VwGH 2007/01/0077

VwGH2007/01/007726.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stelzl, über die Beschwerde der S T A (geboren 1973) in K, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. Oktober 2006, Zl. 210.225/0-XI/33/99, betreffend § 7 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Ägypten und reiste am 10. Oktober 1995 in das Bundesgebiet ein. Sie stellte am 28. September 1998 einen Antrag auf Gewährung von Asyl, den sie im Wesentlichen damit begründete, ihr Ehegatte und ihr Bruder würden in ihrem Herkunftsstaat wegen eines Anschlages gesucht. Nun fürchte sie in ihrem Herkunftsstaat ihre Verhaftung und Folterung, da sie eine Angehörige von Personen sei, welche die oben erwähnte Straftat begangen hätten.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes (BAA) vom 20. April 1999 wurde dieser Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Ägypten wurde gemäß § 8 AsylG für nicht zulässig erklärt. Begründend führte das BAA zu § 7 AsylG aus, das Vorbringen der Beschwerdeführerin sei nicht glaubhaft. Die Unzulässigkeit des Refoulement nach § 8 AsylG begründete das BAA damit, dass die Beschwerdeführerin zwar keine Gefährdung glaubhaft gemacht habe, doch könne im Hinblick auf ihren nunmehrigen Auslandsaufenthalt im Zusammenhang mit den Fluchtgründen ihres Ehegatten davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin - da sie nunmehr Kontakt zu ihrem Ehegatten gehabt habe - im Falle ihrer Abschiebung in ihren Herkunftsstaat mit Befragungen zu rechnen habe, wobei auch eine unmenschliche Behandlung nicht ausgeschlossen sei.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Oktober 2006 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Abweisung ihres Asylantrages gemäß § 7 AsylG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges, insbesondere des Vorbringens der Beschwerdeführerin und der Begründung des Bescheides des BAA vom 20. April 1999 aus, es werde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei. Die Feststellungen zu Namen, Staatsangehörigkeit, Familienstand und Fluchtgründen der Beschwerdeführerin ergäben sich aus ihren Angaben und der ihres Ehegatten in einem näher bezeichneten Verfahren vor der belangten Behörde. Sodann führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, die Verfolgungshandlungen, die gegen den Ehegatten und den Bruder der Beschwerdeführerin gesetzt worden seien, seien - wie bereits im Verfahren des Ehegatten vor der belangten Behörde in sehr ausführlicher Weise dargestellt worden sei - lediglich strafrechtlicher Natur (Verweis auf den Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juli 2003). Dass diese rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, wonach diese Verfolgungen nicht politischer Natur seien, rechtsrichtig sei, ergebe sich aus dem hg. Beschluss vom 20. September 2006, Zl. 2003/01/0566. Da sich die Verfolgungsgründe der Beschwerdeführerin aber auf diese Verfolgungshandlungen gründeten, läge auch im gegenständlichen Verfahren keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (FlKonv) vor. Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung habe Abstand genommen werden können, da das Vorbringen der Beschwerdeführerin der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird unter anderem vorgebracht, die belangte Behörde habe bei ihrer rechtlichen Beurteilung den Konventionsgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe nicht berücksichtigt. Damit zeigt die Beschwerde eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Ausgehend von der von der belangten Behörde vorgenommenen Wahrunterstellung (die belangte Behörde legt in der Begründung des angefochtenen Bescheides dar, dass sie ihrer rechtlichen Beurteilung das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu Grunde legt) hat die Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat ihre Verhaftung und Folterung zu befürchten, weil sie eine Angehörige von Personen ist, die in diesem Herkunftsstaat eine näher bezeichnete Straftat begangen haben.

Von diesem festgestellten Sachverhalt ausgehend hat die belangte Behörde bei der Beurteilung der Asylrelevanz der (im vorliegenden Fall von ihr angenommenen) Verfolgungsgefahr die Rechtslage verkannt. Sie hätte dabei nämlich auf die Frage eines Zusammenhanges dieser Verfolgungsgefahr mit der Familienzugehörigkeit der Beschwerdeführerin als Zugehörigkeit zu einer bestimmten "sozialen Gruppe" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv eingehen müssen. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidend, ob der Ehegatte der Beschwerdeführerin seinerseits aus Konventionsgründen verfolgt worden war (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 4. März 2008, Zl. 2006/19/0358, mwN).

Es greift daher zu kurz, wenn die belangte Behörde den Asylantrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung abgewiesen hat, die (von ihr angenommenen) Verfolgungen seien nicht politischer Natur.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 26. Mai 2009

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