VwGH 2007/16/0093

VwGH2007/16/009327.11.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der W Immobilienmanagement GmbH in W, vertreten durch die Dax und Partner Rechtsanwälte GmbH in 7540 Güssing, Europastraße 1, gegen den Bescheid des Präsidenten des LG Eisenstadt vom 10. April 2007, Zl. Jv 860-33/07, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

BudgetbegleitG 2001 Art34 §1 Abs1 idF 2002/I/084;
GGG 1984 §13 Abs1;
WKG 1998 §3 Abs2;
BudgetbegleitG 2001 Art34 §1 Abs1 idF 2002/I/084;
GGG 1984 §13 Abs1;
WKG 1998 §3 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 21. November 2006 beim BG Oberwart als Grundbuchsgericht eingelangten Antrag begehrte die Beschwerdeführerin auf Grund eines am 10. März bzw. 17. März 2005 mit der Wirtschaftskammer Burgenland (vormals Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Burgenland; im folgenden:

Wirtschaftskammer) abgeschlossenen Kaufvertrages die Einverleibung des Eigentumsrechtes ob der der Wirtschaftskammer gehörenden Liegenschaft EZ 3495 GB 34057 Oberwart. Die beantragte Einverleibung wurde am 20. Dezember 2006 bewilligt und am 5. Februar 2007 vollzogen.

Dafür forderte der Kostenbeamte des BG Oberwart mit Zahlungsauftrag vom 27. Februar 2007 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 633.000,-- 1 % Eintragungsgebühr in der Höhe von EUR 6.330,-- zuzüglich EUR 7,-- Einhebungsgebühr an.

Dagegen stellte die Beschwerdeführerin einen Berichtigungsantrag, in dem sie vorbrachte, die Wirtschaftskammer Österreich habe mit Präsidiumsbeschluss vom 15. September 2004 ihre Liegenschaft in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße, sowie die Liegenschaften dislozierter Dienststellen, darunter auch das Objekt in Oberwart, auf die Beschwerdeführerin ausgegliedert. Zu diesem Zweck sei der Kaufvertrag vom 10. März bzw. 17. März 2005 abgeschlossen worden. Die Beschwerdeführerin sei eine GmbH, an der je zu 50 % die Wirtschaftskammer Österreich und die Wirtschaftskammer Burgenland beteiligt seien. Sie werde demnach von Körperschaften des öffentlichen Rechts beherrscht. Es liege somit eine gebührenbefreite Ausgliederung iS des Art. 34 § 1 BudgetbegleitG 2001 iVm § 13 GGG vor.

Die belangte Behörde gab dem Berichtigungsantrag mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge. Sie traf ua. die Feststellung, es gehe im gegenständlichen Fall um die "Übertragung des Eigentums an einer Liegenschaft der Stadtgemeinde Oberwart" an die Beschwerdeführerin, und zwar zu dem Zweck, dass die Beschwerdeführerin Tätigkeiten wie die eines Immobilientreuhänders ausübe. Diese Tätigkeiten seien aber nicht solche einer "Gebietskörperschaft". Für die Gebührenbefreiung komme es darauf an, dass sich die Tätigkeit "im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises der Gebietskörperschaft halte".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Gebührenbefreiung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Grundbuchs- und des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13 GGG bestimmt auszugsweise:

"(1) Soweit Staatsverträge nicht entgegenstehen, sind in gesetzlichen Vorschriften ohne Beziehung auf bestimmte Personen aus sachlichen Gründen gewährte Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam. Ausgenommen hievon sind die Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz, dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, dem Neugründungs-Förderungsgesetz, dem 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, dem Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz und Art. 34 § 1 Budgetbegleitgesetz 2001.

(2) ..."

Art. 34 § 1 Abs. 1, erster Satz BudgetbegleitG 2001, BGBl. I Nr. 142/2000 idF BGBl. I Nr. 84/2002 lautet:

"Die durch die Ausgliederung und Übertragung von Aufgaben der Körperschaften öffentlichen Rechts an juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sowie an Personenvereinigungen (Personengemeinschaften), die unter beherrschendem Einfluss einer Körperschaft öffentlichen Rechts stehen, unmittelbar veranlassten (anfallenden) Schriften, Rechtsvorgänge und Rechtsgeschäfte sind von der Gesellschaftsteuer, Grunderwerbsteuer, den Stempel- und Rechtsgebühren sowie den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit."

Gemäß § 3 Abs. 1 Wirtschaftskammergesetz (WKG), BGBl. I Nr. 103/1998 idF der Novelle BGBl. I Nr. 153/2001 sind unter anderem die Landeskammern und die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle lautet:

"(2) Die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft sind selbständige Wirtschaftskörper. Sie haben das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, Leistungen gegen Entgelt auszuführen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben und im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes ihren Haushalt selbständig zu führen und Umlagen vorzuschreiben."

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist die Beschwerde im Recht, wenn sie rügt, der angefochtene Bescheid habe im Bereich des Begriffes "Übertragung von Aufgaben" eine unzulässige Einschränkung vorgenommen. Der in Rede stehenden Bestimmung des Art. 34 § 1 Abs. 1 BudgetbegleitG 2001 ist nämlich eine Differenzierung dahin, dass der Gesetzgeber nur die Ausgliederung bestimmter Aufgabenbereiche begünstigen wollte, nicht zu entnehmen, schon gar nicht eine Beschränkung der Begünstigung auf "öffentlich-rechtliche Aufgaben von Gebietskörperschaften". Dazu kommt noch, dass es sich beim Liegenschaftsvermögen der Wirtschaftskammer um einen Bereich handelt, der gemäß § 3 Abs. 2 WKG zu den gesetzlich vorgesehenen Aufgabenbereichen gehört, die die Wirtschaftskammer wahrzunehmen berechtigt ist. Dabei handelt es sich um die sogenannten sekundären Aufgaben, die der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Wirtschaftskammer dienen (siehe dazu z.B. Retter, Die Wirtschaftskammerorganisation 178, 179). Auch die Ausgliederung durch Übertragung des Eigentums an jener Liegenschaft, auf der sich eine dislozierte Dienststelle der Wirtschaftskammer in Oberwart befindet, fällt daher unter die Gebührenbefreiungsvorschrift des Art. 34 § 1 Abs. 1 BudgetbegleitG 2001.

Zu all dem kommt noch, dass die belangte Behörde in Verkennung der aus dem Grundbuch eindeutig ersichtlichen Eigentumsverhältnisse unter anderem ihren Bescheid darauf gegründet hat, es sei das Eigentum an einer "Liegenschaft der Gemeinde Oberwart" übertragen worden. Dafür findet sich in den Akten nicht die geringste Grundlage.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. November 2008

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