Normen
AVG §45 Abs3;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §45 Abs3;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, reiste im Jänner 1999 nach Österreich ein und beantragte hier die Gewährung von Asyl. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. Juli 1999 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen, zugleich stellte das Bundesasylamt gemäß § 8 Asylgesetz 1997 fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig sei. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung zog der Beschwerdeführer, nachdem er am 17. Februar 2004 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet hatte, zurück.
Gestützt auf die am 17. Februar 2004 geschlossene Ehe beantragte der Beschwerdeführer eine Niederlassungsbewilligung, die ihm schließlich mit Gültigkeit vom 31. August 2004 bis 30. August 2005 erteilt wurde.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 iVm §§ 86 Abs. 1 und 87 sowie §§ 61, 63 und 66 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot. Sie ging davon aus, dass die Ehe vom 17. Februar 2004 nur zum Schein geschlossen worden sei und dass es tatsächlich nie zu einer "Ehe- und Familiengemeinschaft i. S.d. Art. 8 MRK" gekommen sei. Es habe lediglich ein einmaliger sexueller Kontakt stattgefunden, bei dem das am 16. Jänner 2006 geborene Kind gezeugt worden sei. Zwecks Erlangung der Niederlassungsbewilligung habe sich der Beschwerdeführer auf die Ehe berufen, aber mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt. Dieser Missbrauch des Rechtsinstituts der Ehe stelle eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, die die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertige. Auch § 66 FPG stehe der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen:
Nachdem die Ehegattin des Beschwerdeführers im Zuge einer ersten niederschriftlichen Einvernahme durch die Polizeidirektion Linz am 30. Juni 2004 noch angegeben hatte, die Eheschließung sei "aus Liebe" erfolgt, gab sie bei einer weiteren Einvernahme durch die Bundespolizeidirektion Linz am 15. Februar 2005 zu Protokoll, es habe sich bei der mit dem Beschwerdeführer abgeschlossenen Ehe in Wahrheit um eine vermittelte "Scheinehe" gehandelt; die Ehe sei nicht vollzogen worden, sie habe auch zu einem späteren Zeitpunkt keine sexuelle Beziehung (mit dem Beschwerdeführer) gehabt.
Die Bundespolizeidirektion Graz erachtete diese Angaben als glaubwürdig und erließ darauf gestützt den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid. In der Berufung gegen diesen Bescheid wies der Beschwerdeführer u.a. auf die Geburt des gemeinsamen Sohnes am 16. Jänner 2006 hin. Die belangte Behörde veranlasste hierauf weitere Einvernahmen der Ehefrau des Beschwerdeführers durch die Bundespolizeidirektion Linz, die am 12. Juli 2006 und am 21. November 2006 stattfanden. Dabei blieb die Beschwerdeführerin bei ihren Angaben vom 15. Februar 2005, wonach es sich bei der Ehe mit dem Beschwerdeführer um eine "Scheinehe" gehandelt habe; der Beschwerdeführer habe sie jedoch einmal besucht, wobei es zu einem sexuellen Kontakt gekommen und wobei das im Jänner 2006 geborene Kind gezeugt worden sei; es sei jedoch "bei dieser einen sexuellen Beziehung" geblieben, der Beschwerdeführer habe auch nie bei ihr gewohnt.
Im nunmehr bekämpften Bescheid stützte sich die belangte Behörde ausdrücklich auf die neuerlichen Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers vom 12. Juli 2006 und vom 21. November 2006. Diesen im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben komme wesentlich höhere Beweiskraft zu als der Aussage des am 13. Dezember 2005 vernommenen Beschwerdeführers, zumal sich dieser lediglich auf zwei Liebesbriefe seiner Ehefrau berufen und die - dann am 12. Juli 2006 und am 21. November 2006 ohnehin erfolgte - neuerliche Einvernahme seiner Ehefrau beantragt habe.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde und rügt in diesem Zusammenhang, dass ihm zu den nachträglichen Einvernahmen seiner Ehefrau vom Juli und vom November 2006 kein Gehör eingeräumt worden sei. Wäre das der Fall gewesen, so hätte er darlegen können, dass er und seine Ehefrau mehrere Monate gemeinsam in Graz gelebt und dort ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt hätten.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Dem Parteiengehör unterliegt der gesamte Inhalt der als Basis für die Entscheidung herangezogenen Ergebnisse der Beweisaufnahme, wozu insbesondere auch der Inhalt von Zeugenaussagen gehört (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 28 mwN aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, die nach Hervorkommen der Geburt eines Kindes im Rahmen des Berufungsverfahrens neu eingeholten Ermittlungsergebnisse (Einvernahme der Ehefrau des Beschwerdeführers im Juli und im November 2006) dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen und ihm die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme einzuräumen. Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde nicht nachgekommen. Da im Hinblick auf das im Zusammenhang mit der Rüge der Verletzung des Parteiengehörs erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei gesetzmäßigem Vorgehen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, war der bekämpfte Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Dass sich die belangte Behörde mit den auch im bekämpften Bescheid erwähnten, jedoch nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten befindlichen Liebesbriefen der Ehefrau des Beschwerdeführers nicht beweiswürdigend auseinander gesetzt hat, ist davon ausgehend für die Bescheidaufhebung nicht mehr von tragender Bedeutung.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 8. Juli 2009
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