Normen
AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §18;
StbG 1985 §20 Abs2;
AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §18;
StbG 1985 §20 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Oktober 2004 wurde gemäß § 20 StbG dem Erstbeschwerdeführer die Verleihung und der Zweitbeschwerdeführerin die Erstreckung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, dass beide jeweils für sich binnen zwei Jahren den Nachweis über das Ausscheiden aus dem rumänischen Staatsverband erbringen.
Der Erstbeschwerdeführer bestätigte bei der Ausfolgung des Zusicherungsbescheides niederschriftlich unter anderem, dass er nicht gerichtlich verurteilt sei, gegen ihn kein Strafverfahren anhängig sei und er zur Kenntnis nehme, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft erst erfolgen könne, wenn aktuelle Polizeiauskünfte vorlägen.
Am 31. März 2006 legten die Beschwerdeführer jeweils eine Bestätigung der rumänischen Botschaft vor, dass ihr Ansuchen für den Verzicht auf die rumänische Staatsangehörigkeit durch Beschluss der Regierung Rumäniens vom 2. März 2006 genehmigt worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Dezember 2006 wurde
- der Bescheid der belangten Behörde vom 20. Oktober 2004 gemäß § 20 Abs. 2 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 (StbG), widerrufen (Spruchpunkt I.),
- das Ansuchen des Erstbeschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 StbG abgewiesen (Spruchpunkt II.) und
- der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 18 StbG abgewiesen (Spruchpunkt III.).
Begründend stellte die belangte Behörde zunächst fest (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung, die Einbürgerungsvoraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 - 8 StbG einer Überprüfung zu unterziehen, wurde ha. neuerlich an die Sicherheitsbehörden herangetreten.
1) Dabei erlangte das Amt der Wiener Landesregierung Kenntnis von einer rechtskräftigen Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 29. Juni 2005 wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 StGB zu zwei Monaten Freiheitsstrafe, welche gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt machgesehen wurde. Die Probezeit endet daher voraussichtlich am 29. Juni 2008. Getilgt wird diese Freiheitsstrafe - weitere Straffreiheit bis dahin vorausgesetzt - frühestens am 29. Juni 2010 sein. Der Verurteilung lag zu Grunde, dass der Erstbeschwerdeführer Ende Mai 2004 von C G den von
R F P, C G und C G I in der Nacht von 17. auf 18. Mai 2004 in G M gestohlenen Flachbildschirm der Marke Philips um EUR 100,-- sowie den von S I am 11. November 2003 in K gestohlenen Laptop der Marke Toshiba, Typ Tecra 730 CDT, um EUR 200,-- kaufte. Bei der Strafbemessung wurde u.a. sein Geständnis als mildernd, die Wiederholung der strafbaren Handlung als erschwerend gewertet.
2) Anzumerken ist, dass der Erstbeschwerdeführer bereits zur Zahl 17 E Vr 798/93, HV 52/93, vom Landesgericht St. Pölten am 27. September 1993 wegen Urkundenunterdrückung und eines Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen a ATS 200,-- verurteilt wurde.
3) Auch wurde der Erstbeschwerdeführer vom Strafbezirksgericht Wien zur Zl. 9 BAZ 23061/94 bzw. 7 U 464/94 am 2. September 1994 wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen a ATS 200,-- verurteilt.
4) Weiters scheinen beim Bezirkspolizeikommissariat Ottakring
zur Zahl S 109.955/04 Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 4/1c,
4/5 StVO, § 14/8 FSG und § 42/1 KFG auf, für welche der
Erstbeschwerdeführer laut Strafverfügung vom
30. September 2004 einen Gesamtbetrag von EUR 624,-- bezahlen
musste. Dieser Bestrafung lag zu Grunde, dass der
Erstbeschwerdeführer am 19. Juni 2004 um 17.59 Uhr in W als Lenker
des Skoda Fabia W-... an einem Verkehrsunfall beteiligt war und es
unterlassen hat, an der Sachverhaltsklärung mitzuwirken, von
diesem Vorfall die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen
Aufschub zu verständigen, das KFZ W-... gelenkt hat, obwohl der
Alkoholgehalt seiner Atemluft mehr als 0,25 mg/1 betrug und es als Zulassungsbesitzer des Skoda Fabia W-... seit 18. März 2004 unterlassen hat, binnen einer Woche die Änderung der im Zulassungsschein angeführten Adresse von W 15 nach W 6, der Behörde anzuzeigen und im Zulassungsschein eintragen zu lassen.
Darüber hinaus wurde der Erstbeschwerdeführer vom Polizeikommissariat Meidling zur Zahl S 194.244/04 wegen Schnellfahrens gemäß § 20/2 StVO mit EUR 56,-- bestraft.
5) Überdies wies der Erstbeschwerdeführer bereits früher folgende polizeilichen Vermerkungen auf:
Im Polizeikommissariat Fünfhaus:
zur Zahl S 157.907/99: Strafe von EUR 58,14 wegen
§ 20/2 StVO
zur Zahl S 170.480/99: Strafe von EUR 72,67 wegen § 42/1 KFG zur Zahl S 9.704/01: Strafe von EUR 87,21 wegen § 103/1 iVm § 36e KFG
Im Polizeikommissariat Brigittenau:
Zur Zahl S 113.769/99: Strafe von EUR 109,01 wegen
§ 38/5 StVO"
Sodann führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, sie habe bei der Prüfung, ob das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG vorliege, vom Gesamtverhalten eines Einbürgerungswerbers, das wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird, auszugehen. Zur Beurteilung dürften auch bereits getilgte Vorstrafen herangezogen werden. Aufgrund der zahlreichen Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung, insbesondere der erst am 29. Juni 2005 erfolgten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Hehlerei, der erst vor zwei Jahren erfolgten Bestrafung wegen Lenken eines KFZ im alkoholisierten Zustand, einer ebenfalls erst vor zwei Jahren erfolgten Bestrafung wegen Schnellfahrens, aber auch der bereits getilgten zweimaligen strafgerichtlichen Verurteilungen sei es nicht auszuschließen, dass der Erstbeschwerdeführer auch in Zukunft wesentliche, zur Abkehr und Unterdrückung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften missachte. Auch bei Berücksichtigung des langjährigen Aufenthalts in Österreich, der unbefristeten Niederlassungsbewilligung und der allfälligen beruflichen Integration ergebe die Abwägung, dass derzeit noch die negativen Umstände überwiegten.
Der Zusicherungsbescheid sei gemäß § 20 Abs. 2 StbG zu widerrufen gewesen, da die Voraussetzungen für eine Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft im Nachhinein weggefallen seien, der Antrag auf Verleihung sei wegen Vorliegens eines Einbürgerungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG abzuweisen gewesen.
Da gemäß § 18 StbG eine Erstreckung der Verleihung nur gleichzeitig mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft verfügt werden könne, sei die Erstreckung der Verleihung auf die Zweitbeschwerdeführerin nicht möglich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die belangte Behörde geht im bekämpften Bescheid davon aus, dass beim Erstbeschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG im Nachhinein weggefallen und sohin die Zusicherung gemäß § 20 Abs. 2 StbG zu widerrufen sei. Diese Beurteilung gründet die belangte Behörde - wie die oben wiedergegebenen Feststellungen zeigen - tragend auf eine nach Erlassung des Zusicherungsbescheides erfolgte gerichtliche Verurteilung, der jedoch ein im Mai 2004 und damit vor Erlassung des Zusicherungsbescheides gesetztes strafbares Verhalten zu Grunde lag.
2.1. Wie im hg. Erkenntnis vom 30. August 2005, Zl. 2004/01/0444, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, näher dargelegt, bietet indes § 20 Abs. 2 StbG keine Grundlage für den Widerruf einer Zusicherung und die gleichzeitige Abweisung eines Verleihungsantrages nach § 10 Abs. 1 Z 6 leg. cit., wenn das maßgebliche Fehlverhalten im Zeitpunkt der Erlassung des Zusicherungsbescheides bereits vorgelegen hatte (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 2006, Zl. 2005/01/0316). Das war hier der Fall, weil der Erstbeschwerdeführer sein strafbares Verhalten schon im Mai 2004 gesetzt hat. Wie im zitierten Erkenntnis vom 30. August 2005 angeführt, könnte der Umstand, dass der belangten Behörde die Straftat bei Erlassung des Zusicherungsbescheides nicht bekannt war, lediglich Anlass zu einer Wiederaufnahme des Zusicherungsverfahrens geben.
2.2. Hinzuzufügen ist, dass es im vorliegenden Fall auch nicht möglich gewesen wäre, den Verleihungsantrag und den Erstreckungsantrag ohne Widerruf der Zusicherung abzuweisen. Die in diese Richtung weisende Rechtsprechung (vgl. etwa das im Zusammenhang mit § 10 Abs. 1 Z 6 StbG ergangene hg. Erkenntnis vom 4. September 2008, Zl. 2006/01/0740, mit Verweis auf die hg. Erkenntnisse vom 28. Jänner 2005, Zl. 2004/01/0171, und vom 3. Dezember 2003, Zl. 2002/01/0291) bezieht sich auf Fälle der Abweisung eines Verleihungsansuchens aufgrund nachträglich - nach Zusicherung - eingetretener Umstände (daran ändert auch der Umstand nichts, dass neben dem nach Zusicherung gesetzten Fehlverhalten, das für das Vorliegen eines Einbürgerungshindernisses gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 StbG den Ausschlag gibt, auch vor der Zusicherung begangene Übertretungen herangezogen werden können - vgl. auch hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom 4. September 2008). Nur in einem solchen Fall eines an sich gemäß § 20 Abs. 2 StbG zulässigen Widerrufs der Zusicherung wird der Zusicherungsbescheid durch eine Abweisung des Verleihungsansuchens auch ohne ausdrücklichen Widerruf gegenstandslos.
3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
4. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Das (auf den Ersatz der zweifachen Eingabegebühr und des zweifachen Schriftsatzaufwandes gerichtete) Mehrbegehren war aus folgenden Gründen abzuweisen: Zum einen war gemäß § 24 Abs. 3 VwGG die Eingabegebühr nur einfach zu entrichten. Zum anderen ist die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz, wenn mehrere Beschwerdeführer einen Bescheid gemeinsam in einer Beschwerde angefochten haben, gemäß § 53 Abs. 1 VwGG so zu beurteilen, wie wenn die Beschwerde nur von dem in der Beschwerde erstangeführten Beschwerdeführer eingebracht worden wäre.
Wien, am 23. April 2009
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