VwGH 2005/07/0121

VwGH2005/07/012117.12.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, in der Beschwerdesache der S GmbH in N, vertreten durch Mag. Dr. Ruth Hörtnagl, Rechtsanwältin in 6166 Fulpmes, Fachschulstraße 11A, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 10. Oktober 2003, Zl. uvs- 2003/12/088-77, betreffend Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. April 2002, adressiert an die beschwerdeführende Partei, hat die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (kurz: BH) gemäß § 27 Abs. 6 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 50/1990, der S. R. "als Geschäftsführerin der S.-GmbH" (= beschwerdeführende Partei) den Auftrag erteilt, auf Gp. 1654, KG V., nach Maßgabe des Gutachtens von DI Klaus O. vom 7. August 2001

"1. wieder verwendbare von nicht wiederverwendbaren Bauteilen zu trennen sowie letztere bis zum 30.09.2002 zu entfernen und ordnungsgemäß zu entsorgen,

2. Teile, bei denen aufgrund ihres Zustandes fraglich ist, ob sie wieder verwendet werden können, bis zum 30.09.2002 in einen solche(n) Zustand zu versetzen, dass sie wiederverwendet werden können, ansonsten sie zu den nicht wiederverwendbaren Teilen zu rechnen sind."

Dieser Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2002 drohte die BH der Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 1 VVG unter gleichzeitiger Setzung einer Nachfrist bis 30. März 2003 die Ersatzvornahme an, zumal behördliche Ermittlungen ergeben hätten, dass die erteilten Aufträge nicht vollständig erfüllt worden seien.

Mit Bescheid vom 23. April 2003 erließ sodann die BH, ausgehend davon, dass die Beschwerdeführerin die ihr eingeräumten Fristen nicht eingehalten habe, gemäß § 4 Abs. 1 VVG nachstehende Vollstreckungsverfügung:

"Die BH ... ordnet gemäß § 4 (1) VVG die Ersatzvornahme der

mit Bescheid der BH vom 29.04.2002 ... vorgeschriebenen Trennung

von verwendbaren und nicht verwendbaren Teilen ehemaliger

Liftanlagen, die auf dem Gelände ... in V. abgelagert sind, durch

Entfernen und Entsorgen der nicht verwendbaren Altmetallteile,

nach Maßgabe des gestellten Angebotes der Firma R. GmbH vom

10.04.2003 auf Gefahr der Beschwerdeführerin ... an."

Diese Vollstreckungsverfügung wurde der beschwerdeführenden Partei laut Rückschein am 25. April 2003 zugestellt.

In der Begründung ihres Bescheides führte die BH u.a. aus, dass die Beschwerdeführerin trotz Fristerstreckung den ihr mit Titelbescheid vom 29. April 2002 vorgeschriebenen Anordnungen nicht nachgekommen sei. Die Ersatzvornahme sei mit Schreiben vom 29. Oktober 2002 angedroht worden. Hinsichtlich dieser Maßnahmen seien drei Angebote eingeholt worden, aus welcher die R. GmbH - mit ihrem Angebot vom 10. April 2003 - als Bestbieter hervorgegangen sei.

Gegen diese Vollstreckungsverfügung erhob die Beschwerdeführerin Berufung an die Tiroler Landesregierung; bezüglich dieses Verfahrens wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/07/0122, verwiesen .

Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2003 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol (belangte Behörde) gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Eine solche sei einerseits in der Überschreitung des Titelbescheides vom 20. April 2002 (gemeint wohl: 29. April 2002) und andererseits in der Überschreitung der Vollstreckungsverfügung vom 23. April 2003 zu sehen.

Diese Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Oktober 2003 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 67c Abs. 3 AVG i. V.m. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, die Regelungen über die sogenannte Maßnahmenbeschwerde dienten nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Öffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein und desselben Rechts. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werde könne, könne daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein. Es handle sich im gegenständlichen Fall um ein Vollstreckungsverfahren, auf das die Bestimmungen des VVG anzuwenden seien. Die Beschwerdeführerin habe ihr Recht im Verwaltungsvollstreckungsverfahren zu verteidigen und es stelle die Erlassung einer Vollstreckungsverfügung keine Maßnahme der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Dass die R. GmbH im Auftrag der BH gehandelt habe, sei aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren zweifelsfrei hervorgegangen. Selbst für den Fall, dass die BH der R. GmbH keinen Auftrag erteilt habe, ergebe sich aus der Vollstreckungsverfügung vom 23. April 2003 eindeutig, dass die BH beabsichtigt habe, die R. GmbH mit der Durchführung der Ersatzvornahme zu beauftragen und diese könne daher nur im Rahmen dessen tätig geworden sein. Dies ergebe sich aus dem Zusammenhang zwischen dem Spruch der Vollstreckungsverfügung, in dem die R. GmbH namentlich genannt worden sei, und der entsprechenden Zustellverfügung, wonach diese auch der R. GmbH zugestellt worden sei. Die BH habe somit keine Maßnahmen gesetzt, die über das eingeleitete Vollstreckungsverfahren hinausgegangen seien. Diskrepanzen aus der behaupteten Beauftragung bzw. Nichtbeauftragung der R. GmbH lägen innerhalb des Vollstreckungsverfahrens.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 15. Juni 2005, Zl. B 1623/03, ablehnte und gemäß Art. 144 Abs. 3 ?-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "Recht auf eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und gesetzmäßigen Erledigung ihrer Beschwerde" verletzt.

Dem Beschwerdeführer fehlt die Berechtigung zur Beschwerdeerhebung.

Voraussetzung für die Berechtigung, gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, ist die Möglichkeit, durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt zu sein. Da der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet, kommt der in § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG vom Beschwerdeführer geforderten Angabe der Beschwerdepunkte für einen Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens entscheidende Bedeutung insoweit zu, als der Beschwerdeführer jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Beschwerdeerhebung erst begründet. Wird der Beschwerdepunkt vom Beschwerdeführer ausdrücklich und unmissverständlich bezeichnet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 12. Mai 2005, Zl. 2003/02/0087).

Die belangte Behörde hat spruchgemäß der Beschwerdeführerin eine Sachentscheidung über die von ihr erhobene Maßnahmenbeschwerde verweigert. Daher konnte die Beschwerdeführerin dadurch nur in ihrem Recht auf Sachentscheidung über ihre Beschwerde, nicht aber in dem von ihr im Beschwerdepunkt ausdrücklich bezeichneten Recht (hier: "Recht auf eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und gesetzmäßigen Erledigung ihrer Beschwerde") verletzt werden (vgl. den hg. Beschluss vom 28. März 2003, Zl. 2001/02/0055, m.w.N.).

Bei dem von der beschwerdeführenden Partei als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und auf gesetzmäßige Erledigung der Beschwerde handelt es sich nicht um Beschwerdepunkte, sondern um Beschwerdegründe, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechtes zielführend vorgebracht werden können (vgl. den hg. Beschluss vom 12. September 2006, 2005/03/0226, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Besteht aber insoweit nicht einmal die Möglichkeit einer Verletzung des vom Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes geltend gemachten Rechtes, so erweist sich die Beschwerde entsprechend der dargelegten Rechtslage als nicht zulässig (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluss vom 12. Mai 2005, Zl. 2003/02/0087).

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1und 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. Dezember 2008

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