VwGH 2004/13/0169

VwGH2004/13/016930.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J H in K, vertreten durch MMag. Gustav Walzel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 13. Februar 2004, Zl. RV/3171- W/02, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1995 bis 1999, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §20 Abs2;
EStG 1988 §32 Z2;
UmgrStG 1991 §16 Abs5 Z3;
UmgrStG 1991 Art3;
EStG 1988 §20 Abs2;
EStG 1988 §32 Z2;
UmgrStG 1991 §16 Abs5 Z3;
UmgrStG 1991 Art3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer nahm im Jahr 1989 zur Anschaffung von 25 % der Anteile an einer GmbH & Co KG einen Bankkredit in der Höhe von S 15 Mio auf, dessen halbjährliche Tilgungsraten S 750.000,-- betrugen und dessen vierteljährliche Zinsen regelmäßig beglichen wurden. Zum Stichtag 31. Dezember 1994 wurde die KG in ihre Komplementär-GmbH eingebracht, wobei der Beschwerdeführer den erwähnten Bankkredit zurückbehielt. Im vorliegenden Verfahren ist strittig, ob die vom Beschwerdeführer in den Folgejahren im Zusammenhang mit dem zurückbehaltenen Kredit entrichteten Zinszahlungen und Kontoführungsprovisionen von ihm zu Recht als nachträgliche Sonderbetriebsausgaben im Sinne des § 32 Z 2 EStG 1988 geltend gemacht wurden.

Der Beschwerdeführer brachte dazu im erstinstanzlichen Verfahren im Wesentlichen vor, die Verbindlichkeit sei aus wirtschaftlichen Gründen zurückbehalten worden, weshalb die Kreditzinsen gemäß einem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 22. August 1997 bei planmäßiger Tilgung der Verbindlichkeit nachträgliche Betriebsausgaben seien. Bei der Zurückbehaltung des Kredites sei es darum gegangen, die Lebensfähigkeit der Gesellschaft zu gewährleisten. Es habe sich um eine Sanierungsnotwendigkeit gehandelt, weil "der Betrieb nicht fähig gewesen wäre, den Kaufpreis mitzufinanzieren".

In der Berufung gegen die erstinstanzlichen Bescheide, in denen das Finanzamt die strittigen nachträglichen Sonderbetriebsausgaben nicht anerkannte, in einer Ergänzung der Berufung und in der Antwort auf einen Vorhalt des Finanzamtes im Berufungsverfahren führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, mit dem "Kaufpreis" seien die ursprünglichen Anschaffungskosten für die Anteile an der KG gemeint gewesen. Aus den Bilanzen der GmbH in den strittigen Jahren 1995 bis 1999 ergebe sich, dass die Belastung mit den jährlichen Tilgungsraten und dem Zinsaufwand für den Gesamtkredit, den die Kommanditisten im Jahr 1989 in der Höhe von insgesamt S 60 Mio aufgenommen hätten, zur Insolvenz geführt hätte. Im Jahr der Umgründung gemäß Art. III UmgrStG habe die GmbH auch hohe Verbindlichkeiten gegenüber Banken gehabt. Wären die Kosten aus den Krediten von insgesamt S 60 Mio hinzugekommen, so hätte eine ausreichende Bonität gegenüber den Banken gefehlt. Darüber hinaus wäre die Rückfinanzierung dieser Kredite aus Erträgen der GmbH einer verdeckten Gewinnausschüttung und handelsrechtlich einer verbotenen Einlagenrückgewähr gleichgekommen. Die dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1996, Zl. 95/14/0018, und vom 20. September 2001, Zl. 98/15/0126, hätten sich jeweils auf Betriebsbeendigungen bezogen, wohingegen im vorliegenden Fall eine Fortführung des Betriebes im Zuge eines Umgründungsvorganges vorliege. Die im ersten dieser Judikate für die Anerkennung der Zinsen als nachträgliche Betriebsausgaben aufgestellten Voraussetzungen seien nach dem Erlass vom 22. August 1997 auf Umgründungsfälle, in denen es zu keiner Gewinnrealisierung komme, in dieser Form nicht anwendbar. Die Anerkennung der Betriebsausgabeneigenschaft werde dafür an andere Voraussetzungen - wirtschaftliche Begründung für das Zurückbehalten, planmäßige Tilgung der Verbindlichkeit - geknüpft. Die Kreditgeberin habe dem Beschwerdeführer auch bestätigt, dass sie einer Schuldübernahme durch die GmbH nicht zugestimmt hätte.

In der mündlichen Berufungsverhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, die Finanzbehörde selbst sei zunächst von dem erwähnten Erlass ausgegangen. Die später angesprochenen Judikate seien nicht geeignet, den speziell auf Umgründungen abstellenden Erlass einzuschränken.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie begründete dies zunächst damit, dass der Beschwerdeführer in den Streitjahren endbesteuerte Einkünfte aus Anteilen an der GmbH bezogen habe und mit solchen Kapitalerträgen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Aufwendungen und Ausgaben - um solche handle es sich bei den strittigen Beträgen - gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 bei der Ermittlung der Einkünfte nicht abgezogen werden dürften. Sämtliche Ausführungen des Beschwerdeführers gingen daher ins Leere.

Hilfsweise führte die belangte Behörde aus, bei Zurückbehaltung einer Verbindlichkeit anlässlich der Einbringung eines Betriebes in eine Körperschaft gemäß § 16 Abs. 5 Z 3 UmgrStG seien die Zinsen aus der zurückbehaltenen Verbindlichkeit nach der in der Lehre vertretenen Auffassung nachträgliche Betriebsausgaben, wenn für das Zurückbehalten der Verbindlichkeit ein wirtschaftlicher Grund vorliege und die Verbindlichkeit planmäßig getilgt werde. Der Erlass vom 22. August 1997 habe die Rechtsmeinung zum Ausdruck gebracht, dass ein wirtschaftlicher Grund insbesondere dann vorliege, wenn die Verbindlichkeit zur Beseitigung einer Überschuldung oder zur Korrektur der Buch- und Verkehrswerte zwecks Anpassung an geplante Strukturen zurückbehalten werde. Im vorliegenden Fall fehle ein wirtschaftlicher Grund, weil sich - wie die belangte Behörde näher ausführte - die behauptete Sanierungsnotwendigkeit und Insolvenzgefahr ohne Zurückbehaltung der Verbindlichkeit in den vorgelegten Bilanzen nicht nachvollziehen ließen. U.a. sei der Beschwerdeführer dem Argument einer bloß buchmäßigen und nicht realen Überschuldung nicht entgegengetreten. Trotz Vorhalts der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1996 und vom 20. September 2001 habe er auch die Frage, ob seine damals sehr hohen Einkünfte ihm nicht schon bis zum Jahr 1995 die vollständige Tilgung des Kredites ermöglicht hätten, nicht überzeugend beantwortet. Eine nähere Auseinandersetzung damit erübrige sich im Hinblick auf das Verbot des Abzugs von Ausgaben im Zusammenhang mit endbesteuerten Einkünften durch § 20 Abs. 2 EStG 1988. Angesichts der in einem kurz vor der Einbringung verfassten Lagebericht der KG dargestellten positiven Entwicklung sei die Verbindlichkeit nach Ansicht der belangten Behörde auch nicht zur Korrektur der Buch- und Verkehrswerte zwecks Anpassung an geplante Strukturen zurückbehalten worden, sodass die Berufung abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung und Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer (vom Beschwerdeführer mit einer Gegenäußerung beantworteten) Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen des in § 20 Abs. 2 EStG 1988 vorausgesetzten unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen den strittigen Beträgen und seinen Einkünften aus der Beteiligung an der GmbH, wobei er auch in diesem Zusammenhang - unter dem Gesichtspunkt der Unvereinbarkeit mit einer gleichzeitigen Annahme nachträglicher Betriebsausgaben - auf Äußerungen im Schrifttum verweist, wonach es sich bei Fremdkapitalzinsen für anlässlich eines Einbringungsvorganges zurückbehaltene Verbindlichkeiten unter bestimmten Voraussetzungen (Zurückbehaltung zwecks Kapitalstärkung oder zur Vermeidung einer Überschuldung bzw. aus einem "wirtschaftlichen Grund" und planmäßige Tilgung der Verbindlichkeit) um nachträgliche Betriebsausgaben handle. Er wirft der belangten Behörde vor, diese Voraussetzungen mit den in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für andersartige Fälle entwickelten in unklarer Weise zu vermengen, und tritt den Argumenten, mit denen die belangte Behörde das Vorliegen eines wirtschaftlichen Grundes für die Zurückbehaltung der Verbindlichkeit in Abrede stellt, im Einzelnen entgegen. In diesem Zusammenhang macht er auch geltend, bestimmte Schlüsse der belangten Behörde aus den Bilanzen seien ihm unter Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren nicht vorgehalten worden und die belangte Behörde hätte sich über sein Vorbringen nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens hinwegsetzen dürfen.

Im Fall des hg. Erkenntnisses vom 24. September 2008, Zl. 2006/15/0255, waren betriebliche Fremdwährungskredite bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GmbH gemäß Art. III UmgrStG zurückbehalten und ein danach durch Umschuldung entstandener Kursgewinn vom Finanzamt als nachträgliche Betriebseinnahme erfasst worden. In der die Berufung abweisenden Entscheidung war ausgeführt worden, dem Finanzamt sei beizupflichten, dass die Verbindlichkeiten durch das Zurückbehalten anlässlich der Einbringung des Einzelunternehmens ihre betriebliche Veranlassung nicht verloren hätten. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Umschuldung sei im außerbetrieblichen Bereich (und außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist) erfolgt, sei entgegenzuhalten, dass nach Beendigung der betrieblichen Tätigkeit anfallende, aber einen engen wirtschaftlichen Zusammenhang zum Betrieb aufweisende Einkünfte gemäß § 32 EStG 1988 noch der betrieblichen Sphäre zuzuweisen seien. Die zurückbehaltenen, unstrittig betrieblich begründeten Verbindlichkeiten dienten nicht der Finanzierung von ins Privatvermögen überführten Vermögensgegenständen, sodass die betriebliche Veranlassung der strittigen Verbindlichkeiten nicht verloren gegangen sei. Der einmal entstandene wirtschaftliche Zusammenhang könne nicht durch bloße Willensentscheidung des Steuerpflichtigen beeinflusst werden. Die strittigen Verbindlichkeiten seien daher der betrieblichen Sphäre verhaftet geblieben und die im Streitjahr erklärten Schuldzinsen und Kursgewinne der ehemaligen betrieblichen Sphäre des Beschwerdeführers zuzuordnen.

In diesem Zusammenhang war in der Berufungsentscheidung ausgeführt worden:

"Betrieblich veranlasste Verbindlichkeiten, die umgründungsbedingt vom Einbringer zurückbehalten werden, ändern ihre Eigenschaft als betrieblich veranlasste Verbindlichkeiten insbesondere dann nicht, wenn das Zurückbehalten der Verbindlichkeit - wie im konkreten Fall unzweifelhaft gegeben - zur Beseitigung einer Überschuldung als Umgründungshilfe erfolgt (vgl. BM Finanzen vom 22. August 1997, Behandlung der Aufwandszinsen bei umgründungsbedingt zurückbehaltenen Verbindlichkeiten, in: RdW 1997/12, Seite 767). ...

Wird anlässlich der Einbringung eines Betriebes in eine Körperschaft eine (betrieblich veranlasste) Verbindlichkeit zurückbehalten, dann sind nach herrschender Lehre und Verwaltungspraxis die Zinsen aus der zurückbehaltenen Verbindlichkeit nachträgliche Betriebsausgaben, wenn für das Zurückbehalten der Verbindlichkeit ein wirtschaftlicher Grund vorliegt und die Verbindlichkeit planmäßig getilgt wird (vgl. zB Doralt4, a.a.O., Tz 330 zu § 4 EStG 1988 bzw. Tz 77/1 zu § 32 EStG 1988; BM Finanzen vom 22. August 1997, Behandlung der Aufwandszinsen bei umgründungsbedingt zurückbehaltenen

Verbindlichkeiten, in: RdW 1997/12, Seite 767)."

Der Verwaltungsgerichtshof führte aus:

"Die belangte Behörde hat die Kursgewinne auf Grund des ehemals betrieblichen Fremdwährungskredites als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb beurteilt. Die betriebliche Veranlassung des Fremdwährungskredites sei nicht aufgehoben worden, indem sämtliche Aktiva des Einzelunternehmens in die GmbH übertragen worden seien, diese Verbindlichkeit aber zurückbehalten worden sei.

Auch dieser Rechtsansicht ist nicht zu folgen. Der Beschwerdeführer hat den gesamten Betrieb seines Einzelunternehmens mit Ausnahme dieses Fremdwährungskredites nach Art. III UmgrStG in eine GmbH eingebracht. Ein solcher Vorgang bewirkt, dass das einzelne zurückbehaltene Wirtschaftsgut (hier: Fremdwährungsschuld) in das Privatvermögen überführt wird. Mit der Zurückbehaltung einer Verbindlichkeit wird ein Entnahmetatbestand verwirklicht. Nachträgliche Wertänderungen in diesem Privatvermögen, hier das Entstehen von Kursgewinnen, lassen eine Beurteilung derselben als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht zu."

Der Verwaltungsgerichtshof ist damit der im vorliegenden Fall dem Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers zugrunde liegenden Auffassung nicht gefolgt (vgl. Kanduth-Kristen in Jakom EStG, 2009, § 32 Rz 31, Seite 1210; zu dem Erkenntnis auch RdW 2008/753, 817). Wurde die zurückbehaltene Schuld im Sinne dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes auch bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Grundes für die Zurückbehaltung, wie etwa Beseitigung einer Überschuldung, zum Privatvermögen, so kommt es auch auf die Berechtigung der Verfahrensrügen des Beschwerdeführers in Bezug auf die zwischen ihm und der belangten Behörde strittige Frage eines wirtschaftlichen Grundes für die Zurückbehaltung nicht an.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 30. September 2009

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