VwGH 2008/08/0084

VwGH2008/08/00842.7.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des K in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 29. November 2007, Zl. 2007-0566-9-001709, betreffend Zuerkennung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §44;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;
AVG §38;
AVG §47;
EMRK Art6 Abs1;
NAG 2005 §24 Abs2 idF 2005/I/157;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ZPO §296;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §44;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;
AVG §38;
AVG §47;
EMRK Art6 Abs1;
NAG 2005 §24 Abs2 idF 2005/I/157;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ZPO §296;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein kroatischer Staatsbürger, stellte am 28. August 2007 beim Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle Redergasse (in der Folge: AMS Redergasse), einen Antrag auf Notstandshilfe. Dem Antrag beiliegend findet sich im Akt eine Kopie einer im Reisepass des Beschwerdeführers angebrachten Vignette ("Niederlassungsbewilligung Familiengemeinschaft mit Österreicher"). Der Eintrag im Feld "Gültig bis" ist insofern unleserlich, als aus ihm nicht eindeutig entnehmbar ist, ob die Gültigkeit mit "10-05-05" oder mit "10-05- 06" ausgelaufen ist. Darüber hinaus findet sich im Akt eine Einreichbestätigung des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 20 (in der Folge: MA 20), aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer am 2. Mai 2006 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt hat.

Mit Schreiben des AMS Redergasse vom 8. Oktober 2007 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bis 25. Oktober 2007 vorzusprechen und eine schriftliche Bestätigung der (nunmehr zuständigen) Magistratsabteilung 35 (in der Folge: MA 35) oder der Fremdenpolizei, dass er sich legal in Österreich aufhalte, vorzulegen.

Mit Bescheid des AMS Redergasse vom 29. Oktober 2007 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Notstandshilfe keine Folge gegeben. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine Bestätigung vorgelegt habe, dass er berechtigt sei, im Bundesgebiet eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen. Daher sei auf Grund der Aktenlage zu entscheiden gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, er habe bereits am 20. September 2007 sämtliche Unterlagen vorgelegt, die bestätigten, dass er am 2. Mai 2006 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "unbeschränkt" gestellt habe. Die MA 20 habe diesen Antrag abgewiesen, da dieser nicht in offener Frist gestellt worden sei. Dagegen habe er fristgerecht berufen, da das Datum des Gültigkeitsablaufes auf der Vignette im Reisepass sowohl von ihm als auch von sämtlichen anderen Behörden als 10. Mai "2006" gelesen worden sei und er daher aus seiner Sicht den (Verlängerungs-)Antrag am 2. Mai 2006 fristgerecht gestellt habe. Die Berufung betreffend den Aufenthaltstitel sei noch offen. Eine Bestätigung wie die von AMS Redergasse geforderte sei laut Auskunft des Bundesministeriums für Inneres nicht üblich, da die eingebrachte Berufung einen Nachweis für den rechtlichen Status darstelle. Da die Berufung aufschiebende Wirkung habe, halte er sich legal in Österreich auf. Da er einen Aufenthaltstitel "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gehabt habe, gelte dieser weiter, halte er sich legal in Österreich auf und habe Zugang zum Arbeitsmarkt.

Der Beschwerdeführer schloss seiner Berufung den Bescheid der MA 20 vom 4. Juli 2006 bei, mit welchem sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "unbeschränkt" wegen unzulässiger Inlandsantragstellung abgewiesen worden war, sowie die von ihm dagegen erhobene Berufung. Aus der Begründung des Bescheides der MA 20 geht im Wesentlichen hervor, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass der Beschwerdeführer zuletzt vom 7. Mai 2002 bis zum 10. Mai 2005 über einen Aufenthaltstitel verfügt habe. Der Antrag vom 2. Mai 2006 gelte daher als Erstantrag, da Anträge, welche nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt würden, gemäß § 24 Abs. 2 NAG nur dann als Verlängerungsanträge gälten, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt würden.

In seiner Berufung gegen den Bescheid der MA 20 vom 4. Juli 2006 hatte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, er sei in Wien geboren und habe seit seiner Geburt immer in Österreich gelebt. Er sei bei seiner Tante, die seit 1990 österreichische Staatsbürgerin sei und auch die Obsorge für ihn gehabt habe, aufgewachsen. Er sei immer rechtmäßig in Österreich gewesen und habe stets über eine Niederlassungsbewilligung verfügt. Er wisse, dass Titelverlängerungen immer während der Gültigkeit des letzten Titels zu beantragen seien, und habe folglich den Antrag am 2. Mai 2006 gestellt. Im Hinblick auf die Vignette im Reisepass habe er diesen Antrag im guten Glauben gestellt, dass er (als Verlängerungsantrag) rechtzeitig sei. Wegen der Tatsache, dass auf dem Stempel auf der Passvignette das Jahr 2006 aufgedruckt sei - was im Übrigen nach genauer Prüfung auch vom Arbeitsmarktservice bei einer (vormaligen) Antragstellung auf Arbeitslosengeld so gesehen worden sei - und er im guten Glauben seinen Antrag zeitgerecht eingebracht habe, ersuche er um Erteilung des gewünschten Aufenthaltstitels, in eventu rege er an, eine Antragstellung im Inland gemäß § 74 NAG aus humanitären Gründen zuzulassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des AMS Redergasse vom 29. Oktober 2007 von der belangten Behörde nicht stattgegeben. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte sie begründend im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer laut der von ihm im Berufungsverfahren übermittelten Unterlagen, insbesondere dem Bescheid der MA 20 vom 4. Juli 2006, zuletzt vom 7. Mai 2002 bis 10. Mai 2005 über einen Aufenthaltstitel in Österreich verfügt habe. Am 2. Mai 2006 habe er einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "unbeschränkt" gestellt. Da der Beschwerdeführer den Antrag nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt habe, sei der Antrag vom 2. Mai 2006 nicht als Verlängerungsantrag anzusehen. Zum Einwand des Beschwerdeführers, aufgrund der schlecht leserlichen Eintragung auf der Vignette in seinem Reisepass sei er der Meinung gewesen, sein Aufenthaltstitel sei bis 10. Mai 2006 gültig, und auch das Arbeitsmarktservice sei zunächst dieser Meinung gewesen, sei festzuhalten, dass die zuständige Behörde für die Ausstellung der Aufenthaltstitel in Wien die MA 20 (nunmehr MA 35) sei. Feststellungen über die Gültigkeit von Aufenthaltstiteln seien daher von dieser Behörde zu treffen, das Arbeitsmarktservice sei an diese Feststellungen gebunden. Es sei daher entsprechend der Darstellung der Aufenthaltsbehörde davon auszugehen, dass der neuerliche Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 2. Mai 2006 nicht als Verlängerungsantrag, sondern als Erstantrag zu beurteilen sei. Eine Antragstellung vor dem 2. Mai 2006 sei vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden. Seit 11. Mai 2005 verfüge der Beschwerdeführer damit über keinen Aufenthaltstitel in Österreich. Da sein neuerlicher Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Erstantrag zu beurteilen sei, könne der Beschwerdeführer nicht die Rechtswirkungen eines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrags für sich in Anspruch nehmen. Auch eine rechtzeitig eingebrachte Berufung gegen den Bescheid der MA 20 vom 4. Juli 2006 ändere nichts daran. Da dem Beschwerdeführer in Ermangelung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden und auch keine andere Berechtigung nach dem AuslBG ausgestellt werden könne, stehe er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat. Der Arbeitsvermittlung steht gemäß § 7 Abs. 2 AlVG zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

§ 7 Abs. 3 AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 102/2005 lautet wie folgt:

"Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben, und

3. die nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 4 FrG erfüllt."

Gemäß § 38 AlVG sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf die Notstandshilfe diese Bestimmungen über das Arbeitslosengeld sinngemäß anzuwenden.

§ 24 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) idF BGBl. I Nr. 157/2005 lautet auszugsweise:

"(1) Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels (Verlängerungsanträge) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

(2) Anträge, die nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt wurde. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig."

§ 45 NAG lautet:

"Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG"

§ 45. (1) Drittstaatsangehörigen, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen zur Niederlassung berechtigt waren, kann ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" erteilt werden, wenn sie

  1. 1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
  2. 2. die Integrationsvereinbarung erfüllt haben.

(2) Die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 wird durchbrochen, wenn sich der Drittstaatsangehörige innerhalb dieser Frist insgesamt länger als zehn Monate, oder durchgehend mehr als sechs Monate außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten hat. In diesen Fällen beginnt die Frist ab der letzten rechtmäßigen Einreise neuerlich zu laufen.

(3) Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht vergleichbaren Dienstes, kann sich der Drittstaatsangehörige innerhalb der Fünfjahresfrist bis zu 24 Monate außerhalb des Bundesgebietes aufhalten, ohne sie zu unterbrechen, wenn er dies der Behörde nachweislich mitgeteilt hat.

(4) Weiters wird die Fünfjahresfrist nicht unterbrochen, wenn sich der Drittstaatsangehörige im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit, insbesondere zur grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen, außerhalb des Bundesgebietes aufhält.

(5) Liegt eine Verständigung der Asylbehörde gemäß § 7 Abs. 2 AsylG 2005 vor, ist dem betreffenden Fremden ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" von Amts wegen zu erteilen, es sei denn, es liegt ein Fall des §§ 47 oder 48 vor; in diesem Fall ist ihm ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" (§ 48) von Amts wegen zu erteilen. Diese Amtshandlungen unterliegen nicht der Gebührenpflicht. Die Asylbehörde ist von der rechtskräftigen Erteilung des Aufenthaltstitels zu verständigen."

Die nach dem NAG zuständige Behörde kann unter näher bestimmten Voraussetzungen von Amts wegen aus humanitären Gründen gemäß § 73 NAG eine Niederlassungsbewilligung erteilen oder gemäß § 74 NAG die Inlandsantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zulassen.

§ 38 AVG lautet:

"§ 38. Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

§ 47 AVG lautet:

"§ 47. Die Beweiskraft von öffentlichen Urkunden und Privaturkunden ist von der Behörde nach den §§ 292 bis 294, 296, 310 und 311 ZPO zu beurteilen. Dabei gilt § 292 Abs. 1 erster Satz ZPO jedoch mit der Maßgabe, daß inländische öffentliche Urkunden den Beweis auch über jene Tatsachen und Rechtsverhältnisse liefern, die die Voraussetzung für ihre Ausstellung bildeten und in der Urkunde ausdrücklich genannt sind; wenn die Behörde im Hinblick auf die besonderen Umstände des Einzelfalles dagegen Bedenken hat, daß die Urkunde diesen Beweis liefert, so kann sie der Partei auftragen, den Beweis auf andere Weise zu führen."

Gemäß § 296 ZPO ist in freier Beweiswürdigung zu beurteilen, ob und in welchem Maße Durchstreichungen, Radierungen und andere Auslöschungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel einer Urkunde deren Beweiskraft mindern oder dieselbe ganz aufheben.

Zu § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 102/2005 hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass damit vom Gesetzgeber eine eindeutige Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Aufenthalt zum Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung mit der Leistungsverpflichtung der Arbeitslosenversicherung vorgenommen worden sei. Diese Verknüpfung wurde durch die Neufassung der Bestimmung durch die Novelle BGBl. I Nr. 102/2005 nicht aufgegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2006, Zl. 2006/08/0020, mwN).

Der Beschwerdeführer macht zunächst im Wesentlichen geltend, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die Niederlassungsbewilligung "Familiengemeinschaft mit Österreicher" nur bis zum 10. Mai 2005 - und nicht bis zum 10. Mai 2006 - gültig gewesen sei, somit der Antrag vom 2. Mai 2006 als Erstantrag zu werten gewesen und kein Verlängerungsantrag vorgelegen sei, welcher gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz NAG zur Folge gehabt hätte, dass sich der Beschwerdeführer bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag habe rechtmäßig in Österreich aufhalten dürfen.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass sie bezüglich der Geltungsdauer der Niederlassungsbewilligung "Familiengemeinschaft mit Österreicher" an den Bescheid der MA 20 vom 4. Juli 2006 gebunden sei. Es kann aber entgegen der Ansicht der belangten Behörde schon deshalb keine derartige Bindungswirkung bestehen, da dieser Bescheid nicht rechtskräftig ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 516, E 73 ff. zu § 38 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Demnach wäre es an der belangten Behörde gelegen, ihrer Entscheidung ihre über die maßgebenden Verhältnisse gewonnene eigene Anschauung zu Grunde zu legen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 91/11/0161).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die belangte Behörde, indem sie im angefochtenen Bescheid auf den Bescheid der MA 20 vom 4. Juli 2006 ausdrücklich Bezug nahm, sich im Rahmen einer selbständigen Vorfragenbeurteilung dessen Begründung zu Eigen machte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. April 1991, Zl. 90/11/0205, mwN), würde dies nicht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bewirken: Der Bescheid der MA 20 vom 4. Juli 2006 führt in seiner Begründung nämlich aus, dass "das Ermittlungsverfahren" ergeben habe, dass der Beschwerdeführer letztmals vom 7. Mai 2002 bis zum 10. Mai 2005 über einen Aufenthaltstitel verfügt habe. Es wird aber nicht dargelegt, worin dieses Ermittlungsverfahren bestanden hat (in seiner Berufung gegen den Bescheid vom 4. Juli 2006 rügte der Beschwerdeführer jedenfalls mangelndes Parteiengehör) und auf welche Tatsachen und Beweismittel die MA 20 diese Feststellung stützte. Es finden sich im Bescheid der MA 20 auch keine Ausführungen zu der vom Beschwerdeführer in der Berufung gegen den Bescheid des AMS Redergassse vom 29. Oktober 2007 aufgeworfenen Frage, wie der gegenständliche Aufdruck auf der Vignette im Pass des Beschwerdeführers zu werten sei, ebenso nicht zur Relevanz dieses Aufdruckes an sich.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, das AlVG sehe zur Entscheidung über Ansprüche wie den gegenständlichen in § 44 AlVG die Zuständigkeit des Arbeitsmarktservice, sohin von Verwaltungsbehörden, und ein Verfahren nach dem AVG vor. Dies verletze das Grundrecht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK auf eine Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches auf Gesetz beruhendes Gericht. Über Ansprüche nach dem AlVG als "civil rights" sei der Beschwerdeführer in seinen von Art. 6 Abs. 1 EMRK genannten Rechten auf Anhörung in einer öffentlichen Verhandlung und auf öffentliche Urteilsverkündung verletzt.

Hinsichtlich dieses Vorbringens kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 20. September 2006, Zl. 2003/08/0106, verwiesen werden.

Der angefochtene Bescheid war jedoch aus den oben genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Es erübrigte sich angesichts dessen, auf die vom Beschwerdeführer thematisierte Frage des Vorliegens einer Aufenthaltsberechtigung auf Grund der Richtlinie 2003/109/EG einzugehen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. Juli 2008

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