wiener Akademie für arabische und islamische Studien", an der der Beschwerdeführer erst mit Wintersemester 2007/2008 als ordentlicher Student aufgenommen wurde, nicht um eine akkreditierte Privatuniversität handelt.

2.2. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen lediglich vor, dass der Beschwerdeführer wegen massiver urologischer Probleme am Studium gehindert gewesen sei, sodass er das ursprüngliche Studium nicht fortsetzen habe können.

Dem gegenüber hat der Beschwerdeführer im Administrativverfahren lediglich vorgebracht, er sei wegen seiner urologischen Probleme über ein halbes Jahr infolge von Schmerzen und notwendigen Behandlungen nicht in der Lage gewesen, sein Studium fortzusetzen (Berufung vom 19. Februar 2008). Soweit das wiedergegebene Beschwerdevorbringen über das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen hinausgeht, kann es schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes (§ 41 Abs. 1 VwGG) keine Berücksichtigung finden.

2.3. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass selbst eine ein halbes Jahr dauernde ernsthafte Erkrankung in Anbetracht des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit Dezember 2004 ohne Erbringung irgendeines Studienerfolgsnachweises keinen Umstand darstellt, der eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung gemäß § 64 Abs. 3 zweiter Satz NAG rechtfertigen könnte.

2.4. Die belangte Behörde hat daher das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel gemäß § 64 Abs. 3 NAG unter Vornahme der erforderlichen Abwägung zutreffend verneint. Sie ist zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- (und Studien-)Wesens gefährdet - was die Erteilung des weiteren Aufenthaltstitels hindert - und der Tatbestand des § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG erfüllt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0323).

3. Die - in der Beschwerde nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (insbesondere der Aufrechterhaltung der Ordnung und eines intakten Fremdenwesens) dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 FPG), kann aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 19. Februar 2009

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