VwGH 2006/01/0032

VwGH2006/01/003225.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des A R in S, vertreten durch Dr. Kurt Kozak, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Fürstenallee 17/3, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 14. Dezember 2005, Zl. 0/912-13680/55-2005, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StVO 1960 §38 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §52 Z10a;
StVO 1960 §99 Abs1a;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StVO 1960 §38 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §52 Z10a;
StVO 1960 §99 Abs1a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der in Pakistan geborene Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und seit 3. Mai 1995 mit einer pakistanischen Staatsangehörigen verheiratet; er ist seit 20. September 1999 in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Der Beschwerdeführer stellte am 20. Juli 2001 einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab.

Die belangte Behörde traf folgende Feststellungen:

"Der Antragsteller hat zwischen Oktober 1996 und März 2004 20 Verwaltungsstrafen erhalten. Er hat unter anderem am 28.01.2001 das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet, indem das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten wurde. Weiters hat er am 01.11.2001 im Stadtgebiet von Salzburg die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten, weil die Fahrgeschwindigkeit 49 km/h betrug. Am 04.02.2002 hat der Antragsteller im Stadtgebiet von Salzburg die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten, weil die Fahrgeschwindigkeit 49 km/h betrug. Am 12.02.2002 hat der Antragsteller im Stadtgebiet von Salzburg die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten, weil die Fahrgeschwindigkeit 51 km/h betrug. Am 15.03.2004 um 19.20 Uhr hat der Antragsteller vor dem Eingang eines Lokales durch Herumschütten mit Bier und lautes Schreien in einem selbstverschuldeten die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand eine Tat begangen, die außerhalb dieses Zustandes als Verwaltungsübertretung zugerechnet wurde. Er hat vor dem Eingang eines Lokals eine Bierdose auf den Gehsteig geschüttet und lautstark in seiner Heimatsprache geschrieen. Er war sehr stark alkoholisiert und konnte nur mit Mühe das Gleichgewicht halten, weiters hatte er große Schwierigkeiten den Ausführungen des Meldungslegers der Polizei zu folgen. Er wurde aufgefordert sein Verhalten einzustellen aber er lachte nur und fuhr fort. Der Antragsteller wurde vom Ort der Störung weggewiesen und er wurde in die nahegelegene Wohnung begleitet wo er seinen Reisepass zum Nachweis seiner Identität verwahrt hatte. Am 26.02.2004 hat der Antragsteller in Salzburg in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Atemalkoholgehalt der Atemluft von 60 mg (gemeint: 0,60 mg/l) oder mehr aber weniger als 0,80 mg (zu ergänzen: /l ein Kraftfahrzeug) gelenkt und musste sich einer Nachschulung unterziehen. Überdies hat der Antragsteller am 24.10.1996 und 18.9.1997 sein Kraftfahrzeug auf einem Behindertenparkplatz vorschriftswidrig abgestellt.

Im Zeitraum vom August 1996 bis Februar 2004 hat der Antragsteller 20 Verwaltungsübertretungen begangen, das ist ein Zeitraum von fast acht Jahren und betrifft somit in etwa die Hälfte seiner gesamten Aufenthaltsdauer in Österreich."

Danach führte die belangte Behörde begründend aus, auf Grund der großen Anzahl der Verwaltungsstrafen und der fünf als schwerwiegend einzustufenden Verwaltungsübertretungen sei zu folgern, dass der Beschwerdeführer die gesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr in einem Zeitraum von fast acht Jahren missachtet habe. Alkoholdelikte würden zu den schwersten Verfehlungen im Straßenverkehr zählen; diese Delikte würden einen hohen Unrechtsgehalt aufweisen, weil diese Verstöße in besonderem Maß geeignet seien, die geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit von Menschen zu gefährden. Durch das dreimalige Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit und durch das Überfahren des Rotlichtes habe der Beschwerdeführer Übertretungen begangen, die andere Verkehrsteilnehmer (im Straßenverkehr) gefährden würden. Die Geschwindigkeitsüberschreitungen im Ortsgebiet würden zusätzlich die Fußgänger gefährden. Der Übertretung nach § 38 Abs. 5 StVO liege die Verletzung einer Schutznorm, die der Sicherheit des Straßenverkehrs diene, zu Grunde. Durch die strafbare Trunkenheit habe der Beschwerdeführer in der Öffentlichkeit durch sehr starke Alkoholisierung, Herumschütten von Bier und lautes Schreien in den Abendstunden die öffentliche Ruhe gestört. Aus Art, Schwere und Häufigkeit der Verstöße komme eine negative Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber den zur Hintanhaltung von Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Menschen sowie der allgemeinen Sicherheit erlassenen Gesetzen deutlich zum Ausdruck. Die belangte Behörde könne derzeit noch keine positive Prognose abgeben, ob der Beschwerdeführer nicht wieder Verwaltungsübertretungen (Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit, Überfahren des Rotlichts, Lenken eines Kfz in alkoholisiertem Zustand) begehen werde. Insbesondere auch deshalb, weil er eine Tat in einem selbstverschuldeten, die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand begangen habe. Die Verstöße gegen das Halte- und Parkverbot seien grundsätzlich keine schweren Verwaltungsübertretungen. Das zweimalige Abstellen des Fahrzeuges auf einem Behindertenparkplatz habe eine Personengruppe benachteiligt, die Probleme auf Grund mangelnder Mobilität habe. Sämtliche Verwaltungsstrafverfügungen bzw. Straferkenntnisse seien rechtskräftig.

Die belangte Behörde komme zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer keine Gewähr dafür biete, dass er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle.

Die Verurteilung des Beschwerdeführers in Italien wegen Schlepperei sei in Österreich in dieser Form nicht strafbar; diese in einem EU-Staat begangene Tat lasse aber einen negativen Rückschluss auf seine Persönlichkeit zu.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt, noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet.

Bei der Prüfung dieser Verleihungsvoraussetzung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf das Gesamtverhalten des Verleihungswerbers, insbesondere auch von ihm begangene Straftaten Bedacht zu nehmen. Maßgebend ist, ob es sich dabei um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Verleihungswerber werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung - oder andere im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Rechtsgüter - erlassene Vorschriften missachten. In der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die - allenfalls negative - Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetze zum Ausdruck (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 2008, Zl. 2006/01/0740, und die darin angegebene Judikatur).

Zum herangezogenen Verleihungshindernis bringt die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, der Beschwerdeführer habe vor dem 24. Mai 2002 (insgesamt) 18 Verwaltungsübertretungen begangen. Die weitere Entwicklung danach deute aber darauf hin, dass er seine Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung geändert habe; in den eineinhalb Jahren vor Erlassung des angefochtenen Bescheides sei er nicht mehr straffällig geworden. Aus seinem Zuwiderhandeln gegen die italienische Rechtsordnung (im Oktober 2002) seien unzulässige (bzw. auch falsche) Schlüsse gezogen worden; die belangte Behörde habe nämlich gefolgert, dass der Beschwerdeführer das Verbrechen der Schlepperei begangen habe. Er habe aber gar nicht gewusst, dass der (geschleppte) indische Staatsangehörige über kein gültiges Reisedokument verfügt habe. In dem (als entscheidend anzusehenden) Zeitraum der letzten drei Jahre vor Bescheiderlassung sei der Beschwerdeführer nur zweimal straffällig geworden. Die negative Prognose der belangten Behörde sei nicht gerechtfertigt.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Der Beschwerdeführer wurde - wie sich aus dem herangezogenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 25. März 2004 ergibt - rechtskräftig für schuldig befunden, er habe am 26. Februar 2004 in Salzburg ein Kraftfahrzeug gelenkt und sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,60 mg/l oder mehr befunden (diese Alkoholisierung entspricht einem Blutalkohol von 1,2 Promille). Dadurch hat er eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO (in Verbindung mit § 99 Abs. 1a StVO) begangen.

Diese (vom Beschwerdeführer nicht bestrittene) Verhaltensweise war ihrer Art und Schwere nach ausreichend gravierend für eine negative Prognose. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand stellt ein die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer im besonderen Maß gefährdendes Verhalten dar. Der belangten Behörde ist darin zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer - auf Grund seines schwerwiegenden Fehlverhaltens im Straßenverkehr - die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG nicht erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2008, Zl. 2005/01/0778, und die darin angegebene Judikatur). Lediglich ergänzend anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer schon kurze Zeit später, am 15. März 2004, in einem selbstverschuldeten, die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand eine Tat beging, die außer diesem Zustand als Verwaltungsübertretung zugerechnet wurde.

Auch überschritt der Beschwerdeführer schon vor dem Lenken des Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand, nämlich im November 2001 und im Februar 2002 im Stadtgebiet von Salzburg die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 19 km/h bzw. 21 km/h, sohin um 63 % bzw. 70 %. Auch diese (dreimal begangenen) erheblichen Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet und auch die im Jänner 2001 begangenen Übertretung des Nichtbeachtens des Rotlichts einer Verkehrslichtsignalanlage beurteilte die belangte Behörde zutreffend als gravierende Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2007, Zl. 2004/01/0046).

Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (Dezember 2005) konnte noch nicht von längerem Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit dem zuletzt von ihm begangenen und für die negative Prognose als tragend angesehenen Fehlverhaltens (Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand im Februar 2004) ausgegangen werden (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 6. September 2007, Zl. 2005/01/0831, und vom 6. Dezember 2007, Zl. 2005/01/0460).

Auf die Verurteilung des Beschwerdeführers in Italien (wegen einer in Italien als Verbrechen der Schlepperei strafbaren Tat) braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden. Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt, war dieser Umstand für die (negative) Prognose nicht tragend (vgl. insoweit auch das genannte hg. Erkenntnis Zl. 2004/01/0046).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 25. Juni 2009

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