VwGH 2004/06/0114

VwGH2004/06/01141.4.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des A W in St. R, vertreten durch Dörner & Singer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Brockmanngasse 91, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. Juni 2004, GZ.: FA13B-

12.10 R 126 - 04/1, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. J H und 2. M H; 3. Gemeinde St. R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs8;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §119 Abs3;
BauG Stmk 1995 §13 Abs5;
BauO Stmk 1968 §4 Abs1;
BauO Stmk 1968 §59;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 litd;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §13 Abs8;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §119 Abs3;
BauG Stmk 1995 §13 Abs5;
BauO Stmk 1968 §4 Abs1;
BauO Stmk 1968 §59;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 litd;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 10. Mai 1979 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten (im Folgenden: Bauwerber) die Baubewilligung zwecks Aufstockung und Zubau zum bestehenden Wohnhaus auf den Grundstücken Nr. 88 und 251, beide KG R.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 20. August 1979 als unbegründet ab.

In den Verwaltungsakten findet sich weiters ein mit 7. September 1979 datiertes und u.a. vom Bürgermeister unterfertigtes Schriftstück, das auch mit dem Amtssiegel der Gemeinde versehen ist, in dem unter anderem festgelegt wurde, dass der Zubau der Bauwerber mit einem Abstand von 3 Metern von der Grundgrenze laut Plan ausgeführt werden darf.

Mit Eingabe vom 12. Februar 1987 ersuchten die Bauwerber um Erteilung der Benützungsbewilligung, wobei im Zuge einer Verhandlung an Ort und Stelle festgestellt wurde, dass die beiden Traufenseiten des Altbestandes entgegen der ursprünglichen Planung statt 4,20 nunmehr auf 5,50 Meter erhöht worden waren. Die Firsthöhe habe im Altbestand und im Neubau ca. 9 m betragen.

In weiterer Folge erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde auf der Grundlage von Austauschplänen vom 5. August 1987 mit Bescheid vom 18. August 1987 die Genehmigung einer Planänderung und die Benützungsbewilligung. Die von der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers vorgebrachten Einwendungen wurden zurückgewiesen, weil kein subjektives Nachbarrecht verletzt worden sei.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung, in der lediglich die Verletzung der Abstandsvorschriften durch die Erhöhung der Traufenseiten geltend gemacht wurde, wurde mit Bescheid des Gemeinderates vom 16. Jänner 1989 als unbegründet abgewiesen, weil kein Anrainerrecht verletzt worden sei.

Der dagegen erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid vom 26. Mai 1989 keine Folge gegeben, weil die Veränderung der Traufenhöhe von 4,20 auf 5,50 Meter keinen Einfluss auf den festgelegten Abstand habe. Zum einen ändere sich durch die Erhöhung der Dachtraufe die Anzahl der bewilligten Geschosse nicht, zum anderen würde bei der Berechnung der Geschosse im Sinne des letzten Satzes des § 4 Abs. 1 Stmk. Bauordnung eine Änderung des bisherigen Bestandes nicht eintreten.

Dieser Bescheid wurde in der Folge vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. Jänner 1991, Zl. 89/06/0197, mit folgender Begründung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben:

"...

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 18. August 1987 wurden die bei der Verhandlung über die Benützungsbewilligung festgestellten Abweichungen von der seinerzeitigen Baubewilligung baubehördlich genehmigt und die Benützungsbewilligung erteilt. Den mit 5. August 1987 datierten Plänen ist zu entnehmen, daß das Gebäude im Bereich des Zubaues, der 3 m von der Nachbargrundgrenze entfernt beginnt, abgesehen von der Verringerung des Abstandes von 4 auf 3 m, in den Außenmaßen (Grundriß, Traufenhöhe, Dachneigung) der seinerzeitigen Baubewilligung entspricht, zumal für diesen Bereich auch ein Schnitt vorhanden ist, also insofern hinsichtlich des hier maßgebenden Abstandes unter Berücksichtigung der Vereinbarung vom 7. September 1979 eine Verletzung von Rechten der Zweitbeschwerdeführerin nicht zu erkennen ist. Für den vorgelagerten Bereich des Altbestandes, an dem zumindest nach der Aktenlage beide Traufenseiten von 4,20 auf 5,50 m erhöht wurden, fehlt jedoch eine entsprechende planliche Darstellung, insbesondere ein Schnitt, sodaß insoweit nicht ersichtlich ist, was tatsächlich bewilligt wurde.

Die belangte Behörde vertritt in Anlehnung an die Entscheidungen der Gemeindebehörden die Meinung, durch die seitliche Aufmauerung des Altbestandes von 4,20 auf 5,50 m (diese Maße sind allerdings im Vergleich mit dem Schnitt betreffend den Bereich des Zubaues in Verbindung mit der Ansicht der Fassaden nicht überprüfbar) würden bloß die Dachflächen flacher und würde sich dies auf den bestehenden Abstand nicht auswirken, da durch die Erhöhung der Dachtraufen die bewilligte Geschoßanzahl gleichbleibe. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, daß bei unveränderter Geschoßanzahl im Altbestand, der nach der seinerzeitigen Baubewilligung vom 10. Mai 1979 unverändert bleiben sollte, durch eine bloß seitliche Erhöhung der Fronten keine Verletzung der Rechte der Zweitbeschwerdeführerin als Grundnachbar in Ansehung der Abstandsregelung des § 4 Abs. 1 BO vorläge. Nun stellen aber, wie bereits oben dargelegt wurde, die gerade für den maßgebenden Bereich mangelhaften Pläne keine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Annahme dar, es verändere sich die Geschoßanzahl nicht. Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren, das präziser Festlegungen bedarf, die es im Falle von Abweichungen bei der Bauausführung auch ermöglichen, konkrete Abhilfemaßnahmen zu veranlassen. Da die belangte Behörde die Mangelhaftigkeit des Verfahrens der Gemeindebehörden nicht erkannte, hat sie damit ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

..."

In der Folge behob die Vorstellungsbehörde mit Bescheid vom 19. April 1991 den vor ihr bekämpften Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zurück.

Am 13. April 1999 fand eine Verhandlung an Ort und Stelle statt, in der der Amtssachverständige ausführte, die in der Natur festgestellten Maße stimmten mit den vorliegenden Einreichplänen nicht überein, weshalb eine Beurteilung nicht möglich sei. Es sei ein Einreichplan vorzulegen, der mit der tatsächlichen Ausführung übereinstimme.

Am 15. Dezember 2003 brachte der Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof, Zl. 2003/06/0200, ein. Mit Verfügung vom 17. Dezember 2003 setzte der Verwaltungsgerichtshof dem Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde eine dreimonatige Frist zur Erlassung des Bescheides.

Am 26. Februar 2004 fand eine neuerliche Verhandlung an Ort und Stelle statt. Der Amtssachverständige führte unter anderem aus:

"...

Die Bauausführung erfolgte nicht entsprechend dem genehmigten Einreichplan. Deshalb wurde ein Änderungsplan vom 18.12.2003 der Baubehörde am 22.01.2004 vorgelegt. Der Bauplan ist nicht vollständig, da das KG auf dem Bauplan nicht dargestellt ist.

...

Im Bereich des bestehenden eingeschossigen Altbestandes ... wurde an den Traufen eine Aufmauerung vorgenommen. Diese beträgt 90 cm und wurde am heutigen Tage nachgemessen. Dadurch konnte anstelle des bestehenden steileren Satteldachs ebenfalls ein Satteldach mit 30 Grad Neigung errichtet werden. ...

...

Zum Schutze des Nachbarn sind im § 26 Abs. 1 Stmk. BauG 1995 Nachbarrechte taxativ aufgezählt. Unter anderem die Regelung, dass Gebäude einen bestimmten Abstand von der Grundgrenze einhalten müssen. Dies ist im gegenständlichen Fall bei zweigeschossiger Bebauung - 4 m.

Im Bauakt liegt die schriftliche Zustimmung (der Nachbarn) vom 7. September 1979 zu einem Grenzabstand für den Zubau und die Aufstockung mit 3 m von ihrer Grundgrenze ... auf.

Der Abstand des Zubaues und der Aufstockung entspricht dieser Zustimmung.

Gemäß § 13 Stmk. Abs. 5 BauG 1995 sind

'Dachgeschosse bzw. für Aufenthaltsräume ausbaufähige Dachböden, sofern die Höhe eines allfälligen Kniestockes 1,25 m nicht übersteigt und die Dachneigung nicht mehr als 70 Grad beträgt' nicht als Geschoße anzurechnen.

Durch die traufenseitige Aufmauerung von 90 cm über dem Altbestand - zwecks Angleichung der Dachneigung des bestehenden Satteldaches an die Dachneigung des neuen Satteldaches ist demgemäß kein Geschoß entstanden. Die Einhaltung eines Grenzabstandes ist daher nicht erforderlich.

..."

In dieser Verhandlung brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers - neben einer Reihe anderer Einwendungen - auch vor, im Schnitt B-B (betreffend den Altbestand) der eingerechten Pläne sei ein Kellergeschoss ohne nähere Angabe der Raumhöhe dargestellt. Eine Grundrissdarstellung des Kellergeschosses fehle überhaupt. Es seien insgesamt drei nutzbare Geschosse dargestellt, nämlich ein Kellergeschoss, ein Erdgeschoss und ein als Wirtschaftsraum ausgebauter Altbestand (gemeint offensichtlich: ausgebauter Dachboden im Altbestand). Außerdem liege für das nunmehrige Projekt keine Widmungsbewilligung vor, weil diese gemäß § 119 Abs. 3 Stmk. BauG 1995 erloschen sei.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. März 2004 (auf Grund dessen das Säumnisbeschwerdeverfahren zur Zl. 2003/06/0200 eingestellt wurde) wurde die Berufung des Beschwerdeführers "gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 18.08.1987 ... mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die von den Bauwerbern vorgelegten Pläne vom 18.12.2003 einen integrierenden Bestandteil des Bescheides darstellen bzw. - soweit Präklusion vorliegt - als unzulässig zurückgewiesen."

Die dagegen erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens - wie dies der Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis zum Ausdruck gebracht habe - die Frage sei, ob durch die seitliche Aufmauerung des Altbestandes die bewilligte Geschossanzahl gleich geblieben sei oder nicht. In der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Stmk. BauO 1968 sei anders als im Stmk. BauG 1995 keine Bestimmung vorhanden, die darlege, wann "ein Geschoß nicht als Geschoß in Bezug auf Abstandsbestimmungen anzurechnen" sei. Dennoch sei im Hinblick auf § 13 Abs. 5 Stmk. BauG 1995 davon auszugehen, dass auch nach der Stmk. BauO 1968 ein Geschoss nicht als abstandsrelevantes Geschoss anzurechnen sei, wenn der Kniestock eine Höhe von nicht mehr als 1,25 m aufweise. Aus dem Einreichplan ergebe sich eine Kniestockhöhe von unter 1,25 m. Dementsprechend handle es sich um keine Veränderung der Geschossanzahl, weshalb "keine Änderung in Bezug auf die Abstände gegeben" sei. Zum Einwand der fehlenden Widmungsbewilligung auf Grund der Bestimmung des § 119 Abs. 3 Stmk. BauG 1995 - wonach nach der Stmk. BauO 1968 erteilte Widmungsbewilligungen unter gewissen Voraussetzungen erlöschen würden - sei auszuführen, dass der Gesetzgeber im Stmk. BauG festgelegt habe, anhängige Verfahren seien nach der Stmk. BauO 1968 zu Ende zu führen. Dies bedeute aber ebenso eine Nichtanwendung der Erlöschensbestimmung des § 119 Abs. 3 Stmk. BauG 1995 auf anhängige Verfahren. Der Gegenstand des Verfahrens habe lediglich eine Präzisierung des beantragten Vorhabens dargestellt, weshalb auch eine neuerliche Anhörung des Beschwerdeführers zum Zwecke der Erhebung von Einwendungen nicht notwendig gewesen sei. Es sei lediglich zu prüfen gewesen, ob die Aufmauerung abstandsrelevant sei oder nicht, die übrigen in der Vorstellung geltend gemachten Einwendungen seien für diese Beurteilung nicht von Relevanz.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Erst- und die Zweitmitbeteiligte haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Verfahren zur Erteilung der Genehmigung der Planänderung (sowie Benützungsbewilligung) war im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Stmk. BauG, LGBl. Nr. 95/1995, am 1. September 1995 anhängig (wieder im Stadium des Berufungsverfahrens nach der mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. April 1991 erfolgten Aufhebung des Berufungsbescheides des Gemeinderates) und ist daher gemäß § 119 Abs. 2 leg. cit. nach den bisher geltenden Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (in der Folge: BO), LGBl. Nr. 149/1968, in der Fassung der Novelle vor Erlassung des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59/1995, zu Ende zu führen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Aufhebung des seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 1991, Zl. 89/06/0197, zu Grunde liegenden Bescheides damit begründet, es könne nicht festgestellt werden, ob eine abstandsrelevante Veränderung des Altbestandes stattgefunden habe, weil aus den Einreichplänen nicht ersichtlich sei, wie sich der Altbestand gegenüber der Baubewilligung verändert habe.

Der Gemeinderat hat mit seinem (Ersatz-)Bescheid vom 23. März 2004 die von der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers erhobene Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. August 1987 mit der Maßgabe abgewiesen, dass "die vorgelegten Pläne vom 18.12.2003 einen integrierenden Bestandteil des Bescheides darstellen".

Diese (am 22. Jänner 2004 eingereichten) Pläne enthalten eine planliche Darstellung des umgebauten Altbestandes und weitere von den - dem erstinstanzlichen Bescheid zu Grunde liegenden - Plänen vom 5. August 1987 wiederum abweichende Darstellungen des Bauvorhabens.

Generell gilt, dass Projektmodifikationen zulässig sind, wobei aber durch eine Antragsänderung die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Behörde nicht berührt werden darf (§ 13 Abs. 8 AVG). Auch im Zuge des Berufungsverfahrens sind Modifikationen des Projektes zulässig, jedenfalls solche, die - nach Art und Ausmaß geringfügig - dem Zweck dienen, das Projekt (zur Gänze) dem Gesetz anzupassen. Einschränkungen des ursprünglichen Bauvorhabens sind zulässig; aber es sind auch Änderungen des ursprünglichen Bauvorhabens im Berufungsverfahren zulässig, die insgesamt betrachtet kein Ausmaß erreichen, dass das Bauvorhaben als ein anderes zu beurteilen wäre bzw. das Wesen (den Charakter) des Bauverfahrens nicht betreffen. Eine Erweiterung des Bauvorhabens gerichtet auf eine Vergrößerung der Bausubstanz ist im Berufungsverfahren - grundsätzlich - unzulässig. Unter Umständen kann aber auch eine Projektmodifikation im Berufungsverfahren, die erfolgt, um das Vorhaben genehmigungsfähig zu machen, zulässig sein, obwohl dadurch die Bausubstanz geringfügig erweitert wird. Nicht zuletzt kommt es daher auch auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. November 2007, Zl. 2006/06/0337, mwN).

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hat sich in seinem Bescheid mit den Projektmodifikationen weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht auseinander gesetzt, dem Spruch (Abweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass die die Modifikationen enthaltenden Pläne einen integrierenden Bestandteil bilden) ist der Bewilligungsumfang nicht unmissverständlich zu entnehmen. Diese Mangelhaftigkeit hat die belangte Behörde nicht erkannt.

Soweit der Beschwerdeführer das Fehlen einer Widmungsbewilligung bzw. deren Erlöschen rügt, ist ihm zu entgegnen, dass der Regelungsgehalt der Übergangsbestimmung des § 119 Abs. 3 Stmk. BauG 1995 darin besteht, festzulegen, in welchem zeitlichen Rahmen ein Bauwerber nach Inkrafttreten des Stmk. BauG noch von einer erteilten Widmungsbewilligung Gebrauch machen kann. Für das vorliegende Verfahren kommt dieser Frage keine Bedeutung zu.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid auch davon aus, vor dem Hintergrund des § 13 Abs. 5 Stmk. BauG 1995 sei auch im vorliegenden Fall, der auf Grund der Übergangsbestimmung des § 119 Abs. 2 leg. cit. nach den Bestimmungen der BO zu beurteilen sei, davon auszugehen, dass ein Geschoss nur dann als abstandsrelevant anzusehen sei, wenn der Kniestock eine Höhe von mehr als 1,25 m aufweise. Dies sei laut Einreichplan nicht gegeben, weshalb ein abstandsrelevantes Stockwerk nicht entstanden sei.

Anders als im Stmk. BauG 1995 (vgl. § 13 Abs. 5) findet sich in der Stmk. BO keine explizite Regelung darüber, ab wann ein Dachgeschossausbau als Geschoss im Sinne des § 4 Abs. 1 BO anzurechnen und somit abstandsrelevant ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch zu dieser Frage ausgesprochen, dass die Kniestockhöhe für die Beurteilung eines Dachgeschossausbaus als abstandsrelevantes weiteres Geschoss nach der Stmk. BO nicht relevant ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob und wenn ja, in welchem Abstand zur Grundgrenze die Höhe des durch diesen Ausbau gewonnen Raumes 2,40 m erreicht. Aus den Plänen ergibt sich die giebelseitige Zuwendung des Altbestandes zur Grundgrenze des Beschwerdeführers und weiters, dass der Raum im Dachboden durch die Aufmauerung eine Höhe von 2,50 m erreicht. Demnach ist durch die Aufmauerung der Traufenseiten an diesen Punkten ein weiteres Stockwerk entstanden und wurden somit die Abstandsvorschriften des § 4 Abs. 1 BO verletzt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1994, Zl. 93/06/0236, 0237, und vom 27. Februar 1998, Zl. 95/06/0185).

Aber auch die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und seiner Beschwerde vorgetragenen Bedenken gegen die in den Einreichplänen erstmals in Erscheinung tretende Veränderung des Geländeniveaus können für die einzuhaltenden Abstände relevant sein. Sollte das Kellergeschoss nämlich überwiegend oberirdisch in Erscheinung treten, wäre auch dieses als zusätzliches Geschoss anzurechnen (vgl. Hauer, Steiermärkisches Baurecht2, Anm. 5 zu § 4 BO). Diese Beurteilung ist aber auf Grund der - in diesem Punkt wiederum - mangelhaft gebliebenen Einreichpläne nicht möglich.

Da die belangte Behörde die Mangelhaftigkeit des Verfahrens der Baubehörde nicht erkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 1. April 2008

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