VwGH 2008/18/0477

VwGH2008/18/04773.7.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer sowie die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des Ö B in W, geboren am 12. Oktober 1983, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. April 2008, Zl. E1/129482/2008, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
NAG 2005 §64 Abs3;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
NAG 2005 §64 Abs3;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 7. April 2008 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 54 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer halte sich auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 Fremdengesetz" bzw. "Student" seit Jänner 2004 legal in Österreich auf. Er sei zum ordentlichen Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien zugelassen. Den Vorstudienlehrgang habe der Beschwerdeführer im April 2006 erfolgreich beendet und damit die notwendigen Kenntnisse der deutschen Sprache für die Zulassung zum ordentlichen Studium nachgewiesen.

Im Rahmen des ordentlichen Studiums habe der Beschwerdeführer seit Jänner 2004 drei Prüfungen erfolgreich abgelegt, nämlich am 2. Oktober 2007 die Prüfung über Mathematik (zwei Semesterstunden) und am 23. Jänner 2008 zwei Prüfungen über die Grundlagen der Volkswirtschaftslehre I, laut angefochtenem Bescheid im Umfang von je zwei Semesterstunden. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe im Bundesgebiet familiäre Bindungen zu seiner Mutter und seinem Bruder, der österreichischer Staatsbürger sei.

Bereits am 14. Juli 2005 sei der Beschwerdeführer von der Erstbehörde nachweislich belehrt worden, dass er im Falle des mangelnden Nachweises des Studienerfolges ausgewiesen werden müsse. Im Zuge der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung mit dem Aufenthaltsgrund "Student" vom 9. August 2007 sei von der Behörde ein Verfahren nach § 25 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl I Nr. 100/2005, wegen mangelnden Studienerfolgs eingeleitet worden.

In den ersten drei Studienjahren zwischen 1. Oktober 2004 und 30. September 2007 habe der Beschwerdeführer keine einzige positive Prüfung abgelegt. Selbst bei Anrechnung der jüngst nachgewiesenen erfolgreich ablegten Prüfungen im vierten Studienjahr (1. Oktober 2007 bis 30. September 2008) habe der Beschwerdeführer keinen Studienerfolgsnachweis in dem laut § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120, erforderlichen Umfang von acht Semesterstunden erbracht. Daher sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nach einem länger als vier Jahre dauernden Studienaufenthalt in Österreich den von ihm zu erwartenden Studienerfolg nicht erbracht und keine Gründe vorgebracht habe, dass unabwendbare, unvorhersehbare oder seiner Einflusssphäre entzogene Umstände ihn an der Erbringung des verlangten Studienerfolges gehindert hätten.

Angesichts der strengen Zweckbindung des zu erteilenden Aufenthaltstitels bestehe kein Zweifel, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers mangels ausreichender Prüfungserfolge den in § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG genannten öffentlichen Interessen in erheblichem Ausmaß widerstreite und damit die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Studienwesens gefährde. Daher liege ein Versagungsgrund vor. Der Beschwerdeführer sei ledig, habe aber familiäre Bindungen im Bundesgebiet. Die Ausweisung des Beschwerdeführers sei dennoch zulässig, weil sie zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (etwa der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines intakten Fremden- und Studienwesens) dringend geboten sei und das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung diverse persönliche/private Interessen am weiteren Aufenthalt in Österreich bei weitem überwiege. Die persönlichen Interessen an der familiären Bindung zu nahen Familienmitgliedern seien deshalb entscheidend gemindert, weil sein Aufenthalt nur zum vorübergehenden Zweck des Studiums berechtigt sei. Wollte eine Familienzusammenführung erreicht werden, hätte der Beschwerdeführer dieses Ziel im Wege der Beantragung eines anderen Aufenthaltstitels verfolgen müssen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer verfügte unstrittig seit Jänner 2004 über einen Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums gemäß § 7 Abs. 4 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75. Dieser Aufenthaltstitel galt ab dem Inkrafttreten des NAG mit 1. Jänner 2006 gemäß dessen § 81 Abs. 2 iVm § 11 Abs. 1 B. Z. 1 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 451/2005, als Aufenthaltsbewilligung für "Studierender" weiter.

Am 9. August 2007 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Student". Die Behörde hat sodann ein Verfahren nach § 25 Abs. 1 NAG wegen mangelnden Studienerfolgs eingeleitet.

Da sich der Beschwerdeführer somit während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet befindet, kann er gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG ausgewiesen werden, wenn der Erteilung weiterer Aufenthaltstitel ein Versagungsgrund entgegen steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0448).

2. Die belangte Behörde kam zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG, wonach der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreiten dürfe, nicht erfülle, weil sich der Beschwerdeführer bereits seit vier Jahren ausschließlich zum Zweck des Studiums im Bundesgebiet befinde, ohne einen ausreichenden Studienerfolg aufzuweisen.

Diese Ansicht kann aus folgenden Gründen nicht als rechtswidrig erkannt werden:

3.1. Gemäß § 64 Abs. 3 NAG ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende an den Nachweis eines bestimmten Studienerfolges gebunden. Für einen solchen Studienerfolgsnachweis ist es erforderlich gemäß § 75 Abs. 6 UG, dass im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (acht Semesterstunden) abgelegt wurden.

Der Beschwerdeführer behauptet jedoch nicht, mehr als die drei im angefochtenen Bescheid angeführten Prüfungen abgelegt zu haben. Dabei ist es unerheblich, ob - wie im angefochtenen Bescheid angeführt - eine Prüfung in Mathematik und zwei Prüfungen über "Grundlagen der Volkswirtschaftslehre I" oder - wie in der Beschwerde vorgebracht - neben der Prüfung in Mathematik Prüfungen in "Grundlagen der Volkswirtschaftslehre I und II", jeweils im Umfang von zwei Semesterstunden, somit insgesamt im Umfang von sechs Semesterstunden, abgelegt wurden, da in beiden Fällen das erforderliche Ausmaß von acht Semesterstunden nicht erreicht wird. Somit wurden die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass der Beschwerdeführer das gemäß § 75 Abs. 6 UG zur Erlangung eines Studienerfolgsnachweises erforderliche Ausmaß an Prüfungen während seines gesamten Studiums seit 2004 - somit auch nicht im vorausgegangenen Studienjahr - nicht erfolgreich abgelegt hat, nicht widerlegt.

Wenn in der Beschwerde gerügt wird, dass die erstinstanzliche Behörde in ihrer Entscheidung vom 5. Dezember 2007 die Mathematikprüfung, die der Beschwerdeführer am 2. Oktober 2007 abgelegt hat sowie die im Jänner 2008 (somit nach Erlassen des Bescheides) absolvierten Prüfungen über Grundlagen der Volkswirtschaftslehre I und II nicht berücksichtigt habe, so ist damit im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nichts zu gewinnen, da Gegenstand dieses Verfahrens der angefochtene Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien und nicht der erstinstanzliche Bescheid ist. Im angefochtenen Bescheid wurden die angeführten Prüfungen sowohl im Rahmen der Tatsachenfeststellungen (auf Seite 2) als auch im Rahmen der rechtlichen Würdigung (auf Seite 3f) berücksichtigt. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht somit ins Leere.

3.2. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Erteilung des begehrten weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegen stehe und der Tatbestand des § 54 Abs. 1 Z. 2 FPG daher erfüllt sei, ist somit unbedenklich.

3.3. Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 2 FPG hat die belangte Behörde zugunsten des Beschwerdeführers den mehr als vierjährigen inländischen Aufenthalt seit Jänner 2004 sowie die familiären Bindungen zu der Mutter und dem Bruder, beide im Inland lebend, berücksichtigt. Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren persönlichen Interessen werden - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt wurde - in ihrem Gewicht dadurch entscheidend gemindert, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers bisher ausschließlich zum - vorübergehenden - Zweck des Studiums berechtigt war, er aber nur einen völlig unzureichenden Studienerfolg aufzuweisen hat. Diesen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht die Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- (und Studien)wesens gegenüber. Von daher begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 leg.cit.), - auch unter Berücksichtigung der in der Beschwerde ins Treffen geführten Umstände, dass der Bruder des Beschwerdeführers, ein österreichischer Staatsbürger, und die Mutter im Inland leben - keinen Bedenken.

3.4. Wie bereits ausgeführt, ist Gegenstand dieses Verfahrens der angefochtene Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien und nicht der erstinstanzliche Bescheid. Daher ist auch nicht darauf einzugehen, ob dem erstinstanzlichen Bescheid - wie in der Beschwerde behauptet - weitere Feststellungsmängel anhaften.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 3. Juli 2008

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