VwGH 2008/08/0100

VwGH2008/08/010018.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde 1. der Dr. MM,

2. des EM, 3. der LM und 4. des MM, alle in L, alle vertreten durch Dr. Petra Patzelt, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Platzl 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. März 2008, Zl. MA 40 - SR-2-4410/07, betreffend Herstellung des gesetzlichen Zustandes gemäß § 101 ASVG (mitbeteiligte Partei:

Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifter Straße 65-67), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §203;
ASVG §363;
ASVG §86 Abs4;
ASVG §203;
ASVG §363;
ASVG §86 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) vom 17. Juli 1989 wurde der Antrag des Dr. W.M. vom 18. Mai 1989 auf Gewährung von Leistungen der BVA aus Anlass seiner Hepatitis Non A-Non B gemäß "§§ 88 ff" B-KUVG mangels Vorliegens einer Berufskrankheit abgelehnt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, Dr. W.M. habe sich in der Zeit vom Juli bis September 1988 im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit beim Institut für Botanik und Botanischer Garten der Universität Wien in Peru aufgehalten. Ende Oktober seien Symptome einer Hepatitis aufgetreten, welche dann im Dezember 1988 zum Ausbruch gekommen sei und an deren Folgen Dr. W.M. noch immer leide. Es handle sich dabei um eine Infektionskrankheit (gemeint: iSd Nr. 38 der Anlage 1 zum ASVG). Infektionskrankheiten gälten nur als Berufskrankheiten, wenn sie in näher genannten Anstalten erworben würden. Da die Krankheit des Dr. W.M. nicht durch eine Tätigkeit in einer solchen Anstalt, sondern während einer dienstlichen Forschungsreise als Botaniker verursacht worden sei, sei die Anerkennung als Berufskrankheit abzulehnen. Leistungen aus der Unfallversicherung könnten nicht gewährt werden.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 1999 stellte Dr. W.M. bei der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt einen Antrag auf Versehrtenrente. Er legte dar, in der Zeit von ca. 1973 bis 1974 habe er bei der S. GmbH in Wien wiederholt Blutplasma gespendet. In der Folge sei bei ihm eine Hepatitis C-Erkrankung mit chronischem Verlauf diagnostiziert worden. Diese könne nur in kausalem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Plasmaspender stehen.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2001 anerkannte die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt die Erkrankung, die sich Dr. W.M. bei der S. GmbH zugezogen habe, "gemäß" 176 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 176 Abs. 2 und § 177 Abs. 1 ASVG Anlage 1 Nr. 38" als Berufskrankheit. Als Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles gelte gemäß § 174 Z. 2 ASVG der 2. Februar 1989. Ferner wurden die Bemessungsgrundlage und die gebührenden Leistungen festgestellt. Für die Zeit vom 3. Februar 1989 bis 13. Oktober 1999 gebühre keine Rente. Die Versehrtenrente wurde ab 14. Oktober 1999 auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 % als Dauerrente gewährt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, Leistungen aus der Unfallversicherung fielen, wenn innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles weder der Anspruch von Amts wegen festgestellt werde noch ein Antrag auf Feststellung des Anspruches gestellt werde, mit dem Tag der Einleitung des Verfahrens an, das zur Feststellung des Anspruches führe. Werde eine Berufskrankheitsanzeige innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles erstattet, so gelte der Zeitpunkt des Einlangens der Berufskrankheitsanzeige beim Versicherungsträger als Tag der Einleitung des Verfahrens, wenn dem Versicherten zum Zeitpunkt der späteren Antragstellung oder Einleitung des Verfahrens noch ein Anspruch auf Rentenleistung zustehe. Da der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt eine Berufskrankheitsanzeige innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles nicht zugegangen sei, fielen die Leistungen mit dem Tag der Antragstellung, das sei der 14. Oktober 1999, an.

Mit Schreiben vom 8. November 2006, eingelangt bei der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt am 10. November 2006, beantragte Dr. W.M. die Zuerkennung einer Rente auch für die Zeit vom 6. Juni 1989 bis 13. Oktober 1999. Die Berufskrankheit sei am 6. Juni 1989 angezeigt worden.

In einem Schreiben vom 28. November 2006 legte Dr. W.M. dar, er habe die Berufskrankheitsanzeige mit dem entsprechenden Formular am 6. Juni 1989 gemäß einer schriftlichen Information der Universität Wien vom 1. Juni 1989 an die BVA geschickt. Es sei daher nicht richtig, dass innerhalb von zwei Jahren keine Berufskrankheitsanzeige gemacht worden sei.

Mit Bescheid der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt vom 25. Jänner 2007 wurde der Antrag des Dr. W.M. vom 10. November 2006 auf Gewährung einer Versehrtenrente für die Zeit vom 6. Juni 1989 bis 13. Oktober 1999 als Antrag auf Herstellung des gesetzlichen Zustandes gemäß § 101 ASVG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 86 Abs. 4 ASVG fielen Leistungen aus der Unfallversicherung, wenn innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles weder der Anspruch von Amts wegen festgestellt noch ein Antrag auf Feststellung des Anspruches gestellt werde, mit dem Tag der Einleitung des Verfahrens an, das zur Feststellung des Antrages führe. Werde eine Berufskrankheitsanzeige innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles erstattet, so gelte der Zeitpunkt des Einlangens der Berufskrankheitsanzeige beim Unfallversicherungsträger als Tag der Einleitung des Verfahrens, wenn dem Versicherten zum Zeitpunkt der späteren Antragstellung oder Einleitung des Verfahrens noch ein Anspruch auf Rentenleistung zustehe. Im gegenständlichen Fall sei der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt die Erkrankung des Dr. W.M. infolge einer Blutplasmaspende erstmals am 14. Oktober 1999 gemeldet worden. Die Meldung einer Berufskrankheit vom 6. Juni 1989 an die BVA habe eine Infektionskrankheit (Heptatitis Non A-Non B) betroffen, die sich Dr. W.M. im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit beim Institut für Botanik und Botanischer Garten der Universität Wien in Peru zugezogen habe. Dieser Antrag sei von der BVA mit Bescheid vom 17. Juli 1989 mangels Vorliegens einer Berufskrankheit abgelehnt worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Die erstmalige Meldung der Erkrankung, die sich Dr. W.M. als Plasmaspender zugezogen habe, bei der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt sei am 14. Oktober 1999 erfolgt. Der Leistungsbeginn mit diesem Datum sei daher korrekt.

Gegen diesen Bescheid erhob Dr. W.M. Einspruch. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich um ein und dieselbe Krankheit handle, lediglich der Begriff der "Hepatitis C-Erkrankung" sei 1989 noch nicht bekannt gewesen. Die als Versicherungsfall mit 2. Februar 1989 anerkannte Berufskrankheit sei nicht erst am 14. Oktober 1999 gemeldet worden, sondern bereits am 6. Juni 1989. Es wäre daher eine Versehrtenrente für die Zeit vom 6. Juni 1989 bis 14. Oktober 1999 zuzuerkennen.

Wie sich aus der Aktenlage ergibt, ist Dr. W.M. am 12. März 2007 verstorben. Die Beschwerdeführer (Ehegattin und Kinder des Beschwerdeführers) sind in das Verfahren eingetreten.

In einer Stellungnahme vom 7. Mai 2007 legten die Beschwerdeführer dar, dass Dr. W.M. mit 6. Juni 1989 die bei der S. GmbH erworbene Hepatitis ordnungsgemäß an die BVA gemeldet habe. Es handle sich dabei um ein und dieselbe Krankheit, die damals lediglich noch als Hepatitis Non A-Non B bezeichnet worden sei. Ein weiterer Irrtum seitens der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt liege insofern vor, als sie vermeine, Dr. W.M. habe die Krankheit bei Arbeiten in Peru erworben. Das sei im Jahr 1989, nach dem Ausbruch der Krankheit, lediglich eine Vermutung gewesen, nachdem man die Krankheit sonst mit nichts habe in Verbindung bringen können und nachdem die S. GmbH noch sehr lange ihr Verschulden zu vertuschen gesucht habe. Dass als Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles gemäß § 174 Z. 2 ASVG der 2. Februar 1989 festgestellt worden sei, zeige, dass auch die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt die Erkrankung des Dr. W.M. im Jahr 1989 rückwirkend als Hepatitis C erkannt und anerkannt habe. Der Irrtum, der eine Herstellung des gesetzlichen Zustandes im Sinne des § 101 ASVG rechtfertige, sei daher der, dass man im Jahr 1989 bei der Meldung der Berufskrankheit unrichtigerweise vermutet habe, Dr. W.M. hätte sich diese Krankheit in Peru zugezogen. Tatsächlich habe er sich die Krankheit bei einer freiwilligen Plasmaspende zugezogen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Einspruch gegen jenen Teil des Bescheides der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt vom 25. Jänner 2007, mit dem der Antrag vom 8. November 2006 auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes gemäß § 101 ASVG hinsichtlich des Leistungsbescheides der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt vom 19. Juni 2001 abgewiesen worden ist, als unbegründet abgewiesen. Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, Gegenstand des Verfahrens sei ausschließlich die Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes gemäß § 101 ASVG hinsichtlich des Leistungsbescheides der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt vom 19. Juni 2001 vorlägen. Es sei zu prüfen, ob der Entscheidung der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt vom 19. Juni 2001 ein wesentlicher Irrtum über den Sachverhalt oder ein offenkundiges Versehen zugrunde gelegen sei. Für den Bescheid vom 17. Juli 1989 sei die BVA zuständig gewesen, weil Dr. W.M. zum damaligen Zeitpunkt bei dieser Versicherungsanstalt unfallversichert gewesen sei. Ferner führte die belangte Behörde aus, gemäß § 361 Abs. 4 ASVG seien Anträge auf Leistungen bei dem örtlich und sachlich zuständigen Versicherungsträger einzubringen. Am 6. Juni 1989 sei aber die BVA und nicht die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt der für Dr. W.M. zuständige Unfallversicherungsträger gewesen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass sich die BVA hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Berufskrankheit geirrt haben sollte, rechtfertigte dies nicht eine Änderung des Bescheides der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt vom 19. Juni 2001, da es sich hier um einen anderen Unfallversicherungsträger handle. Da der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt bei der Erlassung des Bescheides vom 19. Juni 2001 somit kein wesentlicher Irrtum über den Sachverhalt oder ein offenkundiges Versehen unterlaufen sei, wenn sie im Sinne des § 86 Abs. 4 ASVG die Versehrtenrente erst mit dem Tag der späteren Antragstellung zuerkannt habe, könne § 101 ASVG im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt, eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 101 ASVG (gleichlautend § 42 B-KUVG) ist, wenn sich nachträglich ergibt, dass eine Geldleistung bescheidmäßig infolge eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens zu Unrecht abgelehnt, entzogen, eingestellt, zu niedrig bemessen oder zum Ruhen gebracht wurde, mit Wirkung vom Tage der Auswirkung des Irrtums oder Versehens der gesetzliche Zustand herzustellen.

Gemäß § 86 Abs. 4 ASVG fallen Leistungen aus der Unfallversicherung, wenn innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles weder der Anspruch von Amts wegen festgestellt noch ein Antrag auf Feststellung des Anspruches gestellt wurde, mit dem Tag der späteren Antragstellung bzw. mit dem Tag der Einleitung des Verfahrens an, das zur Feststellung des Anspruches führt. Wird eine Unfallmeldung innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles erstattet, so gilt der Zeitpunkt des Einlangens der Unfallmeldung beim Unfallversicherungsträger als Tag der Einleitung des Verfahrens, wenn dem Versicherten zum Zeitpunkt der späteren Antragstellung oder Einleitung des Verfahrens noch ein Anspruch auf Rentenleistung zusteht.

Gemäß § 176 Abs. 1 Z. 2 ASVG sind den Arbeitsunfällen u.a. Unfälle gleichgestellt, die sich bei der Heranziehung zu Blutspenden ereignen, wenn keine besondere rechtliche Verpflichtung zu diesen Leistungen besteht. Wird durch eine im § 176 Abs. 1 ASVG angeführte Tätigkeit eine in der Anlage 1 zum ASVG bezeichnete Krankheit verursacht, so ist sie gemäß § 176 Abs. 2 ASVG unter den dort angeführten Voraussetzungen den Berufskrankheiten (§ 177 ASVG) gleichzustellen.

Die Entscheidung, ob gemäß § 101 ASVG der gesetzliche Zustand wegen eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens herzustellen ist, ist eine Verwaltungssache, die Herstellung dieses Zustandes selbst hingegen eine Leistungssache. Demgemäß hat sich der mit Einspruch angerufene Landeshauptmann auf die Frage der Zulässigkeit der Herstellung des gesetzlichen Zustandes zu beschränken und dem Sozialversicherungsträger gegebenenfalls die Herstellung, das heißt die Erlassung eines neuen Leistungsbescheides, aufzutragen. Ein den Auftrag zur Herstellung des gesetzlichen Zustandes aussprechender Bescheid der Einspruchsbehörde beseitigt den abzuändernden Leistungsbescheid (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2006, Zl. 2005/08/0034, mwN).

Gegenstand des hier vorliegenden Verfahrens ist lediglich, ob § 101 ASVG hinsichtlich des Bescheides der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt vom 19. Juni 2001 insoweit zur Anwendung gelangt, als mit diesem Bescheid ausgesprochen wurde, dass Dr. W.M. vom 3. Februar 1989 bis 13. Oktober 1999 keine Rente zustehe.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde steht einer Herstellung des gesetzlichen Zustandes gemäß § 101 ASVG nicht etwa schon der Umstand entgegen, dass die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt vor 1999 für die Zuerkennung einer Rentenleistung nicht zuständig gewesen wäre. Die Durchführung der Versicherung nach § 176 Abs. 1 Z. 2 ASVG oblag nämlich - soweit nicht die in § 28 Z. 2 und 3 ASVG genannten Träger in Betracht kommen (wozu die BVA nicht zählt) - gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 ASVG stets der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt.

Der Leistungsbeginn richtet sich bei Rentenleistungen aus der Unfallversicherung nach dem ASVG ausschließlich nach § 86 Abs. 4 ASVG, d.h. die Leistung beginnt mit dem Tag des Versicherungsfalles, wenn der Unfallversicherungsträger innerhalb von zwei Jahren nach dessen Eintritt die Leistung feststellt oder ein Antrag gestellt wird. Wurden innerhalb der zweijährigen Frist nur Verfahren eingeleitet, die nicht zur Anspruchsfeststellung geführt haben (wie z.B. zu einer Mitteilung, ein Anspruch bestehe nicht, die unbekämpft blieb ohne dass ein Antrag auf bescheidmäßige Erledigung gestellt wurde), dann fallen die Leistungen der Unfallversicherung erst mit der (späteren) tatsächlichen Antragstellung an (OGH SSV-NF 2/25). Bei (auch) amtswegig zu erbringenden Leistungen entsteht die Leistungspflicht (Entscheidungspflicht) des Versicherungsträgers zwar bereits in dem Zeitpunkt, in dem alle materiellen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind, jedoch nur dann, wenn der Versicherungsträger diese kennt (Tomandl, Grundriss des österreichischen Sozialrechts,

4. Auflage, Rz 65; Schrammel in Tomandl, SV-System 5. ErgLfg 146). Diese Kenntnis kann der Versicherungsträger auf verschiedene Weise bekommen. In Frage kommen Meldungen der Leistungsempfänger, Unfallanzeigen der Dienstgeber, Anzeigen von Berufskrankheiten durch Ärzte, Anträge der Leistungsempfänger etc. Diese Meldungen, Anzeigen und Anträge sind jedoch bei von Amts wegen zu erbringenden Leistungen keine selbständigen formellen Leistungsvoraussetzungen, da die bloße Kenntnis der materiellen Voraussetzungen für das Tätigwerden des Versicherungsträgers genügt und es nicht darauf ankommt, wie er diese Kenntnis erlangt hat (Schrammel in Tomandl, aaO). Im Hinblick auf dieses Amtswegigkeitsprinzip ist nicht nur eine formelle Unfallanzeige iS des § 363 ASVG, sondern z.B. auch ein von der Chirurgischen Ambulanz eines allgemeinen öffentlichen Krankenhauses an den Unfallversicherungsträger erstatteter "Erstbericht Arbeitsunfall" als (materielle) Unfallanzeige iS des § 86 Abs. 4 Satz 2 ASVG anzusehen (OGH 26. April 1994, 10 ObS 83/94, unter Hinweis auf OGH 15. Februar 1994, 10 ObS 263/93). Unter Unfallanzeigen im Sinne des § 86 Abs. 4 ASVG sind daher nicht nur die Unfallanzeigen nach § 363 Abs. 1 ASVG, sondern alle Mitteilungen zu verstehen, die den Unfallversicherungsträger in die Lage versetzen, ein Feststellungsverfahren einzuleiten) vgl. zuletzt OGH 6. Mai 2008, 10 ObS 42/08m).

Bei einer späteren Antragstellung (d.h. nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Versicherungsfall) kommt es - zufolge des materiellrechtlichen Charakters der Frist - auf die Gründe der späteren Antragstellung nicht an. Die Rechtsfolge einer verspäteten Antragstellung besteht jedoch - freilich nur im Fall einer ausreichenden Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 v.H. - nicht im gänzlichen Verlust eines Rentenanspruchs, sondern lediglich im späteren Leistungsbeginn, also im Verlust des Rentenanspruchs für den davor liegenden Zeitraum (vgl. zuletzt OGH 27. November 2007, 10 ObS 151/07i).

Im Beschwerdefall ereignete sich das die Berufskrankheit Hepatitis C auslösende Blutspenden nach dem eigenen Vorbringen des Dr. W.M. im Zeitraum 1973 bis 1974, also nach dem Inkrafttreten des § 176 Abs. 2 ASVG in der Fassung der 29. Novelle zum ASVG mit 1. Jänner 1973. Der Versicherungsfall gilt bei Berufskrankheiten (und um eine solche handelt es sich gemäß § 176 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 2 ASVG auch dann, wenn eine Infektionskrankheit beim Blutspenden übertragen wurde) erst mit dem Beginn der Krankheit oder, wenn es für den Versicherten günstiger ist, mit dem Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit als eingetreten.

Nach der Aktenlage machten sich bei Dr. W.M. Ende Oktober 1988 Symptome einer Hepatitis bemerkbar, die dann im Dezember 1988 zum Ausbruch kam. Der seinerzeit an die BVA gerichtete Antrag auf Leistungen für eine Berufskrankheit vom 18. Mai 1989 ist von der BVA bescheidmäßig abgewiesen worden. Dabei hat es Dr. W.M. in der Folge - aus welchen Gründen immer - bewenden lassen und hat erst etwa zehn Jahre später, am 12. Oktober 1999, einen Leistungsantrag bei der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt gestellt. Es ist daher auszuschließen, dass innerhalb von zwei Jahren ab Eintritt des Versicherungsfalles im Jahre 1988 die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt Kenntnis von dem Umstand erlangt hat, dass der Beschwerdeführer an Hepatitis leidet, geschweige denn davon, dass diese Krankheit auf ein Ereignis im Sinne des § 176 Abs. 1 Z. 2 ASVG zurückzuführen war (mit der Rechtsfolge, dass sie unabhängig von den besonderen Voraussetzungen, die in Nr. 38 der Anlage 1 zum ASVG für die Anerkennung von Infektionskrankheiten als Berufskrankheiten normiert sind, gemäß § 176 Abs. 2 ASVG als Berufskrankheit gilt).

Der Antrag des Dr. W.M. vom 18. Mai 1989 hätte von der BVA gemäß § 357 Abs. 1 ASVG in Verbindung mit § 6 AVG und § 361 Abs. 4 ASVG an die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt übermittelt werden müssen. Dadurch, dass dieser Antrag nicht weitergeleitet, sondern mit Bescheid der BVA vom 17. Juli 1989 (rechtskräftig) abgewiesen worden ist, konnte er aber unabhängig davon jedenfalls im Verfahren, das mit Bescheid der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt vom 19. Juni 2001 abgeschlossen worden ist, nicht als offener, am 18. Mai 1989 rechtswirksam eingebrachter Antrag (§ 361 Abs. 4 3. Satz ASVG) angesehen werden. Ein Antrag nach § 42 B-KUVG an die BVA wurde bisher nicht gestellt.

Schon aus diesen Gründen kommt ein Irrtum der mitbeteiligten Unfallversicherungsanstalt hinsichtlich des Leistungsbeginns der mit Bescheid vom 19. Juni 2001 ab 14. Oktober 1999 zuerkannten Rentenleistung nicht in Betracht, sodass nicht weiter darauf eingegangen werden muss, ob die sonstigen Voraussetzungen für die Herstellung des gesetzlichen Zustandes im Sinne des § 101 ASVG vorlägen.

Ist beim Tode des Anspruchswerbers oder Anspruchsberechtigten das Verfahren noch nicht abgeschlossen, so sind gemäß § 408 ASVG zur Fortsetzung des Verfahrens nacheinander der Ehegatte, die leiblichen Kinder, die Wahlkinder, die Stiefkinder, die Eltern, die Geschwister (unter näheren Voraussetzungen) berechtigt. Die genannten Personen kommen nur nacheinander in Frage, sodass die Kinder des Dr. W.M. (die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer) nicht fortsetzungsberechtigt sind, wenn es, wie hier, eine fortsetzungsberechtigte Ehegattin gibt.

Die belangte Behörde hätte daher die Anträge der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer zurückweisen müssen. Dadurch, dass sie sie abgewiesen hat, sind die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer jedoch in keinem Recht verletzt worden, da sie für den Fall eines späteren Eintrittes das Verfahren in dem gegebenen Verfahrensstand übernehmen müssen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. November 2009

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