VwGH 2007/21/0509

VwGH2007/21/050919.6.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der T, vertreten durch MMag. Dr. Irmtraud Oraz, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Goldschlagstraße 64/26, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. November 2007, Zl. UVS-01/18/10329/2007-3, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

32003R0343 Dublin-II Art19 Abs3;
32003R0343 Dublin-II Art19 Abs4;
32003R0343 Dublin-II Art20 Abs2;
32003R0343 Dublin-II;
AsylG 1997 §4;
AsylG 1997 §4a;
AsylG 1997 §5 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §5a Abs2 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §5a Abs3 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §5a idF 2003/I/101;
AsylG 1997;
AsylG 2005 §13;
AsylG 2005 §41 Abs3;
AsylG 2005 §5;
AsylG 2005 §75 Abs1;
AsylG 2005 §75 Abs4;
AsylG 2005;
Dubliner Übk 1997;
EURallg;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
32003R0343 Dublin-II Art19 Abs3;
32003R0343 Dublin-II Art19 Abs4;
32003R0343 Dublin-II Art20 Abs2;
32003R0343 Dublin-II;
AsylG 1997 §4;
AsylG 1997 §4a;
AsylG 1997 §5 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §5a Abs2 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §5a Abs3 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §5a idF 2003/I/101;
AsylG 1997;
AsylG 2005 §13;
AsylG 2005 §41 Abs3;
AsylG 2005 §5;
AsylG 2005 §75 Abs1;
AsylG 2005 §75 Abs4;
AsylG 2005;
Dubliner Übk 1997;
EURallg;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG feststellt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine chinesische Staatsangehörige, gelangte am 29. Mai 2005 von der Tschechischen Republik kommend illegal nach Österreich, um eine Durchreise nach Mailand vorzunehmen. Am 30. Mai 2005 wurde sie jedoch von der italienischen Grenzpolizei wieder nach Österreich zurückgeschoben und es wurde gegen sie in der Folge mit Bescheid vom 26. Juli 2005 ein mit sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Nachdem die Beschwerdeführerin aus der über sie verhängten Schubhaft mit dem Auftrag entlassen worden war, sich selbständig um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu bemühen und Österreich unverzüglich zu verlassen, stellte sie am 1. August 2005 einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen rechtskräftigen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. September 2005 gemäß § 5 AsylG 1997 idF der Novelle 2003 zurückgewiesen, die Zuständigkeit der Tschechischen Republik zur Prüfung des Asylantrages festgestellt und die Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Tschechien verfügt. Der Bescheid wurde gegenüber der Beschwerdeführerin durch Zustellung am 12. September 2005 erlassen.

Die in der Folge aus der Bundesbetreuung entlassene Beschwerdeführerin war im Zeitraum vom 4. Oktober 2005 bis kurz vor dem 19. November 2007 obdachlos und - wie es in der Beschwerde formuliert wird - "in Flucht vor der Überstellung nach Tschechien".

Die Beschwerdeführerin wurde dann am 19. November 2007 in Wien gemäß § 39 Abs. 1 FPG festgenommen und es wurde über sie noch am selben Tag von der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 76 Abs. 1 FPG die Schubhaft zur Sicherung ihrer Abschiebung verhängt. In der Begründung dieses Bescheides wurde darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin ohne Unterstand und ohne gültigen Reisepass angetroffen worden sei. Da die Beschwerdeführerin trotz durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes vom 26. Juli 2005 und trotz rechtskräftiger negativer Beendigung des Asylverfahrens seit 12. September 2005 ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und unangemeldet "wohnhaft" sei und in Österreich weder über familiäre noch soziale Bindungen verfüge, sei die Schubhaftverhängung verhältnismäßig und es käme die Anwendung von gelinderen Mitteln nicht in Betracht.

Die Beschwerdeführerin machte in der am 27. November 2007 eingebrachten Schubhaftbeschwerde (in Verbindung mit deren Ergänzung) vor allem geltend, die Überstellung der Beschwerdeführerin in die für die Asylantragsprüfung zuständige Tschechische Republik sei nicht innerhalb der Fristen des Art. 19 der Dublin II-VO, die bei flüchtigen Asylwerbern höchstens 18 Monate betrage, erfolgt. Der seit 12. September 2005 durchsetzbare Asylbescheid sei daher gemäß § 5a Abs. 3 AsylG 1997 zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung am 19. November 2007 jedenfalls außer Kraft getreten. Demnach sei die Beschwerdeführerin wieder Asylwerberin und der herangezogene Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 1 FPG sei auf sie gemäß § 1 Abs. 2 FPG nicht anwendbar.

Am 27. November 2007 stellte die Beschwerdeführerin auch ein mündliches, am 28. November 2007 dem Bundesasylamt übermitteltes Ersuchen, ihr Asylverfahren fortzusetzen, bzw. einen neuen Antrag auf internationalen Schutz. Davon wurde auch die belangte Behörde in Kenntnis gesetzt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (der belangten Behörde) vom 30. November 2007 wurde die Schubhaftbeschwerde "gemäß § 83 Abs. 1, 2 und 4 FPG" abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung festgestellt.

Die belangte Behörde gab den bisherigen Verfahrensgang wieder und verwies vor allem auf das rechtskräftig beendete Asylverfahren und die Ausweisung nach Tschechien sowie auf das gegen die Beschwerdeführerin erlassene Aufenthaltsverbot. Vor diesem Hintergrund könne die Stellung eines neuerlichen mündlichen Asylantrages durch die in Schubhaft befindliche Beschwerdeführerin lediglich als mutwillig angesehen werden und diene offenbar nur der Verfahrensverschleppung. Im Übrigen enthält der Bescheid nähere Ausführungen zum Sicherungsbedarf, den die belangte Behörde im Wesentlichen mit dem Ignorieren der Ausweisung, dem Untertauchen während eines Zeitraums von zwei Jahren, der Mittel- und der Unterstandslosigkeit sowie dem Fehlen von sozialen und beruflichen Bindungen der Beschwerdeführerin begründete.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

1.1. In der vorliegenden Beschwerde wird - mit denselben Argumenten wie in der Schubhaftbeschwerde - die Auffassung vertreten, der Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates sei mangels fristgerechter Umsetzung gemäß § 5a Abs. 3 AsylG 1997 wieder außer Kraft getreten und die Beschwerdeführerin wäre als Asylwerberin zu behandeln gewesen.

1.2. Dazu vertritt die belangte Behörde in der Gegenschrift die Meinung, dass der Bescheid nicht gemäß § 5a Abs. 3 AsylG 1997 außer Kraft getreten sei, weil sich die Beschwerdeführerin dem behördlichen Zugriff beharrlich entzogen habe und demnach die Gründe, weshalb sie nicht habe abgeschoben werden können, zur Gänze in ihrem Ingerenzbereich gelegen und bewusst herbeigeführt worden seien.

2.1. Der mit der AsylG-Novelle 2003 in das (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandene) AsylG 1997 eingefügte § 5a lautete (auszugsweise):

"§ 5a

(1) (...)

(2) Können Fremde, deren Asylantrag gemäß der §§ 4 oder 4a als unzulässig zurückgewiesen wurde, aus faktischen Gründen, die nicht im Verhalten des Fremden begründet sind, binnen zweier Monate nach Erlassung des Bescheides nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden, so tritt dieser außer Kraft. Das Asylverfahren dieser Fremden ist zulässig; ihnen ist eine Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 24a) auszustellen und sie können einer Betreuungseinrichtung zugewiesen werden (§ 37b).

(3) Können Fremde, deren Asylantrag gemäß § 5 als unzulässig zurückgewiesen wurde, aus faktischen Gründen nach Erlassung des Bescheides gemäß der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden, so tritt dieser außer Kraft. Bis zur Entscheidung, ob ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Norwegen oder Island zur Behandlung des Asylantrages zuständig ist, können diese Fremden einer Betreuungseinrichtung zugewiesen werden (§ 37b).

(4) (...)"

Die Erläuternden Bemerkungen (RV 120 BlgNR 22. GP 14) führten dazu Folgendes aus:

"Abs. 2 normiert das Selbsteintrittsrecht/die Selbsteintrittsverpflichtung Österreichs, das Asylverfahren selbst zu führen, wenn es aus faktischen Gründen nicht möglich ist, Asylwerber, deren Anträge gemäß der §§ 4 oder 4a als unzulässig zurückgewiesen wurden, abzuschieben. Diese Bescheide treten zwei Monate nach ihrer Erlassung außer Kraft, die Asylverfahren sind dann zugelassen und die Asylwerber können einer Betreuungseinrichtung zugewiesen werden. Ebenso ist vorzugehen, wenn sich aufgrund von 'Dublin I' oder 'Dublin II' ergibt, dass Österreich das Asylverfahren zu führen hat; in diesem Fall richten sich die Fristen nach der Verordnung des Rates. Die Asylverfahren auch dieser Fremden sind als Folge des Außerkrafttretens des zurückweisenden Bescheides zugelassen. All diesen Asylwerbern ist eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen und sie können in weiterer Folge einer Betreuungseinrichtung zugewiesen werden."

2.2. Zwar ist in § 5a Abs. 3 AsylG 1997 keine Frist festgelegt, nach deren erfolglosem Verstreichen der den Asylantrag wegen Unzuständigkeit zurückweisende, in Anwendung des § 5 AsylG 1997 ergangene Bescheid außer Kraft tritt. Doch ergibt sich aus den zitierten Gesetzesmaterialien, dass sich die Fristen nach der Dublin II-VO richten sollen und darauf abzustellen ist, wann nach dieser Verordnung die Zuständigkeit auf Österreich übergeht (vgl. Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997,

3. Ergänzung, Juni 2004, Seite 86i; in diesem Sinne auch Schmid/Frank/Anerinhof, AsylG2, K 17 zu § 5a, Seite 121).

3.1. Der für Überstellungen maßgebliche Art. 19 Abs. 3 und 4 der angesprochenen Dublin II-VO lautet (auszugsweise):

"(3) Die Überstellung des Antragstellers von dem Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des ersteren Mitgliedstaates nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. (...)

(4) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn der Asylbewerber flüchtig ist."

Art. 20 Abs. 2 der Dublin II-VO sieht für Rücküberstellungen ähnliche Regelungen und für flüchtige Asylbewerber ebenfalls eine Höchstfrist von 18 Monaten vor.

3.2. Die genannten Bestimmungen ordnen für den Fall der Überschreitung der Überstellungsfrist einen Zuständigkeits(rück)übergang auf den Staat der Asylantragstellung (gemeint: den Aufenthaltsstaat) an. Die Regelung stützt sich auf die Überlegung, dass der Mitgliedstaat, der die gemeinsamen Zielvorgaben zur Kontrolle der illegalen Zuwanderung nicht umsetzt, also die Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nicht "zeitgemäß" durchführt, gegenüber den Partnerländern die (negativen) Folgen tragen muss. Außerdem soll durch diese Bestimmung vermieden werden, dass eine Kategorie sogenannter "refugees in orbit" entsteht, deren Antrag monate- oder gar jahrelang in keinem Mitgliedstaat geprüft wird (Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung2, K 30 zu Art. 19, Seite 150, und K 11 f zu Art. 20, Seite 155 f).

Der Übergang der Zuständigkeit nach Fristablauf stellt eine besondere Zuständigkeitsnorm dar, die letztlich lediglich vom Ablauf der Frist abhängig ist (Filzwieser/Liebminger, aaO). Mit Ablauf der Frist tritt der Zuständigkeitsübergang "de jure" ein (Schmid/Frank/Anerinhof, aaO, K 18, Seite 122). Daraus folgerten die zuletzt genannten Autoren, die innerstaatliche Regelung des § 5a Abs. 3 AsylG 1997 wäre insoweit entbehrlich gewesen, als "diese EG-rechtliche Wirkung" auch die innerstaatliche Dublin-Unzuständigkeitsentscheidung "mit ex-nunc-Wirkung beseitigt" hätte. Der Zuständigkeitsübergang auf den mit der Überstellung säumigen Staat und die "Beseitigung" der die Unzuständigkeit dieses Staates aussprechenden innerstaatlichen Entscheidung hätte sich - so ist die wiedergegebene Kommentarstelle offenbar zu verstehen - bereits aus den zitierten, unmittelbar anwendbaren Normen der Dublin II-VO ergeben.

4.1. Im Einklang mit dieser Auffassung verzichtete der Gesetzgeber darauf, in das (am 1. Jänner 2006 in Kraft getretene) AsylG 2005 eine dem § 5a Abs. 3 AsylG 1997 entsprechende ausdrückliche Regelung aufzunehmen. Dazu heißt es in den Gesetzesmaterialien zu § 5 AsylG 2005 (RV 952 BlgNR 22. GP 35):

"Wenn eine Überstellung - etwa wegen Transportunfähigkeit des Asylwerbers - längere Zeit nicht möglich ist, ergeben sich aus dem Dubliner Übereinkommen und der Dublin-Verordnung Fristen, nach denen Österreich zuständig wird. Diese Fristen sind uneinheitlich, je nach dem Grund des Überstellungshindernisses. Wenn eine Überstellung auf Grund von Fristenablauf nicht mehr erfolgen kann, so ist der Bescheid nach § 5 von Amts wegen zu beheben und in die inhaltliche Prüfung des Verfahrens einzutreten. Auf eine entsprechende Normierung wurde verzichtet, da sich dies bereits aus den Vorschriften des Dubliner Übereinkommens und der Dublin-Verordnung ergibt."

4.2. Während somit § 5a Abs. 3 AsylG 1997 für den Fall des Ablaufs der Überstellungsfrist ex lege das Außerkrafttreten der Dublin-Unzuständigkeitsentscheidung anordnete, geht der Gesetzgeber des AsylG 2005 davon aus, dass dem in der Dublin II-VO für diesen Fall vorgesehenen Zuständigkeits(rück)übergang mit einer Aufhebung des verfahrensbeendenden Bescheides Rechnung zu tragen ist. Dem ist zu folgen, zumal sich aus der genannten Verordnung nicht ergibt, in welcher Form es zur "Beseitigung" der innerstaatlichen Unzuständigkeitsentscheidung kommt. Mangels ausdrücklicher Regelung über ein ex-lege-Außerkrafttreten bedarf es somit im Anwendungsbereich des AsylG 2005 zur Beseitigung der Rechtskraftwirkungen der ursprünglichen (nicht fristgerecht umgesetzten) "Dublin-Entscheidung" deren förmlicher Aufhebung. Diese ist unverzüglich nach fruchtlosem Ablauf der jeweiligen Überstellungsfrist (auch von Amts wegen) vorzunehmen.

5.1. Unter "flüchtig" (iSd Art 19 Abs. 4 bzw. Art 20 Abs. 2 Dublin II-VO) sind alle Sachverhalte zu subsumieren, in denen der Asylbewerber aus von diesem zu vertretenden Gründen für die Behörden des die Überstellung durchführen wollenden Staates nicht auffindbar ist (Filzwieser/Liebminger, aaO., K 32 zu Art. 19, Seite 151), was im Fall der Beschwerdeführerin (unbestritten) gegeben war. Die genannte, für flüchtige Asylwerber geltende Höchstfrist von 18 Monaten für die Überstellung der Beschwerdeführerin in den nach der Dublin II-VO für die Asylantragsprüfung zuständigen Mitgliedstaat war - selbst wenn man von einem Neubeginn der Frist zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides im Asylverfahren am 12. September 2005 ausgeht - spätestens am 12. März 2007 abgelaufen. Demnach ist im vorliegenden Fall - allerdings erst nach dem 1. Jänner 2006, dem Inkrafttreten des AsylG 2005 - die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrages der Beschwerdeführerin aufgrund der Dublin II-VO auf Österreich übergegangen.

5.2. Nach der Übergangsregelung des § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen (Asyl-)Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. Diese Norm passt nicht auf den vorliegenden Fall, weil das Asylverfahren der Beschwerdeführerin am 1. Jänner 2006 beendet war. Der Abs. 4 des genannten § 75 AsylG 2005 sieht nämlich vor, dass (u.a.) zurückweisende Bescheide aufgrund des AsylG 1997 in derselben Sache in Verfahren nach dem AsylG 2005 den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache begründen, billigt also den Bescheiden aus Asylaltverfahren auch im Geltungsbereich des neuen Gesetzes Bestandskraft zu. Der Ablauf der Überstellungsfrist und der damit verbundene Zuständigkeitsübergang fallen im vorliegenden Fall - wie erwähnt - jedenfalls in den Geltungsbereich des AsylG 2005. Auch wenn also der zurückweisende Bescheid vom 7. September 2005 noch in Anwendung des AsylG 1997 erlassen wurde, ist die Frage, ob er wegen der Säumnis mit der Überstellung außer Kraft getreten ist, nicht nach dem (seit 1. Jänner 2006 nicht mehr in Geltung stehenden) § 5a Abs. 3 AsylG 1997 zu beurteilen, sondern nach der seit diesem Zeitpunkt geltenden (aktuellen) Rechtslage. Danach bedarf es aber - wie oben dargestellt - der ausdrücklichen Aufhebung des nach § 5 AsylG 1997 ergangenen verfahrensbeendenden Bescheides. Als dessen Folge wäre das Asylverfahren der Beschwerdeführerin zugelassen und sie wäre zum Aufenthalt in Österreich berechtigt (vgl. sinngemäß § 41 Abs. 3 iVm § 13 AsylG 2005; zum AsylG 1997 siehe Schmid/Frank/Anerinhof, aaO, K 19, Seite 122).

5.3. Da im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft am 19. November 2007 ein solcher Aufhebungsbescheid der Asylbehörden (noch) nicht erlassen worden war, kam der Beschwerdeführerin - entgegen der von ihr vertretenen Meinung - damals nicht die Stellung als Asylwerberin zu. Die auf § 76 Abs. 1 FPG gestützte Anordnung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung durch die Bundespolizeidirektion Wien und die darauf gegründete Anhaltung erweist sich daher nicht als rechtswidrig, zumal das Bestehen eines Sicherungsbedarfs schon aus den von der belangten Behörde angeführten Gründen im vorliegenden Fall nicht fraglich sein kann.

6.1. Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Schubhaftbeschwerde auf den Ablauf der Überstellungsfrist und das - ihrer Ansicht nach - daraus zu folgernde Außerkrafttreten des verfahrensbeendenden Asylbescheides hingewiesen, ohne dass sich die belangte Behörde damit im angefochtenen Bescheid näher befasst hätte. Die Auseinandersetzung mit den damit angesprochenen Fragen hätte im Sinne der obigen Ausführungen ergeben, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zwar nicht als Asylwerberin, für die fallbezogen die herangezogene Rechtsgrundlage des § 76 Abs. 1 FPG keinen zulässigen Schubhafttatbestand hätte darstellen können, zu behandeln war. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage hätte die belangte Behörde aber in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einbeziehen müssen, dass die Asylbehörden angesichts des evidenten Ablaufs der längstmöglichen Überstellungsfrist - der Fristablauf und die daraus folgende Unmöglichkeit der Überstellung "in den Mitgliedstaat" wurden auch im Asylwerberinformationssystem ausdrücklich angemerkt - und im Hinblick auf den Asyl(fortsetzungs)antrag der Beschwerdeführerin vom 27./28. November 2007 mit einer unverzüglichen Aufhebung des Asylbescheides vom 7. September 2005 hätten vorgehen müssen, mit der die Zulassung im Asylverfahren samt (vorläufiger) Aufenthaltsberechtigung und Anspruch auf Grundversorgung verbunden ist. Davon ausgehend wäre aber die Annahme, die weitere Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung sei noch notwendig, nicht gerechtfertigt gewesen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. Februar 2008, Zl. 2007/21/0446, betreffend die erwartbare alsbaldige Fortsetzung eines eingestellten Asylverfahrens; siehe daran anschließend auch das hg. Erkenntnis vom 29. April 2008, Zl. 2005/21/0401).

6.2. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insoweit, als er das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft feststellte, als rechtswidrig, zumal die belangte Behörde - in nicht ausreichender Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage - diesbezüglich nur von der rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens und der Mutwilligkeit des Asyl(fortsetzungs)antrages ausgegangen ist. Sie verkannte dabei (und auch in der Gegenschrift), dass die an die Versäumung der Überstellungsfristen nach der Dublin II-VO geknüpften Rechtsfolgen auch dann eintreten, wenn der ungenützte Fristablauf auf das Verhalten des Fremden zurückzuführen ist. Dem wird nur durch eine Verlängerung der Frist von sechs Monaten auf 18 Monate Rechnung getragen.

7. Der angefochtene Bescheid war daher im genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

8. Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

9. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG (unter besonderer Bedachtnahme auf § 50 VwGG) in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Neben dem dort genannten Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand und dem Ersatz der Eingabengebühr hat die obsiegende Partei keinen zusätzlichen Anspruch auf Zuerkennung der in der Beschwerde verzeichneten (nicht näher aufgeschlüsselten) Barauslagen. Das diesbezügliche Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Wien, am 19. Juni 2008

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