Normen
FrPolG 2005 §114 Abs6;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §114 Abs6;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, dessen Asylverfahren offen ist, gemäß § 62 sowie den §§ 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot. Sie stützte diese Maßnahme darauf, dass der am 3. März 2003 eingereiste Beschwerdeführer mit Urteil vom 30. März 2007 wegen versuchter schwerer Nötigung nach §§ 15, 105 und 106 Abs. 1 Z 1 StGB, versuchter Nötigung nach §§ 15, 105 StGB, gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, versuchter Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs. 1 StGB, Sachbeschädigung nach § 125 StGB und Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, davon sieben Monate bedingt nachgesehen, rechtskräftig verurteilt worden sei. Dieser Verurteilung liege folgender Sachverhalt zu Grunde (zitiert ohne Seitenangaben):
"Der (Beschwerdeführer) hat in Graz A) seine Ex-Lebensgefährtin M P durch nach angeführte gefährliche Drohungen mit dem Tod zu nachstehenden Handlungen zu nötigen versucht, wobei die Tatvollendung jeweils infolge Weigerung der Genannten scheiterte, und zwar:
1. zu teilweise unbekannten Zeitpunkten zwischen dem
21.01.2007 und dem 04.02.2007 entweder zur Zurückziehung der bei der Staatsanwaltschaft Graz am 21.01.2007 (…) erstatteten Anzeige der Polizeiinspektion Karlauerstraße oder im Fall eines gerichtlichen Verfahrens gegen ihn zur Aussageverweigerung bzw. Rücknahme der ihn belastenden Angaben durch die wiederholten sinngemäßen Äußerungen sie umzubringen, teils auch in Verbindung mit der Ankündigung, sie zu ihrer (seit 20 Jahren toten) Mutter zu schicken, darunter konkret am 23.01.2007 telefonisch und am 04.02.2007 persönlich durch den damit verbundenen subtilen Hinweis auf die Konsequenzen für ihren 6-jährigen Sohn im Fall ihres Todes durch die Äußerungen: 'Denk nach, wo dein Kind aufwachsen würde' und sinngemäß, wer dann auf ihr Kind schaue, wenn ihr etwas passiere,
2. am 06.02.2007 telefonisch in Gegenwart der
Polizistin AI R W zum Verlassen ihrer Wohnung durch die Äußerung:
'Ich weiß, dass du zu Hause bist! Wenn du nicht in 2 Minuten
herauskommst, ziehe ich dich an deinen Haaren heraus!',
B) am 05.02.2007 M P
1. gefährlich mit einer Verletzung am Vermögen und am
Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er
ankündigte: 'Ich schlage die Wohnung zusammen. Ich bring dich um!',
2. vorsätzlich am Körper zu verletzen versucht, indem
er sie ohrfeigte, aber auch vor allem an den Haaren packte und
durch die Wohnung zog, wobei die Tatvollendung mangels Eintritts
einer Verletzung scheiterte,
C) nach angeführte fremde Sachen der M P beschädigt
und daran einen unbekannten, jedoch EUR 3.000,00 nicht
übersteigenden Schaden herbeigeführt, und zwar
1. zu einem unbekannten Zeitpunkt Mitte Jänner 2007 einen Schrank durch Herausreißen einer Schranktüre und den Schuhkasten,
2. am 05.02.2007 Geschirr, indem er diverse Gläser und
Teller vom Tisch 'wischte' sowie das Telefon zu Boden warf. D) am 05.02.2007 Aufzeichnungen der M P über die gewalttätigen Verhaltensweisen des (Beschwerdeführers) ihr gegenüber, sohin Urkunden, über die er nicht alleine verfügen durfte, durch Zerreißen mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr durch Vorlage an das Gewaltschutzzentrum der Interventionsstelle Steiermark zum Beweis der Tatsache seines gewalttätigen Verhaltens gebraucht werden, unterdrückt."
Davon ausgehend erachtete die belangte Behörde den Tatbestand des § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z 1 (zweiter Fall) FPG als erfüllt und die Gefährlichkeitsprognose nach § 62 Abs. 1 FPG als gegeben. Da sich Verwandte des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufhielten, komme es mit dem Rückkehrverbot zu einem relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Dieser Eingriff sei jedoch "zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, sowie zum Schutz der Gesundheit (Art. 8 Abs. 2 EMRK), die Verhinderung des Aufenthaltes undokumentierter, mittelloser, illegal ins Bundesgebiet gelangter und sich hier nicht rechtmäßig aufhaltender und straffällig gewordener Fremder" dringend geboten. Die Art und Weise der vom Beschwerdeführer begangenen gerichtlichen Straftaten lasse ein Charakterbild erkennen, das zweifelsohne den Schluss rechtfertige, er sei gegenüber den zum Schutz der Gesundheit anderer Personen erlassenen Vorschriften bzw. gegenüber der österreichischen Rechtsordnung überhaupt negativ eingestellt und bilde solcherart eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Unter Abwägung aller Tatsachen wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Rückkehrverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und die seiner Familie. Das Rückkehrverbot sei somit auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG zulässig.
Der Beschwerdeführer habe keine besonderen Umstände aufzuzeigen vermocht, die für eine Ermessensübung zu seinen Gunsten sprächen. Ansätze einer beruflichen oder sozialen Integration seien nicht in einem berücksichtigungswürdigen Ausmaß erkennbar. Überdies habe sich der Beschwerdeführer bei seiner Reisebewegung eines Schleppers bedient und es bestehe ein besonders großes öffentliches Interesse an der Bekämpfung des "Schlepperunwesens".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 62 Abs. 1 FPG kann gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 62 Abs. 2 leg. cit. sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 5, 8 bis 10 und 12 bis 14.
Wie im Fall eines Aufenthaltsverbotes ist auch bei der Erstellung der für jedes Rückkehrverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Rückkehrverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Rückkehrverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2007, Zl. 2007/21/0206).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht seine rechtskräftige Verurteilung, weshalb die belangte Behörde zutreffend von der Erfüllung des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z. 1 zweiter Fall FPG ausgegangen ist. Angesichts der Vorgangsweise des Beschwerdeführers, die zu dieser Verurteilung geführt hat, durfte die belangte Behörde auch die Gefährlichkeitsprognose nach § 62 Abs. 1 FPG bejahen. Soweit die Beschwerde diesbezüglich darauf hinweist, das persönliche Verhalten müsse eine tatsächliche, gegenwärtige, erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre, wird der (strengere) Maßstab des § 86 Abs. 1 FPG angesprochen, der im vorliegenden Fall aber nicht von Relevanz ist. Dem Beschwerdeführer ist insofern Recht zu geben, als die Inanspruchnahme eines Schleppers durch einen Asylwerber nicht maßgeblich zu dessen Ungunsten veranschlagt werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/21/0277); dies ändert aber nichts an der zulässigen Bejahung der Gefährlichkeitsprognose.
Gemäß § 66 Abs. 1 iVm § 62 Abs. 3 FPG ist ein Rückkehrverbot, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 66 Abs. 2 (wieder iVm § 62 Abs. 3 FPG) darf ein Rückkehrverbot jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.
Diesbezüglich rügt die Beschwerde, die belangte Behörde habe keine ausreichenden Feststellungen getroffen, sondern lediglich festgehalten, dass der Beschwerdeführer über Angehörige in Österreich verfüge. Sie hätte sein Vorbringen in der Berufung berücksichtigen müssen, wonach in Österreich Schwester, Bruder, Schwägerin und zwei Schwager lebten und er mit diesen ständig in engem Kontakt stehe. Die belangte Behörde wäre verhalten gewesen, Feststellungen über eine soziale Verwurzelung des Beschwerdeführers in Österreich zu treffen, insbesondere über seine Kenntnisse der deutschen Sprache. Sie wäre als Ausfluss der ihr zukommenden Ermittlungspflicht verhalten gewesen, nähere Nachforschungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers anzustellen.
Der Beschwerde ist Recht zu geben, dass die belangte Behörde nur kurz auf "familiäre Bindungen im Bundesgebiet (Verwandte bzw. Familienangehörige)" verwiesen hat; weiters hat sie auch unreflektiert die oben zitierte Floskel zur Erforderlichkeit des Rückkehrverbotes zur Durchsetzung öffentlicher Interessen verwendet. Allein mit der Wiederholung der in der Berufung aufgestellten Behauptung über die Verwandten des Beschwerdeführers vermag die Beschwerde eine Relevanz des Verfahrensmangels jedoch nicht aufzuzeigen. Es wäre am Beschwerdeführer gelegen, integrationsbegründende Umstände, denen maßgebliche Bedeutung zukommen könnte, geltend zu machen. Der Aufenthalt von Geschwistern und Schwäger im Bundesgebiet allein sowie die Kenntnis der deutschen Sprache verstärken auch im Zusammenhang mit einem vierjährigen inländischen Aufenthalt seine Interessen an einem Verbleib in Österreich nicht so, dass sie das öffentliche Interesse an der Erlassung des Rückkehrverbotes überwiegen könnten. Ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers durfte somit die belangte Behörde das Rückkehrverbot als dringend geboten werten und eine Interessenabwägung zu Lasten des Beschwerdeführers vornehmen.
Letztlich sind auch keine Umstände erkennbar, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 26. September 2007
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