VwGH 2007/10/0193

VwGH2007/10/019331.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des J M in B, vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 1a, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Juli 2007, Zl. N- 105698/2-2007-Mö/Gre, betreffend naturschutzbehördlicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Juli 2007 wurde dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 58 Abs. 1 und 5 sowie 9 Abs. 1 Oö Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö NatSchG) aufgetragen, den widerrechtlichen Eingriff in das Landschaftsbild innerhalb der 500 m Seeuferschutzzone des Mondsees auf Grundstück Nr. 295/157, KG M, - einen Steg im Ausmaß von 1,80 x 15 m sowie eine zusätzliche seeseitige Plattform im Ausmaß von 3 x 5 m - binnen festgesetzter Frist zu entfernen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, der vom Beschwerdeführer errichtete Steg samt Plattform stelle einen Eingriff in das Landschaftsbild dar. Dabei handle es sich um einen verbotenen Eingriff iSd § 9 Abs. 1 Oö NatSchG, weil eine bescheidmäßige Feststellung der Behörde, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, fehle. Es seien daher die Voraussetzungen für die Erlassung eines Entfernungsauftrages erfüllt. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei bereits im Jahre 1961 der Bau eines Badehauses sowie eines Badesteges baubehördlich bewilligt worden, sei zu entgegnen, dass die Baubewilligung die erforderliche naturschutzbehördliche Feststellung nicht ersetze. Auch ein Flugfoto aus dem Jahre 1985 bilde "keinerlei Indiz für den früheren Bestand" der Steganlage. Im Übrigen sei unter einem "Altbestand" eine Maßnahme zu verstehen, die bereits vor Inkrafttreten einer entsprechenden naturschutzgesetzlichen Regelung gesetzt worden sei und seither unverändert andauere. Dies sei hier nicht der Fall. Vielmehr habe der Beschwerdeführer im Verfahren selbst behauptet, dass ein bestehender Steg im Jahre 2002 durch Hochwasser derart in Mitleidenschaft gezogen worden sei, dass er grundlegend saniert bzw. neu habe errichtet werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 Oö Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö NatSchG) ist an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts jeder Eingriff

  1. 1. in das Landschaftsbild und
  2. 2. im Grünland (§ 3 Z. 6) in den Naturhaushalt

    verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

    Unter einem "Eingriff in das Landschaftsbild" ist gemäß § 3 Z. 2 Oö NatSchG jede Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer zu verstehen, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert.

    "Landschaftsbild" ist gemäß § 3 Z. 8 Oö NatSchG das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft.

    Werden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde gemäß § 58 Abs. 1 Oö NatSchG - unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 Oö NatSchG - demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden, angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

    Gemäß § 58 Abs. 5 Oö NatSchG sind die Bestimmungen des Abs. 1 bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild oder in den Naturhaushalt gemäß § 9 sinngemäß anzuwenden.

    Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer habe den erwähnten Steg samt Plattform in der Seeuferschutzzone des Mondsees ohne Vorliegen einer Feststellung gemäß § 9 Abs. 1 Oö NatSchG errichtet und somit einen widerrechtlichen Eingriff in das Landschaftsbild gesetzt. Es sei ihm daher spruchgemäß ein Entfernungsauftrag zu erteilen gewesen.

    Der Beschwerdeführer hält dagegen, der Steg sei bereits 1961 baubehördlich bewilligt worden. Im Einreichplan vom Jänner 1961 seien zwei Steganlagen eingezeichnet; dem könne entnommen werden, dass Steganlagen bereits damals bestanden hätten. Es könne daher "nicht zwingend" davon ausgegangen werden, dass der Steg nicht bereits vor dem 18. Oktober 1940, dem Tag des erstmaligen Inkrafttretens eines dem § 9 Abs. 1 Oö NatSchG entsprechenden Verbotes, errichtet worden sei. Diesfalls liege jedoch ein bewilligungsfreier "Altbestand" vor. Es könne auch "nicht zwingend" davon ausgegangen werden, dass der Steg nicht im Zuge des Baubewilligungsverfahrens im Jahre 1961 oder davor auch naturschutzrechtlich bewilligt worden sei. Es sei nämlich anzunehmen, dass die Baubehörde, wenn sie im Jahre 1961 einen konsenslosen Steg vorgefunden hätte, entsprechende Veranlassungen getroffen hätte. Dies sei nicht geschehen, sodass der "Anschein" dafür spreche, dass der Steg naturschutzbehördlich bewilligt sei bzw. dass ein bewilligungsfreier "Altbestand" vorgelegen sei. Soweit sich die belangte Behörde auf ein Flugfoto aus dem Jahre 1965 stütze, habe sie dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör eingeräumt. Sollte es sich bei diesem Flugfoto jedoch um jenes Lichtbild handeln, das im Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung gemäß § 9 Abs. 1 Oö NatSchG eingeholt worden sei, hätte der Beschwerdeführer vorgebracht, dass auf diesem Bild der Steg ersichtlich sei bzw. hätte er Gründe genannt, weshalb der Steg auf dem unscharfen Bild nicht zu erkennen sei, obwohl er vorhanden gewesen sei. Überdies hätte er Zeugen namhaft gemacht, die den Bestand des Steges im Jahre 1965 - aber auch davor und danach - hätten bestätigen können. Der Beschwerdeführer habe den Steg zwar nach einer Beschädigung durch ein Hochwasser im Jahr 2002 "grundlegend saniert". Reine Sanierungsmaßnahmen könnten aber an der Qualifikation des Steges als "Altbestand" nichts ändern.

    Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

    Der Beschwerdeführer bestreitet die Eingriffswirkung der im Uferschutzbereich des Mondsees errichteten Steganlage auf das Landschaftsbild iSd § 9 Abs. 1 Oö NatSchG nicht, sondern vertritt die Auffassung, die Steganlage bedürfe als "Altbestand" keiner naturschutzbehördlichen Feststellung bzw. es sei ihr naturschutzbehördlicher Konsens zu vermuten.

    Nach ständiger hg. Judikatur ist unter einem "Altbestand" eine Maßnahme zu verstehen, die vor Inkrafttreten eines entgegenstehenden gesetzlichen Verbotes gesetzt wurde und seither unverändert besteht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2005/10/0145, und die dort zitierte Vorjudikatur). Ein ohne behördliche Feststellung iSd § 9 Abs. 1 Oö NatSchG zulässiger "Altbestand" läge daher vor, wenn die Steganlage vor dem 18. Oktober 1940, dem Tag des erstmaligen Inkrafttretens eines dem § 9 Abs. 1 Oö NatSchG entsprechenden Verbotes (vgl. nochmals das Erkenntnis vom 29. Jänner 2009 und die dort zitierte Vorjudikatur) errichtet worden und seither unverändert bestehen geblieben wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall; hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren doch selbst erklärt, dass der Steg durch ein Hochwasser "glaublich im Jahre 2002" massiv in Mitleidenschaft gezogen worden sei, sodass dessen "grundlegende Sanierung bzw. Neuerrichtung" erforderlich gewesen sei. Mit dem Beschwerdevorbringen, das nur noch von einer Sanierung spricht, entfernt sich der Beschwerdeführer von seinen Angaben im Verwaltungsverfahren, die die belangte Behörde ihrem Bescheid zu Grunde legen durfte. Dass aber im Fall der Neuerrichtung einer Steganlage nicht mehr von einem unveränderten Bestand gesprochen werden kann und daher die Qualifikation der neu errichteten Anlage als "Altbestand" zu verneinen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 3. November 2008, Zl. 2007/10/0141, sowie vom 25. Februar 2003, Zl. 2001/10/0109).

    Damit kann auch auf sich beruhen, ob auf dem Flugbild aus dem Jahre 1965 eine Steganlage zu erkennen ist. Selbst wenn das so wäre, hätte dieser Bestand für die Frage der Rechtmäßigkeit der derzeitigen, neuerrichteten Steganlage keine Bedeutung. Auch die diesbezüglich gerügte Verletzung des Parteiengehörs wäre daher nicht entscheidungswesentlich.

    Was aber das weitere Vorbringen anlangt, es sei ein naturschutzbehördlicher Konsens der Steganlage zu vermuten, weil andernfalls die Behörde schon früher Schritte zu deren Entfernung gesetzt hätte, bzw. es sei die Annahme, es liege kein naturschutzbehördlicher Konsens vor, "nicht zwingend", so ist dieses Vorbringen so wenig substanziiert, dass es schon aus diesem Grund ungeeignet ist, die nicht als unschlüssig zu erkennende Annahme der belangten Behörde, für die in Rede stehende Steganlage liege keine Feststellung iSd § 9 Oö NatSchG vor, in Zweifel zu ziehen.

    Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

    Wien, am 31. März 2009

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