VwGH 2006/13/0116

VwGH2006/13/011620.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der A & W AG in L, vertreten durch Dr. Günter Schandor, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Arndtstraße 98/1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 31. Jänner 2006, GZ. RV/0034-W/2005, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 bis 2002, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §167 Abs2;
DBAbk BRD 1955 Art4 Abs2;
BAO §167 Abs2;
DBAbk BRD 1955 Art4 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Einem Bericht vom 3. Dezember 2003 über eine abgabenbehördliche Prüfung über den Zeitraum 1998 bis 2002 ist zu entnehmen, dass die in Deutschland ansässige beschwerdeführende Gesellschaft mit dem Betriebsgegenstand "Vertrieb und Support von Software" im Prüfungszeitraum in Österreich eine Betriebsstätte unterhalten habe. Nach Pkt. 1 der Niederschrift über die Schlussbesprechung zur abgabenbehördlichen Prüfung vom 28. Oktober 2003 seien von der Beschwerdeführerin keine Gewinne für die österreichische Betriebsstätte ermittelt worden. Im Zuge der Betriebsprüfung sei von der Beschwerdeführerin das Bestehen einer Betriebsstätte in Österreich gemäß Art. 4 DBA-Deutschland nicht bestritten worden. Nach Ansicht der Betriebsprüfung übe die österreichische Betriebsstätte die Funktion eines Dienstleistungsunternehmens aus. Die Ermittlung einer fremdüblichen Abgeltung und der daraus resultierenden Gewinne der Betriebsstätte erfolge nach den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen. Unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode ("auch Rechtsansicht des BMF") würden der österreichischen Betriebsstätte folgende Gewinne zugerechnet, die als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterlägen:

"Gewinnermittlung

1998

ATS

1999

ATS

2000

ATS

2001

ATS

2002

EUR

      

Aufwand Betriebsstätte

2,315.215,71

3,556.509,21

2,747.524,62

3,007.027,45

308.289,91

Gewinnaufschlag lt. BP

9,5%

9,0%

8,5%

8,0%

7,5%

Gewinn Betriebsstätte

219.945

320.086

233.540

240.562

23.121,74"

Gegen die auf der Grundlage des Betriebsprüfungsberichtes ergangenen Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2002 erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Lt. der dazu nachgereichten Begründung vom 12. Februar 2004 werde in Österreich nur ein kleines Büro unterhalten, von dem aus die in Österreich angemeldeten Dienstnehmer Kundenbetreuung und Servicearbeiten ausführten. In der Zwischenzeit sei auch beim deutschen Unternehmen eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt worden, was sich "insoweit auf die beiderseitige Vorgangsweise günstig" auswirke, als sich "eine gerechte Gewinnermittlungsmethode für die Vergangenheit und auch für die nächsten Jahre finden wird". Entsprechend den in den Beilagen aufgegliederten Berechnungen sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin anstelle der Kostenaufschlagsmethode eine "Umsatzzurechnung" vorzunehmen, wie sie auch von den deutschen Behörden anerkannt worden sei (dabei seien die abgerechneten Dienstleistungen zu 100 % der österreichischen Betriebsstätte zuzuordnen, "Lizenzen zu 20 % und Hardware zu 5%"). Dieser prozentuelle Anteil ergebe sich nach einer Verrechnungsmethode, die mit allen anderen Tochtergesellschaften ebenso gehandhabt worden sei. Die Betriebsprüfung in Deutschland habe diese Regelung nach Überprüfung unter Fremdvergleichsgrundsätzen akzeptiert.

Nach den Berechnungen lt. den Beilagen ergaben sich für die Betriebsstätte für das Jahr 1998 ein Verlust von 137.028 EUR, für die Jahre 1999 bis 2001 jeweils "Überschüsse" von 25.904 EUR,

29.327 EUR und 75.460 EUR (durch einen Abzug des Verlustvortrages aus dem Jahr 1998 wurden die Bemessungsgrundlagen für die Körperschaftsteuer 1999 und 2000 mit 0,00 EUR und für das Jahr 2001 mit 18.865 EUR ausgewiesen) sowie für das Jahr 2002 (nach einem starken Umsatzeinbruch) ein Verlust in Höhe von 130.065 EUR.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin (die auch eine "Anweisung der deutschen Finanzverwaltung über die Berücksichtigung von Verlusten aus österreichischen Betriebsstätten" und eine Stellungnahme des deutschen Finanzamtes G. zur "Betriebsstätte Österreich" vom 11. Februar 2004 vorlegte) bestehe kein Grund, auf der Kostenaufschlagsmethode zu beharren, zumal nunmehr vom deutschen Mutterunternehmen nachvollziehbare Gewinnermittlungen für die geprüften Zeiträume vorlägen und die Verluste der Jahre 1998 und 2002 wirtschaftlich erklärbar seien. Das deutsche Finanzamt habe ebenfalls der direkten Gewinnermittlungsmethode den Vorzug gegeben und die Gewinne des deutschen Unternehmens dementsprechend behandelt. Es werde daher beantragt, die Bemessungsgrundlagen für die Körperschaftsteuer nach der direkten Gewinnermittlungsmethode zu ermitteln und über ein Verständigungsverfahren mit der zuständigen deutschen Behörde auch die Vortragsfähigkeit und Verrechnung der Verluste zu ermöglichen.

Nachdem der Betriebsprüfer zur Berufung eine Stellungnahme abgegeben und die Beschwerdeführerin darauf repliziert hatte (in einem dazu vorgelegten Schreiben des deutschen Steuerberaters wird auch das Bestehen einer Betriebsstätte in Österreich im Sinne des DBA bestritten), wies das Finanzamt die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass die in der Berufung dargelegte direkte Gewinnermittlungsmethode nicht akzeptiert werden könne, weil die der österreichischen Betriebsstätte zugerechneten Umsätze nicht überprüft werden könnten und nicht nachvollziehbar seien. Das dargelegte Ergebnis würde auch dazu führen, dass für den Berufungszeitraum 1998 bis 2002 ein Betriebsstättenverlust in Höhe von insgesamt 136.401 EUR vorläge. Diese "der Willkürlichkeit ausgesetzte (direkte) Gewinnermittlungsmethode ist daher als Alternative zum Fremdvergleich i.S.d. Fremdverhaltensgrundsatzes des Art. 4 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland (BGBl. 1955/221) ungeeignet". Als Gewinnermittlungsmethode für die österreichische Betriebsstätte, die auch dem Fremdverhaltensgrundsatz entspreche, habe die Betriebsprüfung auf Grund "der Funktionsanalyse zu Recht eine indirekte Gewinnermittlungsmethode angesehen". Damit sei auch gewährleistet, dass die von der österreichischen Betriebsstätte für das Stammhaus in Deutschland erbrachten Dienstleistungen tatsächlich mit einem innerbetrieblichen Verrechnungspreis honoriert würden. Dem vorgeschlagenen Gewinnaufteilungsschlüssel nach der Lohnsumme könne sich das Finanzamt - abgesehen davon, dass über die Gesamtgewinnsituation der Beschwerdeführerin keinerlei Informationen vorlägen - nicht anschließen, weil damit eine Abhängigkeit von der Gewinnsituation des Stammhauses gegeben wäre und damit nicht gewährleistet sei, dass die Dienstleistungen der österreichischen Betriebsstätte nach dem Fremdverhaltensgrundsatz abgegolten würden.

In einem ergänzenden Schriftsatz zum Vorlageantrag vom 13. Dezember 2004 brachte die Beschwerdeführerin vor, es sei erst 1997 begonnen worden, vorbereitende Handlungen für eine Geschäftstätigkeit in Österreich zu setzen, 1998 sei noch keine "feste" Einrichtung vorgelegen, vielmehr seien vorerst nur Informationen über die Marktsituation beschafft worden. Bei der Gewinnermittlung einer Betriebsstätte seien auch die Aufwendungen, einschließlich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten, zum Abzug zuzulassen, unabhängig davon, ob sie in dem Staat, in dem die Betriebsstätte liege, entstanden seien. Es werde nunmehr "eine aussagekräftige Zusammenstellung über die Jahresergebnisse des Unternehmens in Deutschland von 1998 bis 2002" vorgelegt. Zum Nachweis der Richtigkeit der Ergebnisse werde weiters die Gewinn- und Verlustrechnung der Bilanzberichte in Kopie beigeschlossen, wobei die Bilanzen von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft überprüft und beim Finanzamt eingereicht worden seien. Für die Streitjahre habe die Beschwerdeführerin auch den fiktiven Gewinnaufschlag errechnet, der vom Ergebnis der Betriebsprüfung in Österreich erheblich abweiche. Es liege auf der Hand, dass in einer sehr aufwändigen und forschungsintensiven Branche wie der Softwareentwicklung keine Gewinnaufschläge zwischen 7,5 und 9,5 % möglich seien. Nach der Auswertung der innerbetrieblichen Berechnungen betrage der durchschnittliche Aufschlag auf die Gesamtkosten in den fünf geprüften Jahren nur 2 %. Details der deutschen Buchhaltungen und Bilanzen könnten jederzeit als Nachweis nachgereicht werden und auch einem Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden von Österreich und Deutschland stehe "nichts im Wege".

Zu der Stellungnahme des deutschen Finanzamtes G. vom 11. Februar 2004, in der "bereits auf das Vorgehen der österreichischen Finanzverwaltung Bezug genommen" worden sei, wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass das Finanzamt G. die "indirekte Gewinnermittlungsmethode der österreichischen Betriebsprüfung" verworfen und der direkten Gewinnermittlung (ausgehend von der "Bilanz" der Betriebsstätte) den Vorzug gegeben habe. Dies sei auch der richtige Ansatz, weil damit auch allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungskosten miteinbezogen würden. Das Finanzamt G. sei den Berechnungen der Beschwerdeführerin gefolgt. Die steuerlichen Bemessungsgrundlagen des deutschen Unternehmens seien daher folgerichtig um den Verlust erhöht und die Gewinne verringert worden. Dies bedeute aber, dass mit der österreichischen Betriebsprüfung "eine echte Doppelbesteuerung erreicht wurde, die gerade hätte vermieden werden sollen". Österreich habe nämlich den Verlust nicht anerkannt, sondern "nur fiktive Gewinne versteuert, die das Unternehmen nicht erwirtschaftet hat". Eine Doppelbesteuerung bilde jedenfalls einen Verstoß gegen zwischenstaatliche Vereinbarungen. Sollte die österreichische Finanzverwaltung die "indirekte Methode" beibehalten, dürfte ein Kostenaufschlag von höchstens 2 % berechnet werden. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin wäre es auch im Sinne der Verfahrensökonomie, sich über den "Standpunkt der deutschen Firma und der deutschen Finanzverwaltung zu informieren".

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

"Unstrittig" sei - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides -, dass die Beschwerdeführerin in Österreich eine Betriebsstätte unterhalte und für die daraus erzielten Einkünfte Österreich gemäß Art. 4 DBA-Deutschland, BGBl. Nr. 221/1955 idF BGBl. Nr. 361/1994, das Besteuerungsrecht zustehe. Dabei seien nach der Regelung des Art. 4 Abs. 2 DBA-Deutschland der Betriebsstätte diejenigen Einkünfte zuzuweisen, die sie als selbständiges Unternehmen erzielt hätte. Erbringe die Betriebsstätte an das Stammhaus Dienstleistungen, seien Verrechnungspreise anzusetzen, die dem Fremdverhaltensgrundsatz entsprechen müssten. Die österreichische Betriebsstätte erbringe für das Stammhaus hauptsächlich Leistungen in Form der Kundenbetreuung sowie der Durchführung von Servicearbeiten im Zusammenhang mit dem Vertrieb und dem "Support" von Software. Sämtliche Abrechnungen erfolgten durch das Stammhaus in Deutschland. Die Beschwerdeführerin habe zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der dargestellten Rechtslage die direkte Gewinnermittlung durch Ermittlung der Einkünfte der österreichischen Betriebsstätte zu erfolgen habe. Es sei jedoch unbestritten, dass für die österreichische Betriebsstätte keine eigenständige Gewinnermittlung vorgenommen worden sei, auf Grund derer die wirtschaftlichen Ergebnisse der Betriebsstätte festgestellt werden könnten, sodass die Besteuerungsgrundlagen der österreichischen Betriebsstätte im Schätzungswege nach § 184 BAO zu ermitteln gewesen seien.

Für die österreichische Betriebsstätte seien lediglich die getätigten Aufwendungen erfasst worden. Mangels Vorlage "anderer nachvollziehbarer und überprüfbarer Unterlagen" durch die Beschwerdeführerin sei die Betriebsprüfung zu Recht von den "einzig nachvollziehbaren und damit auch überprüfbaren Aufwendungen der österreichischen Betriebsstätte ausgegangen". Aufbauend auf diesen Aufwendungen habe die Betriebsprüfung die Kostenaufschlagsmethode angewandt. Diese gehe grundsätzlich von den Kosten des Unternehmens aus und gelange durch Hinzurechnung des Kosten- bzw. Gewinnaufschlages zum Fremdpreis für die von der Betriebsstätte erbrachten Leistungen. Die Kostenaufschlagsmethode beruhe auf der Überlegung, dass ein marktwirtschaftlich geführtes Unternehmen dauerhaft nur funktionsfähig sein könne, "wenn die vollen Kosten und ein bestimmter Mindestgewinn erzielt werden". Die Beschwerdeführerin wende sich zwar auch (unter der Voraussetzung der Zulässigkeit der Kostenaufschlagsmethode) gegen die Höhe des Aufschlagssatzes, aus den von ihr vorgelegten Berechnungen auf Basis der Umsätze und Kosten des Stammhauses sei allerdings kein Schluss auf die durch die österreichische Betriebsstätte erzielbare Spanne bzw. den Gewinnaufschlag zu ziehen. Gegen die Anwendung des vom Stammhaus berechneten Gewinnaufschlages von 2 % spreche auch, dass "die österreichische Betriebsstätte im Hinblick auf ihre (Verrechnungs-) Preisgestaltung als ein auf dem Markt eigenständig agierendes Unternehmen zu beurteilen ist". Die Verrechnung der Kosten seitens der österreichischen Betriebsstätte an das Stammhaus habe daher zu jenen Bedingungen zu erfolgen, wie sie auch zwischen fremden Dritten in Österreich für die Erbringung der entsprechenden Leistungen erfolgen würde. Die Anwendung der von der Betriebsprüfung angesetzten Gewinnaufschläge in Höhe von 9,5 % bis 7,5 % sei daher im Hinblick auf die Funktion der Beschwerdeführerin "als realistisch zu beurteilen". Der Schätzung der Ergebnisse der österreichischen Betriebsstätte in der von der Beschwerdeführerin beantragten Höhe könne mangels Vorlage nachvollziehbarer Unterlagen und Nachweise nicht gefolgt werden, weshalb die von der Betriebsprüfung vorgenommene Schätzung der Besteuerungsgrundlagen der österreichischen Betriebsstätte zu Recht erfolgt sei. Zur von der Beschwerdeführerin dargestellten Doppelbesteuerung und der angesprochenen Durchführung eines Verständigungsverfahrens sei darauf hinzuweisen, dass der Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens nur im Ansässigkeitsstaat, somit in Deutschland, möglich sei.

Die Behandlung der gegen den angefochtenen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom 6. Juni 2006, B 506/06, abgelehnt und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Art. 4 Abs. 1 des für die Streitjahre 1998 bis 2002 noch anzuwendenden Abkommens vom 4. Oktober 1954, BGBl. Nr. 221/1955 idF BGBl. Nr. 361/1994, zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung u. a. auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (DBA-Deutschland) bestimmt:

Bezieht eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten als Unternehmer oder Mitunternehmer Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen, dessen Wirkung sich auf das Gebiet des anderen Staates erstreckt, so hat der andere Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte nur insoweit, als sie auf eine dort befindliche Betriebsstätte des Unternehmens entfallen.

Dabei sollen nach Art. 4 Abs. 2 DBA-Deutschland der Betriebsstätte diejenigen Einkünfte zugewiesen werden, die sie als selbständiges Unternehmen durch eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter denselben oder ähnlichen Bedingungen und ohne jede Abhängigkeit von dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, erzielt hätte. Nr. 12 zweiter Satz des Schlussprotokolls zum DBA-Deutschland ordnet an, dass bei der Gewinnzurechnung auf die Betriebsstätte "alle der Betriebsstätte zurechenbaren Ausgaben einschließlich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten des Unternehmens" berücksichtigt werden sollen.

Zur Lösung der Frage, welcher Teil des Unternehmensgewinnes einer Betriebsstätte zuzurechnen ist, wird fingiert, dass die Betriebsstätte als selbständiges Unternehmen anzusehen ist. Es wird ihr der Gewinn zugerechnet, den sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte (Fremdverhaltensgrundsatz). Die Zurechnung kann nach einer direkten oder indirekten Methode erfolgen (vgl. dazu z. B. Doralt/Ruppe, Steuerrecht II5, Tz 656, sowie Loukota/Jirousek, Leitfaden - zum revidierten österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommen, Wien 1994, S. 101). Die Frage der Einkünftezurechnung zu einer Betriebsstätte ist eine auf der Sachverhaltsebene zu behandelnde Tatfrage, die auf Grund entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu beantworten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 2009, 2004/15/0001).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung eines Abgabenbescheides in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist. Weiters sind in der Bescheidbegründung auf das Vorbringen eines Abgabepflichtigen im Verwaltungsverfahren beider Instanzen sachverhaltsbezogen im Einzelnen eingehend jene Erwägungen der Behörde dazustellen, welche sie bewogen haben, einen anderen als den vom Abgabepflichtigen behaupteten Sachverhalt als erwiesen anzunehmen (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 26. August 2009, 2004/13/0092).

Der angefochtene Bescheid wird diesen Begründungserfordernissen nicht gerecht.

Die belangte Behörde kommt zur Ermittlung des Betriebsstättengewinnes unter Anwendung einer so genannten "Kostenaufschlagsmethode", bei der sie einen Aufschlagssatz von (in den einzelnen Jahren fallend) 9,5 % bis 7,5 % anwendet. Schon die Ermittlung der Höhe dieser Aufschlagssätze, die im Hinblick auf die Funktion der Beschwerdeführerin "als realistisch zu beurteilen" seien, wird allerdings (etwa an Hand konkreter Erfahrungswerte von Vergleichsbetrieben) nicht nachvollziehbar begründet. Dazu kommt, dass die belangte Behörde in keiner Weise konkret auf die alternativ von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren dargelegten Möglichkeiten zur Ermittlung der Betriebsstätteneinkünfte und die dazu vorgelegten Berechnungen samt Datenmaterial, die auch einen Aufschlagssatz von lediglich 2 % nachweisen sollten, eingegangen ist. Auch insoweit erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht mängelfrei begründet (zur Nachweispflicht bei Verrechnungspreisen vgl. im Übrigen zuletzt das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 2009, 2007/15/0036).

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf die Beschwerdeausführungen näher einzugehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das auf den zusätzlichen Ersatz von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren findet ebenso wie das Begehren, auch die Kosten des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof zuzusprechen, in diesen Vorschriften keine Deckung.

Wien, am 20. Oktober 2009

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