Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §11 Abs1 Z5;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §30 Abs1;
NAG 2005 §73 Abs4;
NAG 2005 §74;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §11 Abs1 Z5;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §30 Abs1;
NAG 2005 §73 Abs4;
NAG 2005 §74;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 24. Mai 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, vom 4. März 2004 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 iVm § 30 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe am 26. Jänner 2004 die österreichische Staatsbürgerin ES geheiratet und darauf gestützt einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö" gestellt. Er habe angegeben, er hätte seine Gattin in einem Kaffeehaus kennen gelernt. Zwei Wochen danach wäre eine gemeinsame Wohnung (in W) bezogen worden und nach einem weiteren halben Jahr hätte er geheiratet.
Die behördliche Meldung der Ehefrau des Beschwerdeführers an der gemeinsamen Wohnadresse in W sei - so die belangte Behörde weiter - einen Monat nach der Eheschließung erfolgt. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe - wie sich aus den vorhergehenden Meldedaten wie auch den Sozialversicherungsauszügen ergeben würde -
ihren Lebensmittelpunkt bei ihrem Sohn in L. Im Zuge von Hauserhebungen "der Kriminaldirektion 1 sowie der Einsatzgruppe des Fremdenpolizeilichen Büros" (unter anderem im Mai und im November 2004) habe die Ehefrau des Beschwerdeführers nie in der angeblich gemeinsamen Wohnung (in W) angetroffen werden können. Statt dessen habe sich heraus gestellt, dass in dieser Wohnung mehrere indische Personen wohnhaft gewesen seien. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei von Hausparteien auf vorgewiesenen Fotos nicht erkannt worden. Diese habe in ihrer Niederschrift vom Juni 2004 noch angegeben, dass das gemeinsame Eheleben von allen Hausparteien bezeugt werden könnte. Im August 2004 habe sie diese Aussage auf eine namentlich nicht genannte Nachbarin eingeschränkt. Später seien durch den Vertreter des Beschwerdeführers zwei Nachbarn als Zeugen namhaft gemacht worden, die sich "in ihrer Einvernahme jedoch als Belastungszeugen erwiesen" hätten. In der Niederschrift vom 30. Mai 2006 sei der behauptete Zeitraum des Zusammenlebens auf Februar 2004 bis November 2004 eingeschränkt worden. Für diesen Zeitraum könne das Eheleben auf Grund der Erhebung allerdings als widerlegt angesehen werden. Weiters habe der Beschwerdeführer in der eben angeführten Niederschrift behauptet, er wäre mit seiner Ehefrau bereits zwei Wochen nach dem Kennenlernen zusammengezogen. In derselben Niederschrift habe er dieser Angabe aber widersprochen, indem er angeführt habe, dass das Eheleben bis Februar 2004 nur ein "sporadisches" gewesen wäre. Zudem sei die behördliche Meldung trotz des angeblich baldigen Zusammenziehens erst einen Monat nach der Eheschließung erfolgt. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau würden sich insofern in Widersprüche verwickeln, als jener am 30. Mai 2005 den Zeitpunkt des Kennenlernens mit März 2002, diese ihn am 24. Juni 2004 jedoch mit September 2002 angegeben habe. Die Bundespolizeidirektion Wien habe in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16. Juni 2006 festgestellt, dass die Ehe geschlossen worden sei, um rechtsmissbräuchlich eine Aufenthaltsberechtigung zu erlangen. Zudem sei die Ehefrau des Beschwerdeführers in der Zeit vom 24. November 2004 bis zum 8. August 2005 sogar von der (angeblichen) gemeinsamen Wohnadresse (in W) abgemeldet worden und habe ihren Hauptwohnsitz zurück nach
L verlegt. Der Beschwerdeführer habe seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur zu dem Zweck geschlossen, aufenthaltsrechtlich bedeutsame Berechtigungen zu erlangen. Das rechtsmissbräuchliche Eingehen einer Ehe zwecks Beschaffung derartiger Berechtigungen stelle ein Verhalten dar, welches dazu führe, dass die öffentliche Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich gefährdet wäre. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer keine familiären Beziehungen zu Österreich. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten Interessen des Beschwerdeführers sei im Rahmen des Art. 8 EMRK den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, diesen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 81 Abs. 1 NAG sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes gemäß § 82 Abs. 1 leg. cit. mit 1. Jänner 2006 anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Das Fremdengesetz 1997 (FrG) ist mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft getreten (Art. 5 des Fremdenrechtspaktes 2005, BGBl. I Nr. 100). Die Behörde hatte den vorliegenden, am 4. März 2004 gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach dem NAG zu beurteilen.
2. Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn (Z. 4) eine Aufenthaltsehe oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2 NAG) vorliegt. Gemäß § 30 Abs. 1 NAG dürfen sich Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht führen, für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen.
3. Die Beschwerde wendet sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde betreffend die Feststellungen über das Vorliegen einer Aufenthaltsehe und bringt dazu vor, die belangte Behörde habe sich bloß auf die - von ihm als unzutreffend erachteten - Ermittlungen der Bundespolizeidirektion Wien bezogen. Mit diesem Vorbringen werden jedoch keine Umstände aufgezeigt, die im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Kontrollbefugnis (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) Bedenken gegen die schlüssige und nachvollziehbare Beweiswürdigung der belangten Behörde erwecken könnten. Auch das Beschwerdevorbringen,
"dass bei Durchführung eines gesetzeskonformen Ermittlungsverfahrens, insbesondere der ergänzenden Einvernahme des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau sowie gegebenenfalls der Verwandten der Ehefrau, insbesondere deren Eltern sowie Freunden und Bekannten, festgestellt hätte werden können, dass die Ehe des Beschwerdeführers eine tatsächlich geführte Lebensgemeinschaft darstellt und der Beschwerdeführer ein gemeinsames Familienleben mit seiner Ehefrau führt"
erweist sich als nicht zielführend, weil der Beschwerdeführer nicht darlegt, auf welche konkreten Umstände die belangte Behörde hätte Bedacht nehmen müssen und welches für ihn im gegebenen Zusammenhang günstige Ergebnis die Befragung der genannten Personen erbracht hätte. Es ist somit nicht dargetan, welche Relevanz dem behaupteten Verfahrensmangel im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG hätte zukommen können.
4.1. § 73 Abs. 4 NAG sieht die Möglichkeit vor, trotz des Vorliegens von Versagungsgründen eine Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen zu erlangen, wenn deren Erteilung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK bzw. des § 11 Abs. 3 NAG geboten erscheint, wobei die zuletzt genannte Gesetzesstelle in verfassungskonformer Weise dahin auszulegen ist, dass sie auch bei Vorliegen von Versagungsgründen iSd § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG zur Anwendung kommt. Werden humanitäre Gründe geltend gemacht und liegen diese vor, so hat die Behörde die begehrte Bewilligung zu erteilen, wobei entgegen dem Wortlaut des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2007, Zl. 2007/18/0286).
4.2. Der Beschwerdeführer bemängelt, dass die belangte Behörde "zunächst zur Aufenthaltsverfestigung sowie zum Familienleben
und den sozialen Bindungen des Beschwerdeführers keine Feststellung getroffen (habe), sodass eine Beurteilung, inwieweit ein Eingriff in den durch Art. 8 EMRK geschützten Bereich vorliegt, gar nicht vorgenommen werden kann."
Er macht in der Beschwerde humanitäre Gründe geltend und verweist auf "seine zahlreichen sozialen, beruflichen und insbesondere jene familiären Bindungen, welche zu den Verwandten der Ehefrau bestehen". Er bringt vor, dass er sich bereits seit 23. Februar 1999 im Bundesgebiet aufhalte und "seit Oktober 2001 aufgrund seiner (seinerzeitigen) Tätigkeit als Zusteller krankenversichert" sei. Er habe seine spätere Ehefrau im Jahr 2002 kennen gelernt und sie am 26. Jänner 2004 geheiratet. Es könne im Hinblick auf den seither verstrichenen Zeitraum nicht angenommen werden, sein weiterer Aufenthalt würde die öffentliche Ordnung gefährden. Selbst wenn er Vermögensvorteile geleistet hätte, könnten "Zahlungen auch unterhaltsrechtlichen Charakter haben."
4.3. Dem ist zu entgegnen, dass das Fehlen eines gemeinsamen Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK im Rahmen einer Aufenthaltsehe die Erteilung der beantragten Erstniederlassungsbewilligung hindert (§ 11 Abs. 1 Z. 4 iVm § 30 Abs. 1 NAG). Auf weitere Tatbestandsqualifikationen, etwa solcher, wie sie die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes voraussetzen würde (vgl. § 60 Abs. 1 Z. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG), kommt es nicht an. Im Übrigen kann dem Beschwerdevorbringen nicht entnommen werden, dass ein besonderer Ausnahmefall vorliegen würde, der eine Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffs in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Privat- und Familienleben erfordert, zumal eine nachhaltige berufliche Integration nicht vorliegt, die familiären Bindungen des Beschwerdeführers in keiner Weise konkretisiert wurden und die aus der Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers resultierende Integration in ihrem Gewicht dadurch wesentlich gemindert ist, dass sie zu einem wesentlichen Teil auf dem Eingehen einer Aufenthaltsehe beruht. Der Beschwerdeführer musste sich von Beginn seines Aufenthalts in Österreich an bewusst gewesen sein, dass sein Aufenthaltsstatus unsicher ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2008/18/0094, mwN).
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 28. April 2008
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