Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger der Volksrepublik China. Er reiste am 10. März 2004 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, Gläubiger seiner Eltern hätten im Zuge der Rückforderung von Geldschulden Morddrohungen gegen die Angehörigen seiner Familie gerichtet. Nach Auffassung seines Vaters sei er als einziger Sohn durch diese Morddrohungen besonders gefährdet gewesen. Im Falle seiner Rückkehr nach China befürchte er, von den Gläubigern, die der Mafia angehörten, umgebracht zu werden.
Mit Bescheid vom 18. März 2004 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und stellte die Zulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Volksrepublik China gemäß § 8 AsylG fest.
Das Bundesasylamt ging von der Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens aus und stellte zur Situation in der Volksrepublik China fest: "Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass die chinesischen Behörden Übergriffen Einzelner Vorschub leisten oder solche tatenlos hinnehmen. Es deutet vielmehr alles darauf hin, dass die Behörden in China bemüht sind, Straftaten zu verfolgen."
Zur Begründung der Refoulemententscheidung führte das Bundesasylamt aus: "Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die staatlichen Stellen nicht in der Lage gewesen wären, Sie wirksam zu schützen."
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, das Bundesasylamt sei nur spärlich auf die Situation in der Volksrepublik China eingegangen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und bestätigte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG (in der Fassung der AsylG-Novelle 2003) die Zulässigkeit des Refoulements (Spruchpunkt II.). Begründend schloss sie sich sowohl zur Asyl- als auch Refoulementscheidung den Ausführungen des Bundesasylamtes im erstinstanzlichen Bescheid an und erhob diese zum Inhalt ihrer Entscheidung. Der Berufung seien keine relevanten neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, sodass der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt gewesen sei und daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben habe können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der als Verfahrensmängel insbesondere mangelhafte Länderfeststellungen zu China sowie die Verletzung der Verhandlungspflicht durch die belangte Behörde geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist von den Asylbehörden zu erwarten, dass sie insoweit, als es um Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens des Asylwerbers geht, von den zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten Gebrauch machen und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einbeziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 2008, Zl. 2007/19/0279, mit weiteren Judikaturhinweisen zur Pflicht der Asylbehörden, von amtswegen aktuelles Berichtsmaterial heranzuziehen).
Dieser Verpflichtung hat das Bundesasylamt durch die von ihm getroffenen, auf wenige Sätze beschränkten und durch keinerlei Berichtsmaterial belegten, Länderfeststellungen zur Volksrepublik China - insbesondere zur gegenständlich maßgeblichen Frage der Schutzfähigkeit bzw. -willigkeit der chinesischen Behörden - nicht entsprochen. Insofern erweist sich die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides als mangelhaft.
Aufgrund der von der belangten Behörde gewählten "Verweistechnik" schlägt diese Fehlerhaftigkeit auf den angefochtenen Bescheid durch (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. November 2008, Zl. 2008/23/1253), womit sich die auf die Länderfeststellungen gestützte Begründung der belangten Behörde sowohl hinsichtlich der abweisenden Asylentscheidung als auch in Bezug auf die Verweigerung von Refoulementschutz einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 2008, Zl. 2008/19/0990).
2. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass die Voraussetzung eines aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärten Sachverhaltes gemäß Art II Abs. 2 Z 43a EGVG, der eine Berufungsverhandlung entbehrlich macht, dann nicht erfüllt ist, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substanziiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante und zulässige Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2008, Zl. 2008/19/0216 mwN).
Im gegenständlichen Fall wurde aus den unter Pkt. 1 dargelegten Gründen der entscheidungsrelevante Sachverhalt vom Bundesasylamt nicht in schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt. Die belangte Behörde wäre deshalb nach den geschilderten Rechtsgrundsätzen verpflichtet gewesen, eine Berufungsverhandlung abzuhalten.
3. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei Einhaltung der außer Acht gelassenen Verfahrensvorschriften für den Beschwerdeführer ein anderes Verfahrensergebnis zu erzielen gewesen wäre, war der angefochtene Bescheid infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 19. März 2009
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