VwGH 2007/18/0514

VwGH2007/18/051428.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde des SSG in W, geboren am 22. September 1981, vertreten durch Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Graf Starhemberg Gasse 39/12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Mai 2007, Zl. 148.942/2- III/4/07, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §30 Abs2;
FrG 1997 §5 Abs2;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs2 Z2;
NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs2;
NAG 2005 §73 Abs4;
NAG 2005 §74;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
FrG 1997 §30 Abs2;
FrG 1997 §5 Abs2;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs2 Z2;
NAG 2005 §47 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs2;
NAG 2005 §73 Abs4;
NAG 2005 §74;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 22. Mai 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, vom 21. Mai 2004 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehefrau, gemäß § 21 Abs. 1 sowie § 11 Abs. 1 Z. 4 und § 30 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Auf Grund der nunmehr geltenden Rechtslage (§ 81 Abs. 1 NAG) sei der Antrag des Beschwerdeführers als auf einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" gerichtet zu werten. Der Beschwerdeführer sei am 20. September 2001 illegal nach Österreich eingereist. Sein Asylverfahren sei am 18. Mai 2004 in erster Instanz rechtskräftig - der Beschwerdeführer habe seine Berufung gegen den Asylbescheid zurückgezogen - negativ beschieden worden. Sein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz habe damit geendet. Er halte sich seit dem Abschluss dieses Verfahrens illegal im Bundesgebiet auf. Am 3. März 2004 habe er die österreichische Staatsbürgerin DF. geheiratet. Diese habe in einer niederschriftlichen Einvernahme vom 21. Oktober 2005 zugegeben, dass ihre Ehe vermittelt und zum Zweck Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der Erlangung eines Befreiungsscheines und gegebenenfalls der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft geschlossen worden wäre. Ihr wäre nach der Eheschließung der Betrag von EUR 4.000,-- ausgehändigt worden. Es würde kein gemeinsamer Wohnsitz bestehen. Der Beschwerdeführer wäre lediglich bei ihr gemeldet.

Der Beschwerdeführer habe sich - so die belangte Behörde weiter - zum Zeitpunkt seiner Antragstellung (21. Mai 2004) im Inland aufgehalten. Er sei seit dem 11. Jänner 2002 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Es liege der Versagungsgrund der unzulässigen Inlandsantragstellung vor (§ 21 Abs. 1 NAG).

Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG dürfe einem Fremden kein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsehe oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2 NAG) vorliege. Gemäß § 30 Abs. 1 NAG dürften sich Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht führen, für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf diese Ehe berufen. Da eine Aufenthaltsehe vorliege, sei der begehrte Aufenthaltstitel gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG zwingend zu versagen, wobei dieser Versagungsgrund einer Abwägung im Sinn des Art. 8 EMRK nicht zugänglich sei. Auf Grund der Aufenthaltsehe sei eine Prüfung hinsichtlich des Gemeinschaftsrechts entbehrlich.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 81 Abs. 1 NAG sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes gemäß § 82 Abs. 1 leg. cit. mit 1. Jänner 2006 anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Das Fremdengesetz 1997 (FrG) ist mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft getreten (Art. 5 des Fremdenrechtspaktes 2005, BGBl. I Nr. 100). Die Behörde hatte den vorliegenden, am 21. Mai 2004 gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft nach dem NAG zu beurteilen.

2.1. Beim gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" iSd § 47 Abs. 1 und 2 NAG handelt es sich um einen Erstantrag iSd § 21 Abs. 1 NAG. Dem in dieser Bestimmung verankerten Grundsatz der Auslandsantragstellung folgend hätte der Beschwerdeführer daher grundsätzlich den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Ausland stellen und die Entscheidung darüber im Ausland abwarten müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2007/18/0286). Die Voraussetzungen für einen der in § 21 Abs. 2 NAG genannten Fälle, in denen eine Inlandsantragstellung ausnahmsweise zulässig sind, sind nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer kann die Voraussetzung einer bisherigen rechtmäßigen Niederlassung iSd Abs. 2 Z. 2 leg. cit. nicht erfüllen, weil er (auch) im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2005 der Sichtvermerkspflicht unterlegen ist, ihm aber ein Aufenthaltstitel nicht erteilt wurde (vgl. § 30 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 2 Fremdengesetz 1997). Eine gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsberechtigung, die die Sichtvermerkspflicht ausschließen würde, kam dem Beschwerdeführer auch vor dem 1. Jänner 2006 nicht zu (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2008, Zl. 2008/18/0094, mwN, und nochmals das vom heutigen Tag, Zl. 2006/18/0490).

2.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass seine Ehe mit der österreichischen Staatsangehörigen DF. der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der Erlangung eines Befreiungsscheines diente und gegen ein Entgelt von EUR 4.000,-- vermittelt worden sei, und dass er mit seiner Ehefrau kein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK führt. Im Hinblick darauf begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG erfüllt sei, keinem Einwand.

3.1. § 73 Abs. 4 NAG sieht die Möglichkeit vor, trotz des Vorliegens von Versagungsgründen eine Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen zu erlangen, wenn deren Erteilung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK bzw. des § 11 Abs. 3 NAG geboten erscheint, wobei die zuletzt genannte Gesetzesstelle in verfassungskonformer Weise dahin auszulegen ist, dass sie auch bei Vorliegen von Versagungsgründen iSd § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG zur Anwendung kommt. Werden humanitäre Gründe geltend gemacht und liegen diese vor, so hat die Behörde die begehrte Bewilligung zu erteilen, wobei entgegen dem Wortlaut des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2007, Zl. 2007/18/0286).

3.2. Der Beschwerdeführer verweist dazu lediglich darauf, dass er seit 2004 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und seit 2004 unselbständig erwerbstätig sei. Er vertritt die Ansicht, "insgesamt ist mir jedenfalls wegen meines langjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes, der Ehe mit einer Österreicherin und meiner mittlerweile 3-jährigen Berufstätigkeit eine Niederlassungsbewilligung für Österreich zu erteilen".

3.3. Dem Beschwerdevorbringen kann nicht entnommen werden, dass ein besonderer Ausnahmefall vorliegen würde, der eine Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffs in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Privat- und Familienleben erfordert, zumal der Beschwerdeführer nur auf seine Bindungen zu einer Ehefrau verweist, mit der er kein gemeinsames Familienleben führt. Die geltend gemachte berufliche Integration des Beschwerdeführers ist in ihrem Gewicht wesentlich gemindert, weil ihm die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit nur durch das Eingehen der Aufenthaltsehe ermöglicht worden sind.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 28. April 2008

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