VwGH 2007/05/0073

VwGH2007/05/007323.6.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der E Gesellschaft mbH in Ried im Innkreis, vertreten durch SchneideR'S Rechtsanwalts-KEG in 1170 Wien, Hormayrgasse 7A Top 18, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 21. Juli 2006, Zl. BMWA-551.600/0013-IV/1/2006, betreffend Übergang der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Ausgleichszahlungen nach dem ElWOG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §6;
AVG §73 Abs2 idF 1998/I/158;
B-VG Art131 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
VwRallg;
AVG §6;
AVG §73 Abs2 idF 1998/I/158;
B-VG Art131 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 7. Jänner 2004 beantragte die W Gesellschaft mbH als Netzbetreiberin auf den Netzebenen 3 bis 7 im Bereich Oberösterreich im Sinne des § 25 ElWOG bei der Energie-Control GmbH (ECG) die Festsetzung von Ausgleichszahlungen gemäß § 3 Abs. 2 der Ausgleichszahlungsverordnung (AGZ-VO). Da mit der Festsetzung der Ausgleichszahlungen für den Netzbereich Oberösterreich auch in die Rechte und Pflichten der Beschwerdeführerin eingegriffen wird, wurde sie dem Verfahren beigezogen. In ihrer Stellungnahme vom 9. Juni 2004 beantragte die Beschwerdeführerin ebenfalls die Festsetzung der erforderlichen Ausgleichszahlungen gemäß § 3 Abs. 2 AGZ-VO.

Mit Schriftsatz vom 30. März 2005 beantragte die Beschwerdeführerin den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die belangte Behörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juni 2005 wurde dieser Devolutionsantrag abgewiesen.

Die ECG erließ daraufhin am 6. Juni 2005 einen Bescheid, mit welchem über die oben erwähnten Ausgleichszahlungen in der Sache entschieden wurde. Gegen diesen Bescheid erhob u.a. die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit hg. Erkenntnis vom 17. März 2006, Zl. 2005/05/0247, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juni 2005, mit welchem der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin abgewiesen wurde, infolge Beschwerde der auch hier beschwerdeführenden Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin war berechtigt und die belangte Behörde zur Entscheidung in der Sache zuständig.

Am 28. Juni 2006 erließ die ECK einen Bescheid, mit welchem auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin in teilweiser Abänderung des Bescheides der ECG vom 6. Juni 2005 über die beantragten Ausgleichszahlungen in der Sache entschieden wurde.

Dieser Bescheid wurde in der Folge mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Februar 2008, B 1467/06, wegen Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufgehoben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. März 2005 auf Übergang der Zuständigkeit an die belangte Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde neuerlich gemäß § 73 Abs. 2 AVG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass auf Grund des den Devolutionsantrag abweisenden Bescheides der belangten Behörde vom 3. Juni 2005 die durch diesen Bescheid in der Sache wieder zuständig gewordene ECG einen mit 6. Juni 2005 datierten Bescheid erlassen habe, mit dem sie eine Sachentscheidung getroffen habe. Dieser Bescheid sei am 8. Juni 2005 der Beschwerdeführerin zugestellt worden. Dass der Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juni 2005 in der Folge durch den Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei, vermöge nichts an dem Umstand zu ändern, dass die ECG zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides über die Ausgleichszahlungen zur Bescheiderlassung zuständig gewesen sei. Im Hinblick auf die nunmehrige Sachentscheidung sei somit der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom 30. März 2005 hinfällig geworden, da die ECG zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr säumig sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 26. Februar 2007, B 1603/06, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich nunmehr die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Sachentscheidung durch die belangte Behörde als zuständiger Behörde verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf Grund des aufhebenden hg. Erkenntnisses vom 17. März 2006, Zl. 2005/05/0247, hat sich das Verfahren wieder im Stadium vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides der belangten Behörde vom 3. Juni 2005 befunden (§ 42 Abs. 3 VwGG). Die ex-tunc Wirkung dieses aufhebenden Erkenntnisses bewirkt, dass die Rechtslage zwischen Erlassung des im dortigen Beschwerdeverfahren angefochtenen Bescheides und seiner Aufhebung so zu betrachten ist, als sei dieser Bescheid nie erlassen worden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2008, Zl. 2006/07/0169).

Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. Februar 2008, B 1467/06, gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 17. März 2006, Zl. 2005/05/0247, bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die ECG auf Grund des an die belangte Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gerichteten Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin vom 30. März 2005 gemäß § 73 Abs. 2 AVG nicht mehr zur Entscheidung über die Festsetzung der beantragten Ausgleichszahlungen im relevanten Zeitraum zuständig war.

Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass die ECG im Beschwerdefall zur Entscheidung in der Sache zuständig (gewesen) wäre, ist mit der Rechtslage daher nicht vereinbar.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z.1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Unabhängig davon ist die für die Lösung des Beschwerdefalles nicht maßgebliche Frage, ob im Hinblick auf die Änderung des § 8 Abs. 1 zweiter Satz Energie-Regulierungsbehördengesetz (E-RBG) durch Art. 5 des am 28. Juni 2006 in Kraft getretenen BGBl. I Nr. 106/2006, die Zuständigkeit der belangten Behörde auf die ECK übergegangen ist.

Nach der erwähnten gesetzlichen Regelung geht in den Fällen des § 73 Abs. 2 AVG nunmehr die Zuständigkeit zur Entscheidung auf schriftlichen Antrag der Partei von der ECG auf die ECK über.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Behörde, bei der ein Devolutionsantrag eingebracht wird, für den sie nicht zuständig ist, diesen gemäß § 6 und § 73 Abs. 2 AVG an die zuständige Behörde weiterzuleiten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 2005, Zl. 2005/12/0063). Mit der Änderung des § 73 Abs. 2 AVG durch die Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 (Streichung des Wortes "unmittelbar") ist klargestellt, dass § 6 AVG - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch auf Devolutionsanträge anzuwenden ist (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze13, zu Anm. 11 des § 73 AVG, Seite 137, wiedergegebenen AB 1167 BlgNR 20. GP, zu Z. 39). Eine Zurückweisung des Devolutionsantrages mangels Zuständigkeit kommt daher nicht in Betracht. Für die Beurteilung der Zuständigkeit im Sinne des § 6 AVG ist der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgebend, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Änderungen der Zuständigkeitsvorschriften sind daher stets, und zwar auch nach der Anhängigmachung einer Verwaltungssache, zu berücksichtigen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0351, und vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0590). Dies gilt auch bei Wegfall der Entscheidungskompetenz der im Wege des § 73 Abs. 2 AVG angerufenen Behörde (vgl. das zwar vor der hier anzuwendenden Rechtslage der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ergangene, aber insoweit noch vergleichbare hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 95/04/0217).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Juni 2008

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