VwGH 2005/15/0033

VwGH2005/15/00332.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der V GmbH & Co KG in W, vertreten durch Corti & Partner GmbH Wirtschaftsprüfer, Steuer- u. Unternehmensberater in 8010 Graz, Andreas Hofer Platz 17, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 25. Jänner 2005, Zl. RV/0263- G/03, betreffend Körperschaftsteuer 1996, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die V-Industrieanlagenbau GmbH war Geschäftsherrin einer aus ihr und der ATL-Treuhand GmbH bestehenden atypischen stillen Gesellschaft. Dabei war die ATL-Treuhand GmbH Treuhänderin für rund 350 Anleger. Alleinige Gesellschafterin der V-Industrieanlagenbau GmbH war die V-AG (eine Holding), die zugleich auch alleinige Gesellschafterin der V-Landmaschinenfabrik GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, war.

Zum Stichtag 31. August 1997 wurde die V-Industrieanlagenbau GmbH auf die V-Landmaschinenfabrik GmbH als übernehmende Gesellschaft, die ihrerseits kurz vorher in eine AG umgewandelt worden war, verschmolzen. Dabei wurde die stille Gesellschaft aufrechterhalten. Die V-Landmaschinenfabrik AG wurde mit Hauptversammlungsbeschluss vom 18. Dezember 2001 gemäß § 5 Umwandlungsgesetz auf die beschwerdeführende KG umgewandelt.

Die V-Industrieanlagenbau GmbH hatte im Jahre 1990 um

S 75 Mio ein Genussrecht am Vermögen der V- Landmaschinenfabrik GmbH, das in einem Genussschein verbrieft war, erworben. Dabei waren u.a. folgende Bedingungen vereinbart:

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Das Genussrecht aus der gegenständlichen Genussrechtsvereinbarung beurteilte der Verwaltungsgerichtshof in dem die stille Gesellschaft (hinsichtlich des Jahres 1990) betreffenden Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, 94/15/0088, als aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut, als Gläubigerrecht schuldrechtlicher Art. Der Berufungssenat der Finanzlandesdirektion als seinerzeit belangte Behörde hatte das Genussrecht als zu aktivierendes Wirtschaftsgut mit einer "Nutzungsdauer" von 20 Jahren eingestuft. Der Verwaltungsgerichtshof sprach im Erkenntnis 94/15/0088 hiezu aus, dass die seinerzeitige Beschwerdeführerin durch diese Einstufung nicht in ihren Rechten verletzt sein könne. Dass die Anerkennung einer planmäßigen Abschreibung (über einen Zeitraum von 20 Jahren), welche als solche jährlich zu Betriebsausgaben führt, die seinerzeitige Beschwerdeführerin als Berechtigte im Veranlagungsjahr 1990 nicht in ihren Rechten verletzt, bedeutet allerdings nicht, dass eine solche Abschreibung gesetzlich vorgesehen wäre. Im genannten Erkenntnis 94/15/0088 wird nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Forderung aus der Genussrechtsvereinbarung ein abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens im Sinne des § 7 EStG 1988 wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa im Erkenntnis vom 27. Juni 1989, Zl. 88/14/0126, Slg. 6.410/F, Seite 182, zum Ausdruck gebracht, dass Forderungen nicht zum abnutzbaren Anlagevermögen gehören können.

Der Auffassung der belangten Behörde, wonach, weil sich aus der gegenständlichen Genussrechtsvereinbarung auf der Seite des Genussrechtsberechtigten ein (aktivierungspflichtes) Gläubigerrecht ergibt, auf der Seite der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin als der Verpflichteten eine Passivierung zu erfolgen hat, kann nicht entgegen getreten werden (vgl. zur Passivierungspflicht etwa Petra Schwarzinger, Besserungsvereinbarungen im Bilanzrecht, ecolex 1997, 529). Unter Bezugnahme auf diesen Beitrag von Petra Schwarzinger wird in der Beschwerde u.a. vorgebracht, es liege im gegenständlichen Fall nicht der Mittelzuschuss eines "Drittgläubigers" vor, sondern ein solcher eines Gesellschafters bzw. einer Konzerngesellschaft. Aus diesem Grund habe die Mittelzufuhr bei der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin als Zuschussempfängerin zu Eigenkapital geführt, welches in einer Kapitalrücklage hätte ausgewiesen werden müssen. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin überlassenen Mittel nicht von der V-Industrieanlagen GmbH stammen, sondern von der atypischen stillen Gesellschaft und somit von außen stehenden Anlegern.

In diesem Zusammenhang bringt die Beschwerde weiters vor, aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1997, 95/14/0151, ergebe sich, dass die bewertungsrechtliche Einstufung von Genussrechtskapital als Eigenkapital selbst dann möglich sei, wenn der Genussrechtsberechtigte kein Gesellschafter sei.

In der Tat hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. Mai 1997, 95/14/0151, zu Recht erkannt, dass es vom Überwiegen der Fremdkapitalkriterien oder der Eigenkapitalkriterien in Qualität und Quantität abhänge, ob Genussrechtskapital als Verbindlichkeit oder als Eigenkapital einzustufen sei. Für den Eigenkapitalcharakter sprächen dabei insbesondere die Beteiligung am Unternehmenswert und am Liquidationsgewinn, die Nachrangigkeit gegenüber Gesellschaftsgläubigern oder das Fehlen einer Besicherung. Im gegenständlichen Fall liegen aber weder eine Beteiligung am Vermögen, am Unternehmenswert oder am Liquidationsgewinn vor, noch ist - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich ausführt und in der Beschwerde nicht bestritten wird - eine Nachrangigkeit gegenüber Gesellschaftsgläubigern gegeben.

Der angefochtene Bescheid betrifft ausschließlich Körperschaftsteuer 1996. In der Sache Körperschaftsteuer 1996 geht es nicht um eine bei der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin vorzunehmen gewesene Passivierung, sondern um die Frage, ob eine gewinnerhöhende Rückgängigmachung (Auflösung) dieser Passivierung vorzunehmen ist. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Rechtsauffassung zugrunde, dass im Streitjahr 1996 ein Zwanzigstel des Betrages, welcher als Genussrechtskapital zugeführt worden ist, sohin S 3,75 Mio, als Minderung der Passivpost und somit gewinnerhöhend anzusetzen sei. Welche im Wirtschaftsjahr vom 1. Jänner 1996 bis zum 31. Dezember 1996 eingetretenen tatsächlichen Umstände eine solche Minderung zur Folge habe, führt der angefochtene Bescheid nicht an. Er enthält sich auch der rechtlichen Erwägungen, aus denen sich eine solche Minderung der Passivpost ableiten lässt, mit Ausnahme des Hinweises darauf, dass die Abgabenbehörden bei der stillen Gesellschaft, sohin auf der Seite der Gläubiger, die Forderung - wohl in rechtsirrtümlicher Anwendung des § 7 EStG 1988 - planmäßig abgeschrieben haben. Die Auffassung, dass sich aus dieser Vorgangsweise der Abgabenbehörde auf Seiten des Gläubigers eine planmäßige gewinnerhöhende Auflösung der Passivpost (jährlich mit einem Zwanzigstel) ergäbe, steht nicht im Einklang mit dem Gesetz.

Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 2. September 2009

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