VwGH 2004/10/0114

VwGH2004/10/01149.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft mbH in Graz, vertreten durch Dr. Robert Wiesler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sporgasse 27/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Juni 2004, Zl. FA11A-32-943/04-2, betreffend Rückersatz von Spitalskosten, zu Recht erkannt:

Normen

SHG Stmk 1998 §31 Abs1;
SHG Stmk 1998 §31 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
SHG Stmk 1998 §31 Abs1;
SHG Stmk 1998 §31 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Rechtsträgerin der Steiermärkischen Krankenanstalten.

Am 15. Oktober 2003 beantragte sie beim Magistrat der Stadt Graz, Sozialamt, unter Hinweis auf das Steiermärkische Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 29/1998 (Stmk. SHG), den Rückersatz von Spitalskosten für den stationären Aufenthalt des Franz H. in der Zeit vom 1. bis 4. Mai 2003 in der Universitätsklinik für Unfallchirurgie am Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum Graz in Höhe von insgesamt EUR 2.254,--.

Begründend wurde Folgendes dargelegt:

"Auf Grund der durchgeführten Erhebungen lt. Beilage ist das Vorliegen der finanziellen Hilfsbedürftigkeit des Hilfeempfängers schlüssig anzunehmen und wird somit der Spitalskostenrückersatz aus den Mitteln der Sozialhilfe begehrt."

Den in den Verwaltungsakten erliegenden Erhebungsblättern für den Antrag auf Spitalskostenrückersatz sind der Name, das Geburtsdatum und die ständige Wohnadresse zu entnehmen. Die Rubrik "Finanzielle Verhältnisse des Zahlungspflichtigen zum Zeitpunkt der Spitalsbehandlung" ist nicht ausgefüllt. Nach den "Sonstigen Bemerkungen" befand sich der Patient bis 31. März 2003 im Bezug von Notstandshilfe. Diese habe er wieder ab 16. Mai 2003 bezogen. Vom 1. April bis 15. Mai 2003 bestünde mangels Vorzeiten eine Versicherungslücke. Auf die Vorschreibung der Behandlungskosten sei keine Reaktion erfolgt.

Mit Bescheid vom 12. Jänner 2004 wies der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz den Antrag auf Spitalskostenrückersatz ab. Begründend wurde nach Hinweis auf die §§ 4, 7 und 10 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Stmk. SHG dargelegt, dass das durchgeführte Ermittlungsverfahren keinerlei schlüssige Hinweise auf die Hilfsbedürftigkeit des Patienten ergeben habe, zumal ein Einkommen aus einer Selbständigkeit vorhanden sei und das Krankenhaus die Kosten exekutieren könne. Da die Hilfsbedürftigkeit nicht schlüssig glaubhaft gemacht worden sei, erfolge keine Kostenübernahme.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin führte sie u. a. an, dass der Patient seit 9. Oktober 2003 Inhaber einer Gewerbeberechtigung und somit pflichtversichert in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG sei. Laut Mitteilung der Marktgemeinde H. sei der Patient aber sehr hoch verschuldet und nehme deshalb keine längerfristigen Arbeiten an, um etwaige Einbehalte zugunsten der Gläubiger zu umgehen. Eine Exekution sei daher nicht erfolgsversprechend.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegen und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. Nach der Begründung habe sich Franz H. vom 1. bis 4. Mai 2003 an der Universitätsklinik für Unfallchirurgie am Landeskrankenhaus - Universitätsklinikum Graz mit einer offenen Wunde am Knie in stationärer Behandlung befunden. Bei der Datenaufnahme habe der Patient angegeben, Leistungen vom Arbeitsmarktservice zu beziehen und damit bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse versichert zu sein. Die Datenabfrage habe mit der Ablehnung der Kostenübernahme wegen Fehlens einer Versicherung im Behandlungszeitraum geendet. Der Gesamtbetrag der Behandlungskosten sei dem Patienten an der von ihm genannten Adresse in Rechnung gestellt worden. Der Patient habe die Rechnung allerdings nicht beglichen.

Hinsichtlich der Frage, ob die finanzielle Hilfsbedürftigkeit im Antrag durch schlüssiges Vorbringen glaubhaft gemacht worden sei, vertrat die belangte Behörde die Auffassung, ein Hinweis, dass bzw. auf Grund welcher Tatsachen Hilfsbedürftigkeit des Hilfeempfängers schlüssig anzunehmen sei, könne dem Antrag nicht entnommen werden. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen im Sinne des § 31 Abs. 2 Stmk. SHG sei daher schon aus diesem Grund spruchgemäß zu entscheiden. Unbeschadet dessen wäre auch allein die Nichtbezahlung einer Rechnung bzw. Schulden eines Zahlungspflichtigen kein zwingender Hinweis auf das Vorliegen einer Hilfsbedürftigkeit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 1 Stmk. SHG hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfsbedürftigen Hilfe geleistet hat,

Rückersatz zu leisten, wenn:

  1. a) eine Gefährdung des Lebensbedarfes (§ 7) gegeben war;
  2. b) die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden konnte;

    c) der Dritte nicht selbst die Kosten der Hilfe zu tragen hatte.

    Nach Abs. 2 leg. cit. muss der Rückersatz spätestens sechs Monate nach Beginn der Hilfeleistung bei sonstigem Anspruchsverlust beim örtlich zuständigen Sozialhilfeträger beantragt werden. Im Antrag ist die finanzielle Hilfsbedürftigkeit des Hilfeempfängers durch schlüssiges Vorbringen glaubhaft zu machen.

    Gemäß § 4 Abs. 1 Stmk. SHG ist die Voraussetzung der Hilfe unter anderem, dass der Betroffene (hier: der Patient) den Lebensbedarf in Sinne des § 7 Stmk. SHG (darunter gemäß § 7 Abs. 1 lit. c auch die Krankenhilfe im Sinne des § 10) für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

    Gemäß § 5 Abs. 1 Stmk. SHG ist die Hilfe nur soweit zu gewähren als das Einkommen oder das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 7) zu sichern.

    Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die Beschwerdeführerin sei der ihr nach § 31 Abs. 2 zweiter Satz Stmk. SHG zukommenden Obliegenheit, die finanzielle Hilfsbedürftigkeit des Hilfeempfängers durch schlüssiges Vorbringen glaubhaft zu machen, nicht nachgekommen.

    Die Wortfolge "glaubhaft zu machen" ist dabei dahin zu verstehen, dass der Antragsteller die Behörde von der Wahrscheinlichkeit - und nicht von der Richtigkeit - des Vorliegens einer bestimmten Tatsache zu überzeugen hat ( vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Juni 2007, Zl. 2004/10/0087, mwH).

    Für den Umstand, dass der Patient den Lebensbedarf, zu dem nach § 10 Stmk. SHG auch die Krankenhilfe gehört, nicht bzw. nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält, wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen ins Treffen geführt, dass sich der Patient (nur) bis 31. März 2003 im Bezug der Notstandshilfe befunden habe. Diese habe er erst wieder ab 16. Mai 2003 bezogen. Vom 1. April bis 15. Mai 2003 habe mangels Vorzeiten eine Versicherungslücke bestanden.

    Dem ist immerhin zu entnehmen, dass der Patient im Behandlungszeitraum weder über Einkommen aus Arbeit verfügte noch Versicherungsleistungen bezog; darin liegen Anhaltspunkte für die Hilfsbedürftigkeit im Sinne der vom Gesetz geforderten Glaubhaftmachung, die geeignet waren, die Ermittlungspflicht der Behörde auszulösen.

    Auf Grund ihrer verfehlten Rechtsauffassung ist die belangte Behörde ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes nicht nachgekommen, festzustellen, ob auf Seiten des Patienten Hilfsbedürftigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Stmk. SHG vorliegt. Dafür, dass in diesem Sinne zielführende Ermittlungen nicht möglich gewesen wären, liegt kein Anhaltspunkt vor. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Durchführung der unterbliebenen Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

    Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

    Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

    Wien, am 9. September 2009

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