VwGH 2008/03/0137

VwGH2008/03/013725.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der A in G, vertreten durch Mag. Martin Dohnal, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24/13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 31. Juli 2008, Zl BMVIT- 53.536/0002-II/L1/2008, betreffend Zurückweisung von Berufungen in einer Luftverkehrsangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §42 Abs2 Z1;
ZustG §37 idF 2008/I/005;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZustG §37 idF 2008/I/005;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid vom 13. März 2008 setzte die Austro Control GmbH die Genehmigung der A als "Continuing Airworthiness Management Organisation" (CAMO) gemäß der Verordnung (EG) Nr 2042/2003 von Amts wegen aus. Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen dahingehend, dass von dem genannten Unternehmen wesentliche Voraussetzungen gemäß der Verordnung (EG) Nr 2042/2003 nicht mehr erfüllt würden und diese Mängel nicht fristgerecht behoben worden seien.

Mit Bescheid vom selben Tag stellte die Austro Control GmbH fest, dass das Air Operator's Certificate (AOC) des besagten Luftfahrtunternehmens gemäß § 19 Abs 2 der Luftverkehrsbetreiberzeugnis-Verordnung 2004 nicht mehr gültig und daher die Durchführung von gewerblichem Luftverkehr untersagt sei. Begründet wurde diese Feststellung dahingehend, dass eine wesentliche Voraussetzung für die Gültigkeit des AOC - nämlich die aufrechte Genehmigung des Luftfahrtunternehmens als CAMO - nicht mehr vorliege.

2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen gemäß § 66 Abs 4 iVm § 63 Abs 5 und § 32 Abs 2 AVG sowie § 6 und § 37 des Zustellgesetzes als verspätet zurück.

Aus der Begründung dieses Bescheides ergibt sich im Wesentlichen Folgendes: Die Bescheide der Austro Control GmbH seien der beschwerdeführenden Partei per Telefax am 13. März 2008 zugestellt worden. Mit dem diesbezüglichen Übertragungsprotokoll der Erstbehörde mit dem Vermerk "OK" sei das fehlerfreie Einlangen dieser Bescheide beim Beschwerdeführer bestätigt worden. Als elektronische Zustellung im Sinn des § 37 des Zustellgesetzes gelte auch eine Fax-Zustellung. Eine solche sei im vorliegenden Fall wirksam am 13. März 2008 erfolgt.

Die gleichen Bescheide seien der beschwerdeführenden Partei dann am 14. März 2008 auch durch persönliche Übergabe am Sitz der Erstbehörde zugestellt worden.

Gegen die Bescheide habe die beschwerdeführende Partei mit zwei Schreiben vom 27. März 2008 Berufung erhoben, diese seien laut Poststempel am Kuvert am 28. März 2008 der Post zur Beförderung übergeben worden. Da die zweiwöchige Berufungsfrist am 27. März 2008 geendet habe (§ 63 Abs 5 iVm § 32 Abs 2 AVG), seien die erst am 28. März 2008 zur Post gegebenen Berufungen verspätet gewesen.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2008 sei der beschwerdeführenden Partei im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit gegeben worden, zu dem von der belangten Behörde ermittelten Sachverhalt hinsichtlich des Datums der Zustellung der Bescheide und der Einbringung der Berufungen Stellung zu nehmen. In ihrer Stellungnahme vom 28. Mai 2008 habe die beschwerdeführende Partei ua ausgeführt, dass die mit Fax übermittelten Seiten infolge von Übertragungsfehlern teilweise nicht lesbar gewesen wären. Angesichts des genannten Übertragungsprotokolls sei dies aber nicht glaubhaft.

3. Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

§ 37 des Zustellgesetzes, BGBl Nr 200/1982, idF des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007, BGBl I Nr 5/2008, lautet in seiner vorliegend maßgeblichen Fassung (vgl § 40 Abs 5 erster Satz leg cit):

"Zustellung an einer elektronischen Zustelladresse oder über das elektronische Kommunikationssystem der Behörde

§ 37. Zustellungen ohne Zustellnachweis können auch an einer elektronischen Zustelladresse oder über das elektronische Kommunikationssystem der Behörde erfolgen. Bei der Zustellung an einer elektronischen Zustelladresse gilt das Dokument mit dem Zeitpunkt des Einlangens beim Empfänger als zugestellt. Bestehen Zweifel darüber, ob bzw. wann das Dokument beim Empfänger eingelangt ist, hat die Behörde Tatsache und Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Bei der Zustellung über das elektronische Kommunikationssystem der Behörde gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach dem erstmaligen Bereithalten des Dokumentes als bewirkt."

Mit der genannten Novelle erhielt § 2 Z 5 des Zustellgesetzes folgende Fassung:

"5. 'Elektronische Zustelladresse': eine vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem anhängigen oder gleichzeitig anhängig gemachten Verfahren angegebene elektronische Adresse;".

Entgegen der Beschwerde war es im vorliegenden Fall zulässig, die genannten Bescheide der Erstbehörde dem Beschwerdeführer mit Telefax rechtswirksam zuzustellen. Zum einen erfasst der weite Begriff "elektronische Zustelladresse" auch eine Telefax-Adresse (vgl in diesem Sinn die Erläuterungen der RV 294 Blg NR XXIII. GP, S 24 f zu § 37 des Zustellgesetzes). Zum anderen wurde nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten seitens eines Vertreters der beschwerdeführenden Partei die von der Erstbehörde zur Zustellung ihrer Bescheide verwendete Telefax-Nummer "02" schon vor Erlassung der Erstbescheide mit e-mail vom 21. Jänner 2008 und vom 31. Jänner 2008 an einen Vertreter der Erstbehörde insofern im Sinne des § 2 Z 5 des Zustellgesetzes angegeben, als dort am Ende jeweils Folgendes aufscheint:

"A

...

mobile: ...

Fax: 43-2

...

www.a.at "

Wenn seitens einer Partei im Verkehr mit der Behörde solcherart (vergleichbar der Nennung auf einem Briefpapier) eine Telefax-Nummer in einem laufenden Verfahren angegeben wird, wird sie gegenüber der Behörde auch für die Zustellung angegeben. Zudem hat die beschwerdeführende Partei der Erstbehörde ein "Besprechungsprotokoll" vom 14. März 2008 übermittelt, aus dem ihr Wunsch hervorgeht, dass ihr von der Behörde "jeglicher Schriftverkehr, sofern er nicht in Entsprechung der Bestimmungen des Zustellgesetzes per Rsa bzw Rsb-Brief übermittelt wird, ausschließlich per Fax an die Rufnummer 02 zugestellt wird", woraus sich für die damals anhängigen Verwaltungsverfahren ebenfalls ergibt, dass eine Zustellung der Erstbescheide an die Telefax-Nummer erfolgte, die die beschwerdeführende Partei angab. Daran vermag das Vorbringen, bei dieser Nummer handle es sich nicht um die am Firmensitz der Beschwerdeführerin verwendete Telefax-Nummer, nichts zu ändern. Gleiches gilt für den im Verwaltungsverfahren relevierten Aspekt, dass die Bescheide außerhalb der Bürozeiten eingelangt seien.

Im Sinne des § 37 des Zustellgesetzes können aber nur solche Dokumente als "eingelangt" gelten, deren Lesbarkeit gegenüber solchen im Postweg zugestellten Dokumenten im Wesentlichen gleichwertig erscheint, falls nicht eine mangelhafte Lesbarkeit ausschließlich der Sphäre desjenigen zuzurechnen (bei der vorliegenden Konstellation: etwa infolge (druck)technischer Mängel des Telefax-Geräts) ist, der die elektronischen Zustelladresse verwendet.

Wenn die beschwerdeführende Partei der belangten Behörde im Rahmen des Gehörs zur Frage des Einlangens der Bescheide im Telefax-Weg (u a) mitteilte, dass die am 13. März 2006 übermittelten Bescheide "teilweise infolge von Übertragungsfehlern nicht lesbar" gewesen seien, hätte die belangte Behörde damit zu klären gehabt, ob diese Bescheide bei der Beschwerdeführerin im genannten Sinn einlangten. Aus einem Übertragungsprotokoll für eine Telefax-Sendung mit dem Vermerk "OK" kann für sich allein nicht der Schluss gezogen werden, dass die Zustellung eines behördlichen Schriftstückes mittels Telefax jedenfalls erfolgreich war (vgl in diesem Sinn das insofern auch vorliegend maßgebliche hg Erkenntnis vom 24. Jänner 2008, Zl 2006/19/0606).

Eine solche Klärung hat die belangte Behörde (was von der Beschwerde gerügt wird) unterlassen und insofern die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in der genannten Verordnung (vgl § 1 Z 1 lit a) der für den Schriftsatzaufwand gebührende Pauschalbetrag mit EUR 1.106,40 festgesetzt wurde.

Wien, am 25. März 2009

Stichworte