VwGH 2003/18/0155

VwGH2003/18/015527.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des B, geboren 1961, vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Friedrich-Schmidt-Platz 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. April 2003, Zl. SD 1009/02, betreffend Versagung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §81 Abs1 Z3;
FrG 1997 §81 Abs1 Z4;
FrG 1997 §83 Abs1;
FrG 1997 §83 Abs5;
PaßG 1992 §14 Abs1 idF 1995/507;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;
PaßG 1992 §15 Abs1 idF 1995/507;
TilgG 1972 §3 Abs1 Z4;
TilgG 1972 §7 Abs1;
TilgG 1972 §7 Abs3;
TilgG 1972;
FrG 1997 §81 Abs1 Z3;
FrG 1997 §81 Abs1 Z4;
FrG 1997 §83 Abs1;
FrG 1997 §83 Abs5;
PaßG 1992 §14 Abs1 idF 1995/507;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;
PaßG 1992 §15 Abs1 idF 1995/507;
TilgG 1972 §3 Abs1 Z4;
TilgG 1972 §7 Abs1;
TilgG 1972 §7 Abs3;
TilgG 1972;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) wurde der Antrag des staatenlosen Beschwerdeführers vom 30. August 2002 auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 83 Abs. 5 iVm § 81 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Dezember 1991 als Flüchtling anerkannt worden. Am 28. April 1994 sei von der Erstbehörde für ihn ein fünf Jahre gültiger Konventionsreisepass ausgestellt worden.

Mit Urteil des Landgerichtes Kleve (BRD) vom 19. August 1996 sei der Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 7. April 1996

11.140 g Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 4,2 % Tetrahydrocannabinol im Auto versteckt von den Niederlanden nach Deutschland eingeführt habe. Dabei handle es sich um mehr als das 62-fache der Menge, die nach der ständigen Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofes als nicht mehr geringe Menge THC angesehen werden könne. Der Urteilsbegründung sei weiters zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit dem Suchtgift insofern Handel getrieben habe, als er um seines eigenen Vorteils willen gegen Entlohnung den Transport des für den Weiterverkauf an Suchtgiftabnehmer bestimmten Suchtgiftes für unbekannt gebliebene Dritte übernommen habe.

Auf Grund dieser Verurteilung sei ein vom Beschwerdeführer am 9. August 1999 gestellter Antrag auf Verlängerung seines Konventionsreisedokuments mit Bescheid vom 20. Juni 2000 rechtskräftig abgewiesen worden.

Die Versagung eines Konventionsreisepasses stelle eine vorbeugende Sicherheitsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten dar. Durch die seiner Verurteilung zugrundeliegende Straftat habe der Beschwerdeführer zum einen die innere und äußere Sicherheit der Republik Österreich nachhaltig gefährdet. Zum anderen bestehe angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer letztlich beabsichtigt habe, das Suchtgift nach Österreich zu bringen, die immanente Gefahr, dass er den Konventionsreisepass dazu benützen werde, gegen die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.

Diesbezüglich gehe der Einwand des Beschwerdeführers, sich seit der Verurteilung im Jahr 1996 wohlverhalten zu haben, ins Leere, weil der Beobachtungszeitraum seit der am 9. März 1998 erfolgten Haftentlassung zu kurz sei, um verlässlich davon ausgehen zu können, dass sich der Beschwerdeführer zur Gänze von der Suchtmittelszene gelöst habe, zumal gerade bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr groß sei. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer regelmäßig einer Beschäftigung als geringfügig beschäftigter Arbeiter nachgehe, könne "an den vorgenommenen Abwägungen bzw. an der erstellten Zukunftsprognose" nichts ändern.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Dem Beschwerdeführer wurde unstrittig in Österreich Asyl gewährt. Ihm ist daher gemäß § 83 Abs. 1 FrG ein Konventionsreisepass auszustellen, wobei gemäß § 83 Abs. 5 leg. cit - von hier nicht maßgeblichen Ausnahmen abgesehen - die Fremdenpässe betreffenden §§ 77 bis 82 leg. cit. gelten.

Gemäß § 81 Abs. 1 FrG ist u.a. die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass (Z. 3) der Fremde das Dokument benützen will, um gegen die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen; (Z. 4) durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

2. Der Beschwerdeführer hat unstrittig am 7. April 1996 mehr als 11 kg Haschisch in einem Auto versteckt von den Niederlanden nach Deutschland eingeführt, wobei er die Absicht hatte, das Suchtgift anschließend nach Österreich zu bringen, wo es gewinnbringend weiterverkauft werden sollte. Der Beschwerdeführer hat den Transport des Suchtgifts um seines eigenen Vorteils willen gegen Entlohnung durchgeführt. Daraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer nicht davor zurückschreckt, zur Erzielung eines finanziellen Vorteiles Suchgift in großem Ausmaß einzuführen und die damit verbundene Gesundheitsgefährdung einer größeren Anzahl von Personen in Kauf zu nehmen.

Auf Grund der deshalb am 19. August 1996 erfolgten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten in der Bundesrepublik Deutschland befand sich der Beschwerdeführer unstrittig bis 9. März 1998 in Strafhaft. Die in Haft verbrachte Zeit hat bei der Beurteilung des Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben (vgl. das zur Entziehung eines Reisepasses ergangene, auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 18. September 2001, Zl. 2001/18/0169). Im Hinblick auf die Erfahrungstatsache, dass bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist, reicht vorliegend der seit der Haftentlassung verstrichene Zeitraum von etwas mehr als fünf Jahren nicht aus, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer derartiger Delikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen.

Aus diesen Gründen kann die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 81 Abs. 1 Z. 3 FrG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Im Hinblick darauf kann es dahinstehen, ob die belangte Behörde zu Recht auch den Tatbestand des § 81 Abs. 1 Z. 4 FrG als verwirklicht angesehen hat.

3. Soweit der Beschwerdeführer die "Verjährung" seiner Straftaten geltend macht, ist ihm zunächst zu entgegnen, dass für die Frage, ob der Versagungsgrund gemäß § 81 Abs. 1 Z. 3 FrG verwirklicht ist, auch das bereits getilgten Verurteilungen zugrundeliegende Fehlverhalten zu berücksichtigen ist (vgl. das zum Passversagungsgrund gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f Passgesetz 1992 ergangene, auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2000, Zl. 2000/18/0092).

Überdies müsste eine allfällige Tilgung der in der Bundesrepublik Deutschland erlittenen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten vor Ablauf der gemäß § 7 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 1 Z. 4 Tilgungsgesetz 15jährigen Frist gemäß § 7 Abs. 3 leg. cit. durch eine öffentliche Urkunde bescheinigt werden, was der Beschwerdeführer jedoch unterlassen hat.

4. Schließlich führt der Beschwerdeführer seine - nicht näher konkretisierten - sozialen Bindungen und seine Berufstätigkeit im Bundesgebiet ins Treffen und rügt in diesem Zusammenhang, dass die belangte Behörde die Interessenabwägung nicht ausreichend begründet habe.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass bei der Versagung eines Konventionsreisepasses - ebenso wie bei der Versagung eines Reisepasses (siehe dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2001, Zl. 2001/18/0193) - auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen ist.

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Jänner 2004

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