VwGH 2006/05/0189

VwGH2006/05/018916.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der F H, nunmehr des M und der E P in Krems, vertreten durch Proksch & Partner Rechtsanwälte OEG in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/I/11, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems vom 30. Mai 2006, Zl. MD-H-2/2006/Mag.H/R, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: F Gesellschaft m.b.H. in Laa an der Thaya), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO NÖ 1996 §50 Abs3 Z2;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §50 Abs3 Z2;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Stadt Krems hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 23 Abs. 1 sowie § 54 und 56 der NÖ Bauordnung 1996 (BO) der Berufung der ursprünglichen Beschwerdeführerin Friederike Hladik (im Folgenden: Beschwerdeführerin) gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Krems (Anlagenrecht) vom 5. Jänner 2006, mit welchem der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit 11 Wohneinheiten und 11 KFZ-Abstellplätzen, den erforderlichen Nebenräumen, dem Garagenzufahrtsbereich, dem Zufahrtsbereich für näher genannte Anrainer und der Einfriedung im südwestlichen Bereich in 3500 Krems, Langenloiserstraße 65a (Gp. 1090/1 und .647/2, beide KG Krems) erteilt wurde, keine Folge gegeben.

Aus der Begründung dieses Bescheides ergibt sich im Wesentlichen Folgendes: Straßenseitig in dem zu bebauenden Bereich sei vor kurzem ein Wohnhaus, das direkt an das bestehende Objekt der Beschwerdeführerin, Langenloiserstraße 65, angebaut gewesen sei, rechtmäßig abgebrochen worden. Damit werde in der Baubewilligung von einer gekuppelten Bauweise ausgegangen. Laut Einreichunterlagen würden die Firsthöhen des bestehenden sowie des geplanten und daran gebauten Hauses ca. 60 bis 80 cm differieren. Das geplante Objekt werde in der Trakttiefe um ca. 3 m über die Außenwand des Anrainergebäudes der Beschwerdeführerin hinausragen, in diesem Bereich bestünden keine Hauptfenster des Gebäudes der Beschwerdeführerin, die in Bezug auf den gesetzlich geforderten Lichteinfall beeinträchtigt werden könnten.

Die Beschwerdeführerin habe bereits in der Bauverhandlung vom 19. Oktober 2005 Einwendungen erhoben, die sich teilweise in der Berufung wiederfänden (und auch in der Beschwerde wieder vorgebracht werden). Zu dem von der Beschwerdeführerin dabei geltend gemachten Vorhaben, den bestehenden Schuppen im Hof zu entfernen und ein Wohnzimmer an dessen Stelle direkt an den Anbau des bestehenden Hauses an der Langenloiserstraße 65 zur Nordwestseite zu errichten, sei im Erstbescheid festgehalten, dass es sich bei den Grundstücken der Beschwerdeführerin sowie den Grundstücken der mitbeteiligten Partei um einen ungeregelten Baulandbereich handle. Bei der Situierung eines neuen Gebäudes bzw. eines Zubaus sei von der ortsüblichen Bebauung auszugehen. In diesem Bereich, also nordwestlich der Langenloiserstraße, sei eine geschlossene bzw. gekuppelte Bauweise vorherrschend. Daher würde auch bei einem Zubau beim Haus Langenloiserstraße 65 von einer Fortführung der gekuppelten Bauweise auszugehen sein. Dies würde bedeuten, dass ein solcher geplanter Zubau direkt an der nördlichen Grundgrenze zu situieren sein würde. Dadurch wäre der Einwand einer nicht ausreichenden Belichtung nicht mehr gegeben, weil direkt an einer Grundgrenze eine öffnungslose Brandwand zu errichten sei. Ebenso stelle eine solche Situierung des geplanten Zubaus keine "Verhinderung" aus bautechnischer und rechtlicher Sicht dar, weil über die gesamte Zubaubreite sowie Zubautiefe in Richtung Westen Belichtungsflächen möglich seien.

In der Berufung sei u.a. geltend gemacht worden, dass das geplante Objekt mit drei Vollgeschossen und einem oberirdischen Garagengeschoss (bei Nordansicht) von der ortsüblichen Bebauung um ein Geschoss abweichen würde und daher sehr wohl "der Lichteinfall möglicher Gebäude" zu prüfen wäre. Dazu sei von der Beschwerdeführerin ein künftiges Bauvorhaben auf ihrem Grundstück geltend gemacht worden, wobei ein solches Bauwerk mit einem 3 m Abstand von der gegenständlichen Grundgrenze ein Hauptfenster aufweisen könnte und für dieses die Belichtung in einem 45 Grad Winkel gewährleistet sein müsste. Dies könnte bei einer Parapethöhe von 85 cm durch die an der Grundgrenze geplante Brandwand mit einer Überragung von 7,50 m nicht der Fall sein.

Die Beschwerdeführerin habe im Berufungsverfahren selbst festgehalten, dass die Beurteilung der Bebauungsweise und die Bebauungshöhe nicht in die subjektiv-öffentlichen Rechte der Anrainer fallen würde. Ferner komme der im Berufungsverfahren beigezogene Amtssachverständige für Ortsbildfragen im Berufungsverfahren in Ergänzung seines in erster Instanz erstellten Gutachtens zum Ergebnis, dass sich das geplante verfahrensgegenständliche Mehrfamilienhaus gemäß § 56 BO harmonisch in das Ortsbild einfüge.

Hinsichtlich des ersten Teils der Bestimmung des § 54 BO, dass ein Neubau dann unzulässig sei, wenn das neue Bauwerk in seiner Anordnung auf dem Grundstück oder in der Höhe von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken abweiche, sei einerseits auf die Schnittdarstellung "Schnitt 06 und Südansicht" im Einreichplan, andererseits auf die Verhandlungsschrift vom 19. Oktober 2005 und auf das schon angesprochene Gutachten des Amtssachverständigen vom 28. März 2006 zu verweisen. Daraus gehe im Bezug auf die Höhe des Bauvorhabens eindeutig hervor, dass die Firsthöhe in Bezug auf das angrenzende Gebäude der Beschwerdeführerin um ca. 60 bis 80 cm höher sei. Auch auf den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Fotos sowie einer Fotomontage, die das geplante Bauvorhaben bereits als errichtet zeige, vermöge die belangte Behörde keine auffallende Abweichung von der Gebäudehöhe zu umgebenden Gebäuden zu erkennen. Hinsichtlich der Vorschreibung der gekuppelten Bauweise schließe sich die belangte Behörde der Rechtsansicht der Behörde erster Instanz an. Einerseits erfolge dies auf Basis des Gutachtens des Amtssachverständigen für Ortsbildfragen, aus dem sich zweifelsfrei ergebe, dass im vorliegend maßgeblichen Bereich entlang der nördlichen Grenze der Langenloiserstraße die gekuppelte Bauweise vorherrsche, und andererseits auf Grund der Tatsache, dass das auf der nun zu bebauenden Baufläche ehemals bestehende Gebäude ebenfalls an die Nachbargebäude gekuppelt gewesen sei.

Ein Anbau an die seitliche Grundstücksgrenze, wie ihn die gekuppelte Bauweise ermögliche, beeinträchtige immer den Lichteinfall auf Hauptfenster am Nachbargrundstück. Eine isolierte Betrachtung des Lichteinfalls würde letztlich dazu führen, dass eine geschlossene oder (allenfalls) gekuppelte Bauweise im ungeregelten Baulandbereich immer unzulässig wäre. Für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Gebäudes im Zusammenhang mit dem Lichteinfall von 45 Grad auf das Hauptfenster sei vorliegend jedenfalls von einer gekuppelten Bauweise auszugehen. Auch für die Beurteilung der Zulässigkeit vom Bauvorhaben der Beschwerdeführerin sei davon auszugehen, dass diese an die Kuppelung gebunden sein werde. Dies bedeute, dass ein geplanter Zubau zum Objekt der Beschwerdeführerin direkt an der nördlichen Grundgrenze zum gegenständlichen Bauobjekt zu errichten sein werde. Der Einwand einer nicht ausreichenden Belichtung seitens der Beschwerdeführerin sei schon auf Basis der zwingenden Kuppelung der Bauwerke nicht gegeben, weil direkt an einer Grundgrenze eine öffnungslose Brandwand zu errichten sei. Die Errichtung eines geplanten Zubaus seitens der Beschwerdeführerin sei sowohl aus bautechnischer als auch aus rechtlicher Sicht möglich, weil über die gesamte Zubaubreite sowie die Zubautiefe in Richtung Westen Belichtungsflächen geschaffen werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Mit Schriftsatz vom 30. April 2008 teilten die nunmehrigen Beschwerdeführer Maximilian und Elfriede Pirker mit, dass die ursprüngliche Beschwerdeführerin Friederike Hladik verstorben sei und sie als deren Rechtsnachfolger in deren Stellung als Beschwerdeführer eintreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das gegenständliche Bauvorhaben ist unstrittig im ungeregelten Baulandbereich gelegen, für das zu bebauende Grundstück der mitbeteiligten Bauwerberin gilt unstrittig kein Bebauungsplan.

Ob das von den Beschwerdeführern geltend gemachte subjektivöffentliche Recht durch die hier zu beurteilende Baubewilligung verletzt wurde, ist daher an Hand der Regelung des § 54 NÖ BO zu beurteilen. Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

"§ 54

Bauwerke im ungeregelten Baulandbereich

Ein Neu- oder Zubau eines Bauwerks ist unzulässig, wenn für ein als Bauland gewidmetes Grundstück kein Bebauungsplan gilt oder dieser keine Festlegung der Bebauungsweise oder -höhe enthält und das neue oder abgeänderte Bauwerk

Stichworte