VwGH 2007/09/0231

VwGH2007/09/023129.11.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des R E in W, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Penzinger Straße 53/8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. November 2005, Zl. UVS- 07/A/2/4583/2003/14, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2002/I/068;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2002/I/068;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. November 2005 wurde der Beschwerdeführer in Erledigung seiner Berufung gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Mai 2003 gemäß § 66 Abs. 4 AVG schuldig erkannt, zumindest am 23. Oktober 2002 in Wien zwei namentlich bezeichnete ausländische Staatsangehörige entgegen dem § 3 AuslBG als Animierdamen und zur Ausübung der Prostitution unter Beteiligung am Umsatz in einem näher bezeichneten Lokal beschäftigt zu haben. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden zwei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1000,-

(Ersatzfreiheitsstrafen von je 3 Tagen) über den Beschwerdeführer verhängt.

Die belangte Behörde ging auf Grund der Ergebnisse der von ihr durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung davon aus, dass fixe Provisionen für das Animieren zum Konsum bestimmter Getränke zwischen dem Beschwerdeführer und den Ausländerinnen vereinbart und hinsichtlich der Ausübung der Prostitution im Lokal des Beschwerdeführers die zeitabhängigen Grundpreise von diesem vorgegeben gewesen seien. Die Ausländerinnen hätten bestimmte Summen abzuliefern gehabt, entweder vom Beschwerdeführer oder von dem Bardienst des Lokales sei die Verwahrung der von den Kunden bezahlten Gelder und eine tageweise Abrechnung mit den im Lokal tätigen Ausländerinnen übernommen und die von den Damen mit ihren Kunden auf den Zimmern verbrachten Zeiteinheiten überwacht worden. Eine Verlängerung dieser Zeiteinheiten hätten die Damen melden und das Geld abgeben müssen. Die Ausländerinnen seien vom Beschwerdeführer angehalten worden, auf eine Getränkekonsumation der Gäste bzw. Kunden hinzuwirken. Sie seien vom Beschwerdeführer darauf hingewiesen worden, dass eine Anwesenheit im Lokal während der Kernöffnungszeiten günstig sei; ebenso seien sie etwa durch das Schalten von Inseraten angehalten worden, sich zu den Öffnungszeiten Termine mit Kunden bzw. Gästen auszumachen. Die Ausländerinnen hätten entweder in einem vom Lokal aus zugänglichen, versperrbaren Zimmer wohnen können oder zum Umziehen und für ihre Privatsachen und Kleidung einen abgeteilten Umkleidebereich mit Kasten sowie ein "Mädchenzimmer" bzw. Sozialraum zur Verfügung gehabt. Diese Räumlichkeiten seien Gästen bzw. Kunden nicht zugänglich.

Nach Darstellung der gesetzlichen Grundlagen und der Rechtsprechung kam die belangte Behörde rechtlich zu dem Schluss, in Anbetracht der festgestellten Umstände könne kein Zweifel daran bestehen, dass die von den Ausländerinnen persönlich und regelmäßig erbrachte Arbeitsleistung unter der zumindest mittelbaren ("stillen") Autorität des Beschwerdeführers gegen Entgelt zumindest als arbeitnehmerähnlich im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG anzusehen sei. Darüber hinaus sei auch der Tatbestand des § 28 Abs. 7 AuslBG erfüllt. Es sei daher von bewilligungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zu den Ausländerinnen auszugehen gewesen. Die belangte Behörde erachtete die Schuldform der groben Fahrlässigkeit als gegeben.

Im Übrigen legte sie ihre Erwägungen zur Strafbemessung dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus den Gründen der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Mit Beschluss vom 24. Mai 2007 stellte der Verwaltungsgerichtshof den - vom Verfassungsgerichtshof zu A 2007/0034 protokollierten - Antrag, er möge gemäß Art. 140 B-VG iVm Art. 89 Abs. 3 B-VG aussprechen, dass die Wortfolge "1000 Euro" in § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung des Konjunkturbelebungsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 68, verfassungswidrig gewesen sei, in eventu diese Wortfolge als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 27. September 2007, G 24/07-6 u.a. hat der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag abgewiesen, weil er die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Bedenken gegen eine mangelnde Differenzierung des Strafsatzes zwischen Unternehmern und Privaten im Hinblick auf die auch von Privaten aus der Verwaltungsübertretung lukrierten wirtschaftlichen Vorteile nicht teilte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2002 - AuslBG, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in derselben Fassung begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 EUR bis zu 5.000 EUR, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 EUR bis zu 10.000 EUR, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 EUR bis zu 10.000 EUR, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 EUR bis zu 25.000 EUR.

Nach § 28 Abs. 7 AuslBG ist, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, das Vorliegen einer von diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne Weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe die für die Annahme einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung sprechende wirtschaftlichen Abhängigkeit der Ausländerinnen nicht festgestellt, insbesondere keine Feststellungen zu den Fragen des wirtschaftlichen Risikos, der Zeit-, Weisungs- und Arbeitsplatzgebundenheit getroffen. Dabei gesteht er zu, dass "der wirtschaftliche Schwerpunkt des Einkommens der Prostituierten

...... jedoch auf dem Umsatz" liege, "den sie mit dem Kunden auf

dem Zimmer macht". Das Vorliegen fixer Prozentsätze bei der Umsatzbeteiligung spreche nicht gegen eine selbständige Tätigkeit, auch die Bewerbung des Lokales spreche nicht für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, da die Bewerbung nicht personenbezogen geführt werde. Auch der Umstand, dass vom Beschwerdeführer Grundpreise für die Zimmerbenützung vorgegeben seien, sei nicht als Weisung eines Arbeitgebers zu qualifizieren, sondern lediglich als "Richtschnur für die Kunden einerseits und die Prostituierten andererseits". Eine solche Vorgangsweise sei im Wirtschaftsverkehr zwischen Unternehmen üblich. Die im Lokal befindliche Wohnmöglichkeit sei nur von Relevanz, wenn diese als Gegenleistung für die Tätigkeit der Ausländerinnen gesehen werde; dafür fehlten aber Anhaltspunkte, dies sei auch nicht festgestellt worden. Dass die Ausländerinnen ein Fixum erhalten hätten, habe die belangte Behörde nicht festgestellt.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt der Beschwerdeführer, die Bestimmung des § 28 Abs. 7 AuslBG sei unanwendbar, weil die beiden Ausländerinnen in Räumen, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich seien, nicht betreten bzw. angetroffen worden seien.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.

Die oben wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde werden in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt; vielmehr bestätigt der Beschwerdeführer diesen Sachverhalt in den entscheidungswesentlichen Punkten.

Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist jedenfalls nicht notwendigerweise persönlich vom Empfänger der Arbeitsleistung abhängig. Seine wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen er als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, muss eher darin erblickt werden, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Arbeitsleistung wirtschaftlich abhängig ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. April 2006, Zl. 2005/09/0021). Eine Tätigkeit als Animierdame und Prostituierte in einem Bordell - wie im Beschwerdefall - wird in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht, wie in einem Arbeitsverhältnis (wie dies etwa schon hinsichtlich der Tätigkeiten einer Kellnerin, einer Animierdame oder einer sog. "Table-Tänzerin" in einem Barbetrieb ausgesprochen wurde; vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 2005, Zl. 2004/09/0114). In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis oder von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, somit von einer Beschäftigung iSd § 2 Abs. 2 AuslBG auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Angesichts der planmäßigen Eingliederung der Ausländerinnen in die Betriebsorganisation des Beschwerdeführers ist ihre Tätigkeit diesem zuzurechnen. Dabei ist es letztlich unerheblich, ob sie neben einer ihnen für Getränkeanimation zustehenden Provision ein umsatzunabhängiges Fixum erhalten haben und für die Benützung der Zimmer einen Anteil des Lohns an den Beschwerdeführer abführen mussten: durch diese faktisch geübten Praktiken wird ein bestehender Entgeltanspruch nicht in Frage gestellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2006, Zl. 2004/09/0043). Die Tätigkeit der Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit stellte auch im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb des Beschwerdeführers - wobei der angefochtene Bescheid entgegen den Beschwerdebehauptungen auch Feststellungen zur Weisungs-, Zeit- und Arbeitsplatzgebundenheit enthält - von der Beistellung der Wohnmöglichkeit bis zur angestrebten, durch die Tätigkeit der Ausländerinnen als Prostituierte und Animierdamen erreichten Steigerung der Attraktivität des vom Beschwerdeführer betriebenen Bordells eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2004/09/0026, mwN).

Insoweit der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 28 Abs. 7 AuslBG sei nicht gegeben, zeigt er keine Rechtswidrigkeit der Beweiswürdigung auf, weil er nicht bestritten hat, dass die Ausländerinnen auf die von der belangten Behörde festgestellten Art und Weise tätig waren.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. November 2007

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