VwGH 2008/02/0372

VwGH2008/02/037226.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des KF in S, vertreten durch Dr. Heinrich Berger, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Schillerstraße 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 6. Oktober 2008, Zlen. UVS 30.18-90/2007-14 und UVS 30.18-103/2007-8, betreffend Übertretungen der StVO,

Normen

StVO 1960 §31 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs2 lita;
StVO 1960 §99 Abs2 lite;
VwGG §33a;
StVO 1960 §31 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs2 lita;
StVO 1960 §99 Abs2 lite;
VwGG §33a;

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides (Alkoholisierung) als unbegründet abgewiesen, sowie

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der BH Feldbach vom 19. Juni 2007 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe am 8. Jänner 2007 um 21.00 Uhr im Gemeindegebiet von S. ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt; die Überprüfung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat habe ein Messergebnis von 0,56 mg/l ergeben; da die Atemluftüberprüfung ca. eine Dreiviertelstunde nach dem Lenken des Fahrzeuges erfolgt sei, sei eine Berechnung anzustellen gewesen, welchen tatsächlichen Blutalkoholgehalt der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt aufgewiesen habe; laut Berechnung habe der Beschwerdeführer zum Lenkzeitpunkt einen Blutalkoholgehalt von mindestens 1,29 Promille aufgewiesen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO iVm § 5 Abs. 1 StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 880,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) verhängt.

Mit einem weiteren Straferkenntnis der BH Feldbach vom 6. August 2007 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen:

1. Er sei am 8. Jänner 2007 um 21.00 Uhr im Gemeindegebiet von S. mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen; er habe nach dem Verkehrsunfall Alkohol getrunken, obwohl vor Klärung des Sachverhaltes ein alkoholischer Nachtrunk verboten sei;

2. Der Beschwerdeführer habe Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs bei einem Verkehrsunfall beschädigt bzw. in ihrer Lage verändert und er habe nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle oder den Straßenerhalter unter Bekanntgabe seiner Identität verständigt; es seien vier Straßenbegrenzungsblöcke beschädigt worden.

Wegen der Übertretung zu Punkt 1. wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO iVm § 4 Abs. 1 lit. c StVO eine Geldstrafe von EUR 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) und wegen der Übertretung zu Punkt 2. gemäß § 99 Abs. 2 lit. e StVO iVm § 31 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe von ebenfalls EUR 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 19. Juni 2007 abgewiesen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) und der Berufung gegen das Straferkenntnis vom 6. August 2007 hinsichtlich der Strafhöhe insofern Folge gegeben, als sie die Strafe zu Punkt 1. auf EUR 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) und zu Punkt 2. auf EUR 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verminderte und zu Punkt 1. den Wegfall des zweiten Satzes (der Beschwerdeführer habe nach dem Verkehrsunfall Alkohol getrunken, obwohl vor Klärung des Sachverhaltes ein alkoholischer Nachtrunk verboten sei) verfügte (Spruchpunkt II). Zudem wurde der Beschwerdeführer zum Ersatz der dem medizinischen Sachverständigen zugesprochenen Gebühren in der Höhe von EUR 397,10 verpflichtet (Spruchpunkt III).

In der Begründung gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder, stellte die einschlägige Rechtslage dar und stellte fest, dass der Beschwerdeführer am 8. Jänner 2007 gegen 21.00 Uhr mit seinem PKW im Gemeindegebiet von S. gefahren sei. Zuvor habe er sich in G. befunden und dann nach K. fahren wollen. Bei dieser Fahrt habe der Beschwerdeführer eine Alkoholisierung von zumindest 1,3 Promille aufgewiesen. Im Bereich des Straßenkilometers 9,500 sei der Beschwerdeführer von der Straße abgekommen und habe dabei mehrere Begrenzungspflöcke beschädigt. Bei diesem Verkehrsunfall sei das Fahrzeug des Beschwerdeführers stark beschädigt worden. Nach dem Unfall sei der Beschwerdeführer aus dem Fahrzeug gestiegen, nachkommende Fahrzeuglenker hätten die Unfallstelle abgesichert. Der Beschwerdeführer habe sich bei einem anderen Fahrzeuglenker ein Mobiltelefon ausgeborgt und die Freiwillige Feuerwehr in S. angerufen, um diese zu veranlassen, sein stark beschädigtes Fahrzeug zu bergen. Er habe auch seine Ehefrau angerufen und ihr mitgeteilt, dass er einen Unfall gehabt habe. Danach habe er die Unfallstelle verlassen, ohne die Polizei zu verständigen. Er habe auch nicht den Straßenerhalter unter Bekanntgabe seiner Identität davon verständigt, dass er Einrichtungen zur Sicherung des Verkehrs beschädigt habe. Er habe sich zu Fuß in seine etwa ein Kilometer vom Unfallort entfernte Wohnung in S. begeben. Der Unfall sei von anderen Personen der Polizei gemeldet worden. Nachdem die einschreitenden Polizeibeamten den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer des Unfallsfahrzeuges herausgefunden hätten, seien sie zum Haus des Beschwerdeführers gefahren und hätten dort dessen Frau angetroffen. Diese habe nicht gewusst, wo sich der Beschwerdeführer aufhalte, weshalb die Polizeibeamten zurück nach K. hätten fahren wollen. Auf dem Weg seien sie davon verständigt worden, dass der Beschwerdeführer aufgetaucht sei und sich in S. "bei der Tischlerei" befinde. Die Polizeibeamten seien zurückgefahren und hätten die Frau des Beschwerdeführers vor der Tischlerei getroffen. Diese sei vor dem Haus gestanden, habe die Tür aufgesperrt und sei gemeinsam mit den Polizeibeamten in den ersten Stock gegangen. Dort sei ihnen der Beschwerdeführer mit nacktem Oberkörper und mit Hose und Socken bekleidet entgegen gekommen. Er habe geschwankt und nach Alkohol gerochen. Er habe zugegeben, den Verkehrsunfall verursacht zu haben. Wegen der Alkoholisierungssymptome sei er aufgefordert worden, einen Alkotest durchzuführen. Zu seinem letzten Alkoholkonsum habe der Beschwerdeführer angegeben, dass dieser vor Kurzem gewesen sei. Näher befragt habe er angegeben, zwei Flaschen Wein konsumiert zu haben. Auf die Frage, wo sich die beiden Flaschen Wein befänden, habe der Beschwerdeführer die Polizeibeamten in ein kleines Zimmer mit einem Bett geführt, wo zwei Flaschen am Boden gelegen seien und sich daneben ein Korkenzieher befunden habe. Die Polizeibeamten hätten den Eindruck gehabt, dass eine "Inszenierung" stattgefunden hätte, weshalb sie den Beschwerdeführer aufgefordert hätten, die dazugehörigen Korken zu zeigen. Der Beschwerdeführer sei daraufhin in die Küche gegangen und hätte die zwei Korken aus dem Mistkübel geholt. Nach einer Wartezeit von zumindest einer Viertelstunde sei dann vom Beschwerdeführer der Alkotest durchgeführt worden, der um

22.47 Uhr einen Wert von 0,56 mg/l Atemluftalkohol und um

23.35 Uhr einen Wert von 0,52 mg/l Atemluftalkohol ergeben habe.

In der Beweiswürdigung verwarf die belangte Behörde die Verantwortung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Nachtrunkes als völlig unglaubwürdig und bezog sich bei der Feststellung über die Alkoholisierung im Unfallszeitpunkt auf die Ergebnisse des Alkotests sowie die von ihr als glaubwürdig und überzeugend eingeschätzten Angaben des die Amtshandlung leitenden Polizeibeamten. Der Nachtrunk sei - so die belangte Behörde - vom Beschwerdeführer vorgetäuscht worden, worauf die Inszenierung in seinem Haus hindeute. Die Behauptung eines Unfallschocks sei vom medizinischen Sachverständigen eindeutig widerlegt worden. Zudem habe der Beschwerdeführer seine Verantwortung insofern geändert, als er bei der Amtshandlung am 8. Jänner 2007 behauptet habe, zwei Flaschen Wein getrunken zu haben, während der Beschwerdeführervertreter am 13. April 2007 den Nachtrunk dahingehend behauptet habe, dass der Beschwerdeführer aus bereits geöffneten Weinflaschen getrunken habe, ohne angeben zu können, wieviel in den Flaschen enthalten gewesen sei oder wieviel der Beschwerdeführer getrunken habe. Die zuletzt genannte Verantwortung sei erst vorgebracht worden, nachdem vom medizinischen Sachverständigen die zunächst getätigten Nachtrunksangaben mit den Messergebnissen nicht in Einklang gebracht hätten werden können.

Die vom Beschwerdeführer zum Beweis dafür, dass er vor Fahrtantritt nicht mehr als drei Achtel Wein konsumiert habe, beantragten Zeugen seien nicht einzuvernehmen gewesen, weil diese nicht ständig mit ihm zusammen gewesen seien. Der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie zum Nachweis dafür, dass der Beschwerdeführer außer Stande gewesen sei, die Beschädigung der Straßenbegrenzungspflöcke wahrzunehmen und darüber Auskunft zu geben, wie viel Alkohol er konkret nach dem Unfall konsumiert habe, sei abzuweisen gewesen, weil einerseits ein medizinischer Sachverständiger aus dem Gebiet der Allgemeinmedizin keine Anhaltspunkte für einen länger dauernden Schockzustand des Beschwerdeführer gefunden habe und andererseits das durchaus situationsbezogene Verhalten des Beschwerdeführers (Verständigung der Feuerwehr und seiner Frau) keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu I. (Abweisung der Beschwerde):

Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, einen medizinischen Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie beizuziehen zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer auf Grund des Unfalls unter anderem außer Stande gewesen sei, präzise darüber Auskunft zu geben, wie viel Wein er in der Zeit nach dem Unfall während des Aufenthaltes im Hause konsumiert habe.

Abgesehen davon, dass derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des solcherart konsumierten Alkohols dezidiert zu behaupten und zu beweisen hat (vgl. das Erkenntnis vom 30. Oktober 2006, Zl. 2005/02/0315), übersieht der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid schlüssig und nachvollziehbar (vgl. das Erkenntnis vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) davon ausgegangen ist, dass er keinen Nachtrunk getätigt hat, weshalb ein Beweis zur Menge eines Nachtrunkes entbehrlich war.

In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer im Hinblick auf den behaupteten Nachtrunk vor, die erstinstanzlichen Straferkenntnisse beurteilten die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers unterschiedlich, darin liege eine Aktenwidrigkeit.

Abgesehen davon, dass erstinstanzliche Verfahrensfehler mit der vorliegenden Beschwerde nicht mehr geltend gemacht werden können, geht die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid einheitlich davon aus, dass kein Nachtrunk stattgefunden hat. Im Hinblick auf die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens sowie die wechselnde Verantwortung des Beschwerdeführers zum Nachtrunk ergeben sich keine Zweifel an der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Auch zur Einvernahme der im Berufungsverfahren namhaft gemachten Zeugen zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer vor Fahrtantritt nicht mehr als drei Achtel Wein konsumiert habe, war die belangte Behörde nicht gehalten, zumal die Zeugen lediglich während des begrenzten Zeitraumes einer Besprechung mit dem Beschwerdeführer zusammen waren und daraus keine Rückschlüsse auf davor und danach liegende Zeiträume gezogen werden können.

Insgesamt erweist sich die Beschwerde hinsichtlich der Bestrafung zu Spruchpunkt I. als unbegründet, weshalb sie in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Zu II. (Ablehnung der Beschwerde):

Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines Unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.

Die Voraussetzungen für eine Ablehung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind erfüllt. Die Geldstrafen im Punkt II. des angefochtenen Bescheides übersteigen nicht EUR 750,--. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Mai 2009

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