VwGH 2008/12/0165

VwGH2008/12/01652.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Baden, vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Hauptplatz 17, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Juni 2008, Zl. IVW3- BE-3060401/060-2008, betreffend Vorstellung i.A. Untersagung einer Nebenbeschäftigung nach § 31 Abs. 2 NÖ GBDO (mitbeteiligte Partei:

HU in B, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 12/9), zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §56 Abs2;
BDG 1979 §56 idF 2007/I/053;
GdBDO NÖ 1976 §31 Abs1;
GdBDO NÖ 1976 §31 Abs2;
GdBDO NÖ 1976 §31;
VwRallg;
BDG 1979 §56 Abs2;
BDG 1979 §56 idF 2007/I/053;
GdBDO NÖ 1976 §31 Abs1;
GdBDO NÖ 1976 §31 Abs2;
GdBDO NÖ 1976 §31;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Mitbeteiligte steht als Beamter der Verwendungsgruppe E 2a, Dienstzweig Nr. 89, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur beschwerdeführenden Stadtgemeinde.

Mit Schreiben vom 28. Februar 1987 hatte er die Ausübung einer erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung als Versicherungsmakler angezeigt und darauf hingewiesen, dass die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben sowie sonstige dienstliche Interessen dadurch nicht gefährdet würden, da sich sein Firmensitz in T befände.

Mit Schreiben vom 28. August 1995 machte der Mitbeteiligte dem Bürgermeister der beschwerdeführenden Stadtgemeinde davon Mitteilung, dass seine Einzelfirma nunmehr auf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die U-GesmbH (in der der Mitbeteiligte auch die Funktion eines handels- bzw. gewerberechtlichen Geschäftsführers ausgeübt hat), übergegangen sei.

Am 8. Juni 2006 wechselte der Standort der Gewerbeberechtigung dieser Gesellschaft an eine Adresse im Gebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde.

Mit Bescheid der Bürgermeisterin der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 31. Juli 2007 wurde dem Mitbeteiligten gemäß § 31 der Niederösterreichischen Gemeindebeamtendienstordnung, LGBl. 2400 (im Folgenden: GBDO), die Nebenbeschäftigung der Ausübung des Gewerbes "Versicherungsvermittlung" in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten gemäß § 94 Z. 76 GewO 1994 als handelsrechtlicher Geschäftsführer, gewerberechtlicher Geschäftsführer sowie als Mehrheitsgesellschafter der U-GesmbH untersagt.

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, der Mitbeteiligte sei auf Grund seines Gesundheitszustandes von den Aufgaben des Exekutivdienstes sowie vom Tragen der Uniform befreit worden. Ebenso sei er von seinen Aufgaben als Dienstgruppenkommandant der Dienstgruppe der Stadtpolizei entbunden worden. Er sei mit einem Tätigkeitsbereich im Rahmen der bei der Stadtpolizei anfallenden administrativen Tätigkeiten und Verwaltungstätigkeiten betraut worden.

Mit näherer Begründung ging die erstinstanzliche Behörde davon aus, dass der Mitbeteiligte auch tatsächlich im Rahmen der Ausübung des Gewerbes durch die U-GesmbH tätig werde (wird an Hand näher geschilderter Vorfälle ausgeführt).

Auf Grund der Ergebnisse eines über Antrag des Mitbeteiligten eingeleiteten Ruhestandsversetzungsverfahrens (welches mit einer Versagung der Ruhestandsversetzung geendet habe) sei für ihn auch eine neue Dienstzeit unter Einhaltung einer ausreichend langen Mittagspause sowie zwei Stunden Erholung festgelegt worden. Weiters habe er mitgeteilt, dass das Bundessozialamt bei ihm einen Grad der Behinderung von 50 % festgestellt habe. Dem stehe gegenüber, dass die U-GesmbH ihre Geschäftstätigkeit erweitert habe, was auch einen entsprechenden Niederschlag in einer vermehrten Tätigkeit des Mitbeteiligten für die genannte Gesellschaft gefunden habe. Dies stehe aber in einem Spannungsverhältnis zu den für den Erhalt seiner Dienstfähigkeit erforderlichen Erholungsphasen. Erwähnt wurden in diesem Zusammenhang auch lange "Krankenstände" des Mitbeteiligten.

Die erstinstanzliche Behörde führte weiters aus, zum administrativen Tätigkeitsbereich des Mitbeteiligten gehörten u.a. die Entgegennahme und Weiterleitung von Telefonaten, die allfällige Ausstellung von Bestätigungen, die Entgegennahme von Anzeigen "im Verwaltungsrecht" an die Sicherheitswache zur Verfassung von Anzeigen an die Verwaltungsbehörden, Vornahme von die Stadtpolizei betreffenden Verwaltungstätigkeiten, Mithilfe bei Aktenerledigungen, Erhebungen administrativer Art, Mithilfe bei Verwaltungsmaßnahmen, schriftliche Erstellung von Radaranzeigen, Kontrollgänge zur Kurzparkzonenüberwachung und gegebenenfalls die Ausstellung von Strafverfügungen sowie die Durchführung von Radarmessungen und Baustellenüberwachung. Bei dem Personenkreis, von dem der finanzielle Erfolg der Nebenbeschäftigung des Mitbeteiligten abhängig sei, handle es sich um denselben Personenkreis, mit welchem er im Zuge seiner dienstlichen Agenden im Bereich der Stadtpolizei Kontakt haben könnte bzw. gegenüber welchem er möglicherweise dienstlich tätig werden müsse. Unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 92/12/0041, führte die erstinstanzliche Behörde aus, zur Untersagung einer Nebenbeschäftigung genüge es bereits, dass diese ihrer Natur nach die volle Unbefangenheit im Dienst beeinträchtigen könne. § 31 Abs. 2 GBDO sei vorliegendenfalls anzuwenden, obwohl der Mitbeteiligte die Verlegung des Gewerbestandortes in das Gebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde nicht angezeigt habe. Es könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass ein Beamter, der seine Anzeigepflicht verletze, günstiger gestellt werde, als ein solcher, bei dem dies nicht der Fall sei.

Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit Bescheid des Stadtrates der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 30. Jänner 2008 wurde der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahingehend abgeändert, dass dem Mitbeteiligten die Nebenbeschäftigung der Ausübung des Gewerbes Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten gemäß § 94 Z. 76 GewO 1994 als handelsrechtlicher Geschäftsführer, gewerberechtlicher Geschäftsführer sowie als Mehrheitsgesellschafter der im Firmenbuch eingetragenen U-GesmbH, nunmehr jedoch ausschließlich im Gebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde, untersagt wurde.

Die Berufungsbehörde schloss sich der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ausdrücklich an.

Mit näherer Begründung vertrat sie die Rechtsauffassung, der Mitbeteiligte wäre gehalten gewesen, den Wechsel des Standortes der Gewerbeausübung von T in das Stadtgebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde anzuzeigen. Ergänzend führte die Berufungsbehörde aus, dass ein Großteil der Kunden der U-GesmbH Zulassungsbesitzer und Lenker "diverser Fahrzeuge" seien. Auch Gewerbetreibende und Hausbesitzer, welche sich nach seiner Beratung zu den verschiedensten Sachversicherungen entschlössen, zählten typischerweise zu den Kunden des Versicherungsmaklers. Dienstliches Einschreiten des Mitbeteiligten gegen solche Personen sei insbesondere im Zuge einer Überwachung der Kurzparkzonen oder der Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen mit dem Radarwagen, während des Einschreitens gegen Gewerbetreibende wegen Verursachung unzulässiger Immissionen (z.B. Lärm, Geruch, etc.) oder aus Anlass der Überprüfung und Beanstandung von Hauseigentümern wegen Unterlassung der ihnen obliegenden Reinigung von Gehsteigen bzw. Schneeräumung und Glatteisbekämpfung erforderlich, sodass der Mitbeteiligte zwangsläufig bei Ausübung seiner Nebenbeschäftigung in Kontakt mit Personen komme, gegenüber denen auch ein dienstliches Einschreiten notwendig sein könne. Dies könne aber seine volle Unbefangenheit im Dienst beeinträchtigen.

Darüber hinaus setzte sich die Berufungsbehörde mit weiteren vom Mitbeteiligten in seiner Berufung vorgebrachten Argumenten auseinander, wobei insbesondere jene Vorfälle näher erörtert wurden, auf Grund denen die Berufungsbehörde annahm, der Mitbeteiligte entfalte auch tatsächlich eine Tätigkeit im Rahmen der U-GesmbH.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 2008 wurde der Vorstellung des Mitbeteiligten Folge gegeben, der Berufungsbescheid vom 30. Jänner 2008 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Gemeinde verwiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der angewendeten Gesetzesbestimmungen Folgendes aus (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof;

Hervorhebungen im Original):

"Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, dass die Untersagung durch den erstinstanzlichen Bescheid im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Nebenbeschäftigung durch die Verlegung des Unternehmenssitzes von T nach B ihrer Natur nach die volle Unbefangenheit im Dienst beeinträchtigen kann und die Nebenbeschäftigung die Erfüllung des Dienstes beeinträchtigt, da sie die für den Dienst notwendige Leistungsfähigkeit vermindert. Der erstinstanzliche Bescheid enthält aber keine derartige Begründung, weil die Nebenbeschäftigung an sich - also unabhängig vom Standort - untersagt wurde.

Im angefochtenen Bescheid selbst wird nicht begründet, weshalb die Betreibung der Nebenbeschäftigung mit Sitz in der Stadtgemeinde B die Vermutung der Befangenheit auslösen könnte und die Betreibung derselben Nebenbeschäftigung mit Sitz außerhalb der Stadtgemeinde B dies nicht vermag. Es wäre die Frage zu klären gewesen, ob die ausgeübte Nebenbeschäftigung mit Sitz in B zwangsläufig zu einer Überschneidung mit den Dienstpflichten des Vorstellungswerbers führen kann, welche geeignet ist, Zweifel an der Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Amtsführung zu begründen und damit das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zu schädigen und weshalb ein Sitz außerhalb des Gemeindegebietes der Stadtgemeinde B dies nicht zutrifft.

Die bescheidmäßige Untersagung der Nebenbeschäftigung hätte aber aus ganz anderen Gründen nicht erfolgen dürfen: Der Vorstellungswerber bringt nämlich unter Hinweis auf die Judikatur des VwGH zu § 56 BDG 1979 vor, dass die Untersagung einer Nebenbeschäftigung mittels Bescheid unzulässig sei, weil die Dienstbehörde zur Frage der Zulässigkeit einer Nebenbeschäftigung ein Disziplinarverfahren zu veranlassen habe und ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf deshalb nicht in Betracht komme.

Im Gegensatz zu den Bestimmungen des § 56 BDG 1979 ist im § 31 Abs. 2 GBDO ausdrücklich vorgesehen, dass die Untersagung einer Nebenbeschäftigung durch Bescheid zu erfolgen hat. § 31 GBDO enthält eine gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung von Untersagungsbescheiden, weshalb es einer Umdeutung in einen Feststellungsbescheid (vgl. VwGH 15.11.2006 Zl. 2006/12/0072) nicht bedarf. Dadurch werden dem Beamten das Risiko einer unrichtigen Einschätzung und deren Folgen bei Aufnahme einer angezeigten Nebenbeschäftigung genommen. Jedoch ist eine bescheidmäßige Untersagung nur im Rahmen der engen Grenzen des § 31 Abs. 2 GBDO vorzunehmen. § 31 Abs. 2 erster Satz GBDO normiert eine Anzeigepflicht des Gemeindebeamten an den Bürgermeister vor Aufnahme einer erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung und stellt klar, dass eine ausdrückliche Bewilligung zur Übernahme einer Nebenbeschäftigung nicht erforderlich ist. Die Untersagung einer Nebenbeschäftigung hat gemäß § 31 Abs. 2 zweiter Satz GBDO durch Bescheid des Bürgermeisters zu erfolgen, wenn sie nach § 31 Abs. 1 GBDO unstatthaft ist. Die bescheidmäßige Untersagung einer unstatthaften Nebenbeschäftigung betrifft nach der Systematik aber nur jene Fälle, in denen eine Anzeige vor Aufnahme der Nebenbeschäftigung erfolgt ist. Für eine bescheidmäßige Untersagung einer bereits aufgenommenen Nebenbeschäftigung ist - ebenso wie nach § 56 BDG 1979 - kein Raum. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen (vgl. VwGH 21.9.2005, Zlen. 2002/12/0253, 2003/12/0026, 2003/12/0176 und 2003/12/0200), dass die Erlassung eines Feststellungsbescheides als subsidiärer Rechtsbehelf nach Aufnahme der Nebenbeschäftigung nicht mehr zulässig ist. Die Frage der Unzulässigkeit einer bereits ausgeübten Nebenbeschäftigung ist nicht durch die Dienstbehörde, sondern in einem von ihr angestrengten Disziplinarverfahren zu klären. Ein derartiges Disziplinarverfahren ist bereits anhängig. Durch die gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung eines Untersagungsbescheides vor Aufnahme der Nebenbeschäftigung ist hier aber einzuschränken, dass die Frage der Unzulässigkeit einer bereits ausgeübten Nebenbeschäftigung nur jene Fälle betreffen kann, in denen entweder die Anzeigepflicht nicht eingehalten wurde oder die Umstände einer angezeigten Nebenbeschäftigung sich derart ändern, dass die Untersagungstatbestände nach § 31 Abs. 1 GBDO erfüllt werden. Der Bestimmung des § 31 Abs. 1 GBDO kommt im letzteren Fall insofern erhebliche Bedeutung zu, weil dann der Beamte anhand der geänderten Umstände aus eigenem zu beurteilen hat, ob die (ursprünglich zulässige und nicht untersagte) Nebenbeschäftigung nicht zu einer unzulässigen wird.

...

Ob der Vorstellungswerber eine Meldepflicht verletzt oder während des Krankenstandes eine genesungsschädliches Verhalten gesetzt oder sonst eine Dienstpflichtverletzung begangen hat, ist ebenso Gegenstand des Disziplinarverfahrens und daher nicht im Vorstellungsverfahren zu klären."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in welcher gleichfalls die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 31 Abs. 1 und 2 GBDO, die wiedergegebenen Teile in der Stammfassung der Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 2400-0, lautet (auszugsweise):

"§ 31

Nebenbeschäftigung

(1) Eine Nebenbeschäftigung, die der genauen Erfüllung des Dienstes Abbruch tut, ihrer Natur nach die volle Unbefangenheit im Dienst beeinträchtigen kann oder dem Anstande und der Würde eines Gemeindebeamten nicht entspricht, ist untersagt.

(2) Eine ausdrückliche Bewilligung ist zur Übernahme einer Nebenbeschäftigung nicht erforderlich, doch ist der Gemeindebeamte verpflichtet, jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung vorher dem Bürgermeister - in Städten mit eigenem Statut dem Magistrat - anzuzeigen. Dieser hat die Nebenbeschäftigung durch Bescheid zu untersagen, wenn sie nach Abs. 1 unstatthaft ist.

..."

Gemäß § 61 Abs. 4 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000, hat die Aufsichtsbehörde den mit Vorstellung zulässigerweise angefochtenen Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

Mit dem angefochtenen Vorstellungsbescheid hat die belangte Behörde der beschwerdeführenden Stadtgemeinde als tragenden Aufhebungsgrund die Rechtsauffassung überbunden, dass die Erlassung eines Untersagungsbescheides nach § 31 Abs. 2 zweiter Satz GBDO vorliegendenfalls unzulässig sei, weil - unabhängig davon, ob der Mitbeteiligte eine Anzeigepflicht verletzt habe oder nicht - kein dieser Gesetzesbestimmung zu subsumierender Sachverhalt vorliege.

Die beschwerdeführende Stadtgemeinde bekämpft vor dem Verwaltungsgerichtshof diese ihr überbundene Rechtsauffassung der belangten Behörde, wobei sie die Meinung vertritt, schon aus dem klaren Wortlaut des § 31 Abs. 2 zweiter Satz GBDO, welche insofern keine Einschränkungen enthalte, ergebe sich eine generelle Ermächtigung der Dienstbehörde zur Untersagung von nach § 31 Abs. 1 GBDO unzulässigen Nebenbeschäftigungen, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob eine solche Nebenbeschäftigung vor ihrer Aufnahme gemäß § 31 Abs. 2 erster Satz GBDO angezeigt wurde bzw. ob eine (für die Zulässigkeit relevante) Änderung von Umständen in der Ausübung einer angezeigten Nebenbeschäftigung eingetreten ist und diese angezeigt wurde. Jede andere Auslegung führte zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis, zumal dann Beamte, die ihre Anzeigepflicht nach dem ersten Satz des § 31 Abs. 2 GBDO verletzten, besser gestellt würden als solche, die dieser Anzeigepflicht nachgekommen seien.

Dem ist Folgendes zu erwidern:

Anders als die beschwerdeführende Stadtgemeinde meint, erzwingt der Wortlaut des zweiten Satzes des § 31 Abs. 2 GBDO für sich genommen noch nicht das von der Beschwerde angestrebte Auslegungsergebnis. Insbesondere die dort erfolgte Verwendung des bestimmten Artikels "die", ließe durchaus auch eine Auslegung zu, wonach sich der zweite Satz des § 31 Abs. 2 GBDO (nur) auf den im ersten Satz leg. cit. geregelten Fall einer angezeigten erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung beziehen könnte. Freilich ist auch dieses Auslegungsergebnis nicht zwingend; mit der Wortfolge "die Nebenbeschäftigung" in § 31 Abs. 2 zweiter Satz GBDO könnte ebenso gut jede Nebenbeschäftigung gemeint sein. Freilich könnte, wofür manches spricht, die Verwendung des bestimmten Artikels im zweiten Satz des § 31 Abs. 2 GBDO auch dadurch erklärt werden, dass sie sich nur insofern auf den ersten Satz bezieht, als damit eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung gemeint ist, welche aber nicht notwendigerweise angezeigt sein muss.

Zur Frage, ob der von der belangten Behörde gewählten Auslegungsvariante der Vorzug zu geben ist (ob im Übrigen die eben zweit- oder drittgenannte Variante zutrifft, ist für die Lösung des hier vorliegenden Falles ohne Belang), ist aber insbesondere Folgendes mitzubedenken:

§ 31 Abs. 1 GBDO untersagt schlechthin jede Nebenbeschäftigung, die der genauen Erfüllung des Dienstes Abbruch tut, ihrer Natur nach die volle Unbefangenheit im Dienst beeinträchtigen kann oder dem Anstande und der Würde eines Gemeindebeamten nicht entspricht. Diese Anordnung gilt insbesondere auch dann, wenn der Beamte eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung anzeigt und eine (umgehende) Untersagung durch die Dienstbehörde nicht erfolgt, weil das Regelungssystem des § 31 GBDO keine Rechtsfolgen an die Unterlassung der umgehenden Erlassung eines Untersagungsbescheides (etwa im Sinne einer dann eintretenden Genehmigungsfiktion) knüpft (vgl. in diesem Sinne auch das zur vergleichbaren Bestimmung des § 23 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 30/1957 idF LGBl. Nr. 49/1969, ergangene hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1977, Zl. 2779/76). Damit kann aber die Schaffung von Rechtssicherheit für den Beamten nicht als vorrangiger Regelungszweck des § 31 Abs. 2 GBDO angesehen werden, da ja die Nichterlassung eines Untersagungsbescheides gerade keine Feststellungswirkung in Richtung einer Zulässigkeit der Nebenbeschäftigung entfaltet. Daher ist der vorliegende Fall schon von der anzuwendenden Rechtslage her nicht mit jenen Fällen vergleichbar, die den von der belangten Behörde ins Treffen geführten Erkenntnissen zur Bundesrechtslage (gemäß § 56 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der Fassung vor der Dienstrechts-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 53) zu Grunde lagen.

Vorrangiger Regelungszweck des § 31 Abs. 2 zweiter Satz GBDO ist es daher, der Gemeinde auch außerhalb der Durchführung eines Disziplinarverfahrens ein Mittel zur Hintanhaltung unzulässiger (allenfalls nur erwerbsmäßiger) Nebenbeschäftigungen zur Verfügung zu stellen. Ausgehend von diesem vorrangigen Regelungszweck der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung erschiene aber - soweit dies im Beschwerdefall von Interesse ist - ein Auslegungsergebnis inkonsequent, wonach diese Handhabe der Gemeinde gerade dann nicht zur Verfügung stehen sollte, wenn ein Beamter die unzulässige erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unter Verletzung der Anzeigepflicht des ersten Satzes des § 31 Abs. 2 GBDO bereits aufgenommen hat. Da - wie oben dargelegt - die nicht umgehende Erlassung eines Untersagungsbescheides in Ansehung einer ursprünglich gemeldeten erwerbsmäßigen Nebenbeschäftigung keine Genehmigungsfiktion bzw. auch keine Unzulässigkeit der späteren Erlassung eines solchen Bescheides nach sich zieht, steht auch der Eintritt von Änderungen in der Art der Ausübung einer solchen Nebenbeschäftigung (und zwar unabhängig davon, ob sie anzeigepflichtig sind und ob sie tatsächlich angezeigt wurden) ihrer Untersagung in der gegenüber der ursprünglichen Anmeldung modifizierten Form nicht entgegen.

Indem die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage der beschwerdeführenden Stadtgemeinde eine gegenteilige Rechtsansicht überband, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass er schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Für das fortgesetzte Verfahren ist darüber hinaus auszuführen, dass die von der belangten Behörde eingangs der rechtlichen Beurteilung ihres Bescheides geübte Kritik an der Begründung des Berufungsbescheides der beschwerdeführenden Stadtgemeinde für sich genommen ebenso wenig eine Aufhebung des mit Vorstellung angefochtenen Berufungsbescheides tragen könnte. Ein Begründungsmangel des Berufungsbescheides könnte nämlich nur dann zu einer Rechtsverletzung des Mitbeteiligten als Vorstellungswerber geführt haben, wenn ihm Relevanz zugekommen wäre, also wenn hiedurch die Vorstellungsbehörde an der Überprüfung des Berufungsbescheides oder der Vorstellungswerber an der Verfolgung seiner Rechte vor der Vorstellungsbehörde gehindert gewesen wäre.

Der von der belangten Behörde der Berufungsbehörde gemachte Vorwurf, sie habe zwar die erstinstanzliche Bescheidbegründung übernommen, aber keine hinreichende Begründung dafür geliefert, weshalb eine Einschränkung auf das Gemeindegebiet der mitbeteiligten Stadtgemeinde erfolgt sei, vermag ohne nähere Begründung jedenfalls keine Rechtsverletzung des Mitbeteiligten als Vorstellungswerber durch den Berufungsbescheid aufzuzeigen. Wären nämlich - wozu der Vorstellungsbescheid keine begründeten Ausführungen enthält - die von der erstinstanzlichen Dienstbehörde und von der Berufungsbehörde getroffenen Tatsachenfeststellungen mängelfrei und geeignet, die Unzulässigkeit der Nebenbeschäftigung im Verständnis des § 31 Abs. 1 GBDO, sei es eingeschränkt auf das Stadtgebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde, sei es ohne eine solche Einschränkung, zu begründen, wäre der Vorstellungswerber nicht in Rechten verletzt gewesen. Schon deshalb hätte sich die Vorstellungsbehörde näher mit der Frage auseinander zu setzen gehabt, ob die von den Gemeindebehörden getroffenen Feststellungen zum einen mängelfrei sind und ob sie zum anderen für die Untersagung der Nebenbeschäftigung ausreichend sind. Im Falle von Feststellungsmängeln wäre in einem aufhebenden Vorstellungsbescheid darzulegen, welche ergänzenden Ermittlungen und Feststellungen die Gemeindebehörden nachzutragen hätten.

Hingewiesen wird aber jedenfalls darauf, dass eine Untersagung einer "Nebenbeschäftigung" als "Mehrheitsgesellschafter" nicht erfolgen durfte, weil die Stellung als Mehrheitsgesellschafter die bloße Innehabung von Vermögenswerten darstellt und daher für sich genommen keine Nebenbeschäftigung darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/12/0095, sowie vom 21. September 2005, Zl. 2003/12/0200).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 2. Juli 2009

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