VwGH 2007/18/0243

VwGH2007/18/02437.7.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des S K, geboren am 21. September 1978, vertreten durch Dr. Gustav Eckharter, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 5/15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. März 2007, Zl. SD 1533/06, betreffend Ausstellung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §104 Abs1;
FrG 1997 §104 Abs3;
FrG 1997 §81 Abs1 Z3;
FrG 1997 §83 Abs5;
FrPolG 2005 §88 Abs3;
FrPolG 2005 §89;
FrPolG 2005 §90;
FrPolG 2005 §91;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z4;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z5;
FrPolG 2005 §92;
FrPolG 2005 §93;
FrPolG 2005 §94 Abs1;
FrPolG 2005 §94 Abs5;
StGB §278a Z1;
StGB §278a Z2;
StGB §278a Z3;
StGB §70;
VwGG §42 Abs1;
FrG 1997 §104 Abs1;
FrG 1997 §104 Abs3;
FrG 1997 §81 Abs1 Z3;
FrG 1997 §83 Abs5;
FrPolG 2005 §88 Abs3;
FrPolG 2005 §89;
FrPolG 2005 §90;
FrPolG 2005 §91;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z4;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z5;
FrPolG 2005 §92;
FrPolG 2005 §93;
FrPolG 2005 §94 Abs1;
FrPolG 2005 §94 Abs5;
StGB §278a Z1;
StGB §278a Z2;
StGB §278a Z3;
StGB §70;
VwGG §42 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. März 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 22. Februar 2006 auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, abgewiesen.

Mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. Februar 2006 sei dem Beschwerdeführer Asyl gewährt worden. Am 25. November 2004 sei er vom Landesgericht Korneuburg "wegen der Verbrechen der kriminellen Organisation und der Schlepperei" nach den § 278a Z. 1, 2 und 3 StGB und § 104 Abs. 1 und 3, erster und zweiter Fall, FrG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt worden. Er habe gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung die rechtswidrige Einreise von Fremden, nämlich indischer, pakistanischer und afghanischer Staatsangehöriger, in Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert bzw. zu fördern versucht, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für ihn und die anderen Mitglieder der Schlepperorganisation geschehe, und zwar zumindest in der Zeit von März 2004 bis zum 5. August 2004 in W in einer Vielzahl von Angriffen, indem er rund hundert Fremde gegen Bezahlung von EUR 50,-- bis EUR 100,-- an einen bekannt gewordenen Mittäter zur Weiterschleppung nach Frankreich, Belgien oder Italien zugeführt habe.

Auf Grund dieser Verurteilung sei gegen den Beschwerdeführer mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 12. Oktober 2005 ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 letzter Satz iVm § 92 Abs. 1 FPG zu versagen sei, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Fremde das Dokument benützen wolle, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken. Dem großen öffentlichen Interesse an einer geordneten Überwachung der Reise- und Wanderbewegungen Fremder stehe das Schlepperunwesen, im Speziellen die gewerbsmäßige Schlepperei, entgegen, zumal diese zum Großteil in enger Verflechtung mit der international organisierten Kriminalität betrieben werde. Die Geschleppten würden oft finanziell ausgebeutet. Nach erfolgter Schleppung bestünde eine Abhängigkeit, wie etwa zur Abarbeitung des noch nicht bezahlten Schlepperlohnes, was wiederum in Schwarzarbeit oder in kriminelle Handlungen münde. Als Schutzgegenstand seien sowohl staatliche Hoheitsrechte als auch die Freiheit der Geschleppten anzusehen. Durch die organisierte Kriminalität und den sogenannten Kriminaltourismus werde das Zusammenleben in der Gemeinschaft empfindlich gestört, wodurch die allgemeine Rechtssicherheit beeinträchtigt werde. Mit der Unterbindung der Schlepperei könne auch das der österreichischen Bevölkerung zukommende Rechtsgut des öffentlichen Friedens geschützt werden.

Vor dem Hintergrund der genannten Verurteilung und im Hinblick auf die gewerbsmäßige Tatbegehung könne eine Zukunftsprognose nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausfallen, zumal der seit den Tathandlungen verstrichene Zeitraum nicht geeignet sei, einen Wegfall oder zumindest eine erhebliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr für die innere Sicherheit der Republik Österreich zu bewirken. Es sei daher weiterhin die Annahme gerechtfertigt, dass er bei Reisen ins Ausland Handlungsweisen setzen könnte, welche die innere Sicherheit der Republik Österreich gefährden würde. Die Versagung bzw. Entziehung eines Konventionsreisepasses stelle eine vorbeugende Sicherungsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten dar.

Die Darstellung der familiären und beruflichen Situation des Beschwerdeführers habe an der Entscheidung nichts ändern können, weil die Versagung eines Konventionsreisepasses bei Vorliegen der in § 92 Abs. 1 Z. 5 FPG genannten Umstände zwingend sei, sodass der Behörde hiebei kein Ermessen zukomme.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag Konventionsreisepässe auszustellen.

Gemäß § 94 Abs. 5 leg. cit. gelten für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer und des Geltungsbereiches von Konventionsreisepässen sowie der Gültigkeitsdauer der Rückkehrberechtigung in Konventionsreisepässen die Bestimmungen des Anhanges der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge; im Übrigen gelten § 88 Abs. 3 sowie §§ 89 bis 93 FPG. Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 FPG ist (u.a.) die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er - wie oben wiedergegeben - vom Landesgericht Korneuburg wegen der Verbrechen der Beteiligung an einer auf Schlepperei ausgerichteten kriminellen Organisation und der Schlepperei nach den § 278a Z. 1, 2 und 3 StGB und § 104 Abs. 1 und 3 erster und zweiter Fall FrG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt worden ist. Dem Beschwerdeführer liegt zur Last, gewerbsmäßig - d.h. in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Schlepperei eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB) - und als Mitglied einer kriminellen Organisation rund hundert Fremde gegen Bezahlung von (je) EUR 50,-- bis EUR 100,-- an einen bekannt gewordenen Mittäter zur Weiterschleppung nach Frankreich, Belgien oder Italien zugeführt zu haben.

3.1. Die Beschwerde weist darauf hin, dass es dieser Verurteilung "an jedweder Auslandsbeziehung hinsichtlich des Reisepasses mangelt, welche von der belangten Behörde jedoch als oberster Versagungsgrund in dem angefochtenen Bescheid herangezogen wird". Zwar bestreite der Beschwerdeführer nicht die Tatsache der rechtskräftigen Verurteilung. Nun gehe aber die belangte Behörde davon aus, dass er den beantragten Pass benützen könnte und würde, um auch in Zukunft grenzüberschreitende Schleppertätigkeiten zu verrichten. Davon sei jedoch im Strafurteil nicht die Rede gewesen, weshalb der angefochtene Bescheid mit einem Begründungsmangel behaftet sei.

3.2. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschwerdeführer in der oben geschilderten Weise Mitglied einer kriminellen Organisation gewesen ist und Schlepperei begangen hat. Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass der Versagungsgrund nicht voraussetzt, dass der Betreffende tatsächlich schon einmal ein Reisedokument für den verpönten Zweck benützt habe. Ihr kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund der angegebenen Verurteilung und der mit solchen Verbrechen erfahrungsgemäß verbundenen bzw. diese Verbrechen (künftig) erleichternden Auslandsaufenthalten zur Annahme gelangt ist, dass der Beschwerdeführer seinen Konventionsreisepass benützen wolle, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken (§ 92 Abs. 1 Z. 4 FPG). Bei diesem Ergebnis braucht auf die weitere Annahme der belangten Behörde, dass durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde (§ 92 Abs. 1 Z. 5 FPG), nicht eingegangen zu werden.

4. Bei der Versagung eines Konventionsreisepasses ist auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (vgl. das zu § 83 Abs. 5 iVm § 81 Abs. 1 Z 3 Fremdengesetz 1997 ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2003/18/0155).

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen.

6. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 7. Juli 2009

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