Normen
AVG §56;
AVG §6 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs2;
AVG §66 Abs4;
JN §29;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §56;
AVG §6 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs2;
AVG §66 Abs4;
JN §29;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft in Ankara (der belangten Behörde) vom 29. Juni 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 4. September 1992 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß "§ 10 Abs. 1 Ziff. 3 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 FrG" abgelehnt.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, allenfalls wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach § 7 Abs. 1 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, kann ein Sichtvermerk einem Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern ein gültiges Reisedokument vorliegt und kein Versagungsgrund gemäß § 10 gegeben ist. Der Sichtvermerk kann befristet oder unbefristet erteilt werden.
Ergibt sich aus den Umständen des Falles, daß der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf zufolge des § 7 Abs. 7 FrG dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen.
2.1. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde in seinem Fall im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Bestimmung des § 7 Abs. 7 FrG anzuwenden gehabt. Anstatt den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Sichtvermerkes als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, habe sie noch eine Entscheidung nach § 10 FrG getroffen und sei damit als unzuständige Behörde tätig geworden.
2.2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Es ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht strittig und entspricht sachverhaltsmäßig auch der Aktenlage, daß in Ansehung des Beschwerdeführers ein Fall vorliegt, in dem für den Aufenthalt des Fremden eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (§§ 1 und 6) benötigt wird. Demnach durfte die belangte Behörde im Grunde des § 7 Abs. 7 FrG ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes (gemäß dessen § 15 Abs. 1 mit 1. Juli 1993) über den Sichtvermerksantrag des Beschwerdeführers vom 4. September 1992 (gestützt auf das Fremdengesetz) nicht mehr absprechen; die sachliche Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Antrag - nunmehr als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes - ist mit diesem Zeitpunkt auf die im § 6 Abs. 4 leg. cit. genannte Behörde übergegangen.
Ausschlaggebend dafür, ob die hier angefochtene Entscheidung von einer sachlich unzuständigen Behörde getroffen wurde, ist die Antwort auf die Frage, ob der bekämpfte Bescheid vor oder nach dem 1. Juli 1993 erlassen wurde. Denn maßgebend für die Zuständigkeit einer Behörde zur bescheidmäßigen Erledigung einer bestimmten Angelegenheit ist, sofern gesetzlich nicht anderes vorgesehen (was für den Beschwerdefall zutrifft), die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Rechtslage (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 73 unter E 13 zitierte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes; vgl. auch Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5 Rz 82). Nach dem insoweit von der belangten Behörde unbestritten gebliebenen Beschwerdevorbringen, an dessen Richtigkeit zu zweifeln der Gerichtshof keinen Anlaß findet, wurde der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer (z.H. seines Rechtsvertreters) am 27. Juli 1993 zugestellt. Erst damit - und nicht, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vermeint, mit dem Datum, das er trägt
(29. Juni 1993) - war der bekämpfte, den Sichtvermerksantrag des Beschwerdeführers abweisende Bescheid erlassen (vgl. Walter-Mayer, a.a.O. Rz 427). Da somit der in Beschwerde gezogene Bescheid bereits im zeitlichen Geltungsbereich des Aufenthaltsgesetzes ergangen ist, hat die belangte Behörde eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz (§ 7 Abs. 7 FrG) nicht zugekommen ist.
3. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid - ohne Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
4. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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