Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art131 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §10 Abs3 lita;
NatSchG Krnt 1986 §10 Abs3;
NatSchG Krnt 1986 §4 lita;
NatSchG Krnt 1986 §54 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §61 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §61 Abs3;
NatSchG Krnt 1986 §8 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2003:2001100109.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan vom 27. März 2000 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 4 lit. a, 8, 9 Abs. 1 lit. a, b und c, 9 Abs. 2 lit. a, b und Abs. 4, 10 Abs. 3 lit. a und b, 58 und 59 Abs. 12 Kärntner Naturschutzgesetz (KNatSchG), die naturschutzrechtliche Bewilligung für
a) die Errichtung eines Badesteges, ausgehend von Parzelle Nr. 286/2, KG St. Georgen am Längsee, nach Westen in den Längsee (Badesteg West),
b) die Erneuerung des Bretterbelages und der Unterkonstruktion des nach Süden führenden Steges (Kelag-Steg) einschließlich einer Verkürzung sowie für
c) eine Anhebung des Niveaus des Badeplatzes um ca. 20 cm durch Aufschüttung mit Erde
unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Begründend wurde u. a. ausgeführt, die mitbeteiligte Partei habe in Form eines Gesamtprojektes betreffend einen Badeplatz auf dem Grundstück Nr. 286/2, KG St. Georgen am Längsee, um naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Badesteges von diesem Grundstück in den Längsee in westlicher Richtung, für die Setzung von Maßnahmen zur Erneuerung des Bretterbelages und der Unterkonstruktion einschließlich einer Verkürzung des bestehenden Steges (Kelag-Steg) sowie zur Sanierung des bestehenden Badeplatzes durch Anhebung des Niveaus um ca. 20 cm angesucht. Die Sachverständige für Gewässerökologie habe das Vorhaben der mitbeteiligten Partei in Ansehung der Verkürzung des südlichen Steges positiv beurteilt, weil dadurch eine geringere Nutzungsintensität zu erwarten sei. Gegen die Errichtung des westlichen Steges habe sei keine Einwände erhoben, weil dieser Steg gegenüber dem ursprünglich hier bestehenden keine Änderung erfahre; der renovierte Steg sei (bereits) in der gleichen Größe und in der gleichen Bauweise errichtet worden wie die ursprüngliche Anlage. Im naturschutzkundlichen Amtssachverständigengutachten sei dargelegt worden, der westliche Steg weise eine Gesamtlänge von 16 m und eine allgemeine Breite von 2 m auf. Er überbrücke einen ca. 7 m breiten moorigen Landteil, bevor er in die offene Wasserfläche des Sees eintrete. Er sei bereits in der Natur - konsenslos - vorhanden. Für den Richtung Süden reichenden Steg (Kelag-Steg) liege ebenfalls keine behördliche Bewilligung vor. Dieser Steg sei 12 m lang und 1,6 m breit; er solle auf eine Gesamtlänge von 7,2 m verkürzt werden. Der zur Anschüttung vorgesehene Badeplatz liege im nordwestlichen Teil des erwähnten Grundstückes und weise eine Fläche von ca. 250 m2 auf. Das Grundstück selbst befinde sich im Landschaftsschutzgebiet "Längsee". Es liege am Rande einer markanten Einbuchtung des ostseitigen Seeufers und sei Bestandteil eines klassischen Verlandungsmoores mit der - näher beschriebenen -
typischen Vegetationsabfolge für verlandende Seen. Die Seeverlandung erreiche hier eine Breite von weit mehr als 100 m und bestehe aus verschiedenen Feuchtgebietstypen. Von der Seeseite aus beginnend könnten folgende Typen auf dem gegenständlichen Grundstück unterschieden werden: Schwimmblattpflanzengesellschaft, Röhrichtzone, Seggenried, Pfeifengraswiese, Aschweidenbuschgesellschaft und Bruchwald. Im Bereich der beantragten Seeeinbauten bzw. der geplanten Anschüttungen auf der Liegewiese befänden sich folgende floristische Besonderheiten: Im Schwimmblattgürtel wüchsen Seerosen, Teichrosen und verschiedene submers vorkommene Wasserpflanzen, wie z.B. verschiedene Laichkraut-Arten. Die anschließende Röhrichtzone weise im Bereich der beantragten Stege eine durchschnittliche Breite von 3 bis 5 m auf und setze sich hauptsächlich aus Schilf, Schmalblättrigem Rohrkolben und Schneidried zusammen. Die uferseitigen Folgegesellschaften würden von Großseggen und Arten der angrenzenden Pfeifengraswiesen aufgebaut. Sumpf-Schwertlilie, Gilbweiderich, Sumpfstendel, Gelbes Zypergras und Fieberklee seien einige typische Feuchtezeiger. Teilweise reiche die Weidenbuschgesellschaft der dahinter liegenden Verlandungszone bis an das Längseeufer. Von den angeführten Pflanzenarten im Bereich der beantragten Stege würden die Seerose, die Teichrose, der Schmalblättrige Rohrkolben, die Sumpf-Schwertlilie und der Sumpfstendel (Orchidee) als vollkommen geschützte Pflanzenarten im Sinne der Pflanzenartenschutzverordnung gelten. Die zur Anschüttung beantragte Fläche, welche derzeit bereits als Liegewiese diene, werde von Seggen dominiert und an Trittstellen befänden sich vereinzelt Zypergräser. Besonders bemerkenswert sei das Schneidried-Röhricht, welches eine Reliktgesellschaft aus der postglazialen Wärmezeit und aus pflanzengeographischer Sicht eine Besonderheit darstelle. Das vorliegende Verlandungsmoor sei somit insgesamt ein bedeutender Standort für die Pflanzenwelt. Dem Längseeufer komme im gegenständlichen Abschnitt aber auch sehr große Bedeutung als Brut-, Nahrungs-, Deckungs- und Überwinterungsraum für eine große Anzahl von Tierarten aller Entwicklungsstufen zu. Gerade das Ostufer des Längsees sei wegen der relativ geringen Störung durch Badebetrieb ein wichtiger Brutplatz für seltene Wasservögel, wobei vor allem die Zwergdommel als eine vom Aussterben bedrohte, auch europaweit besonders zu schützende Vogelart hervorzuheben sei. Auf Grund der Größe des Aktionsradius der Vögel sei das gesamte Verlandungsmoor des Längsees, somit auch das in Rede stehende Grundstück, Lebensraum der - im Einzelnen - aufgelisteten Vögel. Der Vogelreichtum der Verlandungsmoore sei nicht zuletzt auch auf den Insektenreichtum dieser reich strukturierten Vegetationskomplexe zurückzuführen. Im Einzelnen genannte nachtaktive Schmetterlinge hätten ihren Lebensraum ganz oder teilweise in der Röhrichtzone. Gegen die beantragten Maßnahmen seien - so das Gutachten weiter - Versagungsgründe gemäß den §§ 8 und 9 Kärntner Naturschutzgesetz geltend zu machen. Dabei werde davon ausgegangen, dass ohne die beiden konsenslosen Stege ein geschlossener Schwimmblattpflanzen- bzw. Röhrichtgürtel vorhanden wäre bzw. an Stelle der konsenslosen Anschüttung ein Seggenried (= Moorfläche). Durch die Errichtung der Stege sowie durch die Anschüttung von 2.500 m2 Seggenried werde der Lebensraum seltener und geschützter Pflanzen nachhaltig beeinträchtigt. Für - im Einzelnen genannte - Arten bedeute die Errichtung der Stege und die Anschüttung des Seggenriedes teils eine direkte Zerstörung, teils eine beträchtliche Einengung ihrer Lebensmöglichkeiten. Auch durch den - von den Stegen ausgehenden - Badebetrieb und durch das Anlegen von Booten und Schwimmhilfen seien Zerstörungen des Schwimmblattgürtels zu erwarten. Seeeinbauten im Bereich von See- bzw. Teichrosenbeständen seien darum im Allgemeinen als negativ zu beurteilen. Noch gravierender seien die Auswirkungen der zur Bewilligung eingereichten Maßnahmen auf den Lebensraum seltener und gefährdeter Tiere. Im Einzelnen angeführte Vögel bräuchten das Röhricht als Schlafplatz, als Brutversteck, als Brutplatz, Rastplatz und Nahrungsraum, als Unterschlupf oder Deckung zum Mausern. Die meisten dieser Vögel seien bezüglich menschlicher Störungen sehr empfindlich. Sie würden danach trachten, zwischen ihrer Lebenstätigkeit und einem Störungserreger eine entsprechend große "Pufferzone" einzuschalten. Das Biotop gliedere sich demnach in einen "Kernbereich", in dem die Tiere ungestört leben könnten, und eine "Pufferzone" von artspezifisch unterschiedlicher Breite. Werde daher der bisherige Kernbereich durch eine Störquelle durchschnitten, so bilde jeder der beiden Teile wiederum eine Kern- und eine Pufferzone, sodass die beiden neuen Kernzonen gegenüber der ursprünglichen flächenmäßig wesentlich verkleinert seien. Die beiden durch die Verlandungszone und das Röhricht führenden Stege sowie die Schüttfläche seien "aus der Sicht der Vogelwelt" als eine solche Störquelle anzusehen, durch die das Biotop zerschnitten, überproportional verkleinert und dadurch wesentlich beeinträchtigt würde. Die Störung bestehe - abgesehen von der direkten Zerstörung des Röhrichts und der Moorvegetation - im immer wiederkehrenden Begehen dieser Flächen durch die Badenden, bzw. überhaupt durch die Tatsache des Aufenthaltes von Menschen auf diesen Flächen. Weitere Stege im Bereich einer weit gehend intakten Verlandungsvegetation sollten daher im Allgemeinen nicht mehr errichtet werden. Die Belassung der konsenslos vorhandenen Stege und Schüttflächen im Moor bedeute nicht nur eine negative Veränderung des Haushaltes der Natur im Bereich der betroffenen Quadratmeter, sondern habe in letzter Konsequenz u.a. auch wegen des gegebenen Aktionsradius der hauptbetroffenen Tiere Auswirkungen auf den gesamten Lebensraum "Verlandungsgürtel des Längsees". Was die Auswirkungen der Stege und der Anschüttung auf die Kleintierwelt anlange, so lasse sich zwar ohne genaue direkte Untersuchung nicht sagen, dass dadurch ein wesentlicher Bestand der aufgelisteten Arten vernichtet werde, wohl aber sei auf Grund von Untersuchungen an einem anderen Moor die Feststellung "wissenschaftlich korrekt", dass der Lebensraum dieser Arten nachhaltig beeinträchtigt oder zerstört werde. Auch die Zerstörung relativ kleiner Schilfflächen spiele eine wesentliche Rolle; auch Schilfflächen in der Größe der beantragten Stege seien unbedingt erhaltungswürdig. Die Belassung der konsenslos durchgeführten Maßnahmen, an deren Stelle sich de jure die Vegetation des Verlandungsgürtels befinde, bedeute also eine wesentliche Beeinträchtigung des Lebensraumes seltener, gefährdeter und geschützter Vögel und Kleintierarten. Durch die konsenslos erfolgte Stegerrichtung sei auch der Tatbestand der nachhaltigen Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes erfüllt. Der nach Süden gerichtete Steg ("Kelag-Steg") zeige sich als der überhaupt einzige Steg in einem ansonsten praktisch naturbelassenen buchtartigen Abschnitt des Längsees. Durch die beantragten Stege und die Liegefläche werde der Eindruck der Naturbelassenheit der Uferlandschaft wesentlich gestört und es komme auch zu einer Aufsplitterung der Ufervegetation. Eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sei im Allgemeinen bei einem schmalen, durch Schilf führenden Steg eher gering; im vorliegenden Fall sei allerdings insbesondere der nach Westen reichende Steg mit einer Breite von 2 m ziemlich breit und eher wuchtig geplant bzw. ausgeführt; durch die angebaute Plattform, welche über den Röhrichtraum hinausrage, verliere er noch völlig seine Proportionen, sodass er sich letztlich insbesondere wegen seiner Größe und klobigen Form unharmonisch von seiner Umgebung abhebe.
In ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten habe die mitbeteiligte Partei u.a. ausgeführt, es treffe zu, dass für den nach Westen führenden Badesteg kein naturschutzrechtlicher Konsens bestehe, wohl aber habe an der selben Stelle bis zur Erneuerung im Jahre 1991 in gleicher Form und Größe ein Steg bestanden. Der nach Süden reichende Steg ("Kelag-Steg") sei wasserrechtlich bewilligt und lange vor Inkrafttreten des Kärntner Naturschutzgesetzes errichtet worden. Gerügt werde, dass konkrete Feststellungen über an Ort und Stelle anzutreffende Pflanzen nicht getroffen worden seien. Im direkten Bereich der Stege befänden sich nämlich weder Gesellschaften der Seerose, Teichrose, Sumpf-Schwertlilie noch des Sumpf-Stendels. Lediglich eine Teichrose befinde sich unmittelbar beim nach Westen führenden Steg; diese entwickle sich sehr gut. Die Liegewiese werde seit Jahrzehnten gemäht, sie weise lediglich an den Rändern die beschriebenen Pflanzen auf. In unmittelbarer Nähe des nach Westen führenden Badesteges niste zwar alljährlich eine Zwergdommel. Diese werde offensichtlich nicht gestört, zumal der Badebetrieb erst ab Mitte Juni, also nach der ersten Brutzeit beginne und ab Anfang September allmählich ende. Im Gutachten werde verkannt, dass die derzeit bestehende Situation ohne zeitliche Unterbrechung seit Ende der 40er-Jahre sowohl räumlich als auch bezüglich des Naturhaushaltes unverändert geblieben sei. Es sei die Annahme unzutreffend, dass de jure von einem ursprünglichen Naturzustand auszugehen sei. Die Sanierung der Liegewiese durch minimale Aufschüttung des Niveaus betreffe im Übrigen eine Fläche von 330 m2 und nicht wie im Gutachten behauptet, von 2.500 m2. Auch die Annahmen betreffend die Auswirkungen auf die Kleintierwelt ließen sich ohne genaue Erhebung vor Ort nicht aufrecht erhalten. Im Übrigen stellten die beiden Stege seit Jahrzehnten einen Bestandteil der Seelandschaft dar und könnten daher den Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nicht beeinträchtigen.
Die Ermittlungen der Behörde betreffend den Errichtungszeitpunkt des nach Westen führenden ursprünglichen Steges hätten ergeben, dass dieser zumindest seit dem Jahre 1956 bestehe und wasserrechtlich als bewilligt anzusehen sei. Der nach Süden führende Steg ("Kelag-Steg") sei mit Bescheid der BH vom 14. Dezember 1972 gemäß den §§ 2 und 5 Landschaftsschutzgesetz 1969 bewilligt worden. Gleichzeitig sei gemäß den §§ 3 und 5 dieses Gesetzes die Bewilligung für eine Anschüttung des bisherigen Badeplatzes - unter Auflagen - erteilt worden. Der in Rede stehende Bereich sei laut Flächenwidmungsplan als "Badeplatz" gewidmet. Das Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz gehe daher von falschen Voraussetzungen aus, wenn es als Vergleichsmaßstab einen ursprünglich bestehenden Naturzustand heranziehe, statt davon auszugehen, dass die beiden Stege seit ca.50 Jahren Bestandteil des Längseeufers seien. Die somit auf unzutreffender Grundlage basierenden sachverständigen Schlussfolgerungen gingen demnach an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei; das Gutachten sei wegen dieser Mängel als Beweismittel nur bedingt verwendbar. Vielmehr müsse - bei objektiver Betrachtung - u.a. auf Grund des jahrzehntelangen wasserrechtlich und zum Teil auch naturschutzrechtlich bewilligten Bestandes der Stege und des Badeplatzes davon ausgegangen werden, dass durch das Vorhaben der mitbeteiligten Partei weder der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachteilig beeinträchtigt werde noch eine Beeinflussung des Landschaftsbildes gegeben sei. Die Amtssachverständige für Gewässerökologie habe keine Einwendungen erhoben; die Vogelwelt habe sich im Lauf der letzten 50 Jahre sicherlich auf den Umstand der beiden Stege und auf den Badeplatz eingestellt. Es seien daher dem Antrag der mitbeteiligten Partei Folge zu geben und die beantragten Genehmigungen zu erteilen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gemäß § 61 Abs. 3 Kärntner Naturschutzgesetz erhobene Beschwerde des beim Amt der Kärntner Landesregierung eingerichteten Naturschutzbeirates.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 Abs. 3 Kärntner Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 54/1986 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 12/2002 (KNatSchG), kann der Naturschutzbeirat gegen Bescheide, vor deren Erlassung er nach § 54 Abs. 1 zu hören ist, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, insoweit er im Rahmen der Anhörung (§ 54 Abs. 1) Einwendungen vorgebracht hat.
Gemäß § 54 Abs. 1 KNatSchG ist der Naturschutzbeirat vor der Erlassung von Bescheiden, mit denen Bewilligungen nach § 4 lit. b oder c, § 5 Abs. 1 lit. a oder c, Ausnahmebewilligungen nach § 10 erteilt werden oder Gelände zur Ausübung der im § 5 Abs. 1 lit. f genannten Sportarten festgelegt wird, zu hören.
Die Beschwerdebefugnis des Naturschutzbeirates erstreckt sich somit zum einen nur auf solche Bescheide, die auf den im § 54 Abs. 1 KNatSchG genannten Bewilligungstatbeständen beruhen. Zum anderen ist der Naturschutzbeirat auf die Geltendmachung jener Gründe beschränkt, die Gegenstand der im Rahmen der Anhörung nach § 54 Abs. 1 KNatSchG vorgebrachten Einwendungen waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0076).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der mitbeteiligten Partei u.a. gemäß § 10 Abs. 3 lit. a und b KNatSchG Ausnahmen von den Verboten gemäß § 8, in Moor- und Sumpfflächen, Schilf- und Röhrichtbeständen, Anschüttungen und sonstige den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig gefährdenden Maßnahmen vorzunehmen, zur Errichtung eines Steges, Erneuerung eines weiteren Steges sowie zur Aufschüttung eines Badeplatzes bewilligt. Dem Naturschutzbeirat kam daher gemäß § 54 Abs. 1 KNatSchG ein Anhörungsrecht und insoweit er im Rahmen der Anhörung Einwendungen vorgebracht hat gemäß § 61 Abs. 3 KNatSchG die Befugnis zur Beschwerdeerhebung an den Verwaltungsgerichtshof zu.
Die mitbeteiligte Partei behauptet in ihrer Gegenschrift unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2000, VfSlg. 16.029, § 61 Abs. 3 KNatSchG sei verfassungswidrig. Der Naturschutzbeirat sei als Kollegium von Sachverständigen im Verfahren zur Objektivität verpflichtet. Die Befugnis zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bewirke daher einen unlösbaren Konflikt zwischen dieser Rolle des objektiven Gutachterkollegiums und der Rolle als beschwerdeführende Amtspartei.
Nun hat der Verfassungsgerichtshof in dem erwähnten, zum O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1995 ergangenen Erkenntnis dargelegt, die dem Amtssachverständigen dort eingeräumte Befugnis, als Partei ein Berufungsverfahren einzuleiten, wenn seinem Gutachten von der Behörde nicht entsprochen worden ist, könne geeignet sein, das Vertrauen in die Objektivität des Sachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren und damit die Objektivität des Verfahrens insgesamt zu gefährden. Die Verknüpfung der Stellung des Amtssachverständigen mit jener einer Amtspartei sei unsachlich. Die Stellung einer Amtspartei sei mit der Stellung eines - im Konflikt zwischen Privatinteressen und Interessen des Naturschutzes - objektiven Sachverständigen nicht vereinbar und stehe daher im Widerspruch zum Gleichheitssatz.
Eine derartige - verfassungswidrige - Konstellation normieren die in Rede stehenden Bestimmungen des KNatSchG allerdings nicht. Der Naturschutzbeirat ist nämlich gemäß § 61 Abs. 1 KNatSchG zur Beratung der Landesregierung in grundsätzlichen Fragen des Schutzes und der Pflege der Natur eingerichtet. Es obliegt ihm also nicht, in einzelnen Naturschutzverfahren zu beraten bzw. ein Sachverständigengutachten abzugeben. Vielmehr ist es in bestimmten, in § 54 Abs. 1 NatSchG genannten Verfahren seine Sache, im Wege der Erhebung von Einwendungen die Interessen des Naturschutzes "gleichsam in der Rolle eines Naturschutzanwaltes für Kärnten" geltend zu machen (vgl. die Gesetzesmaterialien, RV, Zl. Verf-30/2/1986, S. 84 f). Die weiterreichende Befugnis gemäß § 61 Abs. 3 KNatSchG, diesen Standpunkt auch durch Amtsbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend zu machen, ist nur konsequent und führt auch nicht zu einer - unsachlichen - Verknüpfung der verschiedenen Funktionen des Naturschutzbeirates. Schließlich gehörte die im vorliegenden Verfahren beigezogene Amtssachverständige für Naturschutz - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - dem Naturschutzbeirat auch nicht als Mitglied an.
Die von der mitbeteiligten Partei behauptete Verfassungswidrigkeit liegt somit nicht vor; der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren zu beantragen.
Der Naturschutzbeirat hat nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten im Rahmen der Anhörung Einwendungen erhoben und diese damit begründet, "dass für den Badesteg ein Abbruchbescheid vorliegt und somit von einem Altbestand nicht gesprochen werden kann, durch die Anschüttung auf jeden Fall ein Eingriff in den Haushalt der Natur vorgenommen wird und durch einen weiteren Einbau eine empfindliche Störung der Seeverlandungszone samt Fauna und Flora erfolgt. Das naturschutzfachliche Gutachten ist schlüssig und wird unrichtig gewürdigt, des Weiteren wird das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Natur zu wenig bzw. überhaupt nicht gewürdigt".
In der vorliegenden Beschwerde bringt der Naturschutzbeirat im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten zu Unrecht als unbrauchbar qualifiziert. Durch die Anschüttung und die Stegerrichtung würden jedenfalls die im Gutachten dargestellten Folgen (Lebensraumzerstörung bzw. -beeinträchtigung) eintreten. Bei Stegerrichtung und Anschüttung handle es sich auch nicht um einen so genannten Altbestand; von einem unverändert andauernden Bestand der Steganlage könne schon deshalb nicht gesprochen werden, weil die belangte Behörde selbst davon ausgehe, dass an Stelle des im Winter 1990/91 demolierten Badestegs an derselben Stelle und in derselben Größe ein neuer Steg errichtet worden sei. Schließlich habe die belangte Behörde auch keine Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 10 Abs. 3 lit. b KNatSchG vorgenommen. Die Widmung als "Badeplatz" bedeute lediglich einen Anknüpfungspunkt für ein öffentliches Interesse an einer entsprechenden Nutzung der Liegenschaft. Sie bedeute jedoch nicht, dass dem öffentlichen Interesse an einer der Widmung entsprechenden Nutzung nur entsprochen werden könne, wenn eine Steganlage errichtet werde. Überdies gebe es ohnedies einen Steg in Richtung Süden.
Gemäß § 8 Abs. 1 KNatSchG ist in Moor- und Sumpfflächen, Schilf- und Röhrichtbeständen sowie in Au- und Bruchwäldern die Vornahme von Anschüttungen, Entwässerungen, Grabungen und sonstigen den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig gefährdenden Maßnahmen verboten.
Ausnahmen von den Verboten des § 8 dürfen gemäß § 10 Abs. 3 KNatSchG bewilligt werden, wenn
a) durch das Vorhaben weder das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst würde, noch das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum oder der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde oder
b) das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme und dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist, als das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Feuchtgebietes verstörenden Eingriffen.
Die belangte Behörde ist nicht davon ausgegangen, es liege ein so genannter "Altbestand" vor. Darunter wäre ein Eingriff zu verstehen, der bereits vor Inkrafttreten einer entsprechenden gesetzlichen Regelung (hier des § 8 KNatSchG) gesetzt wurde und seither unverändert andauert, wobei vom unverändert andauernden Bestand einer Steganlage bereits dann nicht gesprochen werden kann, wenn diese demontiert und danach neu errichtet wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1997, Zl. 94/10/0023, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Vielmehr ist die belangte Behörde davon ausgegangen, das Vorhaben der mitbeteiligten Partei (Errichtung/Erneuerung eines Steges, Anschüttung) dürfe im Grunde der §§ 4 lit. a und 10 Abs. 3 KNatSchG nur mit behördlicher Bewilligung ausgeführt werden. Diese Bewilligung könne erteilt werden, weil das Vorhaben weder das Landschaftsbild nachteilig beeinflusse, noch das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum noch der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig gefährde. Dies im Wesentlichen wegen des - zum Teil naturschutzrechtlich bewilligten - langjährigen Bestandes der Steganlagen bzw. des Badeplatzes; das zu anderen Ergebnissen führende Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz sei nicht nachvollziehbar und daher unberücksichtigt zu lassen ("nur bedingt verwertbar").
Nun erfordert die Beurteilung des Tatbestandsmerkmales der "nachhaltigen Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum" nachvollziehbare, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere und Pflanzen bezugnehmende, naturwissenschaftliche, auf die qualitativen und quantitativen Aspekte des konkretes Falles und auf die Art der beantragten Maßnahme Bedacht nehmende Feststellungen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1997, Zl. 94/10/0105, und die dort zitierte Vorjudikatur). Wird ein von der Behörde hiezu eingeholtes Gutachten diesen Anforderungen nicht gerecht, weil es - wie die belangte Behörde im vorliegenden Fall annahm - durch Außerachtlassung tatsächlicher Umstände auf unzutreffenden Prämissen beruht, so wäre es zwar verfehlt, dieses Gutachten zur Grundlage einer Entscheidung betreffend die Erfüllung des erwähnten Tatbestandsmerkmales zu machen. Genauso verfehlt ist jedoch eine Vorgangsweise, die es überhaupt unterlässt, die erforderlichen Feststellungen zu treffen und dennoch über die Erfüllung des betreffenden Tatbestandsmerkmales abspricht.
Selbst wenn das eingeholte Sachverständigengutachten daher, indem es -wie die belangte Behörde dargelegt hat - fälschlich von einem Naturzustand statt von einem, durch naturschutzrechtlich nicht zu entfernende Anlagen geprägten Landschaftsraum ausging, auf unzutreffenden Prämissen beruht, und daher als Entscheidungsgrundlage "nur bedingt verwertbar" ist, so enthob dies die Behörde nicht von der Verpflichtung, die zur Beurteilung der Tatbestandsmerkmale des § 10 Abs. 3 lit. a KNatSchG erforderlichen tatsächlichen Feststellungen - sei es mit Hilfe eigenen Fachwissens, sei es durch Ergänzung des eingeholten oder durch Einholung eines neuen Gutachtens - zu treffen und nachvollziehbar zu begründen. Der Hinweis auf einen jahrzehntelangen Bestand der Steganlagen ersetzt nicht die gebotenen Feststellungen, welche Veränderungen im Gefüge des Haushaltes der Natur als Folge einer Verwirklichung des Vorhabens der mitbeteiligten Partei zu erwarten sind. Dieser Beurteilung ist ein Vergleich des zu erwartenden Zustandes mit dem vor Ausführung des Vorhabens tatsächlich bestehenden Zustand zugrunde zu legen, wobei die Auswirkungen vorhandener Eingriffe, die der naturschutzrechtlichen Entfernung nicht unterliegen, zu berücksichtigen sind. Gleiches gilt für die Beurteilung der Tatbestandsmerkmale der "nachteiligen Beeinflussung des Landschaftsbildes" und der "nachhaltigen Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Lebensraumes" und die hiefür erforderlichen Feststellungen (zu den bestehenden Anforderungen vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1995, Zl. 93/10/0187, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Indem die belangte Behörde daher ohne die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen annahm, das den Bewilligungsantrag der mitbeteiligten Partei bildende Vorhaben erfülle die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von den Verboten des § 8 KNatSchG, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG zu einem im Ergebnis anderen
Bescheid gelangt wäre. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Wien, am 25. Februar 2003
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