VwGH 2007/08/0207

VwGH2007/08/02072.7.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der M in Wien, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108, gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom 29. Juli 2007, Zl. BMSK- 324884/0001-II/A/3/2007, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. DI T, vertreten durch Dr. Mario Noe-Nordberg, Rechtsanwalt in 3830 Waidhofen an der Thaya, Hamernikgasse 10; 2. Mag. T in Wien, 3. Wiener Gebietskrankenkasse, 1103 Wien, Wienerbergstraße 15-19;

4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter Straße 65; 5. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist Straße 1), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §35 Abs1;
ASVG §5 Abs1 Z9;
WrDiplKonv Art29;
ASVG §35 Abs1;
ASVG §5 Abs1 Z9;
WrDiplKonv Art29;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm das Nichtbestehen einer Pflichtversicherung auf Grund eines Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin zur Zweitmitbeteiligten ausgesprochen wurde, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, im Übrigen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 teilte die Beschwerdeführerin der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse mit, seit 25. März 1997 bei dem Erstmitbeteiligten und dessen Ehefrau, der Zweitmitbeteiligten, als Hausangestellte und Kindererzieherin in der Wohnung in der P. Straße 127 beschäftigt gewesen zu sein. Mit 1. November 2004 sei sie von der Zweitmitbeteiligten gekündigt worden. Ihre Aufgabenbereiche seien die Haushaltsführung (Reinigung, Bügeln, Waschen, fallweise Kochen, Ordnung machen) sowie die Erziehung und Betreuung der beiden Kleinkinder des Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten gewesen. Die Arbeitszeit habe von Montag bis Freitag zehn bis vierzehn Stunden täglich betragen, im letzten halben Jahr nur mehr acht Stunden. Monatlich seien ihr netto EUR 760,-- zwölf Mal pro Jahr bezahlt worden. Urlaub habe sie unregelmäßig gehabt, durchschnittlich drei Wochen, alle zwei Jahre habe sie ein Flugticket erhalten.

Am 13. Jänner 2005 gab die Beschwerdeführerin vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse niederschriftlich im Wesentlichen zu Protokoll, sie habe die Zweitmitbeteiligte in Kolumbien kennen gelernt. Diese sei Angestellte der OPEC. Der Beschwerdeführerin sei als Angestellter im diplomatischen Bereich eine blaue Legitimationskarte ausgestellt worden, die sie nunmehr habe zurückgeben müssen. Sie habe im Haushalt des Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten nicht gewohnt. Das Mittagessen habe sie gemeinsam mit den kleinen Kindern eingenommen, jedoch nicht immer. Ihr Gehalt sei Anfangs bar und ohne Beleg ausbezahlt worden, dann sei es ab 1998 überwiesen worden. Bei den Überweisungen scheine zwar die Zweitmitbeteiligte auf, einige Male aber auch der Erstmitbeteiligte.

Mit Schreiben vom 19. Jänner 2005 teilte das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse mit, dass die Zweitmitbeteiligte als Inhaberin einer am 17. Dezember 1992 ausgestellten und bis 10. November 2006 gültigen roten Legitimationskarte diplomatische Immunität genieße. Der Erstmitbeteiligte sei dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten nicht bekannt und nicht als Inhaber einer Legitimationskarte gemeldet.

Laut im Akt liegendem Grundbuchsauszug vom 24. Mai 2006 befindet sich die Eigentumswohnung in der P-Straße 127 im alleinigen Eigentum des Erstmitbeteiligten.

Mit Bescheid vom 1. Juni 2006 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Beschäftigung als Hausangestellte bei der Zweitmitbeteiligten und beim Erstmitbeteiligten in der Zeit vom 25. März bis 1. November 2004 der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 25. März bis 31. Dezember 1997 nicht der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 ASVG und in der Zeit vom 1. Jänner 1998 bis 1. November 2004 nicht der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 14 ASVG auf Grund der Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen aus einem freien Dienstvertrag gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterlegen sei. Darüber hinaus wurden Beitragsgrundlagen nach dem ASVG festgestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Erstmitbeteiligte Einspruch.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. Februar 2007 wurde dieser Einspruch mit einem "Teilbescheid" (betreffend die Versicherungspflicht hinsichtlich der Tätigkeit der Beschwerdeführerin) als unbegründet abgewiesen.

Der Erstmitbeteiligte erhob Berufung.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung Folge gegeben und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Tätigkeit bei der Zweitmitbeteiligten und beim Erstmitbeteiligten vom 25. März 1997 bis 1. November 2004 nicht der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm mit Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 25. März bis 31. Dezember 1997 nicht der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 ASVG sowie in der Zeit vom 1. Jänner 1998 bis 1. November 2004 nicht der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 14 ASVG auf Grund der Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen aus einem freien Dienstvertrag gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterlegen sei.

In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei in der Zeit vom 25. März 1997 bis 1. November 2004 für den Erstmitbeteiligten und die Zweitmitbeteiligte in der Wohnung in der P-Straße 127 tätig gewesen. Die Zweitmitbeteiligte und die Beschwerdeführerin hätten einander in Kolumbien kennen gelernt. In weiterer Folge habe die Zweitmitbeteiligte mittels Formblattes zur Erfassung privaten Hauspersonals die Beschwerdeführerin am 19. März 1997 beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten gemeldet. Zu ihren Aufgaben habe die Führung des Haushaltes sowie die Erziehung und Betreuung zweier Kleinkinder gehört. Laut Schreiben des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten vom 19. Jänner 2005 genieße die Zweitmitbeteiligte als Inhaberin einer am 17. Dezember 1992 ausgestellten und bis 10. November 2006 gültigen roten Legitimationskarte diplomatische Immunität. Der Erstmitbeteiligte sei nicht Inhaber einer roten Legitimationskarte. Art. 33 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen normiere Ausnahmen von den im Empfangsstaat geltenden Vorschriften über die soziale Sicherheit für private Hausangestellte, die ausschließlich bei einem Diplomaten beschäftigt seien. Eine auf § 5 Abs. 1 Z. 9 ASVG gestützte Wortinterpretation der Wendung "ausschließlich bei einem Diplomaten" spreche für ein Verständnis im Sinne der Erforderlichkeit eines "Diplomatenhaushaltes". Art. 33 Abs. 2 des genannten Übereinkommens normiere somit, dass eine Person, die Haushaltstätigkeiten ausführe, nicht auch z.B. in einem weiteren Haushalt beschäftigt oder in einem sonstigen Beschäftigungsverhältnis stehen dürfe, um die genannte Ausnahme zu erfüllen. Die Beschwerdeführerin sei gemäß § 5 Abs. 1 Z. 9 ASVG iVm Art. 33 Abs. 2 des genannten Übereinkommens als Dienstnehmerin nicht österreichischer Staatsangehörigkeit, nämlich als kolumbianische Staatsangehörige, auf Grund einer Beschäftigung bei Dienstgebern, denen Exterritorialität zukomme, von der Vollversicherungspflicht nach dem ASVG ausgenommen. Im Übrigen werde allerdings ein Haushalt auf Rechnung und Gefahr beider Ehegatten geführt und daher wären beide Ehegatten als Dienstgeber anzusehen, weil sie beide aus der Haushaltsführung berechtigt und verpflichtet sowie als Nutznießer der Haushaltsführung zu beurteilen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und Ersatz für den Vorlageaufwand begehrt, im Übrigen aber, ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt, von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand genommen.

Der Erstmitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Die übrigen Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Frage der Dienstgeberstellung eines Ehepaares betreffend eine "Haushälterin mit Kinderbetreuung" hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2001/08/0130, Folgendes ausgeführt:

"Unter einem Beschäftigungsverhältnis im hier maßgeblichen Sinne ist nach der Rechtsprechung das dienstliche Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Dienstnehmers im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG zu dem Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG zu verstehen (vgl. das Erkenntnis vom 4. Dezember 1957, Slg. Nr. 4495/A). Ob jemand in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG steht, ist daher immer in Bezug auf eine bestimmte andere Person, nämlich - vom Fall der Indienstnahme durch Mittelspersonen abgesehen - den Dienstgeber (die Dienstgeber) zu prüfen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1961, Slg. Nr. 5577/A, und das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12325/A).

Gemäß § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, auf dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Zur Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Dienstgebers ist in Abgrenzung von sonstigen Personen, die am Betriebsergebnis interessiert oder beteiligt oder in die Beziehungen zum Dienstnehmer eingebunden sind, bezogen auf diesen Fall zunächst wesentlich, wer (nach rechtlichen und nicht bloß tatsächlichen Gesichtspunkten) aus den für den Haushalt getätigten Geschäften, zu denen auch die Beschäftigung von Personen gehört, (im Gegensatz zu dem keinen Dienstgeber betreffenden Haftungsfall nach § 67 Abs. 3 ASVG) unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird. Nicht entscheidend für die Dienstgebereigenschaft einer solchen Person ist es, ob sie den Haushalt selbst oder durch dritte Personen (Organe, Bevollmächtigte, Beauftragte, Familienangehörige, Dienstnehmer usw.) führt, wenn ihr nur im Falle der Betriebsführung durch dritte Personen (weiterhin) zumindest die rechtliche Möglichkeit einer Einflussnahme zusteht (vgl. das eben zitierte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986).

An der Dienstgebereigenschaft einer Person ändert sich aber (jedenfalls) auch dadurch nichts, dass im Falle einer mit ihrem Wissen und Willen erfolgenden Betriebsführung durch einen Dritten dieser Dritte bei einzelnen betrieblichen Geschäften (so auch bei der Indienstnahme und Beschäftigung einer Person im Betrieb und für den Betrieb, einschließlich der Weisungserteilung und der tatsächlichen Entgeltzahlung, als 'Mittelsperson') nach außen hin im eigenen Namen auftritt, wenn nur den Dienstgeber das Risiko des Betriebes im Gesamten trifft und ihm zumindest die rechtliche Einflussmöglichkeit auf die tatsächliche Betriebsführung im Ganzen zusteht. Darauf, ob eine derartige Indienstnahme und Beschäftigung einer Person für den Betrieb durch den den Betrieb tatsächlich Führenden 'ohne Wissen' oder sogar 'gegen den Willen' des Dienstgebers erfolgt, kommt es bei Zutreffen der eben genannten Voraussetzungen nicht an. Dabei genügt (neben der Risikotragung für den Betrieb) die rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme (durch Weisung, Kontrolle, usw.) auf die tatsächliche Betriebsführung. Ob und inwiefern der Dienstgeber diese rechtliche Möglichkeit auch tatsächlich wahrnimmt, ist unmaßgeblich. Andernfalls könnte derjenige, auf dessen Rechnung im genannten Sinn ein Betrieb geführt wird, dadurch, dass er sich aus welchen Gründen immer um die faktische Betriebsführung nicht kümmert, seine Dienstgebereigenschaft in Bezug auf eine in seinem Betrieb im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigte Person ausschließen, obwohl ihm die echte unternehmerische Nutznießung zukommt, die für den weiten Dienstgeberbegriff des § 35 ASVG bestimmend ist (vgl. neuerlich das schon zitierte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986 unter Bezug unter anderem auf das Erkenntnis vom 14. Oktober 1970, Slg. Nr. 7879/A).

...

Bei der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb (im Sinne der zum Sozialversicherungsrecht der Bauern entwickelten Rechtsprechung) geführt wird, kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf an, ob jene Person, deren Versicherungs- und Beitragspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden kann. Das Eigentum bzw. Miteigentum am Betrieb ist eine solche rechtliche Gegebenheit. Ob eine Person, die einen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr (im oben dargelegten Sinn) führt, im Betrieb persönlich mitarbeitet oder die erforderlichen Arbeiten durch Bevollmächtigte, Familienmitglieder oder Dienstnehmer verrichtet lässt, ist für die Versicherungspflicht irrelevant (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. Juni 1991, VwSlg 13456/A, mwN)."

Im vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, dass der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 1. Juni 2006, soweit er die Pflichtversicherung auf Grund eines Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin zur Zweitmitbeteiligten festgestellt hat, von der Zweitmitbeteiligten nicht bekämpft wurde und daher in Rechtskraft erwachsen ist.

Der belangten Behörde kam daher keine Zuständigkeit zu, aus Anlass einer Berufung des Erstmitbeteiligten über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Pflichtversicherung der Beschwerdeführerin auf Grund eines Dienstverhältnisses zur Zweitmitbeteiligten abzusprechen.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach dem solcherart umschriebenen Beschwerdepunkt in ihrem Recht auf "Einbeziehung in die Vollversicherung nach § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG verletzt." Angesichts dieses Beschwerdepunktes ist auch ein - mangels Erhebung eines Rechtsmittels von der dazu berechtigten Person - unzulässiger Eingriff in einen insoweit in Teilrechtskraft erwachsenen, das Bestehen einer Vollversicherung der Beschwerdeführerin aufgrund eines zur Zweitmitbeteiligten bestehenden Beschäftigungsverhältnisses bejahenden Bescheid, amtswegig aufzugreifen und der angefochtene Bescheid in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben. Ob dieser Abspruch an sich rechtmäßig gewesen ist, muss nach einmal erfolgtem Eintritt der Rechtskraft ungeprüft bleiben. Ob der Einspruchsbescheid insoweit allenfalls wegen Verstoßes gegen die gesetzlichen Bestimmungen über die Versicherungspflicht von Amts wegen gemäß § 417 Abs. 1 ASVG iVm § 68 Abs. 4 lit. d AVG von der belangten Behörde als nichtig erklärt werden könnte, kann hier ebenso offen bleiben, da die belangte Behörde sich auf diese Bestimmungen nicht gestützt hat.

Im Übrigen ist auszuführen, dass der Erstmitbeteiligte im gegenständlichen Zeitraum mit der Zweitmitbeteiligten verheiratet gewesen ist und gemeinsam mit dieser und den beiden Kindern die ihm gehörende Wohnung bewohnt hat. Es lag somit ein gemeinsamer Haushalt der Eheleute vor. Wurde aber ein gemeinsamer Haushalt in der Ehewohnung geführt, dann konnte die belangte Behörde mangels eines diesbezüglichen Widerspruches des Erstmitbeteiligten davon ausgehen, dass auch dieser Rechtsgeschäfte für den Haushalt abgeschlossen hat, aus denen er berechtigt und verpflichtet worden ist.

Da der gemeinsame Haushalt daher auch auf Rechnung des Beschwerdeführers geführt wurde und ihm zumindest die rechtliche Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Haushaltsführung zustand, ist seine Dienstgebereigenschaft auch dann zu bejahen, wenn die Indienstnahme und Beschäftigung der Beschwerdeführerin durch die Zweitmitbeteiligte im eigenen Namen und demnach als Mittelsperson im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG erfolgt sein sollte bzw. die Zweitmitbeteiligte auch Dienstgeberin gewesen sein und wenn die Zweitmitbeteiligte faktisch Weisungen erteilt und die Kontrolle ausgeübt haben sollte (siehe auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. April 2004).

Strittig ist im vorliegenden Fall jedoch, ob auf Grund der Bestimmungen über die diplomatische Immunität auch eine Pflichtversicherung nach § 4 ASVG auf Grund eines Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin zum Erstmitbeteiligten ausscheidet. Dazu ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 9 ASVG sind von der Vollversicherung nach § 4 ASVG Dienstnehmer nichtösterreichischer Staatsangehörigkeit hinsichtlich einer Beschäftigung bei Dienstgebern, denen Exterritorialität zukommt, ausgenommen.

Art. 33 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966, hat folgenden Wortlaut:

"Artikel 33

(1) Vorbehaltlich des Absatzes 3 ist ein Diplomat in Bezug auf seine Dienste für den Entsendestaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit.

(2) Die in Absatz 1 vorgesehene Befreiung gilt auch für private Hausangestellte, die ausschließlich bei einem Diplomaten beschäftigt sind, sofern sie

a) weder Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig sind und

b) den im Entsendestaat oder in einem dritten Staat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit unterstehen.

(3) Beschäftigt ein Diplomat Personen, auf welche die in Absatz 2 vorgesehene Befreiung keine Anwendung findet, so hat er die Vorschriften über soziale Sicherheit zu beachten, die im Empfangsstaat für Arbeitgeber gelten.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 vorgesehene Befreiung schließt die freiwillige Beteiligung an dem System der sozialen Sicherheit des Empfangsstaats nicht aus, sofern dieser eine solche Beteiligung zulässt.

(5) Dieser Artikel lässt bereits geschlossene zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte über soziale Sicherheit unberührt und steht dem künftigen Abschluss weiterer Übereinkünfte dieser Art nicht entgegen."

Ausgehend von der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach beide Ehepartner als Dienstgeber in Frage kommen, ist zunächst anzumerken, dass trotz der Exterritorialität der Zweitmitbeteiligten ein dem § 4 ASVG unterliegendes Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin zum Erstmitbeteiligten vorliegen kann. Es kommt im vorliegenden Fall jedoch darauf an, ob auch dem Erstmitbeteiligten entweder Exterritorialität im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 9 ASVG zukommt oder ob auch er die Vorrechte im Sinne des Art. 33 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen genießt.

Unter "Exterritorialität" ist die Befreiung von Gerichtsbarkeit und Zwangsgewalt des Empfangsstaates zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2005, Zl. 2003/10/0144). Diesbezüglich sind insbesondere die Art. 29 ff des genannten Übereinkommens von Bedeutung. Nach diesen Bestimmungen ist die Person des Diplomaten unverletzlich. Er unterliegt keiner Festnahme oder Haft irgendwelcher Art. Weiters ist die Unverletzlichkeit seiner Privatwohnung und seiner Papiere und Korrespondenz festgelegt und die Immunität von der Strafgerichtsbarkeit des Empfangsstaates sowie weitgehend auch von dessen Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Ferner sind vor allem auch Steuerbefreiungen normiert.

Gemäß Art. 1 lit. e des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen bezeichnet der Ausdruck "Diplomat" den Missionschef und die Mitglieder des diplomatischen Personals der Mission. Der Erstmitbeteiligte fällt offensichtlich nicht in diesen Personenkreis.

Die zum Haushalt eines Diplomaten gehörenden Familienmitglieder genießen aber, wenn sie Nichtangehörige des Empfangsstaates sind, gemäß Art. 37 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen die in den Art. 29 bis 36 des genannten Übereinkommens bezeichneten Vorrechte und Immunitäten.

Wenn der Erstmitbeteiligte also nicht österreichischer Staatsbürger sein sollte, wozu die belangte Behörde allerdings keine Feststellungen getroffen hat, käme für ihn Art. 37 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen zum Tragen. Damit würden auch ihm die Vorrechte gemäß Art. 33 Abs. 2 des genannten Übereinkommens, auf welche unter anderem Art. 37 Abs. 1 dieses Abkommens verweist, zustehen. In diesem Fall bedürfte es dann auch noch weiterer Feststellungen der belangten Behörde, ob die Beschwerdeführerin im Empfangsstaat ständig ansässig ist (Art. 33 Abs. 2 lit. a des genannten Übereinkommens) und ob sie Vorschriften des Entsendestaates oder eines dritten Staates über die soziale Sicherheit untersteht (Art. 33 Abs. 2 lit. b des genannten Übereinkommens).

In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde die erforderlichen Feststellungen hinsichtlich der Staatsbürgerschaft des Erstmitbeteiligten und allenfalls der Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 2 lit. a und b des genannten Übereinkommens nicht getroffen.

Der angefochtene Bescheid war aus den eingangs angeführten Gründen, soweit mit ihm über das Nichtbestehen einer Pflichtversicherung auf Grund eines Dienstverhältnisses zur Zweitmitbeteiligten abgesprochen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, im Übrigen aber aus den zuvor genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenbefreiung gemäß § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am 2. Juli 2008

Stichworte