Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (Abweisung der Schubhaftbeschwerde betreffend die am 13. April erfolgte Anordnung der Schubhaft sowie die Anhaltung in Schubhaft im Zeitraum von 13. April 2006 bis 20. April 2006) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, brachte am 26. April 2006 eine Schubhaftbeschwerde ein, mit der er sich gegen die am 13. April 2006 erfolgte Verhängung der Schubhaft sowie die ab dem selben Tag erfolgte Anhaltung in Schubhaft wendete. Dieser Beschwerde gab die belangte Behörde - unter Kostenzuspruch an den Beschwerdeführer - dahingehend statt, als festgestellt wurde, die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab 21. April 2006 sei rechtswidrig gewesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 27. März 2003 unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und habe unter einem falschen Namen einen Asylantrag gestellt. Dieses Verfahren sei gemäß § 30 Asylgesetz 1997 (AsylG) am 7. April 2003 eingestellt worden. Der Beschwerdeführer habe sich dann nach Deutschland begeben und dort am 1. Juli 2003 die Gewährung von Asyl beantragt.
Am 13. April 2006 sei der Beschwerdeführer von Deutschland kommend wieder unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Am selben Tag habe er einen (neuen) Asylantrag gestellt.
Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 13. April bis 21. April 2006 sei zulässig gewesen, weil die belangte Behörde "mit einiger Sicherheit" davon habe ausgehend dürfen, dass auf Grund des bereits 2003 gestellten ersten Asylantrages ein neuerliches Asylverfahren in Österreich nicht durchgeführt und der Beschwerdeführer ausgewiesen werde.
Zur Schubhaft ab 21. April 2006 führte die belangte Behörde aus, einer Mitteilung des Bundesasylamtes zufolge komme dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) zu. Ein Ausweisungsverfahren sei nicht eingeleitet worden. Es werde, weil der neuerliche Asylantrag mehr als drei Jahre nach dem ersten gestellt worden sei, ein neues Asylverfahren durchgeführt. Ab 21. April 2006 seien daher die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers weggefallen.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen diesen Bescheid, soweit die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 13. April 2006 bis einschließlich 20. April 2006 nicht als rechtswidrig festgestellt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen:
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass sich der Gegenstand eines Bescheides ausschließlich nach dem Inhalt seines (eindeutigen) Spruchs bestimmt. Ist aber der Spruch eines Bescheides auslegungsbedürftig in dem Sinn, dass er für sich allein betrachtet Zweifel an seinem Inhalt aufkommen lässt, kann und muss seine Begründung zur Deutung von Sinn und Inhalt der darin verkörperten individuellen Norm herangezogen werden. Diesfalls kommt der Grundsatz zum Tragen, dass der Bescheid einer Verwaltungsbehörde als Ganzes zu beurteilen ist und Spruch und Begründung des Bescheides eine Einheit bilden. Bei undeutlichem Spruch kann die Begründung daher auch für die Klärung der Frage relevant sein, über welchen Zeitraum die Behörde abgesprochen hat, oder ob sie Teile eines Antrages abgewiesen oder sich die gesonderte Entscheidung darüber vorbehalten hat (vgl. zum Ganzen Hengstschläger/Leeb, AVG, § 59, Rz 111, mit ausführlichen Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).
Betrachtet man nun fallbezogen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides, so ergibt sich, dass die belangte Behörde mit der von ihr gewählten Formulierung des Spruches, der Beschwerde werde insofern stattgegeben, als festgestellt werde, die Anhaltung in Schubhaft sei ab 21. April 2006 rechtswidrig gewesen, unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Begründung, die Anhaltung des Beschwerdeführers in der Zeit von 13. April 2006 bis 21. April 2006 sei zulässig gewesen, nicht nur über den Zeitraum ab 21. April 2006, sondern über den gesamten in Beschwerde gezogenen Zeitraum absprechen wollte. Demnach führte sie die Beschwerde, soweit ihr nicht stattgegeben wurde, einer - wenn auch nicht im Spruch ausdrücklich so bezeichneten - Abweisung zu (auch im Zuge der Aktenvorlage behauptete die belangte Behörde nicht, sie hätte mit dem angefochtenen Bescheid über den hier fraglichen Zeitraum und die Schubhaftverhängung nicht entschieden gehabt). Sohin ist die vorliegende Beschwerde, die sich lediglich gegen diesen abweisenden Teil richtet, zulässig.
Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. § 76 Abs. 2 FPG sieht vor, dass die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen kann, wenn gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde (Z 1), gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde (Z 2), gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist (Z 3), oder auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird (Z 4).
Ausgehend vom oben wiedergegebenen - unstrittig feststehenden - Sachverhalt legte die belangte Behörde der Abweisung die rechtliche Beurteilung zu Grunde, die Fremdenpolizeibehörde habe die Schubhaft zulässigerweise auf § 76 Abs. 1 FPG gestützt, weil sie mit gutem Grund davon ausgehen habe dürfen, dass der Beschwerdeführer ausgewiesen werde.
Zutreffend ist in diesem Zusammenhang die Ansicht der belangten Behörde, es sei am 13. April 2006 nach Bekanntwerden des Aufenthaltsortes des Beschwerdeführers infolge der mittlerweile verstrichenen Zeit nicht mehr zulässig gewesen, das am 7. April 2003 eingestellte Asylverfahren noch fortzusetzen.
Die belangte Behörde berücksichtigte aber in ihrer rechtlichen Beurteilung nicht, dass der Beschwerdeführer am 13. April 2006 einen (neuerlichen) Asylantrag (Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005) eingebracht hatte. Das hatte zur Folge, dass im gegenständlichen Fall die Schubhaftverhängung, die der Aktenlage zufolge erst nach Asylantragstellung erfolgte, sowie die Anhaltung nicht auf § 76 Abs. 1 FPG, sondern nur auf § 76 Abs. 2 FPG gestützt hätte werden dürfen. Da dies die belangte Behörde verkannte und die Schubhaftprüfung anhand des § 76 Abs. 1 FPG vornahm und es unterließ zu überprüfen, ob die in § 76 Abs. 2 FPG festgelegten Voraussetzungen vorlagen (am Rande sei erwähnt, dass anhand der Aktenlage kein Hinweis dafür erkennbar ist, einer der Tatbestände der Z. 1 bis 4 des § 76 Abs. 2 FPG wäre erfüllt gewesen) belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit.
Der Bescheid war daher im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 23. Oktober 2008
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