VwGH 2008/15/0051

VwGH2008/15/005128.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Linz gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 28. Juli 2004, GZ. RV/0093- L/04, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1999 bis 2001 (mitbeteiligte Partei: M GmbH, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43), zu Recht erkannt:

Normen

KStG 1966 §10;
KStG §10 Abs2;
KStG §12 Abs2;
KStG 1966 §10;
KStG §10 Abs2;
KStG §12 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligte, eine unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, erwarb im Juni 1999 je 100% der Anteile an zwei Kapitalgesellschaften mit Sitz in der Schweiz. Der Kaufpreis von 36,240.000 CHF wurde mit einem Teilbetrag von 24,500.000 CHF durch Aufnahme eines CHF-Kredites und mit einem Teilbetrag von 11,740.000 CHF durch Verrechnung mit einer Schwestergesellschaft aufgebracht. Unstrittig ist, dass der Mitbeteiligten in den Jahren 1999 bis 2001 im Zusammenhang mit den Anteilserwerben stehende Zinsen von 2,076.161 S (1999), 13,608.183 S (2000) und 14,328.524 S (2001) sowie Kursverluste von 481.229 S (1999), 17,029.011 S (2000) und 8,860.895 S (2001) erwachsen sind.

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde von den Prüfern die Auffassung vertreten, dass die angeführten Zinsenaufwendungen und Kursverluste gemäß § 12 Abs. 2 KStG 1988 nicht abziehbar seien, da sie in direkter Verbindung mit einer steuerfreien internationalen Schachtelbeteiligung gemäß § 10 Abs. 2 KStG 1988 stünden.

Gegen die im teilweise wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 1999 bis 2001, mit welchen sich das Finanzamt der Ansicht der Prüfer anschloss, berief die Mitbeteiligte. Sie habe 1999 zwei Schweizer Gesellschaften fremdfinanziert erworben. Da der Kaufpreis in Franken zu entrichten gewesen sei, habe sie zur Finanzierung einen Schweizer-Franken-Kredit aufgenommen.

Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Schuldzinsen, die im Zusammenhang mit der Finanzierung des Erwerbes von Beteiligungen aufgewendet würden, objektiv mit steuerfreien Einnahmen zusammenhingen und daher gemäß § 12 Abs. 2 KStG 1988 nicht abziehbar seien. Entscheidend dabei sei der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und Ausgaben auf der einen Seite und nicht steuerpflichtigen Vermögensmehrungen und Einnahmen auf der anderen Seite.

Die Entwicklung des Fremdwährungskurses für den CHF-Kredit habe keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung der Einkünfte, die auf die Beteiligungen entfielen. Die Kursentwicklung von Fremdwährungen hänge von verschiedensten Faktoren ab, wie z.B. von der Entwicklung der Wirtschaftslage der betreffenden Staaten sowie von der "Marktentwicklung beim Handel von Währungen". Auch spätere Kriegsereignisse und Katastrophen beeinflussten Fremdwährungskurse. Während bei der Aufnahme von Krediten Kreditnebenkosten und Zinsaufwendungen zwangsläufig anfielen und daher in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung der Einkünfte stünden, hänge die Kursentwicklung von völlig anderen Faktoren ab. Kursverluste seien daher weder zwangsläufig noch hingen sie wirtschaftlich mit der Erzielung von Einnahmen aus Dividenden, mit dem Erwerb oder mit der Veräußerung der Beteiligung zusammen. Da weder der mittelbare, noch der wirtschaftliche Zusammenhang gegeben sei, liege kein Anwendungsfall des § 12 Abs. 2 KStG 1988 vor.

Zudem gehörten Kursgewinne jedenfalls zu den steuerpflichtigen Einkünften aus Gewerbebetrieb, weshalb es unzulässig und systemwidrig erscheine, Aufwendungen aus Kursverlusten, die sich zufällig durch die Entwicklung am Währungssektor zum Bilanzstichtag ergäben, als nicht abziehbar anzusehen, wenn gleichzeitig spätere Kursgewinne, die die vorangegangenen Kursverluste wieder ausglichen, steuerpflichtig seien.

Im konkreten Fall sei noch anzuführen, dass sich 2002 weitere Kursverluste von 397.127,73 EUR ergeben hätten, "während sich für das Jahr 2003 aus den Kreditkonten bis zum 1. Dezember ein Kursgewinn von rund 1,665.000 EUR ergibt".

Das Finanzamt legte die Berufung der belangten Behörde zur Entscheidung vor und führte in einem Beiblatt zur Vorlage u. a. aus, dass das Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 Ausdruck des allgemeinen Rechtsgrundsatzes sei, wonach einer fehlenden Steuerpflicht auf der einen Seite ein Abzugsverbot auf der anderen Seite gegenüberstehe. Aufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen in einem klar abgegrenzten objektiven Zusammenhang stünden, müssten unberücksichtigt bleiben. Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeute dies, dass es nur darauf ankomme, ob der Fremdwährungskredit, der zu einem Kursverlust geführt habe, für den Anteilserwerb aufgenommen worden sei. Ein objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Aufwand und steuerfreiem Beteiligungsertrag sei zu bejahen, wenn der Aufwand bei Wegdenken des Beteiligungserwerbes wegfalle. Denke man sich den Erwerb der Schweizer Beteiligungen weg, wäre der Fremdwährungskredit nicht aufgenommen worden, weshalb alle mit diesem Kredit verbundenen Aufwendungen gemäß § 12 Abs. 2 KStG 1988 nicht abziehbar seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung Folge gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof sehe einen unmittelbaren wirtschaftlichen und nach objektiven Gesichtspunkten abzugrenzenden Zusammenhang zwischen den steuerfreien Gewinnanteilen aus einer Beteiligung und den im Zusammenhang mit Krediten für die Anschaffung dieser Beteiligung aufgewendeten Zinsen als gegeben an. Strittig sei, ob die für Zinsen bestehende Einstufung auch auf Kursverluste bei Fremdwährungskrediten anzuwenden sei.

Handelsrechtlich seien Kursverluste als sonstige betriebliche Aufwendungen auszuweisen. Erwachse einem Unternehmen ein Kursverlust aus zinsgünstigen Fremdwährungskrediten, so gehöre der Kursverlust zur Finanzierungsebene. Der Kredit in ausländischer Währung diene der Finanzierung des Unternehmens; dieses nehme das Kursrisiko in Kauf, um die niedrigen Kreditzinsen zu nutzen. Wirtschaftlich betrachtet sei daher das Kursrisiko der Eintrittspreis (das Äquivalent) für niedrigere Zinsen.

Entscheidend für die Frage des Abzugs von Kursverlusten seien aber nicht nur handelsrechtliche, sondern auch spezifisch steuerliche Aspekte.

§ 12 Abs. 2 KStG 1988 diene der Vermeidung eines ungerechtfertigten Vorteiles. Wenn Einnahmen ertragsteuerlich befreit seien, sollten damit zusammenhängende Ausgaben nicht abgezogen werden dürfen, um eine Doppelbegünstigung hintanzuhalten. Da sich Währungsverluste und Währungsgewinne über die Jahre (zumindest teilweise) aufheben würden, scheine keine Doppelbegünstigung vorzuliegen. Zudem sei die Steuerfreistellung von Kursgewinnen, die erforderlich wäre, wenn Kursverluste nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt würden, im Rahmen der derzeitigen Gesetzeslage nicht darstellbar, woraus dem Steuerpflichtigen ein nicht nachvollziehbarer Nachteil erwachse.

Der Verwaltungsgerichtshof habe sich wiederholt mit der Zuordnung von Aufwendungen zu steuerfreien Einnahmen befasst und dabei auf die Behandlung der Aufwendungen im außerbetrieblichen Bereich abgestellt. Nur Aufwendungen, die im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen Werbungskosten darstellten, stünden mit den Einnahmen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang.

§ 27 EStG 1988 erfasse Wertänderungen des Kapitalstammes nicht. Verluste und Gewinne aus Kursdifferenzen zwischen Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren blieben außer Betracht. Auch Wechselkursschwankungen bei Fremdwährungsdarlehen seien unbeachtlich. Nehme ein Steuerpflichtiger zur Finanzierung einer außerbetrieblichen Einkunftsquelle ein Fremdwährungsdarlehen auf und steige infolge von Kurswertänderungen die Höhe des Darlehens, führe der höhere Rückzahlungsbetrag nicht zu Werbungskosten. Es liege kein den Zinsen gleichgestellter Finanzierungsaufwand vor (Hinweis auf Doralt, EStG-Kommentar, § 27, Tz 10 und 11; SWK 1997, 658). Auch von Doralt werde eine Bruchstelle - insbesondere bei festverzinslichen Wertpapieren - konstatiert, weil der Kursverlust nichts anderes als der Ausgleich für die niedrigere Nominalwertverzinsung sei. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung bleibe die Wertänderung aber unberücksichtigt. Auch Kursgewinne stellten keinen Ertrag dar.

Wenn Kursschwankungen im außerbetrieblichen Bereich dem Kapitalstamm zuzurechnen seien, so müsse dies auch im Bereich der gewerblichen Einkünfte gelten. Folglich stünden die Kursschwankungen des Fremdwährungskredites mit dem Vermögensstamm und nicht mit den steuerfreien Erträgen (insbesondere auch nicht als Äquivalent für Zinsen) in einem direkten Zusammenhang. Dass der Fremdwährungskredit für den Beteiligungserwerb aufgenommen worden sei, werde von der Mitbeteiligten nicht bestritten. Daraus ergebe sich aber noch kein direkter Bezug zu den steuerfreien Einnahmen.

Es lägen keine Hinweise dafür vor, dass die Kursverluste in eine Kalkulation betreffend die Beteiligungen einbezogen worden wären. Es handle sich daher um zufällige Kursschwankungen der Fremdwährung, deren Höhe und Ausmaß nicht vorhersehbar gewesen sei, wobei in den strittigen Jahren auch ein Kursgewinn hätte entstehen können. Die Kursverluste seien daher im Rahmen der Einkünfteermittlung anzusetzen. Das Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 sei nicht anzuwenden

Gegen diese Entscheidung wendet sich die vom Finanzamt gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde.

Nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und die Mitbeteiligte hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 2 KStG 1988 sind Erträge aus internationalen Schachtelbeteiligungen von der Körperschaftsteuer befreit.

Gemäß § 12 Abs. 2 KStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Vermögensvermehrungen und Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum KStG 1966 und zum KStG 1988 vor Einführung dessen § 11 Abs. 1 Z. 4 mit dem StRefG 2005, BGBl. I 2004/57, hängen Zinsen eines Kredites, der zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen wurde, mit keinen anderen Einnahmen in einem engeren Zusammenhang als mit den (steuerfreien) Schachtelgewinnen aus dieser Beteiligung, wobei der Zusammenhang zwischen Schachtelgewinnen und Zinsen, die aufgrund der Fremdfinanzierung des Schachtelbeteiligungserwerbes angefallen sind, auch dann nicht verloren geht, wenn in einem Veranlagungszeitraum neben den Schuldzinsen keine Schachtelgewinne anfallen. Es kommt nicht auf einen unmittelbaren zeitlichen, sondern auf einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang an (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 26. August 2009, 2007/13/0026, vom 20. Oktober 2004, 99/14/0079, und vom 20. November 1996, 96/15/0188, jeweils mwN). Im vorliegenden Fall ist strittig, ob auch Kursverluste im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten, die für den Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen wurden, dem Abzugsverbot nach § 12 Abs. 2 KStG 1988 unterliegen.

Das beschwerdeführende Finanzamt vertritt auf das Wesentliche zusammengefasst die Auffassung, dass Kursverluste dem Abzugsverbot nach § 12 Abs. 2 KStG 1988 unterliegen, weil das Kursrisiko einem Fremdwährungskredit immanent sei. Der Zinsunterschied zwischen Euribor und "Fremdwährungsindizes" wie dem "Chf-Libor" bewirke einen Zinsvorteil, dem das Kursrisiko gegenüberstehe. Unternehmen, die einen Fremdwährungskredit aufnehmen, würden das Kursrisiko in Kauf nehmen, um niedrige Kreditzinsen zu nutzen. Wirtschaftlich gesehen sei das Kursrisiko der Preis für niedrige Zinsen, weshalb allfällige Kursverluste genauso wie die Zinsen dem Finanzierungsbereich zuzuordnen seien.

Dem ist zu erwidern, dass § 12 Abs. 2 KStG 1988 einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den nicht steuerpflichtigen Einnahmen und den nicht abziehbaren Ausgaben voraussetzt. Kursverluste, die im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten anfallen, die für die Anschaffung einer Schachtelbeteiligung aufgenommen wurden, sind regelmäßig das Ergebnis einer Marktentwicklung, die keinen unmittelbaren Bezug zu den Erträgen aus der angeschafften Beteiligung aufweist, was bereits daran erkennbar wird, dass sie nicht zwangsläufig anfallen. Fremdwährungskredite eröffnen dem Kreditnehmer zudem die Möglichkeit, Kursgewinne zu erzielen. Die Kursgewinne stellen das Gegenstück zu den Kursverlusten dar und unterliegen - im Gegensatz zu den Erträgen aus der Schachtelbeteiligung - der Besteuerung. Daraus folgt, dass Kursverluste, die im Zusammenhang mit einem Fremdwährungskredit anfallen, selbst dann nicht dem Abzugsverbot des § 12 Abs. 2 KStG 1988 unterliegen, wenn der Kredit für die Anschaffung einer Schachtelbeteiligung aufgenommen wurde. Dies gilt jedenfalls solange, als ein Kursverlust nicht aufgrund vertraglicher Regelungen von vornherein feststeht, was - laut den unbekämpft gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde - gegenständlich nicht der Fall ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. Oktober 2009

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